Verfahren zur Herstellung von alkoholfreien Getränken mit Hefearoma
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von alkoholfreien Getränken mit Hefearoma, wie
Bier, Wein oder Obstwein, ausgehend von einer wässrigen Flüssigkeit, die Nährstoffe und/oder Geschmacksstoffe enthält.
Die Flüssigkeit kann, muss aber nicht mit Hefe zu einem alkoholischen Getränk vergärbar sein. Vergärbare
Flüssigkeiten, die für diesen Zweck in Frage kommen, sind beispielsweise Ausschlagwürze, Traubensaft und Fruchtsaft. Ein Beispiel
einer geeigneten nicht vergärbaren Flüssigkeit ist Molke. Die Ausgangsflüssigkeiten können auch durch Vermischen
eines entsprechenden Nährstoff- und/oder Geschmacksstoffkonzentrates mit Wasser hergestellt werden.
Im Hinblick auf ihre Gesundheit und ihr Körpergewicht sowie auf die Warnungen vor den Folgen von Alkoholmissbrauch,
besonders im Strassenverkehr, bevorzugen die Verbraucher zunehmend sogenannte alkoholarme und alkoholfreie
Getränke, wie alkoholfreies Bier oder alkoholfreien V/ein oder Obstwein. Die Ausdrücke "alkoholarm" und
"alkoholfrei" sind in verschiedenen Staaten verschieden definiert, und ihre Anwendung ist nicht in allen Ländern
zulässig. Arabische Länder fordern neuerdings einen Alkoholgehalt von 0,0 Vol.S?, d.h. ein etwaiger Alkoholgehalt
darf erst in der zweiten Stelle nach dem Komma auftreten. Das erfindungsgemässe Verfahren erlaubt es nun,
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Getränke herzustellen, bei denen ein Alkoholgehalt nicht mehr nachweisbar ist (die Nachweisgrenze liegt bei etwa
0,05 Gew.-% Alkohol). Der Stand der Technik wird nachfolgend am Beispiel der Herstellung eines "alkoholfreien"
Bieres erläutert.
Die Verfahren zur Herstellung von alkoholarmem oder alkoholfreiem Bier beruhen auf zwei Prinzipien. Bei
den Verfahren des ersten Typs wird die Bildung von Alkohol während der Gärung vermindert. Sie liefern aber stets
Biere mit einem deutlichen Alkoholanteil und in der Regel wegen des hohen Trockensubstanzgehaltes und pH-Wertes sowie
Gehaltes an Gärungsnebenprodukten mit einem stark süssen, malzigen, bitteren sowie unharmonischen Geschmack.
Bei den Verfahren des zweiten Typs wird der bei der Gärung gebildete Alkohol nachträglich aus dem Bier entfernt,
was aber meist mit einem Verlust an geschmacklich erwünschten und teils der Bildung von eher nachteiligen Aromastoffen
verbunden ist. Bisher war die Produktion von Bier mit einem Alkoholgehalt von weniger als 0,05 Gew.-JS nur durch destillatives Abtrennen
des Alkohols aus einem normalen Bier möglich. Dabei ist aber, abgesehen vom erheblichen Aufwand, speziell in
apparativer und energiemässiger Hinsicht, stets auch mit einer beachtlichen thermischen Belastung zu rechnen. Bei
allen übrigen Verfahren, wie beispielsweise Angärung, Einsatz von Hefen, die keine Maltose und Maltotriose zu
verwerten vermögen, Dialyse oder Umkehrosmose, ist es praktisch nicht mög],|6h, ein alkoholfreies Bier mit einem
Alkoholgehalt von weniger als 0,05 Gew.-JS herzustellen.
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Aus der DE-OS Nr. 28 32 487 der Nordbräu Ingolstadt
GmbH & Co. KG ist z.B. ein Verfahren zur Herstellung von Eier mit vermindertem Alkoholgehalt durch Gärung von
aus Malzmaischen hergestellten Würzen bekannt, bei dem man die unbelüftete Würze in einem vorher von Sauerstoff
völlig befreiten Gärgefäss unter einer reinen CO -Atmosphäre
mit einer Hefegabe von 0,25 bis 0,35 Liter dickbreiiger
Bierhefe pro Hektoliter Würze bei einer Temperatur von k
bis 7 0C bis zum Erreichen des gewünschten Alkoholgehaltes
vergärt. Nach diesem Verfahren soll ein Bier hergestellt werden können, dessen Alkoholgehalt bis auf etwa 0,2 Gew.-% vermindert
sein kann, das aber im Hinblick auf Aroma, Geschmack, Schaumverhalten und Farbe einem üblichen alkoholhaltigen
Bier entspricht.
Weitere Angaben über die Herstellung von alkoholarmem Bier finden sich z.B. bei
H. Kieninger und J. Haimerl, Brauwelt 121_, 574-58I (I98I)
M.W. Brenner, MBAA Technical Quarterly 17, 185-195 (1980) E. Krüger, B. Oliver-Daumen, G. Sommer, M. Metscher und H.
Berger, Monatsschrift für Brauerei 33, 422-^30 (I98O)
P. Jäger und J. Püspök, Mitteilungen der Versuchsstation für das Gärungsgewerbe in Wien 3J^, 36-*JO (1978)
Das erfindungsgemässe Verfahren beruht nun auf dem Gedanken, dass man die Ausgangsflüssigkeiten für die Her-Stellung
von alkoholfreien Getränken (die gegebenenfalls aus Konzentraten, wie Würze- oder Mostkonzentrat, hergestellt
sein können) bei so niedrigen Temperaturen, dass praktisch keine alkoholische Gärung eintritt, mit einer aus dem Gärprozess
entnommenen, von der vergorenen Flüssigkeit befreiten Hefe in Berührung bringt. Bisher hat man geglaubt, dass
die Hefe bei niedrigen Temperaturen, z.B. unter 0 0C, keine
Aromastoffe abgibt. Es hat sich aber gezeigt, dass die Aromastoffe auch bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt einer
Flüssigkeit noch von der Hefe in die Flüssigkeit diffundieren. Dabei entfaltet die Hefe zusätzlich eine reduzierende
Wirkung,- wodurch z.B. Aldehyde, die dem Getränk ein unerwünschtes
Aroma verleihen könnten, reduziert werden können. Die Ausgangsflüssigkeit und die Hefe können z.B. bei Temperaturen
unter 3 0C, vorzugsweise unter 0 0C, insbesondere
möglichst nahe beim Gefrierpunkt der Flüssigkeit, beispielsweise bei -0,4 bis -0,5 0C, miteinander in Berührung gebracht
werden.
Die Ausgangsflüssigkeit wird vorzugsweise durch
Verdünnen auf einen solchen Trockensubstanzgehalt gebracht, dass der Geschmack des alkoholfreien Getränkes ausgewogen
(z.B. im Falle von Bier nicht zu malzig), d.h. z.B. nicht zu süss, zu
wässrig oder zu bitter ist. Eine vergärbare Ausgangsflüssigkeit kann man vorteilhaft auf einen Trockensubstanzgehalt, wie er nach der alkoholischen
Gärung erhalten würde, einstellen. Man kann die Verdünnung aber auch erst nach dem Inberührungbringen mit
der Hefe ausführen. Vorzugsweise erfolgt das Verdünnen mit säuerstofffreiem und/oder entkeimtem und gegebenenfalls enthärtetem
Wasser. Der Trockensubstanzgehalt der Ausgangsflüssigkeit
liegt vorzugsweise unter 30 Gew.-?.
Es ist in der Regel gleichfalls vorteilhaft, den pH-Wert der Ausgangsflüssigkeit herabzusetzen, weil dadurch
der Geschmack des alkoholfreien Getränkes verbessert, die alkoholische Gärung zusätzlich unterdrückt und die Gefahr
einer mikrobiologischen Kontamination vermindert wird. Zu diesem Zweck kann man der Ausgangsflüssigkeit verdünnte
Schwefelsäure oder eine Genusssäure, wie Aepfelsäure, Milchsäure oder Weinsäure, zusetzen, bis ein pH-Wert von
z.B. 2 bis 6, vorzugsweise 3 bis 5, bei alkoholfreiem Bier insbesondere' etwa Ü, erreicht ist. Die mikrobiologische
Säuerung, z.B. mit einer Milchsäurelösung aus einer Kultur von Milchsäurebakterien, ist jedoch gleichfalls geeignet.
Vorzugsweise erfolgen die Einstellung des Trocken-
substonzg^haltes und die Einstellung des pH-Wertes gleichzeitig
durch Zusatz eines Wasser-Säure-Gemisches, doch kann man genauso gut erst den Trockensubstanzgehalt durch Zusatz
von Wasser und danach den pH-Wert durch Zusatz von Säure
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einstellen. Man kann z.B. Brauwasser, das in der Regel mikrobiologisch keimärmer ist als Trinkwasser und weniger
Hydrogencarbonate enthält, oder auch sauerstofffreies und/oder entkeimtes und gegebenenfalls enthärtetes Wasser
verwenden, dem man gegebenenfalls die oben genannten Säuren in der erforderlichen Menge, die auch von dem allfälligen
Vorhandensein von Puffersalzen in der Ausgangsflüssigkeit abhängt, zugibt.
Zum Schutz der Hefearomastoffe und der Inhaltsstoffe sowie Steigerung der Rezenz bzw. Frische der Ausgangsflüssigkeit
und/oder des alkoholfreien Getränkes wird die gekühlte AusgangsflUssigkeit und/oder das alkoholfreie
Getränk vorzugsweise in an sich bekannter Weise mit Kohlendioxid übersättigt. Der Kohlendioxidgehalt kann
bis zu 10 g pro Liter, vorzugsweise etwa 5 g pro Liter, betragen.
Die Hefe wird vorzugsweise unmittelbar nach der Entnahme aus dem Gärprozess mit der Ausgangsflüssigkeit in
Berührung gebracht. Vorzugsweise wird sie völlig von der vergorenen Flüssigkeit befreit. Es kommen z.B. folgende Hefen
in Betracht:
Saccharomyces cerevisiae (eine obergärige Bierhefe) Saccharomyces carlsbergensis (eine untergärige Bierhefe)
Saccharomyces uvarum (eine untergärige Bierhefe) Saccharomyces ellipsoideus (Weinhefe)
Man kann jedoch auch andere Hefen oder Hefegemische verwenden. In der Regel setzt man bei der Herstellung von alkoholfreiem
Bier 0,1 bis H Liter dickbreiige Hefe pro Hektoliter Ausschlagwürze zu. Das bedeutet, dass im Gemisch von Hefe
und Ausschlagwürze etwa 21OOO1OOO bis 1501OOO1OOO Hefezellen
pro ml vorhanden sind.
Bei der Herstellung von alkoholfreiem Bier kann man wie folgt vorgehen:
Man bringt Ausschlagwürze auf einen pH-Wert von 3 bis 6,
vorzugsweise 4, und einen Trockensubstanzgehalt von 6 bis
12 Gew.-2, vorzugsweise 6 Gew.-?, und kühlt sie auf eine
Temperatur unter 3 0C, vorzugsweise unter 0 0C, insbesondere
von -0,4 bis -0,5 0C Nun gibt man ·$ine frisch aus dem Gärprozess
entnommene, von dem vergorenen Bier völlig befreite, nicht gewässerte Hefe in einer Menge von 0,1 bis 4 Liter,
vorzugsweise 1 Liter, pro Hektoliter (etwa 30*0001OOO Hefezellen pro ml) der verdünnten sauren Ausschlagwürze zu.
Die Mischung wird intermittierend oder kontinuierlich gemischt und auf der obigen Temperatur gehalten. Vorzugsweise
wird die Mischung mit Kohlendioxid perkoliert und übersättigt. Nach einer ausreichenden Kontaktzeit, vorzugsweise
24 bis 48 Stunden, wird die Hefe bei der obigen
Temperatur restlos vom alkoholfreien Bier abgetrennt. Nun kann man noch den Trockensuostanzgehalt, den pH-Wert und den
Kohlendioxidgehalt auf den gewünschten Wert einstellen.
Damit sich bei der Aufbewahrung keine kolloidalen Ausscheidungen bilden, die eine Lichtbrechung oder Trübung hervorrufen,
kann man das alkoholfreie Bier beispielsweise durch Filtration über Polyvinylpolypyrrolidon, Kieselgel, ein Hydrogel oder ein Xerogel
oder durch Abbau der hochmolekularen Eiweissstoffe mit Enzymen stabilisieren. Dann wird das alkoholfreie Bier abgefüllt
und pasteurisiert, um eine Qualitätsschädigung durch Mikroorganismen zu verhindern.
Die gewünschten Aromastoffe diffundieren in höherem Masse in die Ausschlagwürze, und man erhält ein Produkt
mit höherer Qualitäc, wenn die Würze einen vergleichsweise niedrigeren Trockensubstanzgehalt und pH-Wert hat·
Beispiel
Normale, gehopfte Ausschlagwürze wird vom Trüb
befreit und auf etwa 0 0C abgekühlt.
Frische, aus einem Gäransatz stammende, auf etwa
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O bis 5 0C gekühlte Hefe wird vom Bier befreit. Wenn nötig,
wird sie zum Entfernen des in der Hefesuspension noch enthaltenen Aethanols gepresst oder kurz mit mikrobiologisch
einwandfreiem Wasser aufgeschlämmt und der Ueberstand abdekantiert.
Die abgekühlte Ausschlagwürze wird mit vom Sauerstoff befreiter, nit Kohlendioxid übersättigter verdünnter
Schwefelsäure oder Genusssäure oder mikrobiologisch hergestellter Milchsäurelösung auf einen pH-Wert von etwa 4 und
einen Trockensubstanzgehalt von etwa 6 Gew.-% eingestellt.
Vor dem Zusammenbringen werden die Hefe und die Bierwürze auf -0,4 bis -0,5 0C gekühlt. Zu 1 Hektoliter Würze
gibt man etwa 0,5 Liter dickbreiige gekühlte Hefe zu. Die Mischung wird auf -0,4 bis -0,5 0C gehalten und gemischt,
z.B. durch Perkolation mit Kohlendioxid oder Umpumpen sowie Einblasen von Kohlendioxid. Nach einer Kontaktzeit
von etwa 48 Stunden wird die Hefe bei einer Temperatur unter 0 0C restlos vom alkoholfreien Bier abgetrennt.
Das alkoholfreie Bier wird auf einen Trockensubstanzgehalt von 6,0 Gew.-Ϊ, einen pH-Wert von 4,1 und einen
Kohlendioxidgehalt von 5,2 g pro Liter gebracht, durch FiI-tration
über Polyvinylpolypyrrolidon stabilisiert, in Flaschen abgefüllt und pasteurisiert.
Das so hergestellte alkoholfreie Bier hat einen Alkoholgehalt unter 0,05 Gew.-ί. Es entspricht im Hinblick
auf Aroma, Geschmack, Schaumverhalten, Klarheit und Farbe einem üblichen alkoholhaltigen Bier.
Wenn man statt 0,5 Liter bis zu 4 Liter dickbreiige Hefe oder die entsprechende Menge an gepresster Hefe pro
Hektoliter Würze zusetzt, erhält man ein ähnliches alkoholfreies Bier.