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Sitze, insbesondere Arbeitssitz, mit einer hinteren, keilartig ansteigenden
Stützfläche für Hocker, Stühle od. dgl. Zusatz zum Patent 1084 588 Die Erfindung
bezieht sich auf Sitze, für Hocker, Stühle, Sessel od. dgl.; sie löst die Aufgabe,
den. Aufbau von Sitzen so zu gestalten, daß sie den anatomischen, orthopädischen
und physiologischen Anforderungen, die für den sitzenden Menschen zu erfüllen sind,
gerecht werden. Die bisher bekannten Sitze genügen diesen Anforderungen nicht oder
nur mangelhaft, da bei ihnen im wesentlichen nur die Rückenlehne dazu herangezogen
wird, eine Stützfunktion auf die Wirbelsäule auszuüben. Dabei sind auch Konstruktionen
bekanntgeworden, die sogar besonders nachteilig sind, da sie ein hohles Kreuz verursachen.
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Im Hauptpatent 1084 588 ist bereits für einen Sitz vorgeschlagen worden,
die Sitzfläche mittels eines Formteiles in eine keilartig zur Rückenlehne hin, zur
Sitzflächenebene ansteigende Stützfläche mit einem Anstiegswinkel auslaufen zu lassen,
der geeignet ist, die Wirbelsäule möglichst geradezurichten; die Rückenlehne ist
daher aus mehreren, im Rückenlehnenrahmen federnd befestigten und unabhängig einstellbaren
Polstern oder Polstergruppen gebildet. Diese Erfindung beruht auf früheren Arbeiten
und Erkenntnissen des Erfinders. Inzwischen wurden diese Erkenntnisse vertieft,
und es wurde nunmehr gefunden, daß es entscheidend darauf ankommt, daß die Sitzfläche
selbst funktionsrichtig ausgebildet ist; es kommt weniger darauf an, ob eine Rückenlehne
vorhanden ist oder nicht, oder aber wie diese gestaltet ist. Es ist also grundsätzlich
nicht von Bedeutung, ob z. B. die Rückenlehne mit der Sitzfläche gleichsinnig federnd
angebracht ist und einstellbare Polster aufweist. Dementsprechend wird in Fortbildung
des Erfindungsgegenstands des Hauptpatents hier vorgeschlagen, daß unabhängig vom
Vorhandensein einer Rückenlehne oder deren Ausbildung im Bereich des Beckens ein
schräg nach hinten ansteigendes, für sich allein wirksames Stützelement in Form
eines Keiles vorgesehen ist, dessen Vorderkante unmittelbar hinter den Sitzbeinhöckern
des Sitzenden liegt. Ein derart angeordnetes und ausgebildetes Stützelement ist
geeignet, die erstrebte Wirkung ohne die zusätzlichen, im Hauptpatent beschriebenen
technischen Merkmaie zu erzielen.
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Für die Lösung der Erfindungsaufgabe ist die Erkenntnis wesentlich,
daß es beim Sitzen sehr darauf ankommt, daß das Becken stabil abgestützt wird; das
Becken ist nämlich von Natur aus beim Sitzen labil auf den Sitzbeinhöckern gelagert,
indem es um diese Sitzbeinhöcker herum schwenkbar ist. Unter der Last des Oberkörpers,
vor allem mit zunehmender Ermüdung der Haltemuskulatur, neigt es dazu, z. B. bei
längerem Sitzen unter Aufrichtung des Schambeins nach hinten abzukippen, um sich
eine stabile Auflage zu schaffen. Bei diesem Abkippen krümmt sich zwangläufig die
Wirbelsäule. Diese Krümmung ist dabei um so stärker, je weiter das Becken nach hinten
abkippt. Mit dem Maße des Abkippens steigern sich auch die Mängel, die mit einer
schlechten Sitzhaltung verbunden sind, z. B. die Rundrückenbildung mit allen ihren
Folgen orthopädischer und physiologischer Art. Es kommt daher gemäß der Erfindung
darauf an, dem Becken beim Sitzen eine solche stabile Lage zu geben, daß die Rückenkrümmung
möglichst klein ist oder, mit anderen Worten, daß das Becken vor dem Abkippen bzw.
vor einem zu weitem Abkippen bewahrt wird. Der Anstieg des Keiles oder der Keilwinkel
ist erfindungsgemäß durch die Stützungsfunktion bestimmt und kann durch Proben ermittelt
werden; dabei ist die Geradestellung der Wirbelsäule ein brauchbares Maß. Der Winkel
ist sodann wesentlich von der Sitzhaltung abhängig; der Keilwinkel wird: um so größer
sein müssen, je mehr sich der Mensch z. B. in seiner Arbeitsstellung nach vorn neigt
(vordere Sitzhaltung); er wird um so kleiner sein, je mehr der Mensch eine mittlere
oder gar hintere Sitzhaltung einnimmt. Bn allgemeinen werden gute Resultate
mitAnstiegwinkeln zwischen 15 und 30° erreicht. Es kann unter Umständen zweckmäßig
sein, den Keil verschiebbar anzuordnen,
um seine Lage gegenüber
den Sitzbeinhöckern einzustellen; dabei kann auch die Länge der Oberschenkelauflage
mit berücksichtigt werden.
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Ein nach diesen Merkmalen eingerichteter Sitz hat die Vorteile, die
ein richtiges Sitzen mit sich bringt. Es wird jede unnötige und ungünstige Beanspruchung
dies Muskel-, Band- und Knochensystems im Bereich des Beckens, der Hüftgelenke und
Oberschenkel vermieden. Der Körper nimmt eine erwünschte Ruhelage ein, so daß auch
vorzeitige Organabnutzung und ein unnötiger Energieverbrauch vermieden werden. Weiter
stellen sich eine bessere Haltung des Bauch-und Brustraumes ein..
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Mit der Gestaltung von Sitzen haben sich die Fachleute schon vielfach
beschäftigt. Die bekannten Konstruktionen laufen aber im Grundzug fast immer darauf
hinaus, daß sie den Sitz an, die sich beim Niedersetzen von selbst einstellende
Haltung des Gesäßes bzw. des Beckens anpassen. Dementsprechend sind wannen- oder
muldenförmige Ausbildungen für die Sitze angegeben worden. Entgegen dieser langjährigen
Anschauung und immer wieder auftretenden Technik geht die Erfindung von dem Gedanken
aus, der sich beim Sitzen einstellenden Körperhaltung entgegenzuwirken. Dies wird
durch das keilartige Stützelement erreicht, welches das. Abkippen des Beckens nach
rückwärts verhindert und damit die nachteiligen Folgeerscheinungen vermeidet. Im
einzelnen sind beispielsweise Behandlungsstähle bekanntgeworden, bei denen vorn
und hinten Ansätze angebracht sind, zwischen denen sich eine Mulde ausbildet, und
die der Aufgabe dienen, dem Patienten eine feste Lage gegen das Verrutschen nach
vorn oder hinten. zu geben. Eine solche Ausgestaltung des Sitzes ist nicht geeignet,
das Becken selbst abzustützen, wie es die Erfindung vorsieht. Es ist bei Behandlungsstühlen
ferner noch bekannt, den Sitz hinten mit einer kleinen Rückenlehne in Nierenform
auszustatten, welche den Patienten auch seitlich etwas umfaßt, so daß er auch gegen
seitliches Abrutschen gesichert ist. Eine solche Rückenlehne ist ebenfalls nicht
geeignet, als Stützelement für das Becken zu dienen.
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Das Stützelement kann erfindungsgemäß ein selbständiger Bauteil sein,
welcher nachträglich an dem Sitz angebracht wird. Das Stützelement besteht in seinem
Grundaufbau bevorzugt aus festem Material, z. B. Holz. Das Stützelement kann jedoch
auch mit nachgiebigen überzögen versehen sein. Es ist unter Umständen vorteilhaft,
außer der Beckenbewegung ; auch noch die Bewegung des Oberkörpers zu berücksichtigen,
insbesondere mit Hinblick auf die Sonderstellungen bei Arbeitssitzen. Eine solche
Sonderstellung beeinflußt nicht nur den Keilwinkel des Stützelementes sondern auch
die. Stellung einer ; Rückenlehne, die den Oberkörper abfangen soll. Es wird hierzu
die Lehne zweckmäßig mit dem Stützelement verbunden und die Anordnung so getroffen,
daß beide. Teile um die Vorderkante des Stützelementes verschwenkbar sind. Auf diese
Weise kann unter Berücksichtigung der jeweiligen körperlichen Verhältnisse eine
Anpassung an die Arbeitsstellung vorgenommen werden. Es kann aber schon zweckmäßig
sein, das Stützelement allein für sich um seine Vorderkante schwenkbar anzuordnen.
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In den Fig. 1 bis 5 soll das. Wesen der Erfindung sowie besondere
Einzelheiten an einigen Beispielen erläutert werden. Fig. 1 zeigt einen üblichen
Hocker. Auf den vier Beinen B 1 bis B 4 ruht die Sitzfläche F aus
einer Holzplatte auf. Auf dieser Holzplatte ist erfindungsgemäß ein keilförmiges
Stützelement S aus. Holz angeordnet, das nachträglich auf der Fläche F z. B. durch
Kleben oder Verschrauben befestigt ist. Der Keilwinkel beträgt etwa 20°. Dort, wo
die Sitzbeinhöcker sich beim Sitzen befinden, liegt die Vorderkante des Keiles unmittelbar
dahinter. Die Breite des Stützelementes S, also seine Abmessung quer zum Sitz, richtet
sich nach der Körperbreite und kann sich in einfacher Anpassung an die Sitzbreite
über die Breite des Sitzes erstrecken. Die Ausdehnung der Stützfläche in Richtung
senkrecht dazu und damit die Keillänge ist an sich nicht so sehr wichtig. Diese
Ausdehnung wird zweckmäßig nur so weit gewählt, daß das Becken am äußeren Ende des
Stützelementes praktisch nur lose anliegt oder, mit anderen. Worten, daß die Abstützung
des Beckens in, der Fläche des Stützelementes stattfindet. Es soll dadurch erreicht
werden, daß sich der Druck des Beckens möglichst gleichmäßig über die ganze Stützfläche
verteilt. Das Stützelement braucht nicht aus vollem Material hergestellt zu sein.
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Fig. 2 zeigt eine abgewandelte Form. der Anordnung des Stützelementes
S auf der Sitzfläche F eines Stuhles. In dieser Figur sind entsprechende Teile mit
der gleichen Bezeichnung versehen wie in Fig. 1. Das Stützelement S ist aus der
Fläche F herausgeschnitten und mit seiner Vorderkante mit der Sitzfläche F durch
Scharniere od. dgl. verbunden, wie dies Fig. 2 a in vergrößertem Ausschnitt zeigt.
Das Stützelement S isst ein Teil der Sitzfläche F oder, mit anderen Worten, ein
Brettstück. Im vorderen Teil hat es eine Bohrung, durch welche eine Stange A hindurchgesteckt
ist, die ihrerseits in der Sitzfläche gelagert ist. Um diese Stange kann die Stützfläche,
S tierumgeklappt werden, so daß sie in der Ruhestellung die Öffnung O in der Sitzfläche
F praktisch ausfüllt. Um den Drehpunkt herum ist das Stützelement abgerundet, so
daß es die Klappbewegung gegenüber der Öffnung O ausführen kann. Ein an der Sitzfläche
F befestigter Knebel K, zweckmäßig auf beiden seiten des Stützelementes angeordnet,
dient als Auflage in der Ruhestellung. In der Funktionsstellung wird das Stützelement
S tierausgeklappt und dann in seiner Sollage arretiert. Zu diesem Zweck ist das
Stützelement S mit einer Führungsschiene H ausgerüstet, welche in passenden Abständen
mit Löchern M versehen ist, in die ein Zapfen Z einrasten kann; der an der Sitzfläche
F befestigt ist. Diese Anordnung kann natürlich auf beiden Seiten der Stützfläche
vorgesehen sein. Sie ermöglicht nicht nur die Arretierung, sondern auch gleichzeitig
eine Einstellung der Höhenlage und damit des Anstiegwinkels der Stützfläche. Dabei
wird die Stützfläche insgesamt nach denselben Prinzipien angeordnet, wie sie bereits
bei Fig. 1 beschrieben sind. Es kann, auch unter Umständen genügen, eine in der
Mitte der Stützfläche angeordnete Vers:tellschiene vorzusehen, die dann beispielsweise
durch einen Zapfen auf der Rückseite. der COffnung O zur Einstellung und Arretierung
des Stützelementes dient. Anstatt einer Stange A kann auch ein anderes Gelenk, z.
B. ein Scharnier gewählt werden.
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Fig. 3 zeigt einen Hocker: An der Sitzfläche F sind zwei Ansätze E
auf der Rückseite befestigt. Diese Ansätze sichern das Stützelement S gegen das
Abrutschen von der Sitzfläche.. Das Stützelement ist also
als Auflage
ausgebildet. Auch hier sind Keilwinkel und Lage der Vorderkante des Stützelementes
so zu wählen, wie es schon vorher beschrieben ist. In weiterer Ausgestaltung der
Erfindung kann das Stützelement eine Einheit mit einer Sitzauflage bilden, so wie
es in dem beschriebenen Beispiel die Sitzfläche selbst zusammen mit dem Stützelement
sein kann. In der Praxis kann das so erreicht werden, daß das Stützelement, z. B.
bestehend aus einem genügend harten Polsterkeilkissen, mit einer nachgiebigen oder
aus dem gleichen Material bestehenden Unterlage verbunden ist, die geeignet ist,
als Auflage für einen Sitz zu dienen. Beide Teile können dabei von dem gleichen
Überzug umgeben sein und können so als Einheit auf eine Sitzfläche eines Stuhles
od. dgl. aufgelegt werden.
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In Fig. 4 ist das Stützelement S mit Ansätzen N versehen und die Sitzfläche
F mit entsprechenden Bohrungen P. Wenn die Ansätze N mit Löchern P im Eingriff sind,
so liegt das Stützelement fest. Bei der vorgesehenen Anbringung einer Mehrzahl von
Lächern in Richtung des Sitzes ist es möglich, das Stützelement in dieser Richtung
zu verstellen, um auch die Oberschenkelauflage zu berücksichtigen.
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In Fig. 5 ist ein Stuhl mit einer Lehne dargestellt. Wie in den vorhergehenden
Figuren sind auch hier die einander entsprechenden Teile mit den gleichen Buchstaben
versehen. Das Stützelement S ist mit der Lehne fest verbunden und drehbar um die
Achse A gelagert, welche durch dessen Vorderkante hindurchgeht. Die Rückenlehne
weist im unteren Teil ihrer beiden Holme Öffnungen Q auf, in welche zweiseitig angeordnete
Zapfen Z eingreifen können. Mit dieser Anordnung ist es möglich, die Lehne auf und
ab zu verstellen und damit auch gleichzeitig das Stützelement S um die Achse
A zu schwenken. Zur Vergrößerung des Schwenkbereiches nach unten ist die
Sitzfläche F im Bereich des Stützelementes S ausgespart. Es genügt aber unter Umständen,
daß das Stützelement mit der Lehne nur nach oben verstellbar verbunden ist. Dann
kann die Öffnung in der Sitzfläche entfallen. Diese Gestaltung des Sitzes gestattet
es vor allem, ungewöhnliche Arbeitsstellungen zu berücksichtigen, vor allen Dingen
solche, bei denen der Mensch betont nach vorn geneigt ist. Zur weiteren Anpassung
kann auch hier sowohl der Keilwinkel noch einstellbar sein als auch die Lage der
Lehne zum Stützelement selbst. Sodann kann es vorteilhaft sein, auch die Form der
Lehne, gegebenenfalls in Verbindung mit ihrer Stellung, in die Anpassung einzubeziehen;
die Form wird dabei zweckmäßig so gewählt, daß die Funktion des Stützelementes unterstützt
wird. Die praktische Erprobung ergibt auch hier unschwer die besten Ergebnisse,
wenn dabei das Ziel der Erfindung berücksichtigt wird. Im allgemeinen wird es nützlich
sein, die Lehne möglichst gerade und gerade stehend auszubilden.
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Es ist zweckmäßig, das Stützelement möglichst aus formfestem Material
zu machen, z. B. aus unnachgiebigem Material zu fertigen. Das Stützelement kann
vorteilhaft eine Auflage aus nachgiebigem Material, wie z. B. Schaumgummi, bekommen.
Unter Umständen kann es aber auch genügen, das Stützelement aus Polstermaterialien
aufzubauen. Es ist dabei zu beachten, daß die Polsterung dann so wenig nachgiebig
gewählt wird, daß das Stützelement der Erfindungsaufgabe genügt. Es muß also hart
sein, daß es eine echte Unterstützung des Beckens bildet. Bei sehr unnachgiebigem
Material des Keiles kann. es unter Umständen zweckmäßig sein, im Bereich der Sitzbeinhöcker
Aussparungen bzw. besonders nachgiebige Stellen vorzusehen. Für die Einstellung
des Keilwinkels kann das Stützelement auch nach Art eines Blasebalgs ausgebildet
sein, so daß durch Einblasen von Luft oder durch Ablassen von Luft sich der Winkel
vergrößert oder verkleinert. Wenn bei einer solchen Ausführung die Stützfläche selbst
auch aus formfestem Material, z. B. Holz ist, so kann über das Luftpolster doch
eine gewisse wünschenswerte Nachgiebigkeit erzielt werden. Das Stützelement kann
auch eine andere als die in den Zeichnungen dargestellte rechteckige Form aufweisen,
z. B. eine ovale oder runde.
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Das in dieser Erfindung behandelte Stützprinzip ist für alle Sitze
brauchbar. Es ist besonders zweckmäßig anzuwenden bei Arbeitssitzen, also beispielsweise
bei Schreibmaschinenstühlen, Schulsitzen, Sitzen für Industrie- und landwirtschaftliche
Maschinen u. dgl., ferner auch bei Autositzen; weiterhin bei Sitzen, die für eine
Vielzahl von Personen bestimmt sind, wie z. B. in Verkehrsmitteln.