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Die Erfindung betrifft Phenol-Formaldehydharz-freie Bindemittel für Gießerei-Formsande sowie Formstoffgemische aus natürlichen und/oder keramischen Sanden mit diesen Bindemitteln. Die Bindemittel sind aufgrund des Fehlens von Phenol-Formaldehyd-Harz und aromatischen Lösemitteln umwelt- und gesundheitsneutral. Sie sind für die etablierten Kern- und Formenherstellungsverfahren geeignet. Die Erfindung betrifft darüber hinaus ein Formstoffhärtungsverfahren.
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Die Herstellung von verlorenen Formen für das Gießereiwesen, die aus speziellen Gießereisanden, die mit anorganischen oder organischen Bindemitteln verklebt werden und latent stabil sind, wird seit mehr als einem halben Jahrhundert betrieben und unterliegt seitdem einer stetigen Weiterentwicklung, um den wachsenden Anforderungen der modernen Gießereitechnik genügen zu können.
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Die anorganischen Bindemittel bestehen vorwiegend aus Mischsilikaten mit einem Hauptanteil unterschiedlicher Wasserglassorten, deren Zusammensetzung das Aushärtungsverhalten des damit versetzten Formgrundstoffes maßgeblich beeinflusst.
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Als organische Bindemittel werden überwiegend Phenol-, Furan- oder Harnstoffharze oder auch deren Gemische eingesetzt, wobei je nach Anforderung des Formgebungsprozesses Katalysatoren zur Steuerung der Aushärtungsgeschwindigkeit zugefügt werden.
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Für Kerne werden – im Unterschied zu Formen – besonders hohe Anforderungen an die mechanischen Eigenschaften der Formstoffe gestellt, weil diese die innenliegenden Hohlräume des Gussstücks erzeugen. Sie müssen einerseits den hohen thermischen Belastungen der sie bei dem Guss vollständig umgebenden Schmelze standhalten und sollten dennoch eine möglichst niedrige Menge an Binder enthalten. Dieser verbrennt bei längerem Kontakt mit der Schmelze. Die dabei entstehenden Gase müssen aus der Gussform abgeführt werden. In dieser Phase können Gussfehler entstehen, wenn das Ausgasungsvermögen des umgebenden Formstoffs nicht ausreicht, um die gebildeten Gasmengen zügig abzuführen.
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Als technisch geeignet für die Kernabformung haben sich Phenol-Formaldehyd-Harze erwiesen, die aus einer OH-funktionellen Komponente A und einer überwiegend Isocyanate enthaltenden Komponente B bestehen, die im Gemisch mit dem Formgrundstoff unter Bildung von Polyurethan-Additionsprodukten miteinander reagieren und dabei die Sandpartikel für die Dauer des Gießprozesses fest verbinden.
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Die mindestens zwei freie Hydroxylgruppen tragenden Phenol-Formaldehyd-Verbindungen der Komponente A werden zum Zwecke der besseren Verarbeitbarkeit mit unterschiedlichen funktionsneutralen Streckmitteln verdünnt und sonstigen, die Polyurethanreaktion und/oder die Sandbindung fördernden Zusätzen vermischt.
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Die B-Komponente enthält ebenfalls ein mindestens difunktionelles Isocyanat vorwiegend vom Typ der flüssigen Diphenylmethandiisocyanate.
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So sind beispielsweise in der
WO 91/09908 und der
DE 29 23 840 A1 verschiedene Bindemittel auf Basis Phenolharz-haltiger A-Komponenten und Isocyanat-haltiger B-Komponenten sowie Verfahren zu deren Anwendung beschrieben.
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In Abhängigkeit von den Anforderungen des Gießereiprozesses kommen bei der Verwendung von Phenol-Formaldehyd-Harzen verschiedene Verfahren der Kernherstellung zum Einsatz. Besonders verbreitet ist das Cold-Box-Verfahren, bei dem durch Aminbegasung eine nahezu schlagartige Durchhärtung des Formkerns erreicht wird und das sich besonders für einen automatisierten Kernherstellungsprozess eignet. Das sogenannte Cold-Box-Verfahren ist in zahlreichen Druckschriften erläutert, wie zum Beispiel der
US 3 409 579 A , der
DE 2 162 137 A sowie der
DE 1 959 023 A .
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Das No-Bake- beziehungsweise Pep-Set-Verfahren verzichtet dagegen auf die umweltrelevante Aminbegasung und erreicht die Aushärtung des Bindemittel-Formsand-Gemisches durch Zusammenführung der reaktiven A- und B-Komponente erst unmittelbar vor dem Einbringen in die Form, wobei je nach Beschaffenheit des geplanten Gussstückes ein Katalysator in unterschiedlichen Konzentrationen zugesetzt wird, mit dem die Aushärtung des Formstoffgemisches beschleunigt werden kann.
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Die Anwendung von Phenol-Formaldehyd-Harzbindern ist jedoch mit zahlreichen erheblichen Nachteilen verbunden, die einerseits in der physiologischen Arbeitsplatzbelastung in allen Schritten der Verarbeitung und andererseits in der Umweltgefährdung durch die Deponierung schadstoffhaltiger Altsande bestehen. Diese Nachteile resultieren aus dem Einsatz geruchsintensiver, gesundheitsschädlicher und im Sinne der europäischen Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) toxischer und daher kennzeichnungspflichtiger Einsatzstoffe. Die gesundheitsschädlichen Auswirkungen bestehen sowohl bei der Kernabformung als auch beim Abguss in gasförmigen Emissionen und stellen bei der Deponierung der Altsande ein weiteres und vor allem zusätzlich kostenintensives Problem dar.
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Trotz zahlreicher Anstrengungen zur Reduzierung der gesundheitsschädlichen Bestandteile in den Phenol-Formaldehyd-Harz-Bindemitteln, wie zum Beispiel in der
DE 19 529 030 A1 und
DE 10 2008 055 042 A1 beschrieben, kann die prinzipielle Gefahr, die mit dieser Stoffklasse verbunden ist, nicht restlos eliminiert werden. Sie äußert sich in einer starken, schädlichen und nachhaltigen Geruchs- und Gefahrstoffbelastung am Arbeitsplatz und in einer umweltrelevanten Kontamination der aus den Formungs- und Gießprozessen ausgeschleusten, zur Deponierung freigegebenen Sande. So ist es bei Verwendung von Phenol-Formaldehyd-Harz-Bindemitteln zum Beispiel nicht möglich, den für die Sanddeponierung relevanten Phenolindex-Grenzwert für die Eingruppierung in die Deponieklassen 1 gemäß der gültigen Deponieverordnung zu erreichen, was wiederum die ohnehin kostenintensive Abfallentsorgung im Gießereiwesen noch weiter verteuert.
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Eine Möglichkeit zur Reduzierung der Phenol-Formaldehyd-Harz-Anteile im Binder besteht in deren partieller Substitution durch Polyetherpolyole oder ähnliche Hydroxylgruppen enthaltende Verbindungen. So werden zum Beispiel Polyetheralkohole auf Basis mehrfunktioneller Diamine als Minderkomponente, wie gemäß der
US 4 273 700 A , zur Steuerung der Reaktivität in einem ansonsten Phenolharz-basierten System verwendet. Die
EP 1 375 028 A1 beschreibt eine analoge Anwendung, auch in Kombination mit Glykol-Monoethern in der Harz-Komponente. Der Zusatz solcher Aminopolyole wirkt sich positiv auf die Formstoffhärten aus. Andererseits nimmt dadurch die Stickstofffracht im Bindemittel zu. Bekanntermaßen führen Elemente, wie Stickstoff, Schwefel und Phosphor im Bindemittel zu Gussfehlern, so dass der Vorteil einer höheren Festigkeit dadurch wieder relativiert wird. Eine Verwendung der Amin-basierten Polyole als Hauptbestandteil der Harzkomponente ist deshalb nicht empfehlenswert. Die Belastungen durch die verbleibenden Phenolharzkomponenten können dadurch ohnehin nicht eliminiert werden. Der Einsatz nur eines Polyetherpolyols in der Harz-Komponente wird unter anderem in der
WO 94/05447 offenbart.
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Um die Verarbeitungseigenschaften der Kaltharzbindemittel an die Erfordernisse der Kernabformung anzupassen, werden sie üblicherweise durch Verdünnung mit verschiedenen Lösemitteln beziehungsweise Füllstoffen konfektioniert. Dafür werden unter anderem aromatenhaltige Kohlenwasserstoffe wie SolvessoTM 100 und SolvessoTM 150 eingesetzt, die aufgrund ihrer gesundheitsschädlichen Emissionen bei der Verarbeitung und dem Abguss problematisch sind.
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Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe besteht darin, die Nachteile der Phenol-Formaldehyd-Harz-Binder zu vermeiden und ein Bindemittel für Gießereiformsande bereitzustellen, bei dem vollständig auf diese Stoffklasse sowie nahezu vollständig auf kennzeichnungspflichtige Rohstoffe verzichtet werden kann.
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Die Erfindung wird durch ein Bindemittelsystem mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Die Lösung der Aufgabe der Erfindung besteht dabei in einem Phenol-Formaldehydharz-freien Bindemittel für Gießereiformsande, wobei das Bindemittel entweder
- • als Einkomponenten-Bindemittel auf Polyurethan- und/oder Polyharnstoff-Basis mit Gehalten an freien Isocyanatgruppen im Bereich von 5 bis 35 %, das für ein mehrphasig anwendbares Härtungsverfahren mittels Wasser-Alkoholgemischen geeignet ist,
oder - • als Zweikomponenten-Bindemittel auf Polyurethan- und/oder Polyharnstoff-Basis, umfassend
- – eine Komponente A mit einer durchschnittlichen Wasserstoff-Funktionalität von 2,0 bis 3,9, was der Zahl von in den Molekülen vorliegenden reaktiven Wasserstoffatomen von Hydroxyl-, Mercapto-Amino- oder Carboxyl-Gruppen entspricht, mit einem durchschnittlichen Äquivalentgewicht von 450 bis 900 g/val der Edukte sowie mit die Reaktivität steuernden funktionellen und/oder funktionslosen Zusätzen, die Verarbeitbarkeit fördernden und die Stabilität sichernden funktionslosen Beimengungen, wobei die Edukte der Komponente A Polyetheralkoholgemische aus Hydroxyl- und/oder Mercaptogruppen und/oder internen Stickstoff enthaltenden Einzelkomponenten darstellen, sowie
- – eine Isocyanat-haltige Komponente B,
vorliegt.
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Internen Stickstoff enthaltende Einzelkomponenten enthalten keine endständigen Aminogruppen. Die Komponente B des Zweikomponentengemisches entspricht der Isocyanat-Komponente des Zweikomponenten-Bindemittels.
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Auf diese Weise werden gießereitaugliche, geruchsneutrale, verarbeitungsfreundliche, physiologisch unbedenkliche und weitgehend Altsand-neutrale organische Bindemittel konzipiert, durch die die aktuell verwendeten und gesundheitsschädlichen Phenol-Formaldehyd-Harz-basierten Bindemittel nicht nur partiell, sondern vollständig substituiert werden können.
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Die Erfindung nutzt die Möglichkeiten der hoch spezialisierten Polyurethan-Chemie, indem sie gezielt innovative Produkte dieser Polymerbranche miteinander zu neuartigen Bindemittel-Komponenten kombiniert, die in Abhängigkeit vom jeweiligen Anwendungsfall der Kernherstellung noch durch besondere Zusätze, wie Hetero-Atome enthaltende organische Verbindungen und/oder oberflächenaktive Stoffe, in ihrer Wirkung zielgerichtet optimiert werden. Die Erfindung beinhaltet Einkomponenten- und Zweikomponenten-Systeme, die aber in jedem Fall auf der Polyurethan-Grundreaktion basieren, bei der aktive Wasserstoffatome mit Isocyanatgruppen zu Polyurethan- und/oder Polyharnstoff-Strukturen reagieren.
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Die vorliegende Erfindung vermeidet den Einsatz aromatischer Lösemittel und bevorzugt stattdessen spezielle Kombinationen von Füllstoffen auf Basis nachwachsender Rohstoffe sowie synthetische Carbonsäureester und organische Siliciumverbindungen.
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Auf diese Weise hergestellte Bindemittel sind nahezu geruchlos, haben einen geringen Dampfdruck, eine verarbeitungsfreundliche Viskosität, verleihen dem Formgrundstoff eine gute Fließfähigkeit, eine optimale Aushärtungsgeschwindigkeit und Formstabilität sowie hohe Festigkeitswerte, was sie für die Kernherstellung prädestiniert. Beim Abguss erweisen sich die Formen vom Einguss bis zur Abkühlung als stabil, lassen sich danach aber problemlos vom Gussstück abtrennen. Bei der Kernstellung und beim Abguss sind die Emissionen im Vergleich zu Phenol-Formaldehyd-Harz-basierten Bindemitteln deutlich ärmer an flüchtigen organischen Verbindungen, aromatischen Kohlenwasserstoffen sowie olfaktorisch wahrnehmbaren Ausgasungen.
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Die erfindungsgemäßen Zweikomponenten-Bindemittel eignen sich sowohl für das No-Bake- beziehungsweise Pep-Set- als auch in speziellen Ausführungsformen für das breit angewendete Cold-Box-Verfahren, wobei dem No-Bake- beziehungsweise Pep-Set-Verfahren der Vorzug zu geben ist, weil es ohne die umweltrelevante Aminbegasung auskommt. Die erfindungsgemäßen Einkomponentensysteme werden im Bindemittel-Formsandgemisch nach einem ebenfalls erfindungsgemäßen Verfahren ausgehärtet, bei dem Wasser beziehungsweise Wasser-Alkoholgemische in flüssiger, gasförmiger oder aerosolisierter Form durch das Bindemittel-Sand-Gemisch geleitet werden. Dieses Verfahren basiert einerseits auf der Reaktion von Isocyanaten mit Wasser zu Polyharnstoffen und andererseits auf der Reaktion der Alkohole mit Isocyanaten zu engvernetzten Polyurethanstrukturen, die dem Formsand eine besonders feste Struktur verleihen.
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Das Einkomponenten-Bindemittel umfasst vorzugsweise ein aromatisches oder aliphatisches oligomeres und/oder polymeres Isocyanat oder ein Gemisch aus mehreren aromatischen und/oder aliphatischen oligomeren und/oder polymeren Isocyanaten mit teilweise verzögerter Reaktivität, und als Zusatz einen funktionslosen Verdünner, auch als Streckmittel bezeichnet, und gegebenenfalls einen Katalysator. Die Isocyanate des Einkomponenten-Bindemittels haben vorteilhafterweise mindestens die Funktionalität 2. Für die Einkomponenten-Systeme eignen sich prinzipiell alle handelsüblichen Diisocyanate, wie oligomere oder polymere Varianten vom Grundtyp des 2,4'- und 4,4'-Diphenylmethan-Diisocyanates und/oder oligomere oder polymere Varianten vom Typ des 2,4'- und 4,4'-Dicyclohexylmethan-Diisocyanates und/oder oligomere oder polymere Varianten des Naphthylen-Diisocyanates und/oder oligomere oder polymere Abkömmlinge des Hexamethylen-Diisocyanates mit gegebenenfalls ganz oder partiell blockierten Isocyanatgruppen und/oder Isophorondiisocyanat und/oder dessen Abkömmlinge, weil alle ausnahmslos mit Wasser zu Polyharnstoffen reagieren, wobei sie jedoch große Unterschiede hinsichtlich der Reaktivität zu aktiven Wasserstoffatomen aufweisen, die strukturbedingt sind.
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So haben die Diphenylmethan-Diisocyanate oder Naphthylen-Diisocyanate aufgrund ihrer aromatischen Struktur generell eine höhere Reaktivität als cycloaliphatische oder aliphatische Diisocyanate, wobei es allerdings noch deutliche Reaktivitätsunterschiede in Abhängigkeit von der Isomerenverteilung gibt. Isocyanate mit Biuret- oder Isocyanuratsstrukturen reagieren im Gegensatz zu den aromatischen Isocyanaten erst bei höheren Temperaturen, was für spezielle Anwendungen von Vorteil sein kann. Unter Berücksichtigung der Reaktivität des jeweiligen Isocyanates lassen sich maßgeschneiderte Einkomponenten-Bindemittel konzipieren, die dem jeweiligen Verwendungszweck angepasst werden können.
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Geeignete Isocyanate für Einkomponenten-Binder-Systeme sind unter anderem die Lupranate® aus der Produktpalette der Firma BASF, die Desmodur®-Typen von der Firma Bayer, die Voranate® der Firma Dow Chemical, die Vestanate® der Firma Evonik, die TolonateTM der Firma Vencorex oder auch die Ongronate® der Firma BorsodChem. Zu den oben genannten geeigneten Isocyanaten zählen insbesondere Lupranat® M70R, Lupranat® MM103, Lupranat® M 105, Lupranat® MIP, Desmodur® VLR20, Desmodur® CD-S, Desmodur® DN, Desmodur® I, Desmodur® W/1, Vestanat® IPDI, Vestanat® H12MDI, Vestanat® TMDI, Vestanat® HT 2500/LV, TolonateTMHDB LV, TolonateTM HDT LV, Ongronat® 3800, Ongronat® CR-30-20, Ongronat® CR-30-40, Ongronat® CR-30-60.
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Im Gemisch mit einem oder mehreren funktionslosen Verdünnern, wie Fettsäureestern, synthetischen Carbonsäureestern, Sulfonsäureestern, Alkylsilikaten sowie speziellen, die Reaktion der Isocyanatgruppe mit Wasser fördernden Katalysatoren sind auf diese Weise weitgehend lagerstabile Einkomponenten-Bindersysteme herstellbar, die erst im Kontakt mit gasförmigen, flüssigen oder aerosolisierten Wasser beziehungsweise Wasser-Alkoholgemischen ihre volle Reaktivität entfalten.
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Hierfür geeignete Katalysatoren sind neben Organozinn- und Organoaluminiumverbindungen vor allem stickstoffhaltige Verbindungen, wie Dimethylcyclohexylamin, N-substituierte Pyrrolidone, N-substituierte Imidazole, Triazinderivate, Diazabicyclooctan oder quartäre Ammoniumsalze in verschiedenen Zubereitungen.
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Geeignete Zinnkatalysatoren sind zum Beispiel die Kosmos®-Typen von Evonik, während King Industries mit K-Kat® 5218 einen geeigneten aluminiumhaltigen Katalysator anbietet. Die BASF bietet mit der Lupragen®-Reihe eine breite Auswahl an Katalysatoren mit tertiärem Stickstoff an. Ein quartäres Ammoniumsalz zur Katalyse der Polyurethanreaktion ist zum Beispiel BYK®-ES 80.
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Als besonders vorteilhaft hat sich erwiesen, die Isocyanate in einer vorvernetzten Form anzuwenden. Zu diesem Zweck werden die Isocyanate in einem stöchiometrischen Überschuss mit bestimmten Polyolen zu Prepolymeren mit einem genau bestimmbaren Restgehalt an freien Isocyanatgruppen umgesetzt, der mindestens 5 % betragen sollte. Eine solche Vorvernetzung wird vorteilhafterweise durch die Reaktion mit einem stöchiometrischen Unterschuss an di- oder mehrfunktionellen Polyolen herbeigeführt wird und vorzugsweise ein Restgehalt an freien Isocyanatgruppen zwischen 5 und 35 %, besonders bevorzugt zwischen 6 und 30 %, resultiert.
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Weiterhin müssen solche Prepolymere eine verarbeitungsfreundliche Viskosität haben, die eine gute Durchmischung mit dem Formgrundstoff gewährleistet und daher maximal 900 mPas, vorzugsweise aber 300 bis 600 mPas, bei 20 °C beträgt.
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Als vernetzende Polyole für die Herstellung der erfindungsgemäßen Prepolymere eignen sich besonders langkettige di- oder trifunktionelle Polyetheralkohole mit Molmassen von 2000 bis 6000 g/mol, die durch eine alkalisch katalysierte Synthese hergestellt worden sind. Solche Polyole sind zum Beispiel Voranol® CP 6055 von Dow Chemical, die Desmophene® 5031 BT, 3900 und 3600Z von Bayer, die Lupranole® 2090 und 1000/1 von BASF. Es ist aber auch möglich, Polyole mit geringeren Molmassen zur Prepolymerformulierung anzuwenden, wenn die resultierende Viskosität unter 1000 mPas bei 20 °C gehalten werden kann. Solche kurzkettigen Polyole sind zum Beispiel die Lupranole® P400 und CP 260 der Firma Dow Chemical. Nicht geeignet sind Impact-Polyole, da die mit ihnen erzeugten Prepolymere wegen ihres Restgehaltes an Katalysatoren keine ausreichende Stabilität aufweisen.
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Der Einsatz von Prepolymer-Einkomponenten-Systemen ist im Vergleich zur anwendungsorientierten Auswahl der Isocyanate eine weitere Möglichkeit, das Formgrundstoff-Bindemittelgemisch zielgerichtet zu optimieren. Auf diese Weise wird zum Beispiel eine deutlich höhere Elastizität erreicht, was für die Herstellung mancher Kernformen von ausschlaggebender Bedeutung ist.
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Die Einkomponenten-Bindemittel werden durch intensive Vermischung bei Raumtemperatur unter Ausschluss von Luftfeuchtigkeit hergestellt. Der Feuchtigkeitszutritt während der Herstellung und auch bei der anschließenden Lagerung ist unbedingt zu vermeiden, da andernfalls das enthaltene Isocyanat vorzeitig abreagiert. Teilweise vorvernetzte Einkomponenten-Bindemittel müssen vor ihrer Anwendung mindestens 24 Stunden, besser aber drei bis fünf Tage nach ihrer Herstellung ablagern, damit die Prepolymerbildung zum Abschluss kommen kann, was sich durch die Bestimmung des Gehaltes an freien Isocyanatgruppen kontrollieren lässt.
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Die Kernherstellung mit den Einkomponenten-Bindemittelsystemen erfolgt nach einem erfindungsgemäßen Aushärtungsverfahren, bei dem das Formstoffgemisch aus Formsand und Bindemittel mit flüssigen und/oder gasförmigen und/oder aerosolisierten Wasser-Alkohol-Gemischen oder auch nur mit Wasser ausgehärtet wird, wobei die Aushärtung mit Wasser- und/oder Wasser-Alkohol-Gemischen in flüssiger, gasförmiger oder aerosolisierter Form im Temperaturbereich von 20 bis 150 °C, vorzugsweise 20 bis 120 °C, und bei Drücken von 0,2 bis 5 bar, vorzugsweise 0,5 bis 2 bar, erfolgt. Vorzugsweise wird das Formstoffgemisch in Anlehnung an das Cold-Box-Verfahren mit Wasser beziehungsweise mit einem Wasser-Alkohol-Gemisch in einem geschlossenen System bei Temperaturen zwischen 20 und 120 °C, gegebenenfalls unter Anwendung von Überdruck, in Kontakt gebracht und anschließend mit Druckluft bei einer Temperatur zwischen 20 und 120 °C trocken geblasen, um überschüssiges Wasser beziehungsweise überschüssigen Alkohol aus dem Kern auszutreiben. Es ist aber auch möglich, das Verfahren in zwei Schritten durchzuführen und den Alkohol zuerst und danach erst das Wasser beziehungsweise den Wasserdampf durch den Formstoff zu leiten. Beide Varianten enden mit einer Druckluftspülung. Die auf diese Weise hergestellten Kerne können beim herkömmlichen Cold-Box-Verfahren umgehend entformt werden und haben eine sehr gute Druck- und Biegefestigkeit. Dieses Wasser-Alkohol-Verfahren hat den Vorteil, dass kein gesundheitsschädliches, geruchsintensives und umweltbelastendes Amin zum Einsatz kommt. Als Alkohole kommen niedere zweiwertige Vertreter dieser Stoffklasse oder auch Aminoalkohole in Betracht. Beispielsweise zählen Ethylenglykol, 1,2-Propandiol, 1,3-Propandiol, 1,4-Butandiol, 2,3-Butandiol und Aminoethanol dazu.
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Die mit den Einkomponenten-Bindemittelsystemen hergestellten Formstoffgemische lassen sich im Bedarfsfall auch nach dem etablierten Cold-Box-Verfahren, das heißt durch Aminbegasung, aushärten, dann allerdings unter Inkaufnahme der geschilderten umwelt- und gesundheitsrelevanten Nachteile.
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Die erfindungsgemäßen Zweikomponenten-Systeme bestehen vorzugsweise einerseits aus der Komponente A mit in Bezug auf Isocyanat Wasserstoff- aktiven Einzelverbindungen der summarischen Funktionalität von 2,2 bis 3,9, als Zusatz/Zusätze vorzugsweise einem funktionslosen Streckmittel beziehungsweise Verdünner, gegebenenfalls einem die Polyurethanreaktion fördernden Katalysator, gegebenenfalls einer stöchiometrischen Menge Wasser sowie gegebenenfalls Homogenisierungszusätzen und andererseits aus der Komponente B mit Isocyanaten.
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Vorzugsweise werden für die erfindungsgemäßen Zweikomponenten-Systeme anstelle von Phenol-Formaldehyd-Harzen in der Komponente A ausgewogene Kombinationen verschiedener aliphatischer und/oder cycloaliphatischer, in Bezug auf Isocyanat Wasserstoff-aktiver Verbindungen eingesetzt, wobei es sich bei diesen Verbindungen um Polyole, wie Polyetheralkohole, Polyesteralkohole, Polyetheresteralkohole, weiterhin um Polythiole, funktionelle Polysulfidpolymere, Aminoalkohole, mehrwertige Alkohole und gegebenenfalls auch um Carbonsäuren handelt. Die prozentualen Polyolbestandteile Komponente A ergeben gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ein durchschnittliches Äquivalentgewicht von 450 bis 900 g/val, vorzugsweise 500 bis 800 g/val.
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Die Funktionalität dieser Wasserstoff-aktiven Verbindungen muss dabei mindestens 2 sein. Für eine optimale Vernetzung hat sich aber die Kombination von difunktionellen mit höherfunktionellen Verbindungen als vorteilhaft erwiesen, wobei eine optimale Durchschnittsfunktionalität angestrebt wird. Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung sind die Einzelbestandteile der Komponente A so kombiniert, dass eine durchschnittliche H-Funktionalität von 2,2 bis 3,9, vorzugsweise 2,4 bis 3,7 resultiert.
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Ebenso ist es zweckmäßig, die Molmassen der Wasserstoff-aktiven Verbindungen und damit deren Äquivalentgewichte zur Erreichung eines optimalen durchschnittlichen Äquivalentgewichtes in die Formulierung der Komponente A einzubeziehen. Die Auswahl und Kombination dieser Wasserstoff-aktiven Verbindungen erfolgt deshalb in der Weise, dass deren Funktionalitäten und deren Äquivalentgewichte einen Gradienten abbilden. Dadurch wird eine optimale Vernetzung innerhalb des Polyadditionsproduktes erreicht, was für die Verarbeitungseigenschaften des damit vermischten Formstoffs und für die Klebwirkung zwischen den Sandpartikeln äußerst vorteilhaft ist. Als Wasserstoff-aktive Bestandteile für die Komponente A eignen sich nahezu alle handelsüblichen Polyetheralkohole, Aminoalkohole, mehrwertige Alkohole sowie ausgewählte Polyesteralkohole, Polythiole und funktionelle Polysulfidpolymere, sofern sie eine gut verarbeitbare Viskosität, eine niedrige Säurezahl und einen minimalen Wassergehalt aufweisen. Die Wasserstoff-aktiven Bestandteile der Komponente A können dabei zum Beispiel zwei- bis achtfunktionelle Polyetheralkohole, reaktive und nicht reaktive Polymerpolyole, Polyesteralkohole, Polyetherpolyesteralkohole, Polythiole, Aminopolyetheralkohole, di- und höherfunktionelle Alkohole, Di- und höherwertige Carbonsäuren sowie Gemische aus allen diesen Einzelkomponenten sein. Besonders eignen sich zwei- bis achtfunktionelle Polyetheralkohole, die durch anionische oder kationische ringöffnende Polymerisation von cyclischen Ethern, wie Propylenoxid, Ethylenoxid, Tetrahydrofuran und gleichzeitige Anlagerung der dabei entstehenden Polyetherketten an Startverbindungen wie Ethylenglykol, 1,4-Butandiol, Glycerin, Trimethylopropan, Pentaerythrit, Glucose, Saccharose, Sorbit, Ethylendiamin, Diethylentriamin und weitere H-funktionelle Startermoleküle erhalten werden, sowie Polythiole, die aus der Veresterungsreaktion von 3-Mercaptopropionsäure mit zwei und höherwertigen Alkoholen entstehen sowie Wasserstoff-aktive, das heißt freie SH-Gruppen enthaltende Polysulfidpolymere.
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Geeignete Polyole für die Kombination im Sinne dieser Erfindung sind hier wiederum langkettige Polyole wie Voranol® CP6055 von Dow Chemical, die Desmophene® 5031 BT, 3900 und 3600Z von Bayer, die Lupranole® 2090 und 1000/1 von BASF, aber auch Polyole mit geringeren Molmassen, wie die Voranole® CP 260 und P400, die Lupranole® 1100, 1200, 3300, 3423, 3902, die Desmophene® 1300 BT, 1380 BT, 5401B, 21 AP25, die Polyole 4640 und 4290 der Firma Perstorp unter anderem. Als H-funktionelle schwefelhaltige Zusätze haben sich die Thioplasttypen der Firma Akzo Nobel und die Thiocure®-Palette der Firma Bruno Bock bewährt.
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Als Isocyanate für die Komponente B des Zweikomponenten-Bindemittels eignen sich die im Einkomponenten-Verfahren dargestellten aromatischen, aliphatischen und cycloaliphatischen Isocyanate sowie deren Oligomere und Polymere. Vorzugsweise haben die Isocyanate mindestens die Funktionalität 2 und sind oligomere oder polymere Varianten vom Grundtyp des 2,4'- und 4,4'-Diphenylmethan-Diisocyanates und/oder oligomere oder polymere Varianten vom Typ des 2,4'- und 4,4'-Dicyclohexylmethan-Diisocyanates und/oder oligomere oder polymere Abkömmlinge des Hexamethylen-Diisocyanates mit gegebenenfalls ganz oder partiell blockierten Isocyanatgruppen und/oder Isophorondiisocyanat und/oder dessen Abkömmlinge.
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Außerdem ist es ebenfalls möglich, die Isocyanate der Komponente B zuvor mit Polyolen zum Prepolymer zu vernetzen und im Zweikomponenten-Verfahren einzusetzen. Wie bereits erwähnt, werden zu diesem Zweck die Isocyanate in einem stöchiometrischen Überschuss mit bestimmten Polyolen zu Prepolymeren mit einem genau bestimmbaren Restgehalt an freien Isocyanatgruppen umgesetzt, der mindestens 5 % betragen sollte. Eine solche Vorvernetzung wird vorteilhafterweise durch die Reaktion mit einem stöchiometrischen Unterschuss an di- oder mehrfunktionellen Polyolen herbeigeführt, wobei vorzugsweise Restgehalt an freien Isocyanatgruppen zwischen 5 und 35 %, besonders bevorzugt zwischen 6 und 30 %, resultiert.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung besteht die Komponente B aus Gemischen eines Isocyanates oder mehrerer Isocyanate mit funktionslosen Streckmitteln/Verdünnern sowie die Verarbeitbarkeit gewährleistenden Zusätzen, wobei der Isocyanat-Anteil im ausgeglichenen stöchiometrischen Verhältnis zu den Wasserstoff-aktiven Verbindungen der Komponente A steht.
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Sowohl die erfindungsgemäßen Einkomponenten- als auch die erfindungsgemäßen Zweikomponenten-Systeme sind mit dem Ziel einer guten Verarbeitbarkeit vorzugsweise durch funktionslose, im Sinne von REACH kennzeichnungsfreie Streckmittel beziehungsweise Verdünner ergänzt und verdünnt. Solche Streckmittel/Verdünner sind zum Beispiel Fettsäureester auf Basis nachwachsender Rohstoffe, wie Umesterungsprodukte von Rapsöl, Palmöl, Sojaöl, Arganöl, Distelöl, Leinöl oder Jatrophaöl, vor allem deren Methyl-, aber auch Ethyl-, Propyl- und Isopropylester. Ebenso eignen sich synthetische Mono-, Di- und Tricarbonsäureester, zum Beispiel auf Basis von Benzoesäure, Adipinsäure, Bernsteinsäure, Malonsäure, Maleinsäure, Sebacinsäure und Citronensäure. Beispiele für Fettsäureester aus natürlichen Ölen sind der Rapsmethylester von Glencore und weiteren etablierten Biodieselherstellern, die Palm- und Sojamethylester der Firma Cremer, die PriolubeTM-Typen der Firma Croda sowie die RADIA®-Ester der Firma Oleon.
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Für die Anwendungsmöglichkeiten synthetischer Carbonsäureester stehen die Produktpaletten der Oxsoft®- und Oxblue®-Ester der Firma Oxea, Softenol®-Ester der Firma Sasol, die mit Freeflex bezeichneten Dibenzoatester von Caffaro sowie die vielseitig einsetzbaren und für eine Konfektionierung gut geeigneten Verdünner, wie Mesamoll® von Lanxess und Hexamoll® DINCH® von BASF zur Verfügung.
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Weitere besonders geeignete Streckmittel/Verdünner sind Organosilikate, insbesondere Alkylsilikate und Alkylsilikatoligomere, zum Beispiel Tetraethylsilikat, Tetra-n-propylsilikat, Trialkylsilikate, Dialkylsilikate und Monoalkylsilikate. Darüber hinaus können aromatenfreie Fraktionen aus der Erdölaufbereitung, wie zum Beispiel ausgewählte Tudalene® von Hansen & Rosenthal, einzeln oder im Gemisch mit den vorgenannten Streckmitteln beziehungsweise Verdünnern eingesetzt werden. Weiterhin sind Sulfonsäureester als Streckmittel/Verdünner geeignet.
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Je nach Zusammensetzung der A- und B-Komponenten und je nach gewünschter Verarbeitungszeit im Kernherstellungsprozess werden die Bindemittel mit oder ohne katalytische Unterstützung verarbeitet. Als Katalysatoren eignen sich auch hier die unter den Einkomponenten-Bindemitteln beschriebenen Stoffklassen, nämlich Organozinn- und Organoaluminiumverbindungen und tertiären beziehungsweise quartären Stickstoff enthaltende Substanzen.
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Da die A- und B-Komponenten aus Mehrstoffgemischen bestehen, hat es sich als vorteilhaft erwiesen, Homogenisierungszusätze anzuwenden, um einer eventuellen Phasentrennung vorzubeugen. Die Zusätze zur Homogenisierung bestehen vorzugsweise aus Emulgatoren auf Silicium- oder Polyacrylatbasis und/oder kationischen oder anionischen Tensiden. Dazu eignen sich anionische, amphotere, nichtionische und kationische Tenside sowie deren spezielle Ausführungsformen, wie tertiäre Ammoniumverbindungen von Acrylsäurecopolymeren sowie ausgewählte Polysiloxane. Bekannte Handelsprodukte sind zum Beispiel BYK®-P 9908, BYK®-P 9909, Linda neutral der Linda Waschmittel GmbH oder die Tenside der Firmen Impag und Julius Hoesch.
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Die Herstellung der A- und B-Komponenten erfolgt durch intensive Vermischung der Einzelbestandteile bei Raumtemperatur und unter Feuchtigkeitsausschluss. Bei trockener Lagerung unter Raumtemperatur erhält man auf diese Weise weitgehend lagerstabile Zweikomponentensysteme mit verarbeitungsfreundlichen Viskositätswerten von 300 bis 600 mPas/20 °C für die A-Seite und 300 bis 500 mPas/20 °C für die B-Seite.
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Die erfindungsgemäßen Einkomponenten- und Zweikomponenten-Bindemittel eignen sich für die gängigen natürlichen und keramischen Gießereisande, wie Quarzsande verschiedener Herkunft, Chromitsand, Mollithsand, Cerabeads und weitere Formgrundstoffsorten. Der Bindemittelgehalt muss dabei unter Beachtung des jeweiligen Kornspektrums sowie des spezifischen Sandgewichtes optimiert werden und wird vorzugsweise zwischen 1 und 2 Gew.-% Gesamtgehalt beziehungsweise 0,5 bis 1 Gew.-% je Komponente für das Zweikomponenten-System eingestellt. Auch andere Einstellungen sind möglich.
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Die A- und B-Komponenten können in Abhängigkeit von der jeweiligen Rezeptur im Mischungsverhältnis 2,5:1 bis 1:2,5 eingebracht werden. Für die praktische Anwendung im Gießereibetrieb hat es sich jedoch als zweckmäßig erwiesen, die Bindemittelsysteme so zu formulieren, dass sie im Mischungsverhältnis 1:1 eingesetzt werden können.
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Die Erfindung betrifft auch Formstoffgemische aus natürlichen und/oder keramischen Sanden mit den oben genannten erfindungsgemäßen Einkomponenten- oder Zweikomponentenbindemitteln. Die Kernherstellung mit den Zweikomponenten-Systemen kann nach dem No-Bake- oder nach dem Cold-Box-Verfahren erfolgen. Das heißt, vorteilhafterweise sind die Zwei-Komponenten-Bindemittel gleichermaßen für das No-Bake- und das Cold-Box-Verfahren einsetzbar. Während beim No-Bake-Verfahren die A- und B-Komponenten erst kurz vor der Formbefüllung zusammengeführt werden, muss beim Cold-Box-Verfahren auf eine längere Sandlebensdauer geachtet werden, weil im Hinblick auf die zeitlichen Abläufe im Gießereibetrieb beide Komponenten eine gewisse Zeit nebeneinander vorliegen sollen, ohne dass die Polyurethanreaktion, die dann erst durch die Aminbegasung ausgelöst wird, bereits vorzeitig anspringt. Dieser Anforderung kann durch verschiedene bekannte reaktionsverzögernde, säurehaltige Zusätze, wie zum Beispiel Phosphorsäure, Phosphorylchlorid oder sonstige Säurechloride erreicht werden.
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Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile von Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen.
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Die Eignungsprüfung der erfindungsgemäßen Bindemittelsysteme erfolgte im Vergleich mit den etablierten Phenol-Formaldehydharz-Bindern, konkret mit dem handelsüblichen und in der Gießerei weitgehend etablierten Phenolharz-Binder Pentex® von Hüttenes Albertus, Düsseldorf. Dabei wurden die Festigkeitswerte, die gasförmigen Emissionen bei der Kernherstellung und im Abguss mit verschiedenen Schmelzen sowie die aus der Analyse der aus dem Gießereiprozess ausgeschleusten Altsande resultierenden Deponie-Klassifizierungen miteinander verglichen.
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Zur Bestimmung der Biegefestigkeit wurden Biegestäbe gemäß VDG-Merkblatt P 72 und P 73 gefertigt und vermessen. Das Material für die Sandanalyse stammt aus technischen Versuchen zur manuellen Kernherstellung und zum maschinellen Kernschießen. Die Gussobjekte waren jeweils Pumpenlaufräder für unterschiedliche Aggregate mit verschiedenen Größenabmessungen. Die Untersuchung der Kernbruch- und Abbrandsande erfolgte nach der verbindlichen Deponieverordnung (DepV, Anlage 3, Tabelle 2). Die Messung der gasförmigen Emissionen erfolgte direkt beim technischen Kernschießen und direkt beim Abguss mit Aluminium und Grauguss. Die dabei freigesetzten Emissionen wurden gemäß den Leitkomponenten nach VDG-Merkblatt R 305 erfasst (VDG = Verband der Gießereiindustrie).
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Zum besseren Verständnis der Erfindung wird die Anwendung für die Kernherstellung in der Gießerei anhand der vorliegenden Beispiele in den bevorzugten Ausführungsformen erläutert, ohne dabei die Erfindung einzuschränken. Alle Bestandteile der Rezepturen verstehen sich als Gewichtsprozent, sofern nichts Gegenteiliges angegeben ist. Die Proben wurden im Cold-Box-, No-Bake- beziehungsweise im erfindungsgemäßen Härtungsverfahren mit flüssigem, gasförmigem beziehungsweise aerosolisiertem Wasser beziehungsweise Wasser-Alkohol-Gemisch ausgehärtet. Der Vergleich der Biegefestigkeit erfolgt mit dem handelsüblichen Phenolharz-Binder Pentex® (Hüttenes Albertus, Düsseldorf).
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Herstellung von Prüfkörpern mit Zweikomponenten-Bindemitteln nach dem No-Bake-Verfahren:
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Die Herstellung und Vermessung der Biegestäbe entspricht dem VDG-Merkblatt P72. Es wurden 100 Gewichtsteile Sand mit jeweils 0,5 bis 1 Gewichtsteilen Komponente A und Komponente B im Mischungsverhältnis 1:1 sowie ein Katalysator in Form eines Zinnorganyls oder tertiären Amins in einer Menge von 0,1 bis 1 Gewichts-%, bezogen auf die gesamte Bindermenge, etwa eine Minute lang in einem Laborrührwerk mit Planetengetriebe intensiv gemischt. Die resultierende Formstoffmischung wurde in einen Formkasten für Biegestäbe von je 22,4 × 22,4 × 172 mm gefüllt und der Aushärtung überlassen. Beispiel 1:
Zusammensetzung Binder 1 |
Komponente A
Polyol-Komponente | Komponente B
Isocyanat-Komponente |
Polyetherpolyol MG 420 | 15,0 % | MDI-Oligomer | 88,5 % |
Polyetherpolyol MG 450 | 14,0 % | Fettsäureester | 11,3 % |
Polyetherpolyol MG 700 | 20,0 % | Entschäumer | 0,2 % |
Polyetherpolyol MG 6000 | 20,0 % | | |
Zweiwertiger Alkohol | 7,0 % | | |
Wasser | 1,0 % | | |
Fettsäureester | 23,0 % | | |
Viskosität bei 20 °C | 470 mPas | Viskosität bei 20 °C | 370 mPas |
Biegefestigkeit bei 1,6 % Binder und Quarzsand H31: 350 N/cm2 |
Beispiel 2:
Zusammensetzung Binder 2 |
Komponente A
Polyol-Komponente | Komponente B
Isocyanat-Komponente |
Polyetherpolyol MG 200 | 20,0 % | MDI-Oligomer | 88,5 % |
Polyetherpolyol MG 420 | 15,0 % | Fettsäureester | 6,3 % |
Polyetherpolyol MG 700 | 5,0 % | Alkylsulfonsäureester | 5,0 % |
Polyetherpolyol MG 6000 | 25,0 % | Entschäumer | 0,2 % |
Aminopolyol | 11,0 % | | |
Wasser | 0,7 % | | |
Fettsäureester | 23,3 % | | |
Viskosität bei 20 °C | 590 mPas | Viskosität bei 20 °C | 500 mPas |
Biegefestigkeit bei 1,6 % Binder und Quarzsand H31: 370 N/cm2 |
Beispiel 3:
Zusammensetzung Binder 3 |
Komponente A
Polyol-Komponente | Komponente B
Isocyanat-Komponente |
Polyetherpolyol MG 420 | 15,0 % | MDI-Oligomer | 88,5 % |
Polyetherpolyol MG 450 | 14,0 % | Alkylsilikat | 11,3 % |
Polyetherpolyol MG 700 | 20,0 % | Entschäumer | 0,2 % |
Polyetherpolyol MG 6000 | 20,0 % | | |
Zweiwertiger Alkohol | 6,3 % | | |
Wasser | 1,0 % | | |
Polythiol | 2,0 % | | |
Alkylsilikat | 7,7 % | | |
Fettsäureester | 7,0 % | | |
Adipinsäureester | 7,0 % | | |
Viskosität bei 20 °C | 440 mPas | Viskosität bei 20 °C | 240 mPas |
Biegefestigkeit bei 1,6 % Binder und Quarzsand H31: 395 N/cm2 |
Beispiel 4:
Zusammensetzung Binder 4 |
Komponente A
Polyol-Komponente | Komponente B
Isocyanat-Komponente |
Polyetherpolyol MG 420 | 15,0 % | MDI-Oligomer 1 | 69,0 % |
Polyetherpolyol MG 450 | 14,0 % | MDI-Oligomer 2 | 8,6 % |
Polyetherpolyol MG 700 | 20,0 % | MDI-Oligomer 3 | 8,6 % |
Polyetherpolyol MG 6000 | 20,0 % | Fettsäureester | 13,6 % |
Zweiwertiger Alkohol | 7,0 % | Entschäumer | 0,2 % |
Wasser | 1,0 % | | |
Fettsäureester | 23,0 % | | |
Viskosität bei 20 °C | 470 mPas | Viskosität bei 20 °C | 90 mPas |
Biegefestigkeit bei 1,6 % Binder und Quarzsand H31: 450 N/cm2 |
Beispiel 5:
Zusammensetzung Binder 5 |
Komponente A
Polyol-Komponente | Komponente B
Isocyanat-Komponente |
Polyetherpolyol MG 420 | 15,0 % | MDI-Oligomer 1 | 62,5 % |
Polyetherpolyol MG 450 | 14,0 % | MDI-Oligomer 2 | 26,8 % |
Polyetherpolyol MG 700 | 20,0 % | Fettsäureester | 10,5 % |
Polyetherpolyol MG 6000 | 20,0 % | Entschäumer | 0,2 % |
Zweiwertiger Alkohol | 6,3 % | | |
Wasser | 1,0 % | | |
Polythiol | 2,0 % | | |
Fettsäureester | 14,0 % | | |
Adipinsäureester | 7,7 % | | |
Viskosität bei 20 °C | 615 mPas | Viskosität bei 20 °C | 170 mPas |
Biegefestigkeit bei 1,6 % Binder und Quarzsand H31: 330 N/cm2 |
Beispiel 6:
Zusammensetzung Binder 6 |
Komponente A
Polyol-Komponente | Komponente B
Isocyanat-Komponente |
Polyetherpolyol MG 420 | 15,0 % | MDI-Oligomer | 73,0 % |
Polyetherpolyol MG 450 | 14,0 % | HDI-Oligomer | 20,0 % |
Polyetherpolyol MG 700 | 20,0 % | Fettsäureester | 7,0 % |
Polyetherpolyol MG 6000 | 20,0 % | | |
Zweiwertiger Alkohol | 7,0 % | | |
Wasser | 1,0 % | | |
Fettsäureester | 23,0 % | | |
Viskosität bei 20 °C | 470 mPas | Viskosität bei 20 °C | 750 mPas |
Biegefestigkeit bei 1,6 % Binder und Quarzsand H31: 320 N/cm2 |
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Vergleichsbeispiel gemäß dem Stand der Technik zu einem Zweikomponentensystem, was nicht Teil der Erfindung ist:
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Zum Vergleich wurden mit dem Phenol-Formaldehyd-basierten Kaltharzmittel Pentex® analoge Prüfkörper hergestellt. Die Biegestäbe wurden, wie angegeben, mit jeweils 0,8 Gewichtsteilen Komponente A in Form von Pentex®-Harz 8243 und der Isocyanat-haltigen Komponente B in Form des Aktivators GH-E4 der Firma Hüttenes-Albertus, das heißt im Mischungsverhältnis 1:1, sowie 0,15 % 4-(3-Phenyl-propyl)-pyridin als Katalysator (Katalysator 1251), bezogen auf die Bindermenge, hergestellt und die ausgehärteten Biegestäbe auf ihre Festigkeit untersucht. Bei 1,6 % Binder und Quarzsand H31 betrug die Biegefestigkeit 380 N/cm2.
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In der nachfolgenden Tabelle sind die Biegefestigkeiten der Biegestäbe für ausgewählte Systeme vergleichend mit Pentex
® bei 1,6 % Binderanteil unter Verwendung von Quarzsand H31 dargestellt. Die Werte wurden dabei in verschiedenen Zeitabständen nach der Fertigung der Biegestäbe gemessen. Vergleich von Biegefestigkeiten:
Zeit/h | Biegefestigkeit in N/cm2 |
Pentex® | Binder 1 | Binder 2 | Binder 3 |
1 | 70 | 60 | 150 | 50 |
2 | 110 | 140 | 215 | 220 |
4 | 150 | 230 | 300 | 270 |
24 | 380 | 350 | 370 | 395 |
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Herstellung von Prüfkörpern mit Zweikomponenten-Bindemitteln nach dem Cold-Box-Verfahren:
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Um die erfindungsgemäßen Zweikomponenten-Bindemittel auch im Cold-Box-Verfahren einsetzen zu können, muss die Sandlebensdauer angepasst werden, was durch den Zusatz von Reaktionsverzögerern zur Komponente B erreicht wird. Das Formstoffgemisch mit der reaktionsverzögerten Komponente B wird zunächst analog dem No-Bake-Verfahren hergestellt und dann chargenweise nach einer Lagerzeit von 1,3 und 5 Stunden in die Biegestabschießbüchse gemäß VDG-Merkblatt P73 überführt und dort nach dem Verfahren A mit Triethylamin begast und anschließend mit Luft gespült. Beispiel 7:
Zusammensetzung Binder 7 |
Komponente A
Polyol-Komponente | Komponente B
Isocyanat-Komponente |
Polyetherpolyol MG 420 | 15,0 % | MDI-Oligomer | 88,5 % |
Polyetherpolyol MG 450 | 14,0 % | Fettsäureester | 10,5 % |
Polyetherpolyol MG 700 | 20,0 % | Verzögerer | 0,8 % |
Polyetherpolyol MG 6000 | 20,0 % | Entschäumer | 0,2 % |
Zweiwertiger Alkohol | 7,0 % | | |
Wasser | 1,0 % | | |
Fettsäureester | 23,0 % | | |
Viskosität bei 20 °C | 470 mPas | Viskosität bei 20 °C | 170 mPas |
Biegefestigkeit bei 1,6 % Binder und Quarzsand H32: 320 N/cm2 |
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Herstellung von Prüfkörpern mit Einkomponenten-Bindemitteln und Wasser-Alkohol-Aushärtung:
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Es wurden 1,6 Gewichtsteile des Binders 8 beziehungsweise 9 mit 100 Gewichtsteilen Sand und 1 % einer 33 %-igen Lösung von Diazabicyclooctan in Dipropylenglykol als Katalysator, bezogen auf die Bindermenge, 1 min intensiv vermischt. Zur Herstellung der Biegeriegel wurde wiederum die Biegestabschließbüchse gemäß VDG-Merkblatt P73 benutzt. Anstelle der Aminbegasung wie beim klassischen Cold-Box-Verfahren wurde über die Vorrichtung zur Gaszufuhr für 2 min ein Nebel aus Wasser, 1,4-Butandiol und Druckluft eingeleitet und anschließend 2 min mit Druckluft trocken geblasen. Die Biegeriegel wurden entnommen und bezüglich ihrer Biegefestigkeit untersucht. Das System ist auch Cold-Box-fähig, das heißt die Sand-Bindermischung kann 2 h gelagert und erst anschließend mit dem Nebel aus Wasser, 1,4-Butandiol und Druckluft begast werden, ohne dass es zu erheblichen Verringerungen der Biegefestigkeiten kommt. Beispiel 8:
Zusammensetzung Binder 8 |
MDI-Oligomer | 62,6 % |
Polyetherpolyol, MG 2000 | 5,0 % |
Polyetherpolyol, MG 6000 | 10,0 % |
Fettsäureester | 22,2 % |
Entschäumer | 0,2 % |
Viskosität bei 20 °C | 510 mPas |
Biegefestigkeit bei 1,6 % Binder und Quarzsand H31: 605 N/cm2 |
Beispiel 9:
Zusammensetzung Binder 9 |
MDI-Oligomer | 80 % |
Polyetherpolyol, MG 2000 | 10,0 % |
Polyetherpolyol, MG 6000 | 10,0 % |
Viskosität bei 20 °C | 655 mPas |
Biegefestigkeit bei 1,6 % Binder und Quarzsand H31: 400 N/cm2 |
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Liste der in den Tabellen verwendeten Abkürzungen (ohne chemische Formelzeichen)
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- H31–H35
- Halterner Quarzsandsorten (Korngrößenbereiche)
- HDI
- Hexamethylendiisocyanat
- MDI
- Diphenylmethandiisocyanat
- MG
- Molekulargewicht in [g/mol]
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 91/09908 [0009]
- DE 2923840 A1 [0009]
- US 3409579 A [0010]
- DE 2162137 A [0010]
- DE 1959023 A [0010]
- DE 19529030 A1 [0013]
- DE 102008055042 A1 [0013]
- US 4273700 A [0014]
- EP 1375028 A1 [0014]
- WO 94/05447 [0014]