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Verfahren zur Herstellung von Polymerisaten äthylenisch ungesättigter
Verbindungen Es ist bekannt, daß man äthylenisch ungesättigte Verbindungen unter
Verwendung radikalbildender besonders peroxydischer Katalysatoren zu hochmolekularen
Kunststoffen polymerisieren kann. Derartige Verfahren werden in großem Ausmaß unter
Verwendung der verschiedenartigsten äthylenisch ungesättigten Verbindungen durchgeführt.
Ein wesentlicher Vorteil dieser Verfahren ist die Umempfindlichkeit der Katalysatoren
gegen Wasser. Man erhält jedoch bei diesen Verfahren Produkte, in denen die Monomeren
nicht sterisch einheitlich eingebaut sind, d. h., stereospezifische Polymerisationen
können unter Verwendung der bekannten radikalbildenden Katalysatoren nicht durchgeführt
werden.
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Es ist weiterhin bekannt, daß man äthylenisch ungesättigte Verbindungen,
insbesondere äthylenisch ungesättigte Kohlenwasserstoffe, unter Verwendung ionischer
Katalysatoren, wie Lewissäuren, und sogenannter Ziegler-Katalysatoren, d. h. besonders
Gemischen aus aluminiumorganischen Verbindungen und Halogeniden des Titans zu hochmolekularen
Produkten polymerisieren kann. Dabei kann man vor allem bei der Verwendung von Ziegler-Katalysatoren
Produkte erhalten, in denen die Monomeren sterisch einheitlich eingebaut sind. Beispiele
hierfür sind die Polymerisation von Propylen bzw. Butadien unter Verwendung von
Ziegler-Katalysatoren zu isotaktischem Polypropylen bzw. cis-Polybutadien.
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Ein Nachteil der ionischen Katalysatoren der genannten Art ist z.
B. ihre große Wasser- und Luftempfindlichkeit. Die Polymerisationsverfahren, bei
denen ionische Katalysatoren verwendet werden, müssen daher mit sehr reinen Monomeren
und gegebenenfalls Lösungsmitteln unter Ausschluß von Luft und Feuchtigkeit durchgeführt
werden. Dies bedingt einen beachtlichen technischen Aufwand.
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Schließlich ist es bekannt, daß man äthylenisch ungesättigte Verbindungen
unter Verwendung von organischen Komplexverbindungen der IV. Nebengruppe und der
VIII. Gruppe des Periodensystems der Elemente, insbesondere von Chelatkomplexverbindungen
dieser Elemente, z. B. Zirkonacetylacetonat und Kobaltacetylacetonat, als Katalysatoren
zu hochmolekularen Produkten polymerisieren kann. Diese Katalysatoren sind gegen
Luft undWasser verhältnismäßig unempfindlich und weisen in vielen Fällen eine stereospezifische
Wirkung auf. Ein weiterer Vorteil dieser bekannten Katalysatoren kann darin gesehen
werden, daß es mit ihrer Hilfe möglich ist, auch solche Monomere zu polymerisieren,
die nicht extrem gut gereinigt sind. Die Raumzeitausbeute an Polymerisaten läßt
jedoch bei den bekannten Verfahren, bei denen Metallchelatverbindungen der genannten
Art als Polymerisationskatalysatoren verwendet werden, zu wünschen übrig, da bei
der Polymerisation eine Induktionsperiode auftritt.
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Man setzt daher bei diesen bekannten Polymerisationsveifahren mit
Vorteil Reaktionsbeschleuniger, z. B. organische Halogenverbindungen, zu.
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Es wurde nun gefunden, daß man Polymerisate durch Polymerisation
äthylenisch ungesättigter Verbindungen in Gegenwart von organischen Komplexverbindungen
der Metalle der IV. Nebengruppe und/ oder der VIII. Gruppe des Periodensystems der
Elemente mit besonderem Vorteil herstellen kann, wenn man als organische Komplexverbindungen
Cyclopentadienyl-Azo-Komplexverbindungen der allgemeinen Formel
verwendet, in der R, R' und R" für gegebenenfalls substituierte Kohlenwasserstoffreste
oder R' für einen Cyano-, Carbalkoxy- oder Alkoxyrest und Me für ein Metall der
IV. Nebengruppe oder der VIII. Gruppe des Periodensystems der Elemente stehen. Bei
den Komplexverbindungen der genannten Art handelt es sich um ;z-Komplexe, die z.
B. durch Umsetzen der entsprechenden Dicyclopentadienylkomplexe mit Azoverbindungen
bei erhöhter Temperatur nach dem von J. P. K 1 e i m a n n et al in Am. Chem. Soc.,
85 (1963), S. 1544, angegebenen
Verfahren zur Herstellung von Cyclopentadienyl-[o-(phenyl-azo)-phenyl]-nickel
hergestellt werden können. Bei dem neuen Polymerisationsverfahren werden Komplexverbindungen
der genannten Formel vorgezogen, in denen der Substituent R für einen Phenyl-, Cyclohexyl-,
Butyl-, Methyl-, fl-Cyanoäthyl-oder einen Cyano-tert.-butylrest, R' für einen Phenyl-,
Tolyl-, Cyclohexyl-, Benzyl-, p-Methoxyphenyl-, o-Methoxybenzyl-, Methyl-, Sither-,
tert. -Butyl-, Cyan-, Carbäthoxy-, Methoxy- oder Äthoxyrest und in denen R" für
einen aliphatischen Kohlenwasserstoffrest mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen, z. B. eine
Methyl-, Äthyl- oder tert.-Butylgruppe stehen. Als Zentralatome Me kommen für die
Komplexverbindungen z. B. solche des Kobalts, Nickels, Eisens, Rhodiums, Rutheniums,
Platins, Palladiums, Titans und Zirkons in Frage, und Kobalt-, Nickel-, Rhodium-
und Titanatome werden als Zentralatome vorgezogen. Beispiele für geeignete Cyclopentadienyl-Azo-Komplexverbindungen
sind Cyclopentadienyl-[-o -(phenyl -azo> -phenylj -nickel, Methylcyclopentadienyl
- [-o -(methoxyphenyl -azo) -cyano -tert. -butyljkobalt, Cyclopentadienyl - [-0-
(cyanophenyl - azo)-tolyl]-titan.
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Die Komplexverbindungen der genannten Art können bei dem Verfahren
für sich oder im Gemisch miteinander eingesetzt werden. Im allgemeinen setzt man
dem Polymerisationsansatz zwischen 0,0001 und 5, vorzugsweise zwischen 0,01 bis
1 Gewichtsprozent, bezogen auf die Menge an äthylenisch ungesättigten Verbindungen
zu. Die Komplexverbindungen der genannten Art können bei dem neuen Verfahren auch
zusammen mit Cokatalysatoren, z. B. Halogeniden von Metallen der III. bis VIII.
Gruppe des Periodensystems, wie Kobaltchlorid, Chrom(II)-, Chrom(III)-chlorid, Titan(
III)-, Titan(IV)-chlorid, Aluminiumchlorid, Komplexverbindungen aus Titantrichlorid
und Aluminiumchlorid der allgemeinen Formel 3 TiCh - AlCl3 und bzw. oder mit metallorganischen
Verbindungen, wie Aluminiumtriäthyl, Diäthylaluminiumchlorid, Äthylaluminiumdichlorid,
Aluminiumsesquichlorid, Trimethylaluminium, Quecksilberdiphenyl, Phenylmagnesiumbromid,
Diäthylberrylium und Triphenylaluminium, eingesetzt werden. Als Cokatalysatoren
kommen auch organische Halogenverbindungen, wie Tetrachlorkohlenstoff, Chloroform
und Butylchlorid, cycloaliphatische Kohlenwasserstoffe, wie Cyclohexadien, Cyclooctadien
und Cyclooctatetraen, sowie Amine, wie Piperidin, Triäthylamin, Diäthylentriamin
und Pyridin, in Frage. Das Verhältnis der Menge an Cokatalysatoren zu Komplexverbindungen
der genannten Formel kann in weiten Grenzen variiert werden. Es liegt im allgemeinen
zwischen 1:10 und 10:1.
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Das Verfahren hat besondere Bedeutung für die Polymerisation von
äthylenisch ungesättigten Kohlenwasserstoffen, wie Monoolefinen mit 2 bis 4 Kohlenstoffatomen,
z. B. Äthylen, Propylen und Butylen-(l), von 1,3-Dienen, wie Butadien-(1,3), Isopren,
2-Phenylbutadien-( 1,3), 2,3-Dimethylbutadien-( 1,3), und vinylaromatischen Verbindungen,
wie Styrol und Methylstyrol, z. B. a-Methylstyrol und p-Methylstyrol. Äthylenisch
ungesättigte Kohlenwasserstoffe der genannten Art können bei dem Verfahren für sich
oder im Gemisch miteinander polymerisiert
werden. Außerdem kann das neue Polymerisationsverfahren
auch mit Vorteil für die Herstellung von Mischpolymerisaten aus äthylenisch ungesättigten
Kohlenwasserstoffen der genannten Art und anderen äthylenisch ungesättigten Verbindungen
angewandt werden. Als Mischpolymerisationskomponenten kommen z. B. halogenierte
Styrole, wie o-Chlorstyrol, Styrolsulfonsäure, äthylenisch ungesättigte Carbonsäuren
und deren Derivate, wie Acrylsäure, Methacrylsäure, Maleinsäure, Fumarsäure, Acrylnitril,
Methacrylnitril, Maleinsäureanhydrid, Acrylamid, Methacrylamid, Acrylsäuremethyl-,
-äthyl-, -n-butyl-und -tert.-butylester, Methacrylsäuremethyl- und -tert.-butylester,
Maleindimethyl-, -diäthyl- und -din-butylester, Fumarsäure-dimethyl- und -di-tert.-butylester,
Vinylidenhalogenide. wie Vinylidenchlorid und Vinylchlorid, Vinylester, wie Vinylacetat,
Vinylpropionat und Vinylbenzoat, Vinyläther, wie Vinylmethyläther und Vinyl-n-butyläther,
Vinylketone. wie Methylvinylketon und Isopropenylvinylketon, sowie äthylenisch ungesättigte
heterocyclische Verbindungen, wie Vinylpyrrolidon, Vinylcaprolactam, Vinylimidazol
und Vinylcarbazol, in Frage. Bei den Mischpolymerisaten soll der Anteil an äthylenisch
ungesättigten Kohlenwasserstoffen im allgemeinen mindestens 30 Gewichtsprozent,
bezogen auf die gesamten Monomeren, betragen.
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Die Komplexverbindungen der genannten allgemeinen Formel sind in
der Regel in organischen Lösungsmitteln und auch in den Monomeren löslich.
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Sie lassen sich gefahrlos an der Luft handhaben.
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Auch ist es oft nicht erforderlich, extrem reine Monomere und Hilfsstoffe
zu verwenden. Werden die Komplexverbindungen ohne Zusatz von Metallalkylen eingesetzt,
so kann man auch in Gegenwart von Wasser und geringen Mengen Luftsauerstoff polymerisieren.
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Die Komplexverbindungen der genannten allgemeinen Formel sind bereits
in äußerst geringen Konzentrationen katalytisch wirksam. Verwendet man geringe Mengen
der Initiatoren, so ist es meist nicht erforderlich, sie nach der Polymerisation
aus den Polymerisaten zu entfernen. In manchen Fällen ist es möglich, die Katalysatoren
auf Träger, wie Aktivkohle, Ruß, Aluminiumoxyd, Kieselgel und Aluminiumsilikate,
aufzubringen.
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Nach dem neuen Verfahren können Monomere mischpolymerisiert werden,
die mit bisher üblichen Initiatoren nur unvollkommen oder überhaupt nicht mischpolymerisiert
werden konnten; z. B. lassen sich nach dem Verfahren Äthylen mit Vinyläthern, Olefine,
wie Propylen, Buten-(l), sowie Butadien mit Acrylsäure oder Acrylamid ohne Schwierigkeiten
mischpolymerisieren.
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Die Polymerisate haben zum Teil einen sterisch geordneten Aufbau.
Nach dem Verfahren der Erfindung hergestelltes Polyäthylen hat weitgehend kristalline
Struktur und eine Dichte über 0,94. Bei der Polymerisation von Dienen ist die 1,4-Verknüpfung
begünstigt. Das neue Verfahren hat besondere Bedeutung für die Herstellung von Homo-und
Mischpolymerisaten von ,1-Olefinen.
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Die Molekulargewichte der erhaltenen Polymerisate können je nach
den.Polymerisationsbedingungen in weitem Bereich variiert werden. Die Polymerisation
kann im allgemeinen zwischen -50 und 250 C durchgeführt werden. Äthylen wird vorzugsweise
bei 20 bis 160'C, Butadien und Isopren
vorzugsweise zwischen -20
und 150°C polymerisiert.
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Man kann bei beliebigen Drücken arbeiten, gegebenenfalls kann man
Drücke bis etwa 4000 atü und auch mehr anwenden.
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Mit den erfindungsgemäß zu verwendenden Katalysatoren können die
Monomeren in Substanz homo- und mischpolymerisiert werden. Man kann jedoch auch
zur Polymerisation die Monomeren in indifferenten Flüssigkeiten lösen, emulgieren
oder suspendieren. Hierfür geeignete Flüssigkeiten sind beispielsweise gesättigte
aliphatische, cycloaliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, wie n-Pentan,
n-Hexan, Isohexan, n-Heptan, n-Octan, Isooctan, Cyclohexan, Methylcyclohexan, Benzol,
Toluol, o-, m- und p-Xylol, Äthylbenzol, Cumol, Isopropylbenzol, Tetrahydronaphthalin
und Decahydronaphthalin, sowie Halogenderivate derartiger Kohlenwasserstoffe, wie
Chloroform, Methylenchlorid, Äthylenchlorid, Chlorbenzol und Brombenzol. Weiterhin
eignen sich Äther, wie Diäthyläther, Dibutyläther, Tetrahydrofuran, Dioxan Glykoldimethyläther
und Phenylmethyläther, ferner Alkohole und Ketone, wie Methanol, Äthanol, Propanol,
Isopropanol, Butanole, Cyclohexanole, Benzylalkohol und Aceton, sowie Wasser.
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Das Verfahren kann kontinuierlich oder diskontinuierlich durchgeführt
werden. Die Komplexverbindungen können bei der kontinuierlichen Polymerisation in
Mischung mit den Monomeren oder einer Flüssigkeit der genannten Art in das Reaktionsgefäß
eingebracht werden.
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Die in den Beispielen genannten Teile sind Gewichtsteile. Die K-Werte
wurden nach H. F i k e n t -schwer, Cellulose-Chemie, 13 (1932), S. 58, bestimmt.
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Beispiel 1 In ein Druckgefäß werden 1000 Teile Cyclohexan 1 Teil
Cyclopentadienyl-[o-(phenyl-azo)-phenyl]-kobalt und 1 Teil Aluminiumtriäthyl gegeben.
Man preßt Äthylen bis zu einem Druck von 150 atü auf.
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Dann wird das Reaktionsgemisch innerhalb von 3 Stunden auf 135 bis
140'C erhitzt und so lange bei dieser Temperatur gehalten, bis der Druck im Reaktionsgefäß
konstant bleibt. Es werden 320 Teile Polyäthylen der Dichte 0,942 und des K-Wertes
88,5 (gemessen in 0,50/obiger Lösung in Toluol) erhalten.
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Wird ohne Zusatz von Aluminiumtriäthyl gearbeitet, so ist ein Druck
von 830 atü erforderliche um die gleiche Ausbeute zu erhalten. Die Dichte beträgt
dann 0,936 und der K-Wert 56.
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Beispiel 2 Ein Gemisch aus 100 Teilen Butadien-1,3, 100 Teilen Benzol,
1 Teil Cydopentadienyl-[o-(phenyl-azo)-phenyl]-nickel-(I) und 1 Teil Titan(IV)-chlorid
wird 10 Stunden auf 100-C erwärmt. Es werden 45 Teile Polybutadien des K-Wertes
91 (gemessen in Ioloiger Lösung in Benzol) erhalten. Der Vinylgruppenanteil des
Polymerisats beträgt 80/0, der Anteil mit 1,4-cis-Struktur 34 und der Anteil mit
1,4-trans-Struktur 580/0.
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Verwendet man an Stelle des Titan(IV)-chlorids als Katalysatorkomponente
ein Gemisch aus 0,5 Teilen Aluminiumchlorid und 0,5 Teilen Kobalt(II)-chlorid, so
erhält man ein Polybutadien, dessen Anteil mit 1,4-cis-Struktur 560/0 beträgt. Der
K-Wert der gelfreilöslichen Produkte (gemessen in 1 0/0iger Lösung in Benzol), beträgt
87.
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An Stelle des Nickelkomplexes kann auch der entsprechende Rhodiumkomplex
verwendet werden.
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Man erhält dann Produkte mit einem etwas höheren Anteil an 1,4-trans-Struktur.
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Beispiel 3 Ein Gemisch aus 50 Teilen Isopren, 50 Teilen Styrol, 100
Teilen Benzol, 1 Teil Cyclopentadienyl-[-o-(phenyl-azo)-phenyl]-nickel-(I) und 1
Teil Titantetrachlorid wird 10 Stunden auf 100"C erwärmt.
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Nach der üblichen Aufarbeitung erhält man 78 Teile eines Mischpolymerisates,
das den K-Wert 78 hat (gemessen in 1 0/obiger Lösung in Benzol).
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Wird mit 1 Teil Cyclopentadienyl- [-o-(phenyl-azo)-phenylj-titan
an Stelle des Nickelkomplexes gearbeitet, so erhält man 83 Teile eines Mischpolymerisates
vom K-Wert 93. Der 1,2-Gehalt dieses Polymerisates liegt bei 5°/0 im Gegensatz zu
120/0 1,2-Anteilen, wenn der Nickelkomplex eingesetzt wird.