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Verfahren zum Herstellen von elastomeren Formteilen aus Organopolysiloxan-Formmassen
Die nach den bisher bekannten Verfahren aus Organopolysiloxan-Formmassen durch Aushärten
bei Raumtemperatur erhaltenen elastomeren Formteile haben verhältnismäßig hohe Spannungswerte,
d. h., man muß eine hohe Kraft zur Erzielung einer be stimmten Bruchdehnung anwenden.
Der Spannungswert eines Elastomeren ist die Kraft in kg/cm2, die zur Erzielung einer
bestimmten Dehnung angewendet werden muß; in der älteren Fachliteratur wird dieser
Spannungswert gelegentlich auch als Modul bezeichnet. In vielen Fällen ist de-r
hohe Spannungswert durchaus erwünscht. Es gibt jedoch Anwendungen für durch Aushärten
bei Raumtemperatur erhaltene Organopolysiloxan-Elastomere, bei denen der Spannungswert
verhältnismäßig niedrig gehalten werden muß. Dies gilt z. B. für die Verwendung
von bei Raumtemperaturen zu elastomeren Formteilen härtenden Organopolysiloxan-Massen
als Fugendichtungs-Massen, z. B. bei der Ausfüllung von Fugen zwischen den Decksplanken
von Schiffen. Wenn bei dieser Anwendung derSpannungswert des Elastomeren hoch ist,
bedeutet dies, daß bei einerAusdehnung derFuge eine große Kraft an der Verklebungsstelle
Elastomere-Holz bzw. Elastomere-Metall angreift und daß die Verklebungsstelle über
Gebühr beansprucht wird. Bestreicht man dagegen Fugen mit einer Organopolysiloxan-Formmasse,
die ein Elastomeres mit einem niedrigen Spannungswert ergibt, so ist die Kraft,
die bei der Fugenausdehnung an der Verklebungsstelle angreift, wesentlich geringer.
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Die Herstellung von Organopolysiloxan-Elastomeren bei Raumtemperatur
erfolgt bekanntlich durch Vermischen von Hydroxylendblockierten Diorganopolysiloxanen
mit Vernetzungsmitteln, wie Kieselsäureestern oder Organosiliciumwasserstoff-Verbindungen
und Kondensationskatalysatoren. Die Stärke der dabei auftretenden Vernetzung ist
eine Funktion des Hydroxylgruppengehaltes des Polymeren und des Gehaltes an Vernetzern.
Je stärker die Vernetzung ist, desto höher ist der Spannungswert. Der Spannungswert
kann daher durch den Hydroxylgruppengehalt und durch den Vernetzergehalt geregelt
werden.
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Diese Regelungsmöglichkeit ist jedoch sehr beschränkt, da erstens
der Hydroxylgruppengehalt praktisch vorgegeben ist durch die Tatsache, daß ein lineares
Diorganopolysiloxan mit zwei Hydroxylgruppen je Molekel vorliegt, und da zweitens
in der Praxis, um eine genügend schnelle Härtung zu erzielen, immer mit einem Überschuß
an Vernetzer gearbeitet werden muß.
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Es werden zwar Elastomere mit niedrigem Spannungswert erhalten, wenn
man entgegen der Lehre
der deutschen Patentschrift 1 462, wonach die mit Vernetzungsmittel
und Kondensationskatalysator zu vernetzenden Diorganopolysiloxane vorzugsweise frei
von Triorganosiloxaneinheiten sein sollen, Diorganopolysiloxane verwendet, die geringe
Mengen an Triorganosiloxaneinheiten enthalten. Es war bisher jedoch sehr schwierig,
diese geringen Mengen genau zu dosieren. Die aus der britischen Patentschrift 804
199 bekannte Verwendung von durch Triorganosiloxygruppen endblockierten Organosiliciumwasserstoffverbindungen
als Vernetzer hat wiederum praktisch keinen Einfluß auf den Spannungswert.
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Ferner bestand seit langem die Aufgabe, die Komponenten von bei Raumtemperatur
zu Elastomeren härtbaren Organopolysiloxan-Massen in Form von zwei haltbaren pastenartigen
Mischungen in den Handel zu bringen und zu lagern. Bei Verwendung von Kieselsäureestern
und durch Triorganosiloxygruppen endblockierten Organosiliciumwasserstoffverbindungen
als Vernetzer wurden Lösungen aus den Verbindungen und dem Katalysator und zu vernetzendes
Diorganopolysiloxan, das mit Füll- und Zuschlagstoffen vermischt war, dem Verbraucher
in zwei getrennten Gebinden geliefert. Der Inhalt dieser Gebinde wurde dann zur
Bereitung der härtenden Massen in den gewünschten Verhältnissen gemischt.
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Dies hat den Nachteil, daß eine genaue Dosierung schwer möglich und
daß die Bereitung einer gleichmäßigen Mischung in der zur Verfügung stehenden Zeit
nicht immer möglich ist.
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Eine einfachere Dosierung und gleichmäßigere Durchmischung wäre möglich,
wenn in beiden Behältern
pastenartige Massen vorlägen, die beim
Vermischen Elastomere ergeben. Dies ist z. B. der Fall, wenn, wie in der deutschen
Auslegeschrift 1 026520 angegeben, einerseits eine Mischung aus härtbarem Diorganopolysiloxan
und Vernetzungsmittel, andererseits eine Mischung aus dem gleichen Diorganopolysiloxan
und Katalysator vorliegt. Die Mischung aus härtbarem Diorganopolysiloxan und Katalysator
ist jedoch nicht haltbar, da der Katalysator in kurzer Zeit eine Steigerung der
Kettenlänge des Diorganopolysiloxans bewirkt und damit die Masse durch Verdichtung
unbrauchbar wird.
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Das erfindungsgemäße Verfahren verbindet mit der Lösung der Aufgabe,
die Komponenten von bei Raumtemperatur zu Elastomeren härtenden Massen in den Handel
zu bringen und zu lagern, den weiteren Vorteil, daß der Spannungswert von aus diesen
Massen erhaltenen Elastomeren leicht regelbar ist.
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Erfindungsgemäß werden elastomere Formteile durch bei Raumtemperatur
erfolgendes Aushärten von Organopolysiloxanmassen, die lineare hydroxylendblockierte
Diorganopolysiloxane (a), durch Triorganosiloxygruppen endblockierte Diorganopolysiloxane
(b), Vernetzer (c), und Kondensationskatalysatoren (d) enthalten und die in zwei
getrennten Massen vorliegen, die zum Aushärten vereinigt werden, dadurch hergestellt,
daß man Massen vereinigt und aushärtet, deren eine den Vernetzer (c) und das Siloxan
(a) und deren andere den Katalysator (d) und das durch Triorganosiloxygruppen endblockierte
Siloxan (b) enthält.
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Die beiden Massen können jeweils in zwei Dosen, Tuben oder andere
Behälter abgefüllt werden. Ihre Vorteile kommen vor allem bei der Anwendung als
Abdruck- oder Abdichtmassen für technische, künstlerische oder insbesondere für
dentale Zwecke zur Geltung.
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Der Anteil an durch Triorganosiloxygruppen endblockierten Diorganopolysiloxan
kann zwischen 0,1 und 60 G00/D betragen, d. h. das Verhältnis hydroxylendblockiertes
Diorganopolysiloxan zu triorganoendblockiertem Diorganopolysiloxan soll nicht größer
als 1:1,5 sein Übersteigt der Anteil diesen Betrag, so erhält man Elastomere mit
schlechten mechanischen Eigenschaften. Vorzugsweise werden zwischen 10 und 309/o
durch Triorganosiloxygruppen endblockierte Diorganopolysiloxane im Gemisch mit dem
Katalysator, dem Hydroxylendblo ckierten Diorgano polysiloxan zugesetzt.
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Unerwarteterweise wurde gefunden, daß bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
das durch Triorganosiloxygruppen endblockierte Diorganopolysiloxan in das Elastomere
eingebaut wird, also nicht als extrahierbarer Weichmacher im Elastomeren vorliegt.
Die Ursache des überraschenden Befundes dürfte eine gleichzeitig während der Vernetzungsreaktion
ablaufende Aquilibrierungsreaktion sein.
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Die hydroxylendblockierten Diorganopolysiloxane (a) haben die allgemeine
Formel
Vorzugsweise werden die technisch am leichtesten zugänglichenDimethy1polysiloxane
verwendet, jedoch
kann R eine beliebige Allcyl-, Aryl- oder Aralkylgruppe darstellen,
wobei jedoch mindestens 50 Molprozent der R-Einheiten aus Methylgruppen bestehen
sollen, weil sonst die Kautschukelastizität der Abdrücke leidet. n kann zwischen
100 und 5000 schwanken, vorzugsweise ist n etwa 250 bis 800; z.B. werden vorzugsweise
Dimethylpolysiloxane mit einer Viskosität von 15 bis 35000 cSt eingesetzt.
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Die triorganoendblockierten Diorganopolysiloxane (b) haben die allegmeine
Formel
Die Ausführungen über die Substituenten und über das Molekulargewicht, die bei den
hydroxyendblockierten Diorganopolysiloxanen gemacht wurden, treffen auch hier zu.
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Als Vernetzer (c) werden - außer Kieselsäureestern - vorzugsweise
Organowasserstoffpolysiloxane der allgemeinen Formel
verwendet. Voraussetzung für eine Vernetzerwirkung ist, daß in einem Molekül Vernetzer
mindestens 2 an Silicium gebundene Wasserstoffatome verhanden sind.
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Vorzugsweise dürfte an jedem Siliciumatom 1 Wasserstoffatom sitzen.
R bedeutet wiederum vorzugsweise Methyl, kann jedoch jeden beliebigen Alkyl-, Aryl-oder
Aralkylrest bedeuten. n ist hier im allgemeinen wesentlich niedriger als bei den
Diorganopolysiloxanen. n ist 3 bis 500, vorzugsweise 20 bis 50. Die organosubstituierten
Wasserstoffpolysiloxane, die als Vernetzer wirken, können beliebige Endgruppen enthalten.
Technisch werden Hydroxylgruppen oder triorganosubstituierte Endgruppen bevorzugt.
Die zuzusetzenden Mengen liegen zwischen 0,5 und 100/o, je nach der geforderten
Härtungsgeschwindigkeit.
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Geeignete Kondensationskatalysatoren (d) sind organische Säuren und
Basen, Metalisalze, Metallsalze organischer Säuren, Metallchelate oder Organometallverbindungen.
Beispielsweise kommen folgende Katalysatoren in Betracht: Essigsäure, Dibutylamin,
Platinchlorwasserstoffsäure, Bleioctoat, Zirkonacetylacetonat, Zinnoleat, Tetraäthylblei
oder Dibutylzinndilaurat. Am schnellsten wirken organische Zinnverbindungen vom
Typ des Dibutylzinndilaurats, des Dibutylzinnmonoacetats oder ähnlicher Diorganozinnacylate.
Die zunusetzenden Mengen liegen zwischen 0,1 bis 5 o, wobei mit steigender Katalysatormenge
die Vernetzungszeit geringer wird.
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Obigen Grundbestandteilen können selbstverständlich außer Füllstoffen
noch Farbstoffe und Aromastoffe sowie Kullststoffweichmacber und die für Organopolysiloxan-Elastomere
bekannten Zusatzstoffe zur Verbesserung der bleibenden Verformung und der Bläschenbildung
beim Vulkanisieren zugesetzt werden.
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Geeignete Fillistoffe sind entweder natürlich vorkommende oder künstlich
erzeugte, organische oder anorganische Pigmente oder Kunststoffpulver, z. B.
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Quarzmehl, Calciumcarbonat, Gips, Schwerspat, aus Wasserglas oder
auf dem Flammenweg gewonnene Kieselsäuren, Ruß, Phthalocyanin oder andere organische
Farbpigmente, Schwefel oder Polyvinylchlorid.
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Zur Verbilligung der Massen können den Diorganopolysiloxanen noch
bis zu 50o Kunststoffweichmacher, die mit diesen Polymeren verträglich sind, zugesetzt
werden. Vorzugsweise werden polymere Weichmacher, insbesondere Polyester der Phthalsäure,
angewandt.
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Als Geschmackstoffe kann man Pfefferminzöl, Anisöl, Eukalyptusöl,
Zitronenöl od. ä. zusetzen.
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Sowohl die Mischung aus Vernetzer (c) und Siloxan (a) als auch die
Mischung aus Katalysator (d) und Siloxan (b) kann Füllstoffe und sonstige Zusatzstoffe
enthalten. Beispielsweise können diebeidenMischungen aus folgenden zwei Kompositionen
bestehen: Komposition A enthält: 100 Teile hydroxylendblockiertes Dimethylpolysiloxan,
Viskosität 20 000 cSt, 11 Teile trimethylendblockiertes Methylwasserstoffpolysiloxan,
Viskosität 28 cSt, 50 bis 100 Teile Füllstoffe und Zuschlagstoffe.
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Komposition B enthält: 100 Teile trimethylendblockiertes Dimethylpolysiloxan,
Viskosität 20 000 cSt, 4 Teile Dibutylzinndilaurat, 50 bis 100 Teile Füllstoffe.
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Diese Kompositionen werden durch Vermischen der Bestandteile erhalten.
Es ist nicht erforderlich. daß in den Kompositionen A und B die gleichen Füll-und
Zuschlagstoffe enthalten sind. Auf diese Weise ist es möglich, die Konsistenz der
Komposition A und B so verschieden zu halten, daß durch Mischung verschiedener Mengen
der Komposition A und B je nach dem Anwendungszweck eine verschiedene Konsistenz
herauskommt. Diese Möglichkeit ist ebenfalls als bedeutender Vorteil gegenüber dem
Stand der Technik zu werten.
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Beispiel 1 100 Teile eines hydroxylendblockierten Dimethylpolysiloxans
mit einer Viskosität von 23 cSt werden auf einem Dreiwalzenstuhl mit 75 Teilen Quarzmehl,
12 Teilen eines trimethylendblockierten Methylwasserstoffpolysiloxans mit einer
Viskosität von 22 cSt und 0,2 Teilen Eisenoxyd rot vermahlen und in eine Tube abgefüllt
(Tube A).
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100 Teile eines trimethylendblockierten Dimethylpolysiloxans, Viskosität
30000 cSt, werden mit 100 Teilen Calciumcarbonat, 5 Teilen Dibutylzinnlaurat, 10
Teilen Schwefel und 0,1 Teilen Pfefferrnmzöl auf einem Dreiwalzenstuhl vermahlen
und in eine Tube abgefüllt (Tube B).
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Beim Vermischen des Inhalts der Tube A und Tube B im Verhältnis 1:1
erhält man innerhalb von 5 Minuten ein hochelastisches Produkt. Selbst nach Sstündiger
Extraktion mit Xylol läßt sich aus diesem Elastomeren das trimethylendblockierte
Dimethylpolysiloxan nicht entfernen, wodurch bewiesen
wird, daß es während der Vernetzungsreaktion
mit dem hydroxylendblockierten Dimethylpolysiloxan zusammenkondensiert worden ist.
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Beispiel 2 100 Teile eines hydroxylendblockierten Diorganopolysiloxans,
bestehend aus 75,5 Molprozent Dimethylsiloxaneinheiten und 24,5 Molprozent Phenylmethylsiloxaneinheiten
mit einem Molekulargewicht von 100 000, werden auf einem Dreiwalzenstuhl mit 25
Teilen Titandioxyd, 25 Teilen Quarzmehl, 5 Teilen Schwefel, 15 Teilen hydroxylendblockiertem
Methylwasserstoffpolysiloxan, Molekulargewicht 600, und 0,1 Teilen Anisöl vermischt
und in einen Behälter ausgegossen (Behälter A).
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100 Teile eines triphenylendbiockierten Diorganopolysiloxans vom
Molekulargewicht 75 000, das aus 95 Molprozent Dimethylsiloxaneinheiten und 5 Molprozent
Methylvinylsiloxaneinheiten zusammengesetzt ist, werden auf einem Dreiwalzenstuhl
mit 75 Teilen Quarzmehl, 20 Teilen Kieselgur, 2,5 Teilen Dibutylzinnmonoacetat und
5 Teilen Kupferphthalocyanin vermischt und in einen Behälter abgefüllt (Behälter
B).
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Vermischt man gleiche Teile der Massen aus Behälter A und B und bringt
diese auf einen Zahnabdrucklöffel aus Metall, vulkanisiert die Masse, in den Mund
gebracht, innerhalb von 3,5 Minuten. Der so erhaltene Zahnabdruck ist formkonstant
und hochelastisch.
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Insbesondere zur Erhärtung der obigen Ausführungen zu der deutschen
Auslegeschrift 1026520 diente folgender Vergleichsversuch: Masse 1 Ein trimethylsilylendblockiertes
Dimethylpolysiloxan vom Molekulargewicht 75 000, das vollkommen benzollöslich ist,
wird im Verhältnis 1: 1 mit Quarzmehl gemischt und dieser Masse 4°/o Dibutylzinndiacetat
zugesetzt. Diese Masse änderte ihre Konsistenz bei einjähriger Lagerung bei 400
C nicht.
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Masse 2 Ein hydroxylendblockiertes Dimethylpolysiloxan vom Molekulargewicht
70 000 wird im Verhältnis 1: 1 mit Quarzmehl gemischt, und dieser Masse werden 4
°/o Dibutylzinndiacetat zugesetzt. Nach 14tägiger Lagerung bei 400 C ist die ursprünglich
streichfähige Masse, die sich leicht aus Tuben herausdrücken ließ, zur Konsistenz
eines schweren Glaserkittes nachgedickt und ließ sich ohne Zerstörung der Tube aus
dieser nicht mehr entfernen.