Bearbeitungszentrum zur Bearbeitung eines Werkstücks mit Hilfe eines von mindestens zwei auswechselbaren Werkzeugen
Die Erfindung betrifft ein Bearbeitungszentrum zur Bearbeitung eines Werkstücks mit Hilfe eines von mindestens zwei Werkzeugen, die automatisch auswechselbar in je einer individuell angetriebenen Arbeitsspindel eingesetzt sind und durch numerisch gesteuerte Bewegungen wechselweise am Werkstück zum Einsatz gebracht werden.
Bei der Bearbeitung von Werkstücken unterscheidet man innerhalb der zur Fertigstellung eines Werkstücks benötigten Zykluszeit zwischen der Hauptzeit, in der das Werkstück eine physische Veränderung erfährt, und der Nebenzeit, die alle nicht produktiven Vorgänge wie beispielsweise Werkstückwechsel oder Werkzeugwechsel an der Maschine erfaßt.
Bei Kleinteilen mit Bearbeitungsgängen, die unterschiedliche Werkzeuge erfordern, beträgt die Nebenzeit infolge der teiletypischen kurzen Hauptzeit und der vergleichsweise langen Span-zu-Span-Zeit für den Werkzeugwechsel einen großen Teil der Zykluszeit, ja sie kann sogar länger als die Hauptzeit sein. In diesem Falle erfolgt die Bearbeitung der Werkstücke nicht wirtschaftlich optimal.
Es sind Vorrichtungen mit wechselweise zum Einsatz gebrachten Spindeln bekannt, die ebenfalls das Ziel haben, die Span-zu-Span-Zeit zu verkürzen. Eine solche an bestehende Werkzeugmaschinen anbaubare Vorrichtung wird beispielsweise im Gebrauchsmuster DE- U-9015333 beschrieben. Sie arbeit mit zwei Arbeitsspindeln, einem Antriebs- und einem Stellmotor sowie Ritzelgruppen und Kupplungen. Diese Vorrichtung erlaubt zwar das Hauptzeitparallele Werkzeugwechseln, löst aber dennoch nicht das Problem der langen Span-zu-Span-Zeit, da einzelne Prozeßschritte wie beispielsweise "Indexierung Lösen", "Spindel Bremsen", "Kupplung Schalten",. "Spindel Beschleunigen" und "Indexieren" nach wie vor sequenziell ablaufen. So werden gegenüber schnellen konventionellen Lösungen keine Zeiteinsparungen erreicht.
Es sind außerdem ähnliche Maschinen mit zwei individuell angetriebenen Arbeitsspindeln bekannt. Sie sind auf einem gemeinsamen Spindelhalter in 180° Gegenrichtung zueinander montiert. Der Wechselvorgang wird durch 180° Drehung des Spindelhalters erreicht. Ein Beispiel hierfür ist die Bearbeitungsmaschine MONOPOSTO der Firma CMS OPTICAL. ■ Hiermit ist es zwar möglich, Bewegungsabläufe zu parallelisieren. Durch die relativ große Strecke des zu beschreibenden Halbkreises beim Wechseldrehen und die Notwendigkeit von Ver- und Entriegelungsvorgängen der nicht numerisch gesteuerten Wechselbewegung bietet
aber auch diese Technik keine wesentliche Zeiteinsparung gegenüber schnellen konventionellen Lösungen.
Weiter sind Vorrichtungen bzw. Maschinen der eingangs genannten Alt bekannt, bei denen versucht wird, den ungünstigen Einfluß der Dauer des Werkzeugwechsels auf die Zykluszeit der Bearbeitung eines einzelnen Werkstücks dadurch zu kompensieren, daß gleichzeitig mehrere Werkzeuge mehrere Werkstücke bearbeiten. Beispielsweise sind aus DE 40 20 997 AI und CH-654237 Werkzeugmaschinen mit mehreren, mit parallelen Achsen an einem Spindelständer angeordneten Spindeln für auswechselbare Werkzeuge bekannt. Auf diesen Werkzeugmaschinen wird an jeder Spindel je ein Werkstück mit je einem Werkzeug bearbeitet. Zum Werkzeugwechsel wird der gesamte Spindelstock in eine Wechselstellung gefahren. Während der dazu benötigten Zeit (Fahren des Spindelstocks in die Wechselstellung, Wechseln von Werkzeugen, Fahren des Spindelstocks zurück in die Arbeitßtellung) kann kein Werkstück bearbeitet werden. Das ungünstige Verhältnis von Hauptzeit zu Nebenzeit mit einem solchen Doppelspindler läßt sich nur durch eine recht große Anzahl von parallel arbeitenden Spindeln (nämlich in der Praxis mit bis zu 8 Spindeln) verbessern. Das hat aber den schwerwiegenden Nachteil zur Folge, daß für die Maschineneinrichtung beim Teilewechsel ein übermäßig großer Justieraufwand zum Ausrichten der Werkstücke benötigt wird, der unter anderem die Gesamtproduktivität und die Flexibilität schmälert.
Aus CH-666432 ist eine Werkzeugmaschine mit zwei Spindeln mit parallelen Achsen für Werkstücke und zwei Revolverköpfen mit parallelen Achsen für verschiedene Werkzeuge bekannt. Ein einzelnes Werkstück kann gleichzeitig mit zwei Werkzeugen oder in Aufeinanderfolge mit je einem Werkzeug des einen und des anderen Revolverkopfs bearbeitet werden, wobei die gegenseitige Behinderung der Arbeitsräume durch die Werkzeuge bzw. Revolverköpfe vermieden wird. Ein automatisches Auswechseln der Werkzeuge aus einem Magazin ist jedoch nicht vorgesehen und könnte sowieso nur unter den am einzelnen Revolverkopf zuvor angeordneten Werkzeugen stattfinden. Folglich wird das verbesserte Verhältnis von Hauptzeit zu Nebenzeit ebenfalls durch eine Einbuße an Gesamtproduktivität und Flexibilität des Einsatzes der Werkzeugmaschine erkauft. Darüber hinaus ist der Werkzeugvorrat stark limitiert.
Aufgabe der Erfindung ist es, ein Bearbeitungszentrum der eingangs genannten Art so auszubilden, daß das Verhältnis von Hauptzeit zu Nebenzeit im Vergleich zum Stand der Technik ohne Einbuße an Flexibilität der Werkzeugmaschine verbessert wird.
Diese Aufgabe wird bei einem erfindungsgemäßen Bearbeitungszentrum dadurch gelöst, daß mindestens zwei individuell angetriebene Spindeln jeweils einzeln zum Einsatz gebracht werden, und gleichzeitig die nicht spanende Spindel wie bekannt automatisch mit einem neuen Werkzeug ausgerüstet wird. Alle weiteren Bewegungen, die die Span-zu-Span-Zeit bestimmen, werden zur jeweils anderen zeitparallel ausgeführt. Diese Bewegungen sind i.e. "Werkzeug vom Werkstück Entfernen", "Spindel Bremsen", "Spindel Beschleunigen" und "Werkzeug dem Werkstück Zustellen". Außerdem sind alle Bewegungen, die das Spindelwechseln betreffen, ausschließlich numerisch gesteuert, wodurch jegliche zusätzliche Verriegelung überflüssig wird. Das Verhältnis von Hauptzeit und Nebenzeit des Werkzeugwechsels wird damit wesentlich günstiger als beim Stand der Technik bekannt. Die Span-zu-Span-Zeit kann so bestenfalls auf die einfache Zustellzeit der Arbeitsspindel bzw. des Werkstücks reduziert werden. Die technische Ausführung der Erfindung basiert auf dem wechselweise und gleichzeitigem Anfahren unterschiedlicher Werkzeugwechsel- und u.U. auch Spanpositionen durch numerisch gesteuerte Achsen. Die Span-zu-Span-Zeit hängt daher von der zu erreichenden Geschwindigkeit und Beschleunigung einer NC-Achse im Eilgang ab.
Vorzugsweise sind bei dem erfindungsgemäßen Bearbeitungszentrum alle Spindelachsen parallel zueinander orientiert und linear, womit der Vorteil erreicht wird, daß der Werkzeugwechsel für alle Werkzeuge parallel und ähnlich, d.h. in den gleichen Richtungen erfolgt, und daß eine minimale Anzahl Achsen für die vollständige translatorische Raumbewegung zwischen Werkzeug und Werkstück benötigt wird. Es genügen hierfür bereits drei lineare Achsen. Jede weitere. Achse, dient nicht der eigentlichen Spanbewegung sondern dem Werkzeugwechselprozeß oder dem Schutz einer Spindel.
Um den Vorteil zu erreichen, das Werkstück mit wenig Aufwand in vier bzw. fünf Richtungen mit dem Werkzeug zu paaren, kann vorzugsweise der Werkstücktisch um eine oder zwei Drehachsen drehbar sein, wobei diese Drehachsen zusammen mit der Spindelachse eine ebene bzw. räumliche Basis aufspannen.
In einer der bevorzugten Ausbildungen des Bearbeitungszentrums sind die in ihren Achsen parallelen Spindeln raumfest und die Tischbewegungen dreiachsig orthogonal, wobei eine Achse parallel zu den Spindelachsen gerichtet ist. Der Tisch wird hier über einen Kragarm am nächstliegenden der drei Schlitten derart abgestützt, daß seine Längsachse orthogonal zu den Spindelachsen und gegebenenfalls zur Verbindungslinie der parallelen Spindeln orientiert ist (Beispiel: Figur 1).
In einer anderen bevorzugten Ausbildung des Bearbeitungszentrums sind die in ihren Achsen parallelen Spindeln jeweils in einer zueinander ebenfalls parallelen Richtung verfahrbar. Zwei installierte lineare Achsen der Tischbewegung spannen mit den linearen Bewegungsachsen der Spindeln eine orthogonale Raumbasis auf (Beispiele: Figur 2, Figur 3). Hier kann das Nehmen und Zurückgeben eines Werkzeugs an einem Magazin bevorzugt mit Hilfe einer zusätzlichen Bewegung auf dem Magazin ohne Wechselarm organisiert werden (Beispiel: Figur 3).
In einer weiteren bevorzugten Ausbildung des Bearbeitungszentrums sind die in ihren Achsen parallelen Spindeln in Spindelstöcken aufgenommen, die in je einer zueinander ebenfalls parallelen Ebene verfahrbar sind. Eine einzige installierte lineare Achse, die die Tischbewegung führt, spannt mit den Achsen der Spindelstockebenen eine orthogonale Raumbasis auf. Das Nehmen und Zurückgeben eines Werkzeugs an einem Magazin wird hier bevorzugt ohne Wechselarm und ohne Bewegung des Magazins organisiert.
Alle bevorzugten Ausführungen besitzen einen wie oben bereits beschriebenen in einer bzw. zwei Achsen drehbaren Tisch, um das Werkstück mit wenig Aufwand dem Werkzeug in vier bzw. fünf Richtungen präsentieren zu können.
Nachstehend wird die Erfindung unter Bezugnahme auf die Zeichnungen näher beschrieben. Auch sind weitere Vorteile der Erfindung aus dieser Beschreibung erkannbar:
Die Figuren 1 bis 3 zeigen in einer schematischen Perspektivdarstellung je ein Beispiel einer Ausbildung eines erfindungsgemäßen Bearbeitungszentrums. In allen Figuren sind alle einander entsprechenden Elemente mit gleichen Bezügszeichen versehen. Die betreffende Beschriftung gilt für alle Figuren.
In dem in Figur 1 dargestellten Beispiel eines Bearbeitungszentrums ist an einem Maschinenbett 1 ein Tisch 2 beweglich abgestützt, auf dem ein zu bearbeitendes Werkstück 3 gespannt ist. Zur Bearbeitung des Werkstücks 3 sind zwei Werkzeuge 4a, 4b vorgesehen. Das eine Werkzeug 4a ist in Betriebsbereitschaft dargestellt und dabei in einer Spindel 5a eingesetzt, die mit Hilfe eines (in der Figur nicht sichtbaren) Antriebsmotors um ihre (nicht gezeichnete) Spindelachse drehbar ist. Das andere Werkzeug 4b ist in einer Phase eines Werkzeugwechsels dargestellt, bei der es sich vor einer Spindel 5b befindet. Die Zeichnung bezieht sich auf die beiden möglichen Fälle, in denen das Werkzeug 4b entweder vor seinem Einsetzen der Spindel 5b präsentiert wird oder nach dem Gebrauch und zum Zwecke des Werkzeugwechsels eben der Spindel 5b entnommen wurde. Die Spindel 5b ist ebenfalls
um ihre (nicht gezeichnete) Spindelachse drehbar, der betreffende Antriebsmotor ist in der Figur sichtbar und mit 6 bezeichnet.
Die Spindeln 5a, 5b sind nicht verschiebbar an einem gemeinsamen Spindelstock 7 ange¬ ordnet, der relativ zum Maschinenbett 1 feststeht. In der hier als Beispiel beschriebenen Ausbildung liegen die Spindelachsen horizontal und parallel zu der in der Figur gezeichne¬ ten Richtung Y.
Im Hinblick auf den automatischen Werkzeugwechsel sind die Werkzeuge 4a, 4b in der jeweiligen Spindel 5a, 5b auswechselbar eingesetzt. In Figur 1 weist das Bearbeitungs¬ zentrum eine mit den Spindeln 5a, 5b und einem Werkzeugmagazin 8 zusammenwirkende Einrichtung zum automatischen Werkzeugwechsel auf, die zwei Wechselarme 9a, 9b umfaßt, von denen jeder einer der Spindeln 5a, 5b zugeordnet ist. Der Wechselarm 9a wirkt mit der zugeordneten Spindel 5a und dem Werkzeugmagazin 8 zusammen und der Wechselarm 9b wirkt mit der zugeordneten Spindel 5b und dem Werkzeugmagazin 8 zusammen, um den automatischen Werkzeugwechsel auszuführen. Der automatische Werkzeugwechsel mittels je eines Wechselarms in. Zusammenwirkung mit je einer Spindel und einem zugeordneten Werkzeugmagazin ist an sich bekannt und braucht daher nicht näher beschrieben zu werden. In der als Beispiel dargestellten Ausbildung sind die Wechselarme 9a, 9b auf je einer den Spindelachsen parallelen Achse montiert. Dabei sind die Wechselarme 9a, 9b in der realen Ausführung weit genug voneinander entfernt, um einander nicht behindern zu können.
Es ist zu verstehen, daß die vorangehende Beschreibung auf das Beispiel einer Ausbildung mit zwei Werkzeugen 4a, 4b und einem Werkzeugmagazin 8 gerichtet, jedoch ohne weiteres auf eine größere Anzahl von Werkzeugen und Magazinen übertragbar ist. Jedem Werkzeug ist stets eine Spindel und dieser ein Wechselarm zugeordnet, hingegen können die Werkzeuge wie beschrieben in einem gemeinsamen Magazin oder im Gegenteil in verschiedenen, den jeweiligen Spindeln zugeordneten Magazinen bereitgestellt werden.
Die Figuren 2 und 3 zeigen zwei andere Beispiele einer möglichen Ausbildung eines erfindungsgemäßen Bearbeitungszentrums. Sie sind mit 4 linearen Achsen und einer rotatorischen Achse am Werkstücktisch 2 aufgebaut. In beiden Fällen existieren zwei getrennt in je einer Achse verfahrbare Spindelstöcke 7a, 7b (in Figur 3 nicht sichtbar). Hierdurch wird es leichter möglich, die im Werkzeugwechselprozeß befindliche Spindel 5b vor Späneflug zu schützen.
In Figur 2 ist je eine in die Spindelachse Y gerichtete Spindelstockführung dargestellt, die die Y-Bewegung der drei linearen Achsen erlaubt. Die X- und Z-Bewegung werden vom Tisch 2 ausgeführt. Die Konstruktion sieht zum Einwechseln der Werkzeuge 4a, 4b zwei Magazine 8a, 8b vor, wobei zwei nicht gezeichnete Wechselarme benötigt werden.
In Figur 3 sind die Spindelstöcke in Z-Richtung beweglich gelagert. Der Tisch 2 muß daher die X- und Y-Richtung frei befahren können. Der Werkzeugwechsel wird hier aus einem Magazin 8 bedient, das neben der üblichen Drehbewegung zwei lineare Bewegungsfreiheiten in X- und Y-Richtung hat, um den Wechselprozeß technisch ausführen zu können. Eine ähnliche Ausführung arbeitet mit zwei je einer Spindel zugeordneten Magazinen, die jeweils nur in Y-Richtung verschiebbar sind.
Für den Tisch 2 und seine Lagerung auf dem Maschinenbett 1 gilt in den beiden zuletzt genannten Fällen (Figuren 2 und 3) das gleiche Prinzip wie im Vorschlag der Figur 1 mit dem Unterschied, daß nun nur zwei lineare Achsen zu verfahren sind. Sie sind immer so ausgerichtet, daß mit den weiteren linearen Achsen der Maschine insgesamt eine orthogonale Raumbasis aufgespannt wird.
In allen beschriebenen Ausbildungen sind die Spindelachsen parallel zueinander orientiert. Es sind aber andere Ausbildungen möglich, in denen einige oder alle Spindelachsen schräg oder windschief zueinander stehen. Ebenso kann die Bewegung des Tisches mit Hilfe der Schlitten auch in anderen Richtungen erfolgen als parallel zu einer Spindelachse, auch kann die Drehachse zur Drehung des Tisches relativ zum nächsten Schlitten anders orientiert sein als orthogonal zu den Spindelachsen, denn mit entsprechend komplexen Steuerungen läßt sich trotzdem das Werkstück wie gewünscht relativ zum arbeitenden Werkzeug bzw. zur arbeitenden Spindel bewegen. Außerdem ist die Drehachse bzw. sind die Drehachsen für die Drehung des Tisches relativ zum nächsten Schlitten überhaupt fakultativ.