-
Verfahren zur ununterbrochenen Herstellung von wasserfreien flüchtigen
Fettsäuren Bekanntlich haben selbst sehr ver-lünute wässerige Lösungen von gewissen
flüchtigen Fettsäuren die Eigentümlichkeit, wenn man sie bis zum Siedepunkterhitzt,
Dämpfeabzugeben, deren Gehalt an Säure im Vergleich mit denjenigen des Gemisches,
von dem man ausgeht, nicht vernachlässigt werden darf. Dies ist z. B. bei der Propionsäure
der Fall, deren verdünnte wässerige Lösungen Dämpfe liefern, deren Gehalt an Säure
wesentlich demjenigen der zurückbleibenden Flüssigkeit gleich ist. Daher ist Aie
Extraktion der Propionsäure durch Destillation ihrer wässerigen Lösung praktisch
nur in Gegenwart von gewissen Entziehungsflüssigkeiten ausführbar, die dic-Eigenschaft
haben, mit Wasser Gemische tnit Siedepunktsminimum zu ergeben, die azeotropische
Gemische genannt werden. Bekanntlich kann man unter diesen Bedingungen zu einer
vollkommenen Entwässerung gelangen; immerhin ist bei der gewerblichen Anwendung
derartiger relativ verdünnter Lösungen die einfache Destillation als solche in Gegenwart
einer Entziehungsflüssigkeit nicht immer vorteilhaft im Vergleich mit anderen chemischen
Entwässerungsverfahren. Den Gegenstand der vorliegenden Erfinchtng bildet ein Verfahren,
welches eine Vergrößerung der Leistungsfähigkeit und der Schnelligkeit des Entwässerungsverfahrens
durch Destillation in Gegenwart von Entziehungsflüssig1.:eiten in dem Maße gestattet,
daß es technisch mit den anderen Verfahren, ,iie auf abweichenden Grundlagen beruhen,
in fast allen Fällen den Wettbewerb aufnehinen kann.
-
Dieses Verfahren besteht darin, daß die Entwässerung in zwei Phasen
vorgenommen wird.
-
in der ersten Phase benutzt man eine Entziehungsflüssigkeit (oder
ein Gemisch von Entziehungsflüssigkeiten, die einen verhältnismäßig hohen Siedepunkt
hat und ein an Wasser sehr reiches binäres Gemisch bildet, so daß der größte Teil
des Wassers mit geringem Aufwand von Dampf entzogen werden kann.
-
In der zweiten Phase benutzt man eine Entziehungsflüssigkeit mit niedrigerem
Siedepunkt, so daß sie leicht durch Destillation von der erhaltenen wasserfreien
Säure getrennt-werden kann.
Der technische Fortschritt, der durch
diese Arbeitsweise erzielt wird, beruht auf folgenden Grundsätzen: i. Ein Entziehungskörper
von hohem Siedepunkt entzieht dem Gemisch mehr Wasser als ein solcher von niedrigem
Siedepunkt.
-
Beispielsweise bildet Butylacetat (Siedepunkt 1251) als Entziehungskörper
mit wasserhaltiger Essigsäure ein azeotropes Gemisch vom Siedepunkt 89° mit einem
Wassergehalt von etwa 25'[,. Benzol (Siedepunkt 8o°) bildet mit wässeriger Essigsäure
ein binäres azeotropes Gemenge vom Siedepunkt 68° mit nur 6°/a Wassergehalt.
-
Aus dem Gesagten geht hervor, daß zur Entfernung des gesamten Wassers
von der zweitgenannten Flüssigkeit eine wesentlich größere Menge verdampft werden
muß als von der erstgenannten. Da alle Entziehungskörper praktisch die gleiche Verdampfungswärme
haben, wird also im zweiten Fall der Dampfverbrauch bedeutend höher sein als im
ersten.
-
z. Wenn das gesamte Wasser aus der wasserhaltigen Säure entfernt ist
und nur noch wasserfreie Säure und Entziehungskörper vorhanden sind, muß der Entziehungskörper
durch Destillation leicht entfernt werden können. Der Entziehungskörper ist aber
um so leichter abzutrennen, je niedriger sein Siedepunkt ist. Es ist also hier eine
Bedingung zu erfüllen, die der vorhergehenden entgegengesetzt ist. Aus diesem Grunde
wird das Verfahren in zwei Stufen vorgenommen, um auf jeder Stufe Vorteile des jeweiligen
Entziehungskörpers ausnutzen zu können.
-
Wird die Entwässerung in der bisher üblichen Weise unter Verwendung
nur einer Entziehungsflüssigkeit ausgeführt, so ergibt sich das folgende Dilemma:
a) Wird ein Entziehungskörper von niedrigem Siedepunkt gewählt, so ergibt sich ein
azeotropes Gemisch mit wenig Wasser und demgemäß ein hoher Dampfverbrauch; dagegen
kann nach Beendigung des Verfahrens der Entziehungskörper leicht von der Essigsäure
abdestilliert werden.
-
b) Bei Verwendung eines Entziehungskörpers von hohem Siedepunkt ergibt
sich ein wasserreiches azeotropes Gemisch und daher ein geringer Dampfverbrauch;
aber die Trennung von Entziehungskörper und Essigsäure durch Destillation ist sehr
erschwert, wenn nicht unmöglich.
-
:Nach dem vorliegenden Verfahren benutzt man auf der ersten Stufe
eine Flüssigkeit von hohem Siedepunkt, mittels welcher das Wasser unter geringem
Dampfverbrauch bis zu einer Säurekonzentration von So bis 85°/, entfernt wird. Der
Entziehungskörper läßt sich leicht von der Säure trennen, solange diese noch einen
geringen Wassergehalt besitzt.
-
Auf der zweiten Stufe benutzt man einen Entziehungskörper von niedrigem
Siedepunkt und entfernt den Rest des Wassers unter höherem Dampfverbrauch; aber
da nur noch wenig Wasser zu entfernen ist, bleibt der gesamte Dampfverbrauch des
Verfahrens immer noch ziemlich gering, und man hat den Vorteil, nach Entfernung
des gesamten Wassers den Entziehungskörper von der nunmehr völlig wasserfreien Fettsäure
leicht abdestillieren zu können.
-
Die benutzte Vorrichtung enthält zwei verschiedene Destillationskolonnen,
die sowohl vereinigt wie auch nicht vereinigt sein können. Bei der ersten wird der
Entziehungskörper mit hohem Siedepunkt benutzt, bei der anderen der Entziehungskörper
mit niedrigerem Siedepunkt. Jede der Kolonnen ist mit dem notwendigen Zubehör, Kondensator,
Kühler, Dekantierungsgefäß und Dampfoberflächenheizung versehen.
-
Die Zeichnung gibt eine beispielsweise Ausführungsform der Vorrichtung.
Beispiel i Entwässerung einer i o prozentigen Essigsäurelösung Die Säure, die sich
in dem Behälter mit gleichbleibender Füllung befindet, kommt durch das Rohr ml mit
dem Hahn r1 auf die oberen Absätze einer Kolonne C, Die Absätze dieser Kolonne sind
im voraus und ein für allemal mit einer angemessenen Menge Xylol beschickt. Man
heizt den Unterteil der Kolonne Cl mit einer Dampfschlange Si. Auf den Absätzen
werden die Dämpfe wie gewöhnlich in ihre Bestandteile zerlegt, dann werden sie in
dem Kühler Fi verdichtet. Die erhaltene Flüssigkeit wird in das Dekantierungsgefäß
Dl geleitet, wo sie sich in zwei Schichten scheidet. Die obere Schicht, die aus
Xylol besteht und Spuren von Wasser und Essigsäure enthält, wird oben mit Hilfe
der Rohrleitung ni in die Kolonne Cl zurückgeleitet.
-
Die untere Schicht besteht aus Wasser und enthält eine ganz geringe
Menge Essigsäure. Man entfernt sie durch das Entleerungsrohr 0" das durch den Hahn
r', verschlossen werden kann.
-
Wenn die Menge der mitgerissenen Säure in der unteren Schicht für
zu hoch. erachtet wird, kann man sie leicht wieder vermindern, sei es durch Rückleitung
durch die Leitung u1, wenn eine Unterschicht gebildet ist, sei es durch Zugabe einer
kleinen Menge reinen Wassers.
Die Essigsäure fällt von Absatz zu
Absatz herunter und gibt das Wasser ab. Man führt die Destillation in der Weise
aus, daß man den Entziehungskörper in der oberen Zone der Kolonne hält, «-o er ein
binäres Gemisch Wasser--Xvlol bildet, was in der -Nähe von ()l° siedet und sich
leicht von der teilweise entwässerten sauren Flüssigkeit, die in den unteren Teil
der Kolonne läuft, trennt. Bei der Destillation wird nur eine geringe Menge Säure
aus dem oberen Teil der Kolonne mitgerissen, da die auf den oberen Absätzen behandelte
Säure die geringste Konzentration besitzt.
-
f ängs der ganzen Kolonne sind in einzelnen Abständen Thermometer
angeordnet, so daß in jedem Augenblick kontrolliert werden kann, bis wohin die Entziehungsflüssigkeit
herabsteigt.
-
Die Zugabe von Kylol kann durch das Zuführungsrohr p, bewerkstelligt
werden und seine Entleerung durch das Rohr q1 mit dein Hahn X,. Wenn die Kolonne
einmal in normaler Weise beschickt ist, kann mit ihr eine unbeschränkte Menge Säure
behandelt werden. indem dasselbe Xvlol unbegrenzt zur Extraktion des Wassers dient.
-
Die konzentrierte Essigsäure kommt iii dem unteren Teil der Kolonne
Cl an und läuft durch den Überlauf Ti in die Kolonne Ein Hahn R gestattet zu jeder
Zeit, den Grad der erhaltenen Säurekonzentration zu überwachen.
-
Die Kolonne C", deren Absätze zuvor und ein für allemal mit Benzol
beschickt sind, arbeitet in genau gleicher Weise wie die Kolonne Cl. Der Siedepunkt
des Benzols ist verhältnismäßig niedrig. Es scheidet sich leicht von der wasserfreien
Essigsäure und ergibt ein binäres Gemisch Wasser-Benzol mit dem Siedepunkt 69°.
Man erhält geringe Mengen schwachsauren Wassers trotz der starken Konzentration
der Flüssig-],zeit, clie die Kolonne C= speist. Längs der Kolonne sind in Abständen
Thermometer angebracht, so claß die Beschickung mit Benzol in geeigneter Weise vorgenommen
werden kann. Das untere Teil wird durch die Schlange S., geheizt. Man unterhält
dort eilte hinreichende Temperatur, um im Fertigprodukt die geringste Spur des Entziehungskörpers
zu vermeiden. Die Entnahme der Essigsäure kann in flüssigem Zustande oder im Dampfzustande
geschehen. Beispiel e Entwässerung von .Io prozentiger Essigsäure Solche Säure fällt
bei der Herstellung von Acetylcellulose an und muß zwecks Wiederverwendung auf ioo°ta
konzentriert werden. Sie enthält auf ioolg wasserfreie Essigsäure i 5o kg Wasser.
-
Auf der ersten Stufe wird äuf 8o°/" konzentriert; es verbleiben also
ioo kg wasserfreie Essigsäure in Mischung mit 25 leg Wasser. In der erstell Stufe
sind also entfernt worden: i;0 - 25 - i25-kg Wasser, wobei <las Wasser- in cle.n
azeotropen Gemisch
zu 25°1'" enthalten ist. Es miissen also verdampft «erden:
Flüssigkeit |
100 X 125 |
- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50o kg |
25 |
In der zweiten Stufe sind noch
25 kg Wasser zu entfernen, die in das azeotrope
Gemisch mit 60,) eingehen: es sind also zu verdampfen
Zoo X 25 |
_h _- . . . . . . . . . . . . . . . . . . , 417
kg |
zusammen 917 kg |
Um den gleichen Erfolg zu erzielen und eine vom Entziehungskörper freie Säure zu
erhalten, müßten bei alleiniger Anwendung des Entziehungskörpers der zweiten Stufe
100 X 150 - 6 - - .................250o
kg |
Flüssigkeit verdampft werden, d. h. dreimal soviel als nach dem vorliegenden Verfahren.
-
Beispiel 3 Entwässerung einer wässerigen Lösung von io prozentiger
Ameisensäure Man benutzt eine Vorrichtung, die in allen Punkten der des vorhergehenden
Beispiels gleich ist. In der Kolonne Cl kann man als Entziehungsflüssigkeit Butylformiat
benutzen und in der Kolonne C, eine Benzinfraktion vom Siedepunkt 75° bis 8o'. Beispiel
4 Entwässerung einer wässerigen, t o prozantigen Acry 1 Säurelösung Man benutzt
eine Vorrichtung, die in allen Teilen derjenigen des Beispiels i gleicht. In der
Kolonne C,_ kann man Solventnaphtha als Entziehüngsflüssigkeit nehmen, in der Kolonne
C, normales Butylchlorid mit dem Siedepunkt 77°.
-
Es muß bemerkt werden, daß, wenn die vollkommene Entwässerung von
flüchtigen Fettsäuren mit Hilfe der im vorhergehenden beschriebenen Vorrichtung
und des Verfahrens vor sich geht, es möglich ist, im Laufe des Arbeitsvorganges
leicht eine Entfernung
von gewissen Verunreinigungen vorzunehmen.
Diese Verunreinigungen stellen gewöhnlich andere Fettsäuren dar.
-
i. Wenn man es mit Verunreinigungen mit einem höheren Siedepunkt als
dein der behandelten Säure zu tun hat, so genügt es, diese (als Dampf oder als Flüssigkeit)
einige Absätze weit über dem Unterteil der zweiten Kolonne zu entnehmen, in welchem
sich diese Verunreinigungen sammeln, die man kontinuierlich entfernt.
-
2. Wenn man es mit Verunreinigungen mit niedrigerem Siedepunkt als
demjenigen der behandelten Säure zu tun hat, so bewerkstelligt man die Trennung
von diesen Verunreinigungen in einer kleinen zusätzlichen Kolonne von gewöhnlicher
Bauart, die hinter dem Entleerungsrohr T, der Kolonne C. angeord#-net ist.
-
3. Wenn man es mit allen beiden Klassen der Verunreinigungen gleichzeitig
zu tun hat, so wendet man die beiden beschriebenen Reinigungsverfahren nebeneinander
an. Das ist z. B. der Fall, wenn die Essigsäure Ameisensäure und Buttersäure als
Verunreinigungen enthält.
-
Das vorstehend geschilderte Reinigungsverfahren ist von hoher Wichtigkeit;
denn es ermöglicht, eine von Verunreinigungen vollkommen freie Säure zu erhalten.
Die Tatsache, daß die Reinigung der Säure auf einer Stufe des Verfahrens vorgenommen
wird, wo die Fettsäure vollkommen wasserfrei ist, erleichtert die Abtrennung der
Verunreinigungen in hohem Maße. In den handelsüblichen konzentrierten Fettsäuren
ist stets mehr oder weniger Wasser enthalten, wodurch die Abtrennung der benachbarten
Homologen stark behindert, unter Umständen sogar unmöglich gemacht wird.
-
Als Beispiel sei die aus der Holzdestillation herrührende Essigsäure
genannt, die in ihrer handelsüblichen Beschaffenheit stets Ameisensäure, Propionsäure
und Buttersäure enthält. Diese Säuren sind durch gewöhnliche fraktionierte Destillation
kaum zu entfernen. Dagegen kann eine Essigsäure, die gemäß der Erfindung in vollkommen
wasserfreiem Zustand dargestellt ist, in der vorstehend geschilderten Weise leicht
von diesen Verunreinigungen befreit werden; es entstehen hierbei keinerlei Mehrkosten,
da ja die Reinigung und die Abtrennung der Verunreinigungen mit Hilfe derselben
Wärmezufuhr erreicht werden, die ohnehin zur Entwässerung der Säure notwendig ist.