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Verfahreir zur Gewinnung konzentrierter Essigsäure aus rohem Holzessig
Das Ausziehen von reiner Essigsäure aus ihren wäßrigen Lösungen ist schon in sehr
vorteilhafter Weise durchgeführt worden, indem vernünftig gewählte Lösungsmittel
angewendet werden, die auf die wäßrigen Lösungen, welche die weitgehend von anderen
organischen Stoffen befreite Säure enthalten, systematisch zur Einwirkung gebracht
werden (Patentschrift 28 o64 und französ. Patent 636 826). Aber diese Arbeitsweise
ist nicht unmittelbar auf Holzessig anwendbar, der außer Essigsäure zahlreiche Verunreinigungen
enthält, die in das ausziehende Lösungsmittel in Lösung zu gehen vermögen und nachher
bei dessen unbegrenzter Regenerierung in den reinen Zustand hinderlich sein können.
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Die Gewinnung von reiner, sogenannter gut schmeckender, vollständig
von Teeren befreiter Essigsäure aus Holzessig ist bis jetzt technisch nur durch
wiederholte Destillation möglich gewesen, die aber, außer einem großen Dampfverbrauch,
sehr empfindliche Verluste an Essigsäure mit sich bringt, und zwar infolge der durch
diese verschiedenen Arbeitsgänge verursachten Abgänge und dadurch, daß ein Teil
der Säure in den zurückbleibenden Teeren zurückgehalten wird. Schließlich ist die
Ausbeute an reiner, gut schmeckender Essigsäure mäßig, denn man kann nicht umgehen,
daß ungefähr 2o°/, stark mit Teeren verunreinigte, sogenannte schlecht schmeckende
Säure anfallen.
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Man hat vorgeschlagen, die Essigsäure zu entteeren (Patentschriften
107 094 und 130 439), aber diese kaum durchführbaren Verfahren haben keine industrielle
Anwendung gefunden.
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Man hat auch vorgeschlagen, die Teere durch ein geeignetes Lösungsmittel
auszuziehen (z. B. französische Patentschrift 5o6 28i), aber man ist auf die Schwierigkeit
gestoßen,. daß kein Lösungsmittel praktisch die gesamten Teere auszieht. Infolgedessen
ist die erhaltene Säure keine reine, gut schmeckende Säure, und man ist gezwungen,
auf die wiederholten Destillationen zurückzugreifen, was dennoch schlecht schmekkende
Säuren ergibt. Andererseits zieht die Mehrzahl der Lösungsmittel gleichzeitig mit
den Teeren eine gewisse Menge Säure mit aus, die, wenn man sich nicht für ihren
Verlust entscheidet, durch Regeneration schlecht schmeckende Säuren. gibt. Tatsächlich
hat
dieses Verfahren bis jetzt keine technische Anwendung gefunden.
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Mit mehr Erfolg hat man vorgeschlagen (Brewster Suida), statt die
Teere aus dem Holzessig auszuziehen, die Essigsäure auszuziehen, und zwar entweder
aus dem Holzessig oder aus den Holzessigdämpfen, wobei die Teere im Rückstand des
Verfahrens zurückbleiben.
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Aber dabei nimmt doch das benutzte Lösungsmittel immer noch eine gewisse
Menge Teere auf, was entweder zu kostspieligen Regenerationen oder zur Herstellung
schlecht schmekkender Säuren führt, je nachdem das Lösungsmittel weniger-flüchtig
oder flüchtiger als die Essigsäure ist.
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Um -auf den Holzessig die Extraktionsmethoden unter Verwendung vernünftig
ausgewählter Lösungsmittel, die auf die wäßrigen, die- Säure enthaltenden Lösungen
systematisch zur Einwirkung gebracht werden, anwenden zu können, ist es erforderlich,
daß der Holzessig vorher einer geeigneten Behandlung unterworfen wird.
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Die vorliegende Erfindung bezweckt nun die Gewinnung konzentrierter
Essigsäure aus rohem Holzessig durch Entteerung, d. h. Ausscheidung derjenigen unerwünschten
Verunreinigungen aus dem Holzessig, die später mit der Essigsäure durch das benutzte
Lösungsmittel ausgezogen werden könnten, und anschließende Konzentrierung der entteerten
Säure.
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Sie besteht darin, daß beide Verfahrensstufen durch Extraktion mit
Lösungsmitteln durchgeführt werden, wobei in der ersten Stufe solche Lösungsmittel,
die Teere, mit Ausnahme der latenten Teere, dagegen keine oder nur sehr wenig Essigsäure
lösen, wie z. B. homologe Derivate des Kresols, wie beispielsweise Äthyl-, Propyl-,
Butyl- und Amylkresol, verwendet werden.
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In der zweiten Stufe wird die Konzentration der zum Teil entteerten
Säure unter Zurücklassung des entsäuerten Extraktionsgutes zusammen mit den latenten
Teeren gemäß den an sich bekannten Extraktionsverfahren durchgeführt.
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Die in der ersten Verfahrensstufe bei der systematischen Waschung
des Holzessigs im flüssigen Zustand benutzten Lösungsmittel haben gegenüber den
Kresolen selbst den Vorteil, daß sie in Wasser oder io °/oigem essigsaurem Wasser
vollkommen unlöslich sind, die lästigen Verunreinigungen, wie die Teere, gut lösen
und andererseits ein schlechtes Lösungsvermögen für Essigsäure und Wasser haben,
so daß diese Produkte hier nicht als Lösungsmittel für die Essigsäure, wie es schon
vorgeschlagen wurde, sondern als Teerlösungsmittel benutzt werden sollen.
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Die Erfindung ist noch dadurch gekennzeichnet, daß man den Holzessig
nicht vollkommen zu entteeren sucht; man entzieht ihm vielmehr nur die Verunreinigungen,
die das Hauptlösungsmittel, das später zur Extraktion der Essigsäure benutzt wird,
verunreinigen könnten. So bleiben nach der systematischen Waschung des Holzessigs,
beispielsweise mit Butylkresol, latente Teere in Lösung, die durch längeres Kochen
oder vollständiges Verdampfen der wäßrigen, essigsauren Lösung zum Vorschein gebracht
werden könnten; diese Teere sind aber für die spätere Extraktion der Essigsäure,
beispielsweise mittels Amylacetats, keineswegs störend; sie bleiben schließlich
in der an Säure erschöpften wäßrigen Lösung zurück und werden mit dieser ausgeschieden.
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Das mit Teeren beladene Teerlösungsmittel wird durch übliche Destillation
oder besser durch Dampfdestillation wiedergewonnen; die Teere bleiben als Rückstand
zurück. Die kleine Menge -Säure, die bei der systematischen Waschung mit ausgezogen
wurde, kann bei der Destillation wiedergewonnen werden.
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Praktisch besteht das zum Reinigen des Holzessigs dienende Teerlösungsmittel
aus einem Gemisch aus homologen Isomeren des Kresols. Man kann indessen diesem Gemisch
eine gewisse Menge Kohlenwasserstoffe, die an sich keine Lösung der Frage darstellen,
zusetzen, was den Vorteil hat, daß die Scheidung bedeutend erleichtert, die Löslichkeit
der Essigsäure in dem Lösungsmittel verringert und die Wiedergewinnung der sehr
kleinen Menge Säure, die dennoch gelöst wird, erleichtert wird. Die Kohlenwasserstoffe
bilden nämlich alle mit der Essigsäure Gemische mit niedrigstem Siedepunkt, derart,
daß bei der Wiedergewinnung des Teerlösungsmittels die Essigsäure in verhältnismäßig
konzentrierter Lösung gleichzeitig mit dem Kohlenwasserstoff am Anfang der Destillation
erhalten wird.
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Beispiel i Es sei ein roher Holzessig mit io °/o Essigsäure und 5
°/o Teeren zu behandeln (die letzteren sind durch Wiegen des nach dem vollständigen
Verdampfen des Wassers erhaltenen Rückstandes bestimmt).
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In einer geeigneten Vorrichtung, mit welcher eine systematische Waschung
durchgeführt werden kann, wird der Holzessig fortlaufend mit 1/. seines Volumens
Butylkresol behandelt. Dieses wird mit vorzüglicher Ausbeute durch Behandlung des
gewöhnlichen Kresols mit Butylalkohol in Gegenwart von Zinkchlorid gewonnen. -Das
Butylkresol ist in Wasser und io °/jger Säure praktisch unlöslich. Es löst 3- bis
4mal weniger Essigsäure und Wasser als das Kresol selbst; dagegen hat es ein bedeutendes
Extraktionsvermögen für die Teere und Phenolderivate,
die die spätere
Erschöpfung der Essigsäure beispielsweise mittels Amylacetats stören würden.
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Das Butylkresol verläßt die Waschvorrichtung stark schwarz gefärbt
und enthält ungefähr ioo g Teer, 3o bis 35 g Essigsäure und io g Wasser je Liter;
der Holzessig ist dagegen schwach strohgelb gefärbt. Dieser gereinigte Holzessig
enthält noch eine kleine Menge latente Teere (ungefähr io bis 2o g im Liter), aber
diese stören nicht, denn es wurde gefunden, daß sie, wie es oben angegeben ist,
bei der Extraktion der Säure durch ein Lösungsmittel, wie beispielsweise Amylacetat,
in der wäßrigen Schicht in Lösung zurückbleiben.
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Das mit Teeren beladene Butylkresol wird durch gewöhnliche oder besser
durch Dampfdestillation zurückgewonnen. Die als Rückstand erhaltenen Teere werden
in üblicher Weise warm entfernt.
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Die entteerte Essigsäure wird dann nach einem an sich schon bekannten
bzw. bereits vorgeschlagenen Verfahren extrahiert und konzentriert (z. B. Patentschrift
28 o64, französ. Patent 636 825, Patent 546 66o, französ. Patent 668 935
und Zusatzpatent 37 o56, österr. Patentschrift ioo 721 usw.). Beispiel 2 Es sei
dieselbe Lösung wie im Beispiel i zu behandeln.
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Die angegebene Menge des Butylkresols wird durch ein Gemisch aus
500/, Butylkresol und 50°/o Toluol ersetzt. Man erhält nach dem Ausziehen
in einer Gegenstrombatterie das Lösungsmittel, das je Liter mit ioo g Teer, 2o g
Essigsäure und 3 bis 4 g Wasser beladen ist.
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Man behandelt dieses Gemisch mit Dampf, wobei das Toluol unter Mitnahme
der Essigsäure abgeschieden wird. Man kondensiert und schickt das Kondensat in einen
Scheider. In der unteren Schicht gewinnt man die Essigsäure zurück und in der oberen
Schicht das säurefreie Toluol, das von neuem bei einem weiteren Extraktionsvorgang
benutzt werden kann.
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Das von seinem Toluol und seiner Säure befreite Butylkresol wird überhitzt
und einer zweiten Dampfdestillation unterworfen, wodurch es von den Teeren getrennt
wird. Das teerfreie Butylkresol kann dann bei einem neuen Extraktionsvorgang benutzt
werden, nachdem es mit dem, wie vorstehend angegeben, zurückgewonnenen Toluol wieder
gemischt worden ist. Die entteerte Essigsäure wird dann, wie es im Beispiel i angegeben
ist, weiterbehandelt.
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Das oben beschriebene Verfahren besteht also zusammengefaßt darin,
daß in einem ersten Arbeitsgang durch ein geeignetes Lösungsmittel, nämlich ein
gutes Lösungsmittel für die Teere, aber ein schlechtes Lösungsmittel für die Essigsäure,
alle Teere entfernt werden, die sich beim zweiten Arbeitsgang in dem zweiten Lösungsmittel
lösen könnten, das ein gutes Lösungsmittel für die Essigsäure ist und das in den
zurückbleibenden Wässern die Teere zurückläßt, die in den beiden Lösungsmitteln
unlöslich gewesen sind.
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Es wurde nun gefunden, daß an Stelle von zwei verschiedenen Lösungsmitteln
auch nur ein einziges Lösungsmittel für die beiden aufeinanderfolgenden Arbeitsgänge
des Verfahrens benutzt werden kann.
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Es wurde nämlich festgestellt, daß gewisse Lösungsmittel äußerst ungleiches
Lösungsvermögen gegenüber der Essigsäure einerseits und den Teeren andererseits
besitzen. Wenn beispielsweise Amylacetat betrachtet und als Einheit das Volumen
der zu behandelnden Holzessigsäurelösung angenommen wird, so ergibt sich, daß ungefähr
0,25 Volumen zum Ausziehen der Teere genügen, während zum Ausziehen der Essigsäure
ungefähr vier Volumina angewendet werden müssen. Die in den beiden Arbeitsgängen
anzuwendenden Lösungsmittelmengen, vorausgesetzt, daß sie durch systematische Waschung
durchgeführt werden, stehen also unter sich im Verhältnis von 1 zu 16.
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Daraus folgt, daß das Lösungsmittelvolumen, das durch die Teere verunreinigt
werden wird und infolgedessen zu regenerieren sein wird, nicht mehr als den 17.
Teil des in den beiden Arbeitsgängen gebrauchten gesamten Lösungsmittelvolumens
beträgt.
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Es ist also ersichtlich, daß die Dampfersparnis bedeutend ist im Vergleich
zu dem Dampf, der erforderlich gewesen wäre, wenn man, an Stelle die beiden aufeinanderfolgenden
Arbeitsgänge durchzuführen, in einem Arbeitsgang die Essigsäure durch dasselbe Lösungsmittel
unmittelbar auszuziehen gesucht hätte.
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Es wurde ganz allgemein festgestellt, daß die Essigsäureester, die
schon lange als Lösungsmittel für Essigsäure bekannt sind (Patentschrift 28 o64
und französ. Patentschrift 6o5 zo8), sehr ungleiche Lösungsvermögen gegenüber den
Teeren einerseits und der Essigsäure andererseits besitzen. Aber es konnten auch
mit Erfolg Ketone benutzt werden, und zwar entweder fette, wie Mesityloxyd, Butyron
und andere, oder aromatische, wie die Cy clohexanone und andere.
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Die Gemische dieser Lösungsmittel unter sich oder mit anderen Lösungsmitteln
können bei der Behandlung gewisser Holzessige von Vorteil sein.
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Man bleibt im Rahmen der Erfindung, wenn, an Stelle mit Holzessiglösungen
zu arbeiten, die Holzessige im Dampfzustand behandelt werden. Ebenso bleibt man
im Rahmen der Erfindung, wenn die Verfahren ganz oder teilweise unter anderen Drücken
als dem Atmosphärendruck durchgeführt werden.
Beispiel 3 Es sei
ein Holzessig, der 150 g Säure und 56 g Teer je Liter enthält, zu entteeren; man
benutzt eine Menge Äthylacetat, die etwa i/4 des Volumens des Holzessigs beträgt.
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Es soll angenommen werden, daß die Extraktion in einer Batterie durchgeführt
wird, wie sie in dem französ. Patent 671487, beschrieben ist. Am Ausgang
der Batterie enthält das Lösungsmittel je Liter 142 g Teer und 12,5 g Essigsäure.
Andererseits enthält der ablaufende Holzessig noch 69,4 g Säure je Liter, aber er
enthält keine Spur Teer mehr, die eine frische Menge Äthylacetat verunreinigen könnte.
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Man gewinnt die Säure aus dieser Lösung, indem man sie mit einer neuen
Menge Äthylacetat beispielsweise nach dem in dem französ. Patent 636 8z5 angegebenen
Verfahren behandelt.
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Das mit Teer und Essigsäure beladene Lösungsmittel wird in folgender
Weise weiterbehandelt-Man vertreibt zunächst durch Destillation das Äthylacetat,
das zurückgewonnen und bei einer späteren Operation wieder benutzt werden kann.
Es bleibt ein Gemisch aus Essigsäure und Teer zurück. Man vertreibt die Essigsäure
durch Abblasen mit dem Dampf eines Kohlenwasserstoffes, beispielsweise eines ausgewählten
Benzins, das zwischen 94 und 1o4° siedet.
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Die obigen Beispiele sind nur zur Veranschaulichung des Verfahrens
angeführt und können in verschiedener Weise abgeändert werden, ohne dadurch den
Rahmen der Erfindung zu verlassen.