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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Schützen von beweglichen Objekten gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie einen verschießbaren Tauschkörper gemäß Anspruch 11.
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Die Bedrohung durch moderne, autonom operierende Flugkörper wird vermutlich in Zukunft noch zunehmen, da selbst Flugkörper mit modernsten Zielsuchsystemen durch die politische Umgestaltung der ehemaligen Sowjetunion sowie aufgrund von großzügigen Exportbestimmungen asiatischer Staaten, wie beispielsweise China und Taiwan, große Verbreitung finden.
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Die autonomen Zielsuchsysteme von Flugkörpern arbeiten hauptsächlich im Radarbereich (Radiofrequenzbereich). Dabei wird das Radar-Rückstreuverhalten von Zielen, wie beispielsweise Schiffen, Flugzeugen, Panzern, Gebäuden, zur Zielfindung und Zielverfolgung genutzt.
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Bei modernen radiofrequenzgelenkten Lenksuchflugkörpern geht der Trend eindeutig zu sogenannten intelligenten Zielsuchsystemen, um eine verbesserte Falschzielunterscheidung durchführen zu können. Dabei nutzen diese Zielsuchsysteme diejenigen Zieleigenschaften, die sich besonders von Falschzielen unterscheiden. Die Bildfolge in den 1a–1c stellt drei besondere Zieleigenschaften von Echtzielen im Vergleich mit Tauschkörpern schlechter Qualität und den Anforderungen an effektive Täuschkörper dar.
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In 1a ist die sogenannte omnipolare Eigenschaft eines Echtzieles dargestellt. Omnipolarität bedeutet, daß ein Echtziel sowohl unter vertikaler als auch unter horizontaler Polarisation das gleiche Rückstreuvermögen aufweist. Standardtäuschkörper, die beispielsweise auf Dipolen basieren, weisen jedoch ein etwa viermal so hohes Rückstreuvermögen unter horizontaler Polarisation auf als unter vertikaler und sind somit von einem intelligenten Lenkflugsuchkörper deutlich von einem Echtziel zu unterscheiden.
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In 1a stellt die gestrichelte Kurve das Radarecho als Funktion des Ortes bei vertikaler Rückstreuung dar, während die durchgezogenen Kurven das Rückstreuvermögen unter horizontaler Polarisation darstellen.
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Wie der Vergleich eines realen Objektes, beispielsweise eines Schiffs in 1a mit dem Radarecho eines effektiven Täuschkörpers zeigt, sollten beide Echokurven möglichst nahe beieinander liegen.
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1b zeigt einen Vergleich eines Echtzieles mit einem eingeführten Standardtäuschkörper und einem effektiven Tauschkörper im Entfernungsdiagramm ”Kanten” zu bilden. Hierbei spricht man auch von einer sogenannten Kantenaufschaltung. Diese Eigenschaft beruht darauf, daß es sich bei Echtzielen um hart abgrenzbare räumliche Objekte, wie zum Beispiel Schiffe, Panzer, Gebäude oder Flugzeuge, handelt, während die Standardtäuschkörper auf Dipolbasis lediglich eine diffuse räumliche Dichteverteilung aufweisen, die sich im Entfernungsdiagramm als Gaußkurvenähnliche Struktur ausbildet. Durch elektronische Differentiation über die Zeit (gleich der Laufzeit des Echos) lassen sich harte Kanten hervorheben, wohingegen sich diffuse Objekte unterdrücken lassen.
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Als eingeführte Standardtäuschkörper sind beispielsweise Düppel bekannt, welche im wesentlichen auf einer ausgestoßenen Wolke von radarreflektierenden Materialien, wie beispielsweise Metallfolien beruhen.
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Die
deutsche Offenlegungschrift 19617701 A1 der Rechtsvorgängerin der vorliegenden Anmelderin offenbart ein Verfahren zum Bereitstellen eines Scheinziels zum Schutz von Land-, Luft- oder Wasserfahrzeugen zur Abwehr von Flugkörpern, die im Infrarot- oder Radarbereich als auch einen in beiden Wellenlängenbereichen gleichzeitig oder seriell operierenden Zielsuchkopf aufweisen, wobei im IR-Bereich aussendende und eine RF-Strahlung rückstreuende-Wirkmasse in der richtigen Position als Scheinziel simultan zur Wirksamkeit gebracht werden.
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Insbesondere als Täuschkörper zum Schutz von Schiffen sind aufblasbare passive Radiofrequenzreflektoren, sogenannte Corner-Reflektoren, bekannt, welche als Schwimmkörper ausgebildet sind.
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Verfahrenstechnisch wird die Aufgabe durch die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst. In Bezug auf einen Tauschkörper wird die Aufgabe durch einen verschießbaren Tauschkörper gemäß Anspruch 11 gelöst.
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Der Kern der Erfindung liegt darin begründet, daß zum Schützen von beweglichen Objekten mittels eines entfaltbaren Tauschkörpers der zusammengefaltete Tauschkörper von dem zu schützenden Objekt aus verschossen wird und während des Schusses mit Gasen entfaltet wird.
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Vorzugsweise wird gemäß Anspruch 2 als Tauschkörper ein Radiofrequenzreflektor, insbesondere ein Radarreflektor, bevorzugt ein Winkelreflektor, vorzugsweise ein Radarreflektor mit acht Dreiflächenwinkelreflektoren (tri-hedrals), besonders bevorzugt ein Corner Reflektor; vorzugsweise in Form von Netzen oder Folien verwendet.
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Der Vorteil der Verwendung von Corner-Reflektoren liegt darin begründet, daß diese in zusammengefaltetem Zustand bereits erhältlich sind und zur Konstruktion der erfindungsgemäßen verschießbaren Tauschkörper eingesetzt werden können.
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Gemäß Anspruch 3 ist es besonders bevorzugt, daß der Tauschkörper durch Aufblasen mit heißen Gasen entfaltet wird. Zum Aufblasen sind gemäß Anspruch 4 sowohl pyrotechnische Gasgeneratoren, insbesondere Airbag-Gasgeneratoren. wie zum Beispiel beim Auto-Airbag verwendet, bevorzugt.
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Gemäß Anspruch 5 wird der Gasgenerator über ein pyrotechnisches Verzögerungselement und/oder eine Zündpille, vorzugsweise elektrisch gezündet.
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Damit die Tauschkörper möglichst lange in der Luft schweben, werden sie gemäß Anspruch 6 während des Verschusses mit Gasen gefüllt, die leichter als Luft sind, insbesondere mit Helium oder Neon, welche gemäß Anspruch 7 in einem Überdruckbehälter zur Verfügung stehen.
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Das in dem Überdruckbehälter enthaltene Auftriebsgas wird mittels einer Sprengladung während des Verschusses aus dem Überdruckbehälter freigesetzt und der Täuschkörper hierdurch entfaltet bzw. aufgeblasen.
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Gemäß Anspruch 9 ist es bevorzugt, daß der Tauschkörper nicht insgesamt ballonartig aufgeblasen wird, sondern von sogenannten Aufspannschläuchen entfaltet wird, welche vorzugsweise entlang zweier senkrecht aufeinanderstehender Meridiane einer Kugel sowie. über deren Äquatorialebene aufgespannt werden.
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Gemäß Anspruch 10 kann der Täuschkörper eine Schleppleine aufweisen, mit der er auf dem Boden oder auf der Wasseroberfläche, zum Beispiel an einer Boje verankert werden kann.
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Weitere Vorteile und Merkmale der vorliegenden Erfindung, ergeben sich aufgrund der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels sowie anhand der Zeichnung.
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Es zeigt:
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1a: einen Vergleich einer Echopolarisationsanalyse für ein Schiff, einen eingeführten Standardtäuschkörper sowie für einen effektiven Tauschkörper;
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1b: einen Vergleich einer sogenannten Radar-Kantenaufschaltung zwischen einem Schiff, einem eingeführten Standardtäuschkörper sowie einem effektiven Täuschkörper, sowie die Zeitableitungen des Echos, um die Kanten darzustellen;
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1c: eine zeitliche Zielanalyse im Vergleich zwischen einem Schiff, einem eingeführten Standardtäuschkörper sowie einem effektiven Täuschkörper;
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2: das Funktionsprinzip sowie den Innenaufbau der in der vorliegenden Erfindung verwendeten Tauschkörper;
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3: den prinzipiellen Funktionsablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens; und
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4: den prinzipiellen Aufbau eines erfindungsgemäßen verschießbaren Tauschkörpers.
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Damit ein Tauschkörper möglichst zielähnlich ist, muß er radarreflektierende Objekte aufweisen, welche keine oder möglichst wenige das natürliche Radarecho eines Objektes verändernde Einflüsse aufweisen. Plane Flächen kommen deshalb nicht in Frage, da sich ihr Rückstreuvermögen deutlich mit dem Aspektwinkel ändert. Winkelreflektoren, sogenannte Corner-Reflektoren, weisen alle notwendigen Rückstreueigenschaften auf und sind zudem über einen weiten Winkelbereich hinweg gleich gut reflektierend. Zusätzliche Voraussetzung für die Wirksamkeit ist die Plazierung des Reflektors in einer Höhe von ca. 10 m bis ca. 40 m über Grund oder über See zur Erhöhung des Radarhorizontes.
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Erfindungsgemäß wird ein aus acht dreiflächigen Winkelreflektoren, sogenannten tri-hedrals zusammengesetzter aufblasbarer Reflektor, der sich durch Gasdruck von einem zusammengefalteten Zustand in einen entfalteten, reflektierenden Zustand bringen läßt. Dies ist in 2, linke Hälfte unter dem Stichwort ”Funktionsprinzip” gezeigt.
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Zu diesem Zweck sind in dem Tauschkörper 1 radarreflektierende Folien oder Netze 2 in einem aufblasbaren Rahmen, vorzugsweise aus Aufspannschläuchen 3, oder in einem aufblasbaren Ballon derart angeordnet, daß nach dem Aufblasvorgang jeweils drei reflektierende Flächen in einem rechten Winkel zueinander aufgespannt werden. Die einfallende Radarwelle des Zielsuchkopfes wird an den reflektierenden Flächen zurückgestreut.
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An Aufblasaggregaten werden vorwiegend die aus Auto-Airbags bekannten Gasgeneratoren 4 eingesetzt, welche in der Lage sind, große Volumina an Gas innerhalb weniger Bruchteile von Sekunden mit Druck freizusetzen und die Tauschkörper 1 aufzublasen. Wird ein derartiger Aufblasmechanismus für den aufblasbaren Radarreflektor eingesetzt, so läßt sich durch die kurze Aufblaszeit erreichen, daß man den Radarreflektor während des Verschusses in einem weiter unten beschriebenen Munitionsbehälter durch einen Standardtäuschkörperwerfer entfalten kann. Nach dem Aufblasvorgang, der sich in einer Zerlegungshöhe von mindestens ca. 10 m, jedoch in nächster Nähe zum zu schützenden Objekt ereignet, sinkt der Reflektor dann langsam zu Boden und treibt mit dem Wind vom Objekt weg. Die Sinkgeschwindigkeit hängt dabei vom spezifischen Gewicht des Reflektors bzw. von der eingesetzten Gasart im Aufblasmechanismus ab. Sinkgeschwindigkeiten von ca. 1 m/s bis ca. 4 m/s sind bevorzugt, um eine optimale Separation von Reflektor und zu schützendem Objekt zu erzielen. Eine Wirkzeitverlängerung kann durch mehrfachen Verschuß von Reflektoren erreicht werden. Gegebenenfalls kann durch eine Schleppleine der Reflektor am Boden bzw. auf der Wasseroberfläche verankert werden. Die Separation erfolgt dann über die Eigenbewegung des zu schützenden Objektes.
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3 zeigt den prinzipiellen Funktionsverlauf einer Abwehrmaßnahme mit dem erfindungsgemäßen Verfahren, welches einen während des Verschusses aufblasbaren Täuschkörper 1 verwendet.
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Sobald der anfliegende Lenksuchkörper in geeigneter Entfernung vom zu schützenden Objekt – im Beispielsfalle ein Schiff – ist, wird der erfindungsgemäße Tauschkörper 1 verschossen und während des Verschusses entfaltet, so daß der anfliegende Lenksuchflugkörper vom Schiff abgelenkt wird und in Richtung auf den erfindungsgemäßen Täuschkörper 1, der in seinen Polarisationseigenschaften, seiner Kanteneigenschaften und seiner Fluktuationen dem Echtziell entspricht, abgelenkt und somit die Gefahr für das Schiff abgewendet.
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4 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Täuschkörpermunition 10 mit aufblasbarem Winkelreflektor. Die Täuschkörpermunition 10 wird in einem Standardtäuschkörperwerfer verschossen. Über eine Übertragungseinheit 11 wird nach dem Verschuß ein Gasgenerator 12 über eine Zündpille 13 und ein Verzögerungselement 14 gezündet, welche dann den zusammengefalteten Reflektor während des Verschusses durch Aufblasen entfalten.
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Voraussetzung für die Effizienz eines Winkelreflektors ist die rechtwinklige und glatte Anordnung der Reflektionsflächen. In 2, rechte Hälfte, ist ein Ausführungsbeispiel dargestellt, um eine möglichst hohe Ausbeute im Radarrückstreuverhalten erzielen zu können.
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Um Faltenbildung an den Reflektorflächen 5 zu vermeiden, bestehen diese aus mehr oder weniger dehnbaren, möglichst formstabilen Radarnetzen 2 oder Radarfolien, zum Beispiel aluminisierte Glasfasernetze.
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Diese Netze 2 bzw. Folien sind über dehnbare Aufspanngummis 6 oder direkt mit den Aufspannschläuchen 3 verbunden. Diese Aufspanngummis 6 sind im ungespannten Zustand kürzer als der Innendurchmesser der Aufspannschläuche 3 und sorgen so dafür, daß Zugkraft auf die Netze 2 bzw. Folien ausgeübt wird, um diese aufzuspannen.
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Die Zugkraft in den Aufspanngummis 6 wird durch die aufblasbaren Aufspannschläuche 3 erzeugt, wobei deren Innendurchmesser im aufgeblasenen Zustand größer sein muß als die Summe der Durchmesser aus Netzen 2 bzw. Folien und ungespannten Aufspanngummis 6. Dabei ist es von Vorteil, wenn die Aufspannschläuche 3 aus nicht dehnbaren Material bestehen, um eine definierte Aufspannzugkraft zu erzeugen. Die Aufspannzugkraft ist dabei proportional zur Durchmesserdifferenz, multipliziert mit der Federkonstante der Aufspanngummis 6.
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Die Aufspannschläuche 3 werden entweder durch eine Gaspatrone oder durch einen pyrotechnischen Gasgenerator 4 aufgeblasen. Um diesen aufblasbaren Winkelreflektor in das Kaliber typischer Täuschkörpermunition integrieren zu können (ca. 76 mm–130 mm Außendurchmesser), bietet sich der Einsatz von Airbag-Gasgeneratoren als bevorzugte Ausführungsform an. Für den Einsatz beispielsweise in einer 81 mm-Täuschkörpermunition 10 eignet sich zum Beispiel der Gasgenerator 12 der Firma Dynamit Nobel ”Fahrer-Gasgenerator SFG” mit SINCO® Gas-Erzeuger mit einem Außendurchmesser von 80 mm und einer Länge von 38 mm. Dieser erzeugt in einem Volumen von 65 Litern einen Druck von ca. 2 bar, 60 ms nach Zündung des Gas-Erzeugers. Für den Einsatz in einer Täuschkörpermunition 10 erfolgt die Anzündung über ein pyrotechnisches Verzögerungselement 14 oder über eine Zündpille 13.
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Der erfindungsgemäße Tauschkörper 1 weist folgende Eigenschaften auf:
- – Durchmesser der Kreisflächen: ca. 1,5 m
- – Standzeit: ca. 35 sec
- – Packvolumen: Durchmesser × Länge ca. 80 mm × 200 mm (ohne Gasgenerator/Gaspatrone)
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Tauschkörper
- 2
- Netze
- 3
- Aufspannschläuche
- 4
- Gasgeneratoren
- 5
- Reflektorflächen
- 6
- Aufspanngummis
- 10
- Täuschkörpermunition
- 11
- Übertragungseinheit
- 12
- Gasgenerator
- 13
- Zündpille
- 14
- Verzögerungselement