DE19727684C2 - Verwendung zur Abstützung eines Fahrzeugsitzes gegenüber dem Fahrzeugboden bzw. dem Sitzunterbau - Google Patents
Verwendung zur Abstützung eines Fahrzeugsitzes gegenüber dem Fahrzeugboden bzw. dem SitzunterbauInfo
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Description
Die Erfindung besteht in der Verwendung einer Feder aus zu
mindest teilweise einer Formgedächtnislegierung nach den
Merkmalen des Patentanspruchs.
Zur Darstellung der Dämpfungseigenschaft von bisher verwende
ten, nicht aus Gedächtnislegierungsmaterial bestehenden Fe
dern dient unter anderem ein Diagramm, in dem eine Vergröße
rungsfunktion V über den Schwingungsanregungsfrequenzen eines
Fahrzeugsitzes aufgetragen ist (lineares Schwingungssystem).
Die vorgenannte Vergrößerungsfunktion V ist ein Maß dafür,
wie stark ein Sitz die eingeleiteten Schwingungen verstärkt
oder abschwächt. Bei einer Anregung mit nur einer einzigen
Frequenz entspricht sie dem Amplitudenverhältnis von Schwin
gungsantwort und -anregung des Systems. Ein Verhältnis von < 1
bedeutet eine Vergrößerung der Amplitude, ein Verhältnis von
< 1 dagegen eine Verminderung derselben.
Ein vorgenanntes Diagramm ist in der Zeichnung dargestellt.
Dort zeigt
Fig. 1 eine Vergrößerungsfunktion eines Fahrzeugsitzes mit
unterschiedlichen Sitzfederungen/-dämpfungen.
In dem Diagramm ist auf der Ordinate aufgetragen V = Vergrö
ßerungsfunktion und auf der Abszisse f = Schwingungsfrequenz.
Die Dimensionen V und f sind jeweils in eckigen Klammern in
dem Diagramm angegeben.
Eingetragen sind insgesamt 3 Kurven für drei unterschiedliche
Sitzfederungen. Die Kurve 1 stellt eine Sitzfederung mit
niedriger Dämpfung dar, während die Kurve 2 eine Sitzfederung
mit hoher Dämpfung wiedergibt. Die Federungen für die Kurven
1 und 2 bestehen aus in der Sitzfederung gebräuchlichen Mate
rialien wie Federstahl, Polyurethanschaum etc.. Die Kurven in
dem Diagramm zeigen, daß der Fahrzeugsitz im Niederfrequenz
bereich (hier bis ca. 5 bis 6 Hz) die Fahrzeugbewegungen ver
stärkt und sie bei höheren Frequenzen abschwächt. Im Bereich
der Eigenfrequenz des Sitzes (üblicherweise zwischen 2 Hz und
4 Hz) kommt es zu einer besonders großen Verstärkung der An
regung. Man bezeichnet die Anregungsverstärkung auch als Re
sonanzüberhöhung und die Eigenfrequenz fe auch als kritische
Frequenz fkrit. Dementsprechend wird der Frequenzbereich dar
unter als unterkritisch und darüber hinaus als überkritisch
bezeichnet. Der Punkt, an dem die Schwingung vermindert wird,
das heißt V ≦ 1 liegt bei F = √2 fkrit. Ab diesem Punkt be
ginnt der Dämmbereich. Die Dämmung sagt aus, wie stark eine
Schwingung im überkritischen Frequenzbereich abgeschwächt
bzw. gedämmt wird. Sie kann in dem gezeigten Diagramm
(überkritischer Bereich) als Abstand zwischen den Kurven und
der V = 1-Linie definiert werden.
Bei einer Federung mit relativ hoher Dämpfung, wie sie durch
die Kurve 2 gezeigt ist, kommt es im Resonanzbereich zu einer
geringen Amplitudenerhöhung. Im überkritischen Bereich fällt
die Vergrößerungsfunktion jedoch weniger stark ab als bei ei
nem schwach gedämpften Sitz, dessen Schwingungsverhalten
durch die Kurve 1 in dem Diagramm wiedergegeben ist. Hat die
Federung eines Sitzes entsprechend der Kurve 1 eine relativ
geringe Dämpfung, ist die Resonanzüberhöhung verhältnismäßig
groß; die Dämmung der Schwingung im überkritischen Frequenz
bereich jedoch deutlich besser. Je stärker die Dämpfung eines
solchen schwingungsfähigen Systems ist, desto geringer ist
seine Dämmung und umgekehrt.
Es besteht somit ein Zielkonflikt bei der Auslegung einer
Sitzfederung. Angestrebt wird eine möglichst optimale Vergrö
ßerungsfunktion über den gesamten Frequenzbereich, das heißt
eine hohe Resonanzdämpfung bei gleichzeitig hohen Dämmungs
werten. Dies ist jedoch aufgrund der physikalischen Gesetzmä
ßigkeiten bei den bisher verwendeten Federwerkstoffen nicht
möglich. Deshalb stellt bisher jede Sitzfederung/Dämpfung ei
nen Kompromiß dar, der sich nach der jeweiligen Auslegungs
philosophie des Sitzentwicklers richtet.
Hier eine Verbesserung zu schaffen, ist das Problem, mit dem
sich die Erfindung beschäftigt und die sie durch die Verwen
dung eines Federmaterials nach den Merkmalen des Patentanspruchs löst.
Das Schwingungsverhalten eines Sitzes mit einer erfindungsge
mäß verwendeten Feder zeigt in dem Diagramm der Fig. 1 die
Kurve 3. Aus dem Vergleich mit den beiden anderen zuvor er
läuterten Kurven 1 und 2 sorgt die Feder aus dem erfindungs
gemäß verwendeten Material eindeutig für ein besseres Schwin
gungsverhalten. So liegt insbesondere eine relativ niedrige
Resonanzüberhöhung und trotzdem eine große Dämmung im über
kritischen Bereich vor. Dieses Schwingungsverhalten stellt
gegenüber den bisher mit üblichen Sitzfederungssystemen er
reichbaren Verhalten eine erhebliche Verbesserung dar.
Zur Erläuterung der Wirkung des verbesserten Schwingungsver
haltens werden nachstehend diejenigen Eigenschaften einer
Formgedächtnislegierung einer näheren Betrachtung unterzogen,
die dieses günstige Verhalten ermöglichen.
Formgedächtnislegierungen besitzen einen Formgedächtnisef
fekt, bei dem zwischen einem thermischen und einem mechani
schen Formgedächtnis zu unterscheiden ist. Der mechanische
Formgedächtniseffekt wird im technischen Sprachgebrauch Su
per- oder Pseudoelastizität genannt und stellt die Eigen
schaft des Werkstoffs dar, sich reversibel bis zu hohen Deh
nungen elastisch verformen zu lassen. Die hierbei zu errei
chenden Dehnungen betragen bis zu 10% der Ausgangslänge und
übertreffen damit die Dehnung von Stählen beispielsweise um
das vierzigfache.
Die Erfindung macht von der Besonderheit von Formgedächtnis
legierungen Gebrauch, die in einem hohen Dämpfungsvermögen
dieses Werkstoffs besteht, wenn der Werkstoff bei Betrieb
stemperatur austenitischen Gefügezustand besitzt.
Wird eine Formgedächtnislegierung im austenitischen Gefüge
Zustand mechanisch verformt, zeigt sich zu Beginn ein line
arelastisches Verhalten. Ab einer gewissen Grenzspannung
setzt jedoch die Bildung von spannungsinduzierten Martensit
ein. Die Umwandlung von Austenit- in Martensitgefüge voll
zieht sich bei fast konstanter Spannung (unter einachsiger
Beanspruchung), wobei der Martensitanteil proportional zur
Verformung ansteigt. Dieser Umwandlungsbereich wird als Mar
tensitplateu und die Spannung, bei der sich das Gefüge umwan
delt als Plateauspannung bezeichnet. Ist das Gefüge vollstän
dig umgewandelt, nimmt die Spannung wieder zu. Oberhalb der
Plateauspannung liegt der Werkstoff immer vollkommen marten
sitisch vor. Der spannungsinduzierte Martensit weist viele
innere Grenzflächen und damit eine hohe Werkstoffdämpfung
auf.
Bei einer Entlastung aus dem Martensitplateau führt die hohe
Werkstoffdämpfung zur Bildung einer Hystereseschleife. Da die
Austenit- Martensit-Umwandlung eine gewisse (konstante) Zeit
benötigt, liegt in diesem Bereich des Martensitplateaus eine
Frequenzabhängigkeit der Dämpfung vor. Bei höheren Frequenzen
reagiert der Werkstoff zu träge, um synchron zur stetigen Be-
und Entlastung umzuwandeln. Er wandelt nur unvollständig um
und hat so einen größeren austenischen Gefügeanteil, der das
Dämpfungsverhalten verringert.
Über diese Frequenzabhängigkeit hinaus wird die erwünschte
Wirkung auch noch dadurch unterstützt, daß im Resonanzbereich
relativ große, im Dämmungsbereich relativ kleine Amplituden
anliegen, die im Resonanzbereich die Gefügeumwandlung för
dern, im Dämmungsbereich dagegen nicht.
In der Zeichnung ist zur Erläuterung ein Diagramm angegeben.
Hier zeigt
Fig. 2 ein Diagramm zu dem schematischen Spannung- Dehnungs
verhalten einer Formgedächtnislegierung im austeniti
schen Temperaturbereich.
Mit Erreichen der Proportionalitätsgrenze Rp in dem darge
stellten Diagramm beginnt der Bereich der plastischen Defor
mation. Bis zu diesem Punkt ist innerhalb des Martensitpla
teau-Bereiches eine elastische Verformung theoretisch völlig
reversibel unter Vernachlässigung unvermeidlicher Setzeffek
te. Dieses Verhalten wird als Super- bzw. Pseudoelastizität
bezeichnet. In Anlehnung an den bekannten thermischen Formge
dächtniseffekt wird hier auch von einem mechanischen Formge
dächtniseffekt gesprochen.
Der Vorgang einer spannungsinduzierten Martensitbildung kann
nur bis zu einer oberen Temperaturgrenze Md (Martensit-
Destruction-Temperatur) stattfinden. Oberhalb dieser Tempera
tur ist die Bildung von Martensit generell nicht möglich, so
daß der Werkstoff in diesem Bereich immer austenitisch vor
liegt.
Eine Formgedächtnislegierung besitzt im Bereich der span
nungsinduzierten Martensitbildung ein großes Dämpfungspoten
tial. Die Dämpfung ist dabei frequenzabhängig.
Bei vollständiger Entlastung bei einem Schwingungszyklus im
spannungsinduzierbaren Martensitbereich (Martensitplateau in
Fig. 2) ist der erzielbare Dämpfungseffekt am größten. Dabei
findet ein exponentieller Abfall der Dämpfung mit steigender
Frequenz statt. Beim Einsatz von austenitischen Formgedächt
nislegierungen zu Dämpfungszwecken läßt sich theoretisch das
gesamte Martensitplateau (ca. 8% Dehnung bei Zug - und 10
Schiebung bei Torsionsbeanspruchung bei beispielsweise einer
Formgedächtnislegierung aus NiTi) bei der Auslegung einer Fe
der als Dämpfungselement nutzen. Da jedoch mit steigender
Dehnung die Effektstabilität und die Dauerfestigkeit stark
nachlassen, ist der praktisch nutzbare Dehnungsbereich be
grenzt. Für praxistaugliche Federn aus Formgedächtnislegie
rungen sind Dehn- bzw. Schiebungsraten bis max. 2% als rea
listisch anzusehen.
Eine untere Grenze für den anwendbaren Dehnungsbereich bei
zugbeanspruchten Formgedächtnis-Dämpfungselementen stellt der
Beginn der Bildung von spannungsinduzierten Martensit bei ca.
1% Dehnung dar. Der linearelastische Bereich unterhalb des
Martensitplateaus ist für Dämpfungsanwendungen nicht direkt
nutzbar. Das hohe Dämpfungsvermögen unter Zugspannung kann
deshalb nur in Anwendungsfällen, bei denen eine hohe stati
sche Grundlast vorliegt, ausgenutzt werden. Zusätzlich aufge
brachte dynamische Betriebslasten würden dann gut gedämpft
werden.
Die Dämpfungswirkung von Federn aus austenitischen Formge
dächtnislegierungen beruht generell auf der Dämpfungswirkung
des spannungsinduzierten Martensitgefüges. Das Austenitgefüge
selbst verfügt über keine nennenswerte Werkstoffdämpfung. Der
Dämpfungseffekt des spannungsinduzierten Martensits arbeitet
frequenz- und amplitudenabhängig, so daß Federn mit Frequenz
selektierter Dämpfung aus Formgedächtnislegierungen herstell
bar sind. Die bei einer erfindungsgemäßen Feder vorhandene
relativ geringe schwingungsdämmende Eigenschaft im überkriti
schen Bereich entsprechend der Fig. 1 erklärt sich insbeson
dere daraus, daß bei hohen Frequenzen der Martensitplateaube
reich in dem Diagramm nach Fig. 2 nur in sehr geringem Maße
reversibel durchlaufen wird, wodurch nur eine geringe Ver
lustarbeit auftritt, was wiederum einer geringen Dämmung ent
spricht.
Die Federkennlinie einer erfindungsgemäß verwendeten Feder
aus einer Formgedächtnislegierung ist stets degressiv. Eine
nahezu lineare Federkennlinie läßt sich jedoch durch Paral
lelschaltung mit einer linearen Stahlfeder erreichen. Bei
parallelgeschalteten Federn findet eine Mittelbildung der
Einzeldämpfungen der beiden Federn statt, wobei die Stahlfe
der die Gesamtdämpfung der Federpaarung reduziert.
Durch entsprechende geometrische Auslegung der Federn kann
aber auch eine durchaus erwünschte progressive Kennung des
Federungssystems erreicht werden.
Formgedächtnislegierungen als Material für metallische Dämp
fungskörper sind bereits in DE 42 28 847 C1 vorgeschlagen
worden. Bei diesen Dämpfungskörpern handelt es sich jedoch
nicht um Federn, wie sie zur Abstützung von Fahrzeugsitzen
auf dem Fahrzeugboden bzw. Sitzunterbau üblicherweise einge
setzt werden.
Darüber hinaus sind auch bereits Federkerne für Polster, in
Sitzmöbeln oder Matratzen, auch mit Bezug auf Fahrzeugsitze
aus Formgedächtnislegierungen in DE 42 00 553 C2 vorgeschla
gen worden. Allerdings kam es dort auf eine dämpfende Eigen
schaft dieser Federn nicht an, weshalb aus jenem Stand der
Technik keine Anregungen zur Verwendung der erfindungsgemäßen
Federn zur Abstützung eines Fahrzeugsitzes gegenüber dem
Fahrzeugboden bzw. Sitzunterbau abgeleitet werden können.
Ausführungsbeispiele für Anwendungen erfindungsgemäß bei
Fahrzeugsitzen eingesetzter Federn sind in der Zeichnung dar
gestellt.
Es zeigen jeweils schematisch und in Ansicht
Fig. 3 einen Fahrzeugsitz, der über seine Kissenschale 1
über ein vorderes Gelenk 2 gelagert ist und sich hin
ten über ein Paar Schraubenfedern 3 aus einer TiNi-
Legierung als Formgedächtnislegierung auf dem Fahr
zeugboden abstützt,
Fig. 4 einen Fahrzeugsitz nach Fig. 3, der hinten über eine
Blattfeder 4 aus einer Formgedächtnislegierung gegen
über dem Fahrzeugboden abgestützt ist,
Fig. 5 einen Fahrzeugsitz nach Fig. 3 mit hinteren Federn
aus einem Zugdraht 5 aus einer Formgedächtnislegie
rung, wobei der Zugdraht 5 über Umlenkrollen 6 ver
läuft, um mit einer relativ großen Länge wirken zu
können,
Fig. 6 einen Fahrzeugsitz mit einer Abstützung auf dem Fahr
zeugboden über vorne und hinten angebrachte Torsions
federn 7, die an jeweils den Fahrzeugsitz auf dem
Fahrzeugboden abstützenden Schwingen angebracht sind.
Eine Sitzabstützung mit derartigen Schwingen - ohne
die erfindungsgemäß vorgesehenen Torsionsfedern - ist
in DE 44 03 506 A1 ausführlich beschrieben. Dort
dient die Abstützung über Schwingen zu einer Sitzhö
henverstellung. Die Ausführung mit den erfindungsge
mäßen Torsionsfedern aus einer Formgedächtnislegie
rung kann ebenfalls sitzhöhenverstellbar gestaltet
werden. Anstelle der Torsionsfedern 7 können auch
spiralförmige Drehfedern eingesetzt sein.
Als Federn nach der Erfindung eignen sich insbesondere
Schrauben-, Blatt-, Spiral- und Zugfedern.
Claims (1)
- Verwendung einer Feder (3, 4, 5, 7) zum Abstützen eines Kraft fahrzeugsitzes gegenüber dem Fahrzeugboden bzw. Sitzunterbau, die zumindest zum Teil aus einer Formgedächtnislegierung mit einem im Betriebstemperaturbereich der Feder austenitisch vor liegenden, spannungsinduziert in Martensit umwandelbaren Gefüge (Gefügebereich für Pseudoelastizitätseigenschaft der Formge dächtnislegierung) besteht.
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