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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie ein Computerprogramm zur Durchführung eines solchen Verfahrens. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Fahrassistenzsystem zur Vermeidung von Kollisionen eines Kraftfahrzeugs mit einem Hindernis in einem seitlichen Nahbereich des Kraftfahrzeugs oder zur Abschwächung von Folgen bei Kollisionen eines Kraftfahrzeugs mit einem Hindernis in einem seitlichen Nahbereich des Kraftfahrzeugs.
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Aus der
DE 10 2008 061 359 A1 ist eine Überwachungseinrichtung für ein Umfeld eines Kraftfahrzeugs bekannt, mit welcher ein am seitlichen Fahrbahnrand angeordnetes feststehendes Hindernis erfasst wird, wobei fortlaufend eine Position des erfassten Hindernisses bestimmt wird und durch eine Auswerteeinrichtung eine drohende Kollision zwischen dem Kraftfahrzeug und dem Hindernis erkannt wird. Wenn eine drohende Kollision des Kraftfahrzeugs mit dem Hindernis erkannt wurde, wird ein Warnsignal an den Fahrer des Kraftfahrzeugs übermittelt und gegebenenfalls ein Bremseingriff oder ein Lenkeingriff vorgenommen.
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EP 1 447 271 A2 zeigt eine Vorrichtung zur Überwachung des Nahbereichs eines Kraftfahrzeugs zur Vermeidung von Kollisionen mit Hindernissen, wobei eine Rechnereinheit einen Fahrschlauch des Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von einem erfassten Lenkwinkel und weiteren karosseriebezogenen Informationen berechnet. Zur Abwendung einer drohenden Kollision ist ein Aktuator zur automatischen Veränderung eines Lenkeinschlags oder zum automatischen Abbremsen des Kraftfahrzeugs vorgesehen.
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Aus der gattungsbildenden
DE 10 2008 012 685 A1 ist ein Kraftfahrzeug mit über ein Lenkrad lenkbaren Vorderrädern und über eine Stelleinrichtung unabhängig von den Vorderrädern lenkbaren Hinterrädern bekannt. Es ist eine Einrichtung zur Erfassung zumindest des seitlichen Fahrzeugumfelds und zur Bestimmung einer möglichen Kollision mit einem im Fahrzeugumfeld detektierten Hindernis während eines Park-oder Rangiervorgangs unter Berücksichtigung der anhand des gegebenen Stellwinkels der Vorder- und Hinterräder ermittelbaren Trajektorie. Die Stelleinrichtung ist nur bei Erfassung einer möglichen Kollision derart zum Verstellen der Hinterräder ansteuerbar, dass eine Kollision vermieden wird. Auch aus der
EP 1 908 660 A2 sowie der
DE 198 28 693 A1 ist eine solche Anordnung bekannt.
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Die bekannten Vorrichtungen wenden sogenannte Überlagerungslenkungen der Vorderräder an, bei welchen das Übersetzungsverhältnis zwischen Lenkradwinkel und Lenkwinkel variabel einstellbar ist. In Anbetracht der Tatsache, dass die Vorderräder sich in einem Winkelbereich von 30° lenken lassen, ist dies sicherheitstechnisch bedenklich, da zum Beispiel durch einen Programmierfehler eine sehr große Lenkwinkelabweichung eingestellt werden kann und der Fahrer unter Umständen nicht mehr in der Lage ist, diese auszugleichen.
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Offenbarung der Erfindung
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Die Lösung vorstehend genannten Problems erfolgt durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, durch ein Computerprogramm mit den Merkmalen des Anspruchs 8 sowie durch ein Fahrassistenzsystem mit den Merkmalen des Anspruchs 9. Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Erfindungsgemäß
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ist ein Verfahren zur Vermeidung von Kollisionen eines Kraftfahrzeugs mit einem Hindernis in einem seitlichen Nahbereich des Kraftfahrzeugs oder zur Abschwächung von Folgen bei Kollisionen eines Kraftfahrzeugs mit einem Hindernis in einem seitlichen Nahbereich des Kraftfahrzeugs vorgesehen, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- - Erfassen eines Hindernisses im seitlichen Nahbereich des Kraftfahrzeugs,
- - Ermitteln eines Fahrschlauchs des Kraftfahrzeugs,
- - Ermitteln einer Kollisionsgefahr an Hand des Fahrschlauchs des Kraftfahrzeugs und der Lage des Hindernisses oder der Lage und der Bewegung des Hindernisses und
- - Einstellen eines Lenkwinkels von Hinterrädern des Kraftfahrzeugs bei ermittelter Kollisionsgefahr, um dem Hindernis auszuweichen.
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Sollte ein Umfahren des Hindernisses nicht möglich sein, sollte also eine Kollision mit dem Hindernis nicht vermeidbar sein, wird vorgeschlagen, den Lenkwinkel der Hinderräder des Kraftfahrzeugs so einzustellen, dass eine Zeit bis zur Kollision, eine sogenannte TTC (time to collision), maximal ist, was dem Fahrer mehr Zeit lässt, noch rechtzeitig zu reagieren.
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Bevorzugt wird vorgeschlagen, das Kraftfahrzeug so zu navigieren, dass die Kollision des Kraftfahrzeugs mit dem Hindernis in einem Sollauftreffbereich am Kraftfahrzeug erfolgt, d. h. dass die Kollision an einer Stelle in der Kraftfahrzeugflanke auftritt, an welcher eine Reparatur vergleichsweise günstig ist, besonders bevorzugt im Bereich von Türen, etwa an der Beifahrertür und unter Vermeidung von Karosseriebestandteilen wie beispielsweise A-Säule, B-Säule, C-Säule oder D-Säule. Der Sollauftreffbereich kann beispielsweise einen Bereich an der Seitentür umfassen, wobei außerdem sicherheitshalber ein Saum, d. h. ein Abstand von einigen Zentimetern zur äußeren Kontur der Seitentür vorgesehen sein kann. Durch Beaufschlagen der Hinterräder mit einem Lenkmoment wird erreicht, dass sich das Kraftfahrzeugheck vom Hindernis wegbewegt. Der Lenkwinkel der Hinterräder des Kraftfahrzeugs wird dabei bevorzugt so eingestellt, dass hierdurch ein Ausweichen vor dem Hindernis erreicht wird. Dies kann beispielsweise so erfolgen, dass die Hinterräder maximal eingeschlagen werden, bis das Hindernis passiert ist.
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Besonders bevorzugt ist das Ausweichen vor dem Hindernis mit einem möglichst geringen Lenkeingriff verbunden. Gemäß bevorzugten Ausführungsformen der Erfindung sind daher Berechnungen vorgesehen, um einen optimalen Lenkwinkel der Hinterräder des Kraftfahrzeugs zu ermitteln und einzustellen. Der optimale Lenkwinkel für die Hinterräder des Kraftfahrzeugs soll möglichst klein sein und die Beaufschlagung der Hinterräder mit dem Lenkmoment soll die Kollision des Kraftfahrzeugs mit dem Hindernis vermeiden oder die Folgen der Kollision abschwächen. Bevorzugt ist, wenn bei dem optimalen Lenkwinkel für die Hinterräder das Kraftfahrzeug in einem definierten Abstand, beispielsweise 5 cm bis 50 cm, insbesondere 10 cm bis 20 cm an dem Hindernis vorbei navigiert wird.
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Besonders vorteilhaft ist es, den Abstand zum Hindernis oder den Abstand zum Hindernis und die relative Geschwindigkeit des Hindernisses zum Kraftfahrzeug periodisch, beispielsweise in Abständen zwischen 1 ms und 1 s, insbesondere zwischen 10 ms und 100 ms, beispielsweise mit Hilfe von Ultraschallsensoren, zu erfassen, und den Lenkwinkel der Hinterräder des Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von dem Abstand zum Hindernis oder vom Abstand zum Hindernis und von der relativen Geschwindigkeit des Hindernisses zum Kraftfahrzeug zu regeln. Die Regelung des Lenkwinkels ist insbesondere dann von Vorteil, wenn sich das Hindernis selbst bewegt. Auch in so einem Fall ist es dann möglich, das Kraftfahrzeug in einem definierten Abstand, beispielsweise 5 cm bis 50 cm, insbesondere 10 cm bis 20 cm an dem Hindernis vorbei zu navigieren.
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Das Verfahren kann nach einigen Ausführungsformen den Schritt umfassen, dass die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs festgestellt wird. Dabei kann vorgesehen sein, dass eine Ansteuerung der Hinterräder des Kraftfahrzeugs nur unterhalb einer definierten Geschwindigkeit, beispielsweise unterhalb von 20 km/h, bevorzugt unterhalb von 10 km/h, besonders bevorzugt unterhalb von 6 km/h erfolgen kann bzw. ausgeführt wird. Bei größeren Geschwindigkeiten können nämlich Manöver erfolgen, welche bedenklich für die Sicherheit umgebender Personen oder des Fahrers sein können, was zu vermeiden beabsichtigt wird.
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Weiterhin kann vorgesehen sein, die einstellbaren Lenkwinkel der Hinterräder für das Ausweichmanöver auf einen Maximalwert zu begrenzen, insbesondere auf maximal 3° bis 10° oder 3° bis 5°.
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Erfindungsgemäß wird weiterhin ein Computerprogramm vorgeschlagen, gemäß dem eines der hierin beschriebenen Verfahren durchgeführt wird, wenn das Computerprogramm auf einer programmierbaren Computereinrichtung ausgeführt wird. Bei dem Computerprogramm kann es sich beispielsweise um ein Modul zur Implementierung eines Fahrassistenzsystems oder eines Subsystems hiervon in einem Kraftfahrzeug handeln oder um eine Applikation für Fahrassistenzfunktionen, welche auf einem Smartphone ausführbar ist. Das Computerprogramm kann auf einem maschinenlesbaren Speichermedium gespeichert werden, etwa auf einem permanenten oder wiederbeschreibbaren Speichermedium oder in Zuordnung zu einer Computereinrichtung oder auf einer entfernbaren CD-Rom, DVD oder einem USB-Stick. Zusätzlich oder alternativ kann das Computerprogramm auf einer Computereinrichtung wie etwa auf einem Server zum Herunterladen bereitgestellt werden, z.B. über ein Datennetzwerk wie das Internet oder eine Kommunikationsverbindung wie etwa eine Telefonleitung oder eine drahtlose Verbindung.
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Weiterhin wird ein Fahrassistenzsystem vorgeschlagen zur Vermeidung von Kollisionen eines Kraftfahrzeugs mit einem Hindernis in einem seitlichen Nahbereich des Kraftfahrzeugs oder zur Abschwächung von Folgen bei Kollisionen eines Kraftfahrzeugs mit einem Hindernis in einem seitlichen Nahbereich des Kraftfahrzeugs, umfassend:
- - eine Umgebungserfassungssensorik, die zur Erfassung des seitlichen Nahbereichs des Kraftfahrzeugs geeignet ist,
- - ein Hinderniserfassungsmodul zur Erfassung eines Hindernisses auf Basis der von der Umgebungserfassungssensorik erfassten Daten,
- - ein Modul zur Ermittlung eines Fahrschlauchs des Kraftfahrzeugs,
- - ein Modul zur Ermittlung einer Kollisionsgefahr des Kraftfahrzeugs mit dem Hindernis an Hand des Fahrschlauchs des Kraftfahrzeugs und der Lage des Hindernisses oder an Hand des Fahrschlauchs des Kraftfahrzeugs und der Lage und der Bewegung des Hindernisses,
- - ein Modul zur Berechnung von optimalen Lenkwinkeln und
- - ein Modul zur Steuerung einer Hinterradlenkung bei ermittelter Kollisionsgefahr des Kraftfahrzeugs mit dem Hindernis, das eingerichtet ist, den Lenkwinkel der Hinterräder des Kraftfahrzeugs derart einzustellen, dass eine Zeit bis zur Kollision maximal ist, falls eine Kollision mit dem Hindernis nicht vermeidbar ist.
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Das Fahrassistenzsystem ist zur Ausführung des oben beschriebenen Verfahrens geeignet. Das Fahrassistenzsystem ist im Prinzip mit weiteren Fahrassistenzsystemen, insbesondere mit Kollisionsvermeidungsassistenten, Parkassistenten, Spurhalteassistenten oder Rückfahrwarnassistenten kombinierbar. Insbesondere ist eine Integration in bestehende SDW-Systeme (so genannte Side-Distance-Warning-Systeme) oder FKP-Systeme (Flank-Protection-Systeme) vorgesehen, welche den Fahrer vor Hindernissen warnen, die sich neben dem Kraftfahrzeug befinden. Diese Systeme lassen sich leicht durch Softwareänderungen um die erfindungsgemäße Funktionalität ergänzen.
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Das Fahrassistenzsystem kann außerdem auf vorhandene Technik von aktiv steuerbaren Hinterradlenkungen aufsetzen. Bevorzugt nutzt das Fahrassistenzsystem bereits vorhandene Steuerungsmodule von Kraftfahrzeugen, welche eine aktiv steuerbare Hinterradlenkung aufweisen.
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Die Ansteuerung der Hinterräder erfolgt bevorzugt über einen CAN-Bus oder über einen Flexray-Bus.
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Vorteile der Erfindung
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Durch die vorgeschlagene Hinterradlenkung wird eine Möglichkeit geschaffen, einem Hindernis auszuweichen oder den Ort der Kollision des Kraftfahrzeugs mit dem Hindernis so festzulegen, dass etwaige Reparaturkosten am Kraftfahrzeug minimiert werden können. Eine fehlerhafte Systemausführung führt dagegen nicht zu einer unkontrollierbaren Sicherheitsbeeinträchtigung des Kraftfahrzeugführers und der weiteren Verkehrsteilnehmer.
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Weitere Ausführungsbeispiele und Vorteile der Erfindung werden nachfolgend mit Bezug auf die Zeichnungen beschrieben.
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Figurenliste
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Es zeigen
- 1 eine Situation mit einem Kraftfahrzeug und einem Hindernis in einem seitlichen Nahbereich des Kraftfahrzeugs in Draufsicht,
- 2 die Situation aus 1, wobei das Kraftfahrzeug zu zwei verschiedenen Zeitpunkten dargestellt ist,
- 3 die Situation aus 1, wobei das Kraftfahrzeug zu zwei verschiedenen Zeitpunkten dargestellt ist und ein erfindungsgemäßes Fahrmanöver ausführt,
- 4 eine schematische Darstellung funktionaler Komponenten eines erfindungsgemäßen Fahrassistenzsystems in einem Kraftfahrzeug,
- 5 ein Flussdiagramm, welches Teile des erfindungsgemäßen Verfahrens abbildet.
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1 zeigt eine Situation mit einem Kraftfahrzeug 1 und einem in einem seitlichen Nahbereich des Kraftfahrzeugs 1 angeordneten Hindernis 2. Während einer Vorbeifahrt 3 des Kraftfahrzeugs 1 an dem Hindernis 2 erfasst eine Umgebungserfassungssensorik 4, beispielsweise optische Sensoren, Ultraschallsensoren, Radarsensoren, Lidar-Sensoren oder Lasersensoren, das Hindernis 2, worauf ein SDW-System 5 (Side-Distance-Warning-System) einen Abstand 18 zum Hindernis und gegebenenfalls dessen Geschwindigkeit, einen eingestellten Lenkwinkel α der Vorderräder 6 des Fahrzeugs 1 und die Relativgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 1 zum Hindernis 2 bestimmt und die Situation mit dem Hindernis 2 auf Bestehen einer Kollisionsgefahr prüft. Manche SDW-Systeme bestimmen die Position des Hindernisses 2 auch dann noch weiter, wenn sich das Hindernis 2 gar nicht mehr im Erfassungsbereich 7 des Sensors 4 befindet, wie dargestellt. Hierzu wertet das SDW-Steuergerät 5 beispielsweise den eingestellten Lenkwinkel α der Vorderräder 6 und Wegstreckensensoren aus. Im dargestellten Fall sind die Vorderräder 6 nach rechts eingeschlagen. Das Kraftfahrzeug 1 fährt also eine Kurve, und das System 5 erkennt, dass eine Kollision mit dem zuvor erfassten Hindernis 2 ansteht.
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2 die Situation aus 1, wobei das Kraftfahrzeug 1 zusätzlich auch zu einem Zeitpunkt einer Kollision mit dem Hindernis 2 dargestellt ist. Eine erste Lage 8 des Kraftfahrzeugs 1 entspricht derjenigen, welche mit Bezug auf 1 beschrieben wurde. Eine zweite Lage 9 des Kraftfahrzeugs 1 zum Zeitpunkt der Kollision mit dem Hindernis 2 wurde von einem Kollisionsüberwachungsmodul an Hand von Daten eines Moduls zur Ermittlung eines Fahrschlauchs und der Lage des Hindernisses oder der Lage und der Geschwindigkeit des Hindernisses berechnet, wie näher mit Bezug auf 4 erläutert ist. Das Modul zur Ermittlung eines Fahrschlauchs berechnet an Hand der Lage 8, der Geschwindigkeit und der eingestellten Lenkwinkel α und β der Vorderräder 6 und der Hinterräder 14 des Kraftfahrzeugs 1 einen Fahrschlauch 10 des Kraftfahrzeugs 1, nämlich die vom Kraftfahrzeug 1 in einer definierten Zeit überstrichene Fläche. Dargestellt sind diesbezüglich beispielhaft Trajektorien 11a, 11b der Vorderecken 12a, 12b des Kraftfahrzeugs 1 und Trajektorien 13a, 13b der Hinterräder 14a, 14b des Kraftfahrzeugs 1.
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Ein Kollisionszeitpunkt kann dann gegeben sein, wenn das Hindernis 2 sich zu einem Zeitpunkt in dem berechneten Fahrschlauch 10 des Kraftfahrzeugs 1 befindet. Außerdem wird, soweit dies aus den empfangenen Signalen möglich ist, eine Bewegung 15 des erkannten Hindernisses 2 extrapoliert und eine potenzielle Trajektorie ermittelt. Ein Kollisionszeitpunkt kann darüber hinaus dann gegeben sein, wenn sich auf Grund der potenziellen Trajektorie des Hindernisses 2 prädizieren lässt, dass sich das Hindernis 2 zukünftig in dem berechneten Fahrschlauch 10 des Kraftfahrzeugs 1 befinden wird.
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3 zeigt die Situation aus 1, wobei das Kraftfahrzeug 1 die funktionalen Komponenten des erfindungsgemäßen Fahrassistenzsystems aufweist und dazu ausgebildet ist, das erfindungsgemäße Verfahren zur Vermeidung von Kollisionen oder zur Abschwächung von Folgen bei Kollisionen auszuführen. 3 zeigt die Situation aus 1, wobei das Kraftfahrzeug 1 zusätzlich auch zu einem späteren Zeitpunkt dargestellt ist. Eine erste Lage 8 des Kraftfahrzeugs 1 entspricht derjenigen, welche mit Bezug auf 1 beschrieben wurde. Eine zweite Lage 9' des Kraftfahrzeugs 1 wurde zu einem Zeitpunkt dargestellt, welcher dem Zeitpunkt der zweiten Lage 9 entspricht, die mit Bezug auf 2 beschrieben wurde. Eine Kollision mit dem Hindernis 2 hat nicht stattgefunden. Wie insbesondere mit Bezug auf die 4 beschrieben wird, ist vorgesehen, dass ein Kollisionsüberwachungsmodul ein Modul zur Ermittlung der Kollisionsgefahr triggert und letzteres einen Lenkwinkel β der Hinterräder 14 berechnet, bei welchem eine Kollision vermieden werden kann.
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Das Kraftfahrzeug 1 führt also ein Ausweichmanöver wie dargestellt durch. Dabei werden die Hinterräder 14 so eingeschlagen, dass sich das Kraftfahrzeugheck 22 vom Hindernis 2 weg bewegt. Ein Kraftfahrzeugdrehpunkt 17 des Lenkvorgangs mit Hinterachslenkung und ggf. mit Vorderachslenkung wird gegenüber einem Kraftfahrzeugdrehpunkt 16 lediglich mit Vorderachslenkung verschoben. In der Folge umfährt das Kraftfahrzeug 1 das Hindernis 2 mit einem gewissen Abstand 23.
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An dem Kraftfahrzeug 1 sind an dessen seitlicher Flanke 19 Sollauftreffbereiche 20, 21 definiert, welche hier beispielhaft dargestellt einen ersten Sollauftreffbereich 20 in der vorderen Seitentür und einen zweiten Sollauftreffbereich 21 in der hinteren Seitentür des Kraftfahrzeugs 1 umfassen.
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Wenn das System feststellt, dass eine Kollision mit dem Hindernis 1 unvermeidlich ist, kann das System berechnen, mit welchen Lenkwinkeln β der Hinterräder 14 die Kollision am Kraftfahrzeug 1 in die Sollauftreffbereiche 20, 21 gelenkt wird. Alternativ dazu oder zusätzlich dazu kann das System für verschiedene Lenkwinkel β der Hinterräder 14 eine Zeit bis zur Kollision (TTC, „time to collision“) berechnen und den oder diejenigen Winkel β bestimmen, welche zu einer maximalen Zeit bis zur Kollision führen. Hierdurch wird dem Fahrer eine Gelegenheit gegeben, vor dem Hindernis 2 auszuweichen oder vor der Kollision das Fahrzeug zum Stillstand zu bringen.
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4 zeigt eine schematische Darstellung funktionaler Komponenten eines Fahrassistenzsystems, welches dazu ausgebildet ist, das erfindungsgemäße Verfahren auszuführen.
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Das Fahrassistenzsystem umfasst eine Umgebungserfassungssensorik 4, die optische Sensorsysteme, beispielsweise Monokular- oder Stereovideokameras, umfassen kann und/oder Ultraschallsensoren, Radarsensoren, Lasersensoren und/oder LIDAR-Sensoren. Die Signale der Umgebungserfassungssensorik 4 werden in einer Eingangsschaltung 40 empfangen. Die Eingangsschaltung 40 ist mit einem Bussystem 41, beispielsweise einem CAN-Bus oder einem Flexray-Bus, zum Datenaustausch mit einer Datenverarbeitungseinrichtung 42 verbunden. Die Umgebungserfassungssensorik 4 ist dazu geeignet, zumindest einen seitlichen Nahbereich eines Kraftfahrzeugs zu erfassen.
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Die Datenverarbeitungseinrichtung 42 umfasst ein Hinderniserfassungsmodul 43, welches Signale der Umgebungserfassungssensorik 4 empfängt und verarbeitet. Das Hinderniserfassungsmodul 43 ist dazu geeignet, eine Lage und bevorzugt auch eine Geschwindigkeit des Hindernisses zu ermitteln. Geeignete Verfahren hierzu sind bekannt. Aus der Lage und der Geschwindigkeit des Hindernisses kann eine Trajektorie des Hindernisses bestimmt werden, welche zur Bestimmung der Kollisionsgefahr verwendet werden kann.
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Die Datenverarbeitungseinrichtung umfasst weiterhin ein Modul 44 zur Ermittlung eines Fahrschlauchs des Kraftfahrzeugs. Das Modul 44 zur Ermittlung eines Fahrschlauchs des Kraftfahrzeugs verarbeitet Kraftfahrzeugdaten, insbesondere Lenkwinkeleinstellungen der Vorderräder und Hinterräder, die aktuelle Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs, odometrische Daten, GPS-Daten, Kraftfahrzeugmodelldaten wie Angaben zur Breite und/oder Länge der Karosserie, Achsbreite, Radabstand und/oder Achsabstand, Ort und Lage der Seitenflanken des Kraftfahrzeugs. Im Allgemeinen sind die Daten auf dem CAN-Bus und/oder auf dem Flexray-Bus oder auf höheren Protokollen verfügbar. Das Modul 44 zur Ermittlung des Fahrschlauchs des Kraftfahrzeugs berechnet also insbesondere den Ort und die Lage des Kraftfahrzeugs zu zukünftigen Zeitpunkten.
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Die Datenverarbeitungseinrichtung 42 umfasst darüber hinaus ein Kollisionsüberwachungsmodul 45. Das Kollisionsüberwachungsmodul 45 empfängt Daten des Moduls 44 zur Ermittlung des Fahrschlauchs des Kraftfahrzeugs und Daten des Hinderniserfassungsmoduls 43, welches dem Kollisionsüberwachungsmodul 45 Informationen über die Lage des Hindernisses, insbesondere den Abstand des Hindernisses zum Kraftfahrzeug zu bestimmten Zeitpunkten zuführt. Das Kollisionsüberwachungsmodul 45 kann insbesondere ein TTC-Modul umfassen, welches eine Zeit TTC bis zu einer bevorstehenden Kollision mit dem Hindernis errechnet. Das Kollisionsüberwachungsmodul 45 kann an weitere Module gekoppelt sein, die hier nicht dargestellt sind, welche eine Fahrerwarnung veranlassen können und/oder an Module, die eine automatische Bremsung des Kraftfahrzeugs herbeiführen können und/oder an Module, die einen Lenkwinkel der Vorderräder des Kraftfahrzeugs verändern können, um die Kollision mit dem Hindernis zu vermeiden.
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Die Datenverarbeitungseinrichtung 42 umfasst außerdem ein Modul 46 zur Ermittlung einer Kollisionsgefahr. Das Modul 46 zur Ermittlung der Kollisionsgefahr wird von dem Kollisionsüberwachungsmodul 45 getriggert. Sobald eine potentielle Kollision vom Kollisionsüberwachungsmodul 45 detektiert wurde, wird das Modul 46 zur Ermittlung der Kollisionsgefahr aktiv. Es steht im Datenaustausch mit dem Modul 44 zur Ermittlung des Fahrschlauchs des Kraftfahrzeugs und mit dem Hinderniserfassungsmodul 43, welches dem Modul 46 zur Ermittlung der Kollisionsgefahr Informationen über die Lage und Geschwindigkeit des Hindernisses, insbesondere den Abstand des Hindernisses zum Kraftfahrzeug zu bestimmten Zeitpunkten zuführt. Das Modul 46 zur Ermittlung der Kollisionsgefahr hat die Aufgabe, für verschiedene Hinterradlenkwinkel zu berechnen, ob eine Kollision mit dem Hindernis erfolgen wird und/oder an welchem Punkt des Kraftfahrzeugs das Hindernis auftreffen wird. Für die Berechnungen übergibt es insbesondere Angaben zum Hinterradlenkwinkel an das Modul 44 zur Berechnung des Fahrschlauchs. Es weist einen Algorithmus auf, welcher einen optimalen Lenkwinkel für die Hinterachse unter Nebenbedingungen wie Sollauftreffbereiche und Maximierung der TTC berechnet und der mit Bezug auf das Flussdiagramm in 5 näher erläutert wird. Das Modul 46 zur Ermittlung der Kollisionsgefahr kann für verschiedene Hinterradlenkwinkel Ausgabewerte zur Weiterverarbeitung bereitstellen, die Informationen darüber umfassen können, ob eine Kollision stattfindet oder nicht und weiterhin eine TTC und einen Auftreffpunkt am Kraftfahrzeug umfassen können.
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Die Datenverarbeitungseinrichtung umfasst außerdem ein Modul 47 zum Einstellen eines Lenkwinkels der Hinterräder des Kraftfahrzeugs. Das Modul 47 zum Einstellen des Lenkwinkels der Hinterräder des Kraftfahrzeugs empfängt insbesondere Daten des Moduls 46 zur Ermittlung der Kollisionsgefahr. Anhand dieser Daten steuert das Modul 47 zum Einstellen des Lenkwinkels der Hinterräder die Hinterräder an und stellt als Reaktion auf die drohende Kollision den optimalen Lenkwinkel der Hinterräder ein. Das Modul 47 zur Einstellung des Lenkwinkels der Hinterräder kann die Ansteuerung über einen Datenbus, insbesondere den CAN-Bus oder den Flexray-Bus vornehmen.
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Die Module können insbesondere so verwaltet werden, dass eine Regelung der Hinterradsteuerung auf Basis des aktuellen Abstands zum Hindernis und eines Sollabstands stattfinden kann, was bei beweglichen Hindernissen sinnvoll ist. Dabei ist eine direkte Kommunikation des Hinderniserfassungsmoduls mit dem Modul zur Ermittlung der Kollisionsgefahr vorteilhaft.
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5 zeigt ein Flussdiagramm, welches Teile des erfindungsgemäßen Verfahrens abbildet, mit Schritten, die insbesondere vom Modul zur Ermittlung der Kollisionsgefahr ausgeführt werden. Das Verfahren wird durch einen Schritt S0 in Gang gesetzt bei dem das Hindernis im seitlichen Nahbereich des Kraftfahrzeugs erfasst wird.
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In einem ersten Schritt S1 wird ein Lenkwinkel der Hinterräder initiiert. Der initiierte Lenkwinkel ist bevorzugt der maximal mögliche oder maximal zulässige Lenkwinkel, beispielsweise 10°, 5° oder 3°. In einem zweiten Schritt S2 wird der zu erwartende Fahrschlauch berechnet. In einem dritten Schritt S3 kann die Trajektorie des Hindernisses überprüft werden. In einem vierten Schritt S4 wird berechnet, ob eine Kollision mit dem Hindernis bevorsteht. In dem vierten Schritt S4 wird je nach Ergebnis bevorzugt auch berechnet, wann und an welchem Ort am Kraftfahrzeug eine Kollision stattfindet oder in welchem Abstand eine Passage an dem Hindernis erfolgt.
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Ist im vierten Schritt S4 keine Kollision errechnet worden und ist der Abstand zum Hindernis bei der Passage ausreichend groß, wird der Winkel als derzeit bester Winkel definiert. In einem fünften Schritt S5 wird ein Abbruchkriterium überprüft. Das Abbruchkriterium kann beispielsweise anhand des Winkels definiert werden, wenn also eine ausreichende Genauigkeit erreicht ist. Alternativ dazu oder zusätzlich dazu kann auch einfließen, ob ein sofortiges Handeln sinnvoll ist.
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Wird allerdings im vierten Schritt S4 festgestellt, dass bei dem berechneten Winkel eine Kollisionsgefahr besteht oder dass der Abstand, in welchem eine Passage an dem Hindernis erfolgt, zu gering ist, dann werden die berechnete Zeit bis zur Kollision der Auftreffpunkt an dem Kraftfahrzeug als derzeit beste Werte festgelegt. In dem fünften Schritt S5 wird als Abbruchkriterium überprüft ob die TTC maximal ist und ein Sollauftreffbereich getroffen wird.
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Ist das Abbruchkriterium im fünften Schritt S5 erfüllt, dann wird als Output des Verfahrens in einem sechsten Schritt S6 im Kollisionsfall der Winkel ausgegeben, mit dem die Hinterräder zu beaufschlagen sind, bei dem die Zeit bis zur Kollision maximal ist und eine Kollision in einem Sollauftreffbereich stattfindet, und im Falle, dass keine Kollision stattfindet der Winkel ausgegeben, mit dem die Hinterräder zu beaufschlagen sind, bei dem bei minimalem Lenkeingriff die Kollision vermieden wird.
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In einem weiteren Schritt S7 wird von dem Modul zum Einstellen eines Lenkwinkels der Hinterräder des Kraftfahrzeugs der Lenkwinkel der Hinterräder des Kraftfahrzeugs eingestellt, um dem Hindernis auszuweichen.
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Ist das Abbruchkriterium im fünften Schritt S5 nicht erfüllt, dann wird in einem achten Schritt S8 ein neuer Winkel angesetzt, mit welchem das Verfahren ab dem zweiten Schritt nochmal ausgeführt, d. h. iteriert wird. Das Verfahren kann dabei weiter im Intervallschachtelungsverfahren ablaufen oder ein sukzessives Abscannen der Winkel mit äquidistanten Schritten umfassen.
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Im Kollisionsfall ist bevorzugt die Intervallschachtelung vorgesehen und im Nichtkollisionsfall bevorzugt ein sukzessives Abscannen der möglichen Winkel mit äquidistanten Schritten, da im letzteren Fall ein Minimum der TTC gefunden werden muss. Bei der Intervallschachtelung wird der initiierte Winkel halbiert und die Berechnung mit dem halbierten Winkel durchgeführt. Wird weiterhin keine Kollision detektiert und ist der Abstand zum Hindernis bei der Passage ausreichend groß, dann wird der beste Winkel auf den halbierten Wert gesetzt. Wird allerdings die Kollisionsgefahr bejaht, dann wird auf das andere Intervall abgestellt. Dann wird die Rechnung wiederum mit einem das Intervall halbierenden Wert des Winkels ausgeführt und iteriert ausgeführt, bis das Abbruchkriterium erfüllt ist.
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Die Erfindung ist nicht auf die hier beschriebenen Ausführungsbeispiele und die darin hervorgehobenen Aspekte beschränkt. Vielmehr ist innerhalb des durch die Ansprüche angegebenen Bereichs eine Vielzahl von Abwandlungen möglich, die im Rahmen fachmännischen Handelns liegen.