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Die vorliegende Erfindung betrifft eine neue medizinische Indikation für Aldosteron-Rezeptor-Antagonisten.
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Eine Störung mit hypoaktiven sexuellen Verlangen (Hypoactive Sexual Desire Disorder, HSDD) ist die am häufigsten vorkommende weibliche sexuelle Dysfunktion. Zu den Symptomen bei dieser Störung gehört ein vermindertes sexuelles Verlangen (Libidoschwäche), Erregbarkeitsstörung sowie vaginale Trockenheit. Die Ursachen der weiblichen sexuellen Dysfunktion können in der Regel unterschiedlicher Natur sein (Beziehungsprobleme, orale Langzeit-Kontrazeption, Menopause, etc.) und es liegt nur eine geringe Anzahl der Therapieoptionen von nachgewiesenem Nutzen vor.
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Zu den Therapien bei HSDD gehört die Testosterongabe, die sowohl oral wie auch mit Hilfe eines transdermalen therapeutischen Systems, welches beispielsweise in
WO 96/35427 beschrieben ist, erfolgen kann. Zu Nebenwirkungen dieser Therapie gehört unter anderem ein unerwünschtes Haarwachstum mit männlichem Verteilungsmuster (Hirsutismus), wodurch die Akzeptanz dieser Therapie bei Patientinnen maßgeblich herabgesetzt wird.
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Des Weiterem kann auch eine topische und systemische Östrogenverabreichung die vaginale Lubrikation bei postmenopausalen Patientinnen mit vaginaler Atrophie verbessern. Allerdings, bewirkt diese Therapie keine konsistente Zunahme von Verlangen und Erregung.
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Eine weitere therapeutische Strategie zur Behandlung von weiblicher sexueller Dysfunktion beruht auf der Verwendung eines neuen nichthormonalen Wirkstoffs Flibanserin, welche in der Patentanmeldung
WO 03/035072 offenbart wurde. Flibanserin wirkt als ein Agonist am Serotonin-Rezeptor 5-HT
1A und als ein Antagonist am Rezeptor 5-HT
2A. Ergebnisse der klinischen Studien in der Phase III belegen unter anderem, dass sich eine Behandlung der HSDD mit Flibanserin bei postmenopausalen Patientinnen als effektiv erweist. Dennoch konnte Flibanserin aufgrund von häufig vorkommenden Nebenwirkungen wie Schwindelgefühl, Übelkeit und Ermüdung bisher nicht zugelassen werden.
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Laang et al. (Climacteric 2001, 1, 28–41) berichteten, dass eine therapeutische Behandlung mit dem Wirkstoff Tibolon postmenopausale vasomotorische Symptome lindert, ohne dass es gleichzeitig zu einer Stimulation von Endometrium kommt. Tibolon ist ein synthetischer Steroidwirkstoff, dessen Metaboliten östrogene, gestagene und androgene Effekte aufweisen. Eine Auswertung der Million Women Study (Lancet 2005, 365, 1543–51) deutet allerdings darauf hin, dass eine langjährige Einnahme von Tibolon mit ähnlichen Karzinomrisiken für Gebärmutter und Brust verbunden ist wie eine Therapie mit herkömmlichen Östrogenpräparaten. Des Weiteren führt die Behandlung mit Tibolon zu einem erhöhten Risiko von Rezidiven eines Mammakarzinoms.
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US 2003/0212139 offenbart, dass eine topische Prostaglandin-Verabreichung in Form eines Gels oder einer Salbe zu einer Erhöhung des weiblichen sexuellen Verlangens führt. Als Wirkstoffe für entsprechende Zubereitungen wurden in dieser Anmeldung die Prostaglandine PGE-1 und PGE-2 verwendet.
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Es ist ebenfalls bekannt, dass Symptome wie Libidoschwäche oft als Nebenwirkungen der steroidalen Aldosteron-Antagonisten auftreten. Diese Medikamente werden als Diuretika bei einem erhöhten Aldosteronspiegel eingesetzt und sind beispielsweise bei der Behandlung von chronischer Herzinsuffizienz, Nierenversagen, erhöhtem Blutdruck und bei einigen Lebererkrankungen zugelassen. Spironolacton (IUPAC-Name: 7α-Acetylthio-3-oxo-17α-pregn-4-en-21,17-carbolacton) ist der am häufigsten verwendete Vertreter dieser Wirkstoffklasse. Spironolacton-enthaltende Arzneimittel sind derzeit kommerziell erhältlich, unter anderem unter den Marken Aldactone®, Jenaspiron® und Osyrol®. Aufgrund der Tatsache, dass Spironolacton und dessen aktive Metaboliten Canrenon, 7α-Methylspironolacton und 6β-Hydroxy-7α-methylspironolacton eine hohe Affinität zu Progesteron- und Androgenrezeptoren aufweisen, wird eine Therapie mit Spironolacton jedoch von unerwünschten androgenen und progestogenen Nebenwirkungen begleitet.
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De Gasparo et al. zeigten, dass einige 9α,11α-Epoxyderivate der zuvor bekannten Aldosteronantagonisten eine wesentlich geringere Affinität zu Androgen- und Progesteronrezeptoren aufweisen und dennoch als potente Aldosteronantagonisten wirksam sind (J. Steroid. Biochem. 1989, Jan, 32 (1B), 223–7 und J. Pharmacol. Exp. Ther. 1987 Feb, 240, 2, 650–6). Im Rahmen dieser Studien wurde die Wirkung von 9α,11α-Epoxyspironolacton (IUPAC-Name: 9α,11α-Epoxy-7α-acetylthio-3-oxo-17α-pregn-4-en-21,17-carbolacton), 9α,11α-Epoxyprorenon (IUPAC-Name: 9α,11α-Epoxy-6β,7β-methylen-3-oxo-17α-pregna-4-en-21,17-carbolacton) und 9α,11α-Epoxymexrenon (IUPAC-Name: 9α,11α-Epoxy-7α-methoxycarbonyl-3-oxo-17α-pregn-4-en-21,17-carbolacton), das auch als Eplerenon bekannt ist, in in vitro Versuchen untersucht.
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In späteren klinischen Studien zeigte sich, dass bei einer Therapie mit Eplerenon unerwünschte, über Androgen- und Progesteronrezeptoren vermittelte Nebenwirkungen wie Libidoverlust, Impotenz oder Menstruationsstörungen bei Patienten wesentlich seltener auftreten als bei der Anwendung von Spironolactonen. Eplerenon-enthaltende Arzneimittel sind derzeit kommerziell erhältlich, unter anderem unter der Marke Inspra®. Eplerenon wird zusätzlich zu einer Standardtherapie, die Betablocker einschließt, zur Verringerung des Risikos der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität bei stabilen Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion und klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz nach kürzlich aufgetretenem Herzinfarkt angewendet.
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Es besteht somit weiterhin ein Bedürfnis nach Wirkstoffen zur Behandlung weiblicher sexueller Dysfunktion.
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Es wurde nunmehr überraschend gefunden, dass Aldosteron-Rezeptor-Antagonisten der allgemeinen Formel I
worin R
1 ein Wasserstoffatom, eine α-C
1-4-Alkylgruppe, eine α-C
1-4-Alkoxycarbonylgruppe oder zusammen mit R
2 eine Doppelbindung oder eine 6β,7β-Methylengruppe ist;
R
2 ein Wasserstoffatom oder zusammen mit R
1 eine Doppelbindung oder eine 6β,7β-Methylengruppe ist;
R
3 ein Wasserstoffatom oder zusammen mit R
4 eine 9α,11α-Epoxygruppe ist; und
R
4 ein Wasserstoffatom oder zusammen mit R
3 eine 9α,11α-Epoxygruppe ist,
zur Steigerung sowohl der Libido als auch der Lubricatio führen. Die vorliegende Erfindung betrifft somit die Verwendung der Verbindungen der genannten Formel I zur Behandlung von weiblicher sexueller Dysfunktion.
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Die genannten Wirkungen wurden bei Patientinnen in unterschiedlichen Altern beobachtet und konnten sowohl bei jungen Müttern wie auch bei Frauen in der Postmenopause nachgewiesen werden. Bereits bei einer Verabreichung geringer Dosen des Wirkstoffs ließen sich diese unerwarteten Effekte feststellen. Die Effekte traten auch in der Woche nach der Menstruation auf, in der die vaginale Sekretion üblicherweise sehr gering ist.
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Darüber hinaus weisen diese Wirkstoffe eine diuretische Wirkung auf und verminderten dadurch das Körpergewicht der Patientinnen. Zusätzlich bewirken diese Wirkstoffe eine Erhöhung der Kaliumkonzentration im Blut und schützen somit die Körperzellen physiologischerweise vor Funktionseinschränkung.
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Bei den zu behandelnden weiblichen sexuellen Dysfunktionen handelt es sich insbesondere um eine Störung mit hypoaktiven sexuellen Verlangen (hypoactive sexual desire disorder, HSDD), einem Verlust des sexuellen Verlangens, einem verringerten sexuellen Verlangen, einem Mangel des sexuellen Verlangens, einem Libidoverlust, einer Libidostörung, vaginale Trockenheit und Frigidität. Insbesondere eignen sich die vorliegenden Wirkstoffe zur Behandlung von Libidoverlust und gleichzeitig der vaginalen Trockenheit.
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Unter den genannten Aldosteron-Rezeptor-Antagonisten der allgemeinen Formel I sind solche Verbindungen bevorzugt, in denen R1 entweder eine α-C1-4-Alkoxycarbonylgruppe oder zusammen mit R2 eine Doppelbindung ist. Als α-C1-4-Alkoxycarbonylgruppen eignen sich insbesondere Methoxycarbonyl und Ethyoxycarbonyl, wobei Methoxycarbonyl besonders bevorzugt ist. Besonders bevorzugte Aldosteron-Rezeptor-Antagonisten der allgemeinen Formel I sind Eplerenon und Mexrenon, insbesondere Eplerenon.
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Eine Verabreichung kann auf oralem Weg oder durch eine intravenöse, intramuskuläre oder subkutane Injektion erfolgen. Die Zubereitungen können beispielweise in Form von wässrige oder nichtwässrigen, isotonischen, sterilen Injektionslösungen oder Suspension vorliegen. Diese Lösungen oder Suspensionen können aus sterilen Pulvern oder aus Granulaten unter Zusatz von einem oder mehreren pharmazeutisch verträglichen Hilfs- und Zusatzstoffen wie Trägern, Verdünnungsmitteln, Bindemitteln, Konservierungsmitteln, Tensiden und Dispergierungsmitteln hergestellt werden. Darüber hinaus können die Wirkstoffe in Form eines transdermalen therapeutischen Systems verabreicht werden.
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Erfindungsgemäß kann der Wirkstoff in einer beliebigen festen Zustandsform, entweder als eine oder mehrere feste Zustandsformen per se oder in Form einer pharmazeutischen Zusammensetzung, die eine oder mehrere feste Zustandsformen von Wirkstoff umfasst, eingesetzt werden. Diese festen Zustandsformen schließen, jedoch ohne Einschränkung darauf, solvatisierten, kristallinen, nicht-solvatisierten, kristallinen Wirkstoff und amorphen Wirkstoff ein.
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Für die orale Verabreichung der Wirkstoffe kann eine geeignete pharmazeutische Zusammensetzung in Form einer Tablette, eines Sachets, einer Kapsel, einer Suspension oder einer flüssigen Darreichungsform vorliegen.
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Eine geeignete Tagesdosis kann in einem Bereich von 0,25 mg bis 400 mg, bevorzugt von 5 mg bis 200 mg, besonders bevorzugt von 10 mg bis 100 mg und noch bevorzugter von 10 mg bis 50 mg pro Tag liegen. Überraschend hat sich hierbei gezeigt, dass die gewünschte Wirkung bereits bei einer Tagesdosis im Bereich von unter 40 mg, wie beispielsweise unter 20 mg, eintritt, eine Dosis, die unter der üblichen Dosis für Epleneron bei einer Infarktprophylaxe liegt.
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Das Dosierungsschema zur Behandlung der weiblichen sexuellen Dysfunktion kann gemäß einer Vielzahl von Faktoren wie beispielsweise Alter, Gewicht, medizinischem Zustand der Patientin, Schwere der Störung, dem Verabreichungszweck und dem jeweils verwendeten Wirkstoff ausgewählt werden und kann deswegen variieren.
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Bevorzugt enthält eine Einheitsdosis der pharmazeutischen Zusammensetzung den Wirkstoff im Bereich von 1 bis 200 mg, insbesondere im Bereich von 5 bis 100 mg, stärker bevorzugt im Bereich von 10 bis 50 mg, am stärksten bevorzugt im Bereich von 10 mg bis 40 mg. Die Einheitsdosisform kann so ausgewählt werden, dass eine Anpassung an die gewünschte Frequenz der verwendeten Verabreichung erfolgt, sodass die gewünschte tägliche Dosis erreicht wird.
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Das folgende Beispiel erläutert die Erfindung, ohne dass es einschränkend ausgelegt werden soll.
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Beispiel 1
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Acht Patientinnen unterschiedlichen Alters, die wegen Muskelschwäche bei hypokaliämischer periodischer Paralyse behandelt wurden, haben an der Studie teilgenommen. Die Patientinnen befanden sich in unterschiedlichen Fruchtbarkeitsstadien (ovulationsbedingte Menstruation, Menopause, Postmenopause).
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Die Patientinnen erhielten eine reguläre Verabreichung von Eplerenon (Inspra®) in einer Dosis von 12,5 bis 37,5 mg täglich.
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Vier von insgesamt acht Patientinnen (31, 48, 51 und 58 Jahre) berichteten anschließend über eine Steigerung von Libido, eine verbesserte vaginale Lubricatio und innere Ausgeglichenheit. Diese unerwartete Wirkung trat bereits in der Woche nach der Menstruation auf, in der die vaginale Sekretion üblicherweise sehr gering ist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 96/35427 [0003]
- WO 03/035072 [0005]
- US 2003/0212139 [0007]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Laang et al. (Climacteric 2001, 1, 28–41) [0006]
- Million Women Study (Lancet 2005, 365, 1543–51) [0006]
- De Gasparo et al. [0009]
- J. Steroid. Biochem. 1989, Jan, 32 (1B), 223–7 [0009]
- J. Pharmacol. Exp. Ther. 1987 Feb, 240, 2, 650–6) [0009]