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Flaumgarn sowie Verfahren und Einrichtung zu seiner Herstellung
Es ist eine bekannte Tatsache, dass die Eigen- schaften und das Aussehen eines gesponnenen
Fadens vor allem durch das für ihn verwendete
Fasermaterial abhängig sind, zumal Spinnfasern geringer Festigkeit und Länge zur Erlangung der für den besonderen Verwendungszweck des
Garnes jeweils erforderlichen Festigkeit einer stärkeren Drehung bedürfen als langfaseriges oder festes Rohmaterial. Garne für Textilien, die eine genügende Wärmehältigkeit, Saugfähigkeit bzw. ein voluminöses Aussehen besitzen sollen, müssen aber weich, d. h. schwach gedreht sein. Verwendet man nun für solche Textilien Garne aus minderem Fasergut, z. B. Baumwolle oder Zellwolle, so gewann man aus dem eingangs angegebenen Grunde auch nur eine magere und harte Textilware.
Zur Herstellung von sogenanntem Mischgarn wurde bereits mehrfach vorgeschlagen, einem oder mehreren Vorgarnen vor Verlassen des Streckwerkes einer üblichen Feinspinnmaschine, z. B. Waterspinn-, Ringspinn-, Mulemaschine od. dgl., unter Vermittlung eines entsprechenden Fadenführers ein oder mehrere Feingarne beizugeben und sie miteinander zu verspinnen. Als Ausgangsmaterialien für diese Mischgarne dienten also zwar verschiedenen Stadien des Spinnprozesses entnommene, jedenfalls aber schon, wenn auch in verschiedenem Ausmasse, vorgedrehte und eine gewisse Festigkeit besitzende Garne.
Beim Durchlaufen durch das Streckwerk sollte das wegen seines weichen Drahtes immerhin eine gewisse Reissfestigkeit aufweisende Vorgarn durch das Anspinnen an das Feingarn eine erhöhte Festigkeit erlangen, was natürlicher Weise zur Folge hatte, dass das erzeugte Mischgarn, abgesehen von einer gewissen Effektwirkung, insbesondere beim Verspinnen verschiedenfärbiger Garne, einen zwirnähnlichen Charakter annahm und ziemlich glatt und hart war. Abgesehen davon, machten die für die Herstellung dieser Mischgarne vorgeschlagenen, üblichen Streckwerke mit paarweise zusammengeschlossenen Walzenstrecken und während des Betriebes nicht aushebbaren Oberwalzen eine rationelle Erzeugung unmöglich, da beim Ab- reissen eines Feingarnfadens die Maschine abge- stellt werden musste.
Es sind auch Versuche unternommen worden, mittels eines Streckwerkes in zwei zusammen- zuzwirnende Fäden eine offene Faserlunte ein- zuführen. Aus der Erkenntnis, es würde nur ein verstärkter Zwirn entstehen, wenn die Zuführung der Faserlunte mit derselben Geschwin- digkeit wie die der Zwirne erfolgen würde, hat man die Geschwindigkeit beim Heranbringen der Faserlunte gegenüber dem Zwirnprozess erhöht. Bei diesen Versuchen stellte man fest, dass in der Faserlunte Schleifen entstehen, die nur zum Teil eingezwirnt werden. Man war daher gezwungen, den auf die vorhin erwähnte Weise hergestellten Faden mit einem anderen Faden zu verspinnen, wodurch jedoch die Herstellung von feineren Garnnummern nicht mehr möglich war.
Den Gegenstand der Erfindung bildet nun ein Flaumgam, das sehr locker und voluminös, vollkommen weich und dabei von grosser Festigkeit ist. Das erfindungsgemässe Garn setzt sich aus einem allein seine Reissfestigkeit bestimmenden Kernfaden (einem harten Feingarn) und einer um ihn in ihrer losen Struktur mit wenigen Windungen herumgelegten, aufgelösten Faserlunte zusammen. Trotzdem die Faserlunte aus minderem Fasergut, z. B. Zellwolle, Baumwolle od. dgl., bestehen kann, unterscheiden sich die aus dem Flaumgam verfertigten Textilien, wie Tuche, Flanelle und Strickwaren, nach Aussehen und Eigenschaften, was Weichheit, Fülligkeit und Saugfähigkeit anbetrifft, in keiner Weise von solchen aus Schafwolle.
Das Flaumgarn kann als solches sogleich verarbeitet werden oder es können auch dem Spinnprozess nachfolgend, zwei oder mehrere Flaumgarne miteinander verzwirnt werden, wodurch der Flaum festgelegt wird. Bei der Herstellung des Flaumgames wird eine durch ein Streckwerk aufgelöste Faserlunte gemeinsam mit dem festen Kernfaden zwischen das in Richtung der durchlaufenden Faserlunte gesehene, letzte Streckwerkwalzenpaar hindurchgeführt und dem Kernfaden nach Verlassen des Streckwerkes, z. B. durch eine übliche
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Spinn-oder Zwirnmaschinenspindel, in Richtung seiner ursprünglichen Drehung eine zusätzliche leichte Drehung erteilt, wobei der aufgelöste
Faserluntenflaum in wenigen Windungen (etwa eine bis höchstens sieben Windungen pro engl.
Zoll) um den Kernfaden gelegt wird und ihn zu dem mit Flaum umschlossenen Flaumgarn um- bildet. Falls gewünscht, kann letzteres mit gleichartig hergestellten Flaumgarnen in der ihrer ursprünglichen Richtung entgegengesetzten
Richtung auf einer beliebigen Zwirnmaschine zusammengedreht werden. Das Verfahren er- fordert weiters eine gleichfalls den Gegenstand der Erfindung bildende, besondere Ausgestaltung des Streckwerkes, indem die Oberwalzen jeder
Walzenstrecke des zweckmässig in eine gewöhnliche
Zwirnmaschine eingebauten Streckwerkes gemein- sam, aber unabhängig von denen der anderen Walzenstrecken während des Maschinenganges von den Unterwalze abhebbar und in vorteilhafter Weise auch einzeln aus ihren Lagern entfernbar sind.
In der Zeichnung ist eine beispielsweise Ausführungsform der erfindungsgemässen Einrichtung zur Herstellung des erfindungsgemässen Flaumgarnes dargestellt. Es zeigen : Fig. 1 eine
Seitenansicht der Einrichtung, Fig. 2 einen
Grundriss, Fig. 3 eine Vorderansicht und die Fig. 4 und 5 Seitenansicht und Grundriss des Tragteiles für die oberen Druckwalzen des
Streckwerkes.
Die Einrichtung besteht im wesentlichen aus einem, z. B. mehrere Walzenstrecken nebeneinander besitzenden Streckwerk mit je drei angetriebenen Zylinderwalzen 1, 2, 3 als Unterwalzen und drei auf diesen aufliegenden glatten Druckwalzen 4, 5, 6 (Oberwalzen), von denen immer diejenigen jeder Walzenstrecke in einem ihnen gemeinsamen, an einem Ende aufschwenkbar gelagerten, gabelförmigen Ausleger 7 a, 7 b nach oben einzeln herausnehmbar gelagert sind. Die geriffelten Walzen 1 und 3 dienen als Förderwalzen, während die glatte Walze 2 eine Durchzugswalze darstellt. Die Walzen 1, 2 und 3 besitzen, wie dies bei jedem Streckwerk üblich ist, gegen die Walze 1 zunehmende Umfangsgeschwindigkeiten, durch welche die eingeführte Faserlunte einen bis zu 30 fachen Verzug erhält.
Über den Fadenführer 8 wird die Faserlunte L zwischen dem Walzenpaar 3, 6 eingeführt. Ein weiterer Fadenführer 9 bringt die Faserlunte L zum Walzenpaar 2, 5. Oberhalb des Fadenführers 9 ist noch ein Fadenführer 10 vorgesehen, der den Kernfaden F (Feingarn) genau der Einlaufstelle der Faserlunte L in das Walzenpaar 1, 4 zuführt. Der Fadenführer 10 liegt somit oberhalb und vor dem letzten Walzenpaar 1, 4 in einer lotrechten Ebene durch die beiden Fadenführer 8 und 9. Die Platte 11 hat den Zweck, beim Aufschwenken des Auslegers 7 a, 7 b, durch welche Massnahme der Verzugsprozess für die Faserlunte L unterbrochen wird, die zum Teil aufgelöste Lunte aufzufangen und zu verhindern, dass, namentlich wenn die Lunte aus langen Fasern besteht und die Walzenpaare weit auseinanderstehen, die Lunte sich auf der mittleren Walze 2 miteinrollt.
Um dies zu verhindern, ist auch die mittlere Unterwalze 2 glatt. Der gabelförmige Druckwalzenausleger 7 a, 7 b jeder Walzenstrecke setzt sich aus zwei verschieden langen Flacheisen entsprechend 7 a, 7 b zusammen, die am hinteren Ende durch eine auf der Achse 13 sitzende Hülse 12 starr verbunden sind. Das freie Ende des längeren Flacheisens 7 a dient als Handhabe beim Aufschwenken des Auslegers 7a, 7b. Der Abstand des Drehlagers 12, 13 für den Ausleger 7 a, 7 b vom pfannenartigen Auflager 14 für die Druckwalze 4 bleibt unverändert bzw. konstant, während die pfannenartige Auflager 15, 16 für die Druckwalzen 5 und 6 gegeneinander in der Längsrichtung des Auslegers 7 verstellbar sind. Durch diese Einstellbarkeit der Lager 15, 16 lässt sich das Streckwerk jeweils an die Stapel (Faser)länge der Lunte anpassen.
Zum Unterschied von den bisher bekannten Streckwerken sind also die Druckwalzen 4, 5, 6 jeder Walzenstrecke nicht nur im Ausleger 7 a, 7 b einzeln nach oben hin frei aushebbar gelagert, sondern werden auch die Oberwalzen beim Aufschwenken ihres Tragauslegers 7 a, 7 b gemeinsam mitgehoben. Die Haltevorrichtung 17 dient dazu, den Ausleger 7 a, 7 b in der gehobenen Stellung an einer vorgesehenen Stufe zu fixieren. Diese Haltevorrichtung eignet sich auch für die Ausbildung und Anordnung einer automatischen Abstell- vorrichtung. Fällt beispielsweise ein Kernfaden aus, so setzt dann durch blosses Heben des betreffenden Druckwalzenauslegers 7 a, 7 der Spinnprozess für diese Walzenstrecke aus.
Mit 18 ist ein zwischen dem letzten Walzenpaar 1, 4 jeder Walzenstrecke und der zugeordneten Spindel (nicht veranschaulicht) eingeschaltetes Schutzblech bezeichnet, welches den Zweck hat, die Verstaubung hintanzuhalten und die Bildung eines gleichmässigen Flaumes zu gewährleisten. Die Putzwalze 19 für die angetriebene Walze 1 ist zweckmässig eine Holzwalze mit Plüsch- überzug. Je ein Streckwerk kann gemäss der Teilung der Maschine, z. B. Zwirnmaschine, je für 6-8 Spindeln mit einer entsprechenden Anzahl von Walzenstrecken eingebaut werden.
Die erforderliche Klemmwirkung der Druckwalzen 4, 5, 6 im Streckwerk wird durch das eigene Gewicht dieser Walzen erreicht. Da die Klemmwirkung der Druckwalzen 4 und 6 am grössten sein muss, sind die zugeordneten Antriebswalzen geriffelt, und diese Druckwalzen selbst besitzen ein grösseres Eigengewicht. Sie haben vorzugsweise ein Gewicht von einem Kilogramm.
Da dieses Gewicht für die erforderliche Klemmwirkung der Druckwalze 4 nicht ausreicht, wird diese Walze, welche vorzugsweise mit Leder bezogen ist, durch eine auf ihr aufliegende Walze 20 belastet, die mit Plüsch überzogen ist und gleichzeitig als Putzwalze dient.
Nachdem die Faserlunte L vorher im Streckwerk aufgelöst wurde, wird sie gemeinsam mit
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dem Kernfaden F in das letzte Streckwalzenpaar 1, 4 eingeführt. Nach Verlassen dieses wird dem Kernfaden zufolge der dem Streckwerke folgenden Spindel eine zusätzliche, geringe Drehung erteilt. Diese Drehung überträgt sich zum Teil auf die vom Kernfaden mitgenommene Faserlunte und es entsteht dadurch ein einfacher mit losem Flaum umschlossener Faden, also ein Flaumgarn, das in der Zeichnung mit G bezeichnet ist.
Da dieser Flaum wegen seines geringen Dralles aber nicht fest auf dem Kernfaden F sitzt, kann das so gewonnene Flaumgarn G als solches nur unmittelbar weiterverarbeitet werden oder es können auch für bestimmte Zwecke vor ihrer Verwendung zwei oder mehrere Flaumgarne G auf einer beliebigen Zwirnmaschine nach der ihrer Drehung entgegengesetzten Richtung zusammengedreht werden, wodurch der Flaum festgelegt wird. Die Flaumigkeit des einfachen oder verzwirnten Flaumgarnes G kann man mit mehr oder weniger Drehung ändern.
Die Flaumigkeit desselben lässt sich aber auch ändern, indem man den Flaumzusatz vermindert oder erhöht. Praktischen Versuchen zufolge verträgt das Flaumgarn G einen Flaumzusatz von 150% und mehr und bedarf es zur Herstellung des Fertiggarnes nur eines ganz geringen Dralles seiner Faserlunte von einer bis höchstens sieben Drehungen pro engl. Zoll je nach der Garnnummer. Durch die Lagerung der Druckwalzen 4,5, 6 in einem gemeinsamen aufschwenkbaren Ausleger 7 a, 7 b, in welchem überdies die Druckwalzen 4, 5, 6 einzeln nach oben abnehmbar sind, wird die Möglichkeit geschaffen, den Verzugs-und Spinnprozess jederzeit unterbrechen zu können. Diese Möglichkeit ist deshalb erforderlich, da man bei diesem erfindungsgemässen Herstellungsvorgang den Kernfaden nicht wie bei einer Ringspinnmaschine andrehen kann, sondern knüpfen muss.
Während des Knüpfens muss der Verzugsvorgang unbedingt stillstehen. Das Streckwerk schafft die Voraussetzung, dass eine Massenerzeugung des Flaumgarnes G und die Bedienungsweise der Maschine wesentlich erleichtert wird.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Flaumgarn, bestehend aus einem seine Festigkeit bestimmenden Kernfaden (Feingarn), um den eine aufgelöste Faserlunte in ihrer losen Struktur mit wenigen Windungen (etwa eine bis höchstens sieben Windungen pro engl. Zoll) herumgelegt ist.