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Verfahren zur Herstellung von hochmolekularen, stickstoffhaltigen
Kunststoffen Es wurde gefunden, daß man neuartige, hochmolekulare, stickstoffhaltige
Kunststoffe mit besonders wertvollen Eigenschaften dadurch erhalten kann, daß man
polyurethanbildende Ausgangsstoffe, die bei ihrem Zusammentritt Einheiten mit polymerisierbaren
Doppelbindungen in Seitenketten bilden, polykondensiert und diese Polykondensationsprodukte
polymerisiert. Gegebenenfalls kann man nichtpolymerisierbare, urethanbildende Ausgangsstoffe
mitverwenden. Die Polyurethane können gegebenenfalls auch mit anderen polymerisierbaren
Stoffen mischpölymerisiert werden.
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Das Verfahren verläuft in zwei Stufen, wobei die erste Stufe in der
Herstellung besonderer Polyurethane besteht und die zweite Stufe, nämlich das Polymerisieren
bzw. bZischpolymerisieren der vorgebildeten Polyurethane, zu einem beliebigen, späteren
Zeitpunkt durchgeführt werden kann.
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Ein besonderer Vorteil des Verfahrens liegt darin, daß man sowohl
durch die Wahl der Ausgangsstoffe, z. B. durch die Anzahl der polymerisierbare Doppelbindungen
enthaltenden Seitenketten, verschieden aufgebaute Polyurethane herstellen als auch
deren Kondensationsgrad in der ersten Verfahrensstufe variieren kann, daß man ferner
die Polyurethane mit verschiedenen anderen Stoffen, mischpolymerisieren kann, wodurch
die Eigenschaften der Endprodukte in weiten Grenzen abwandelbar sind.
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Unter den für das vorliegende Verfahren geeigneten Ausgangsstoffen,
die bei ihrem Zusammentritt mit anderen Komponenten Einheiten mit polymerisierbaren
Doppelbindungen in Seitenketten bilden, seien z. B.
genannt Diamine,
wie N _Allyl-tetramethylendiamin, N-Allyl-hexamethylendiamin, N-Allyl-delcamethylendiamin
und 4-(N-Allyl)-amino-4'-aminodicyclohexylmethan; Dialkohole, wie Buten-(i)-diol-(3,
4), Penten-(i)-diol-(3, 4), Penten-(.)-diol-(4, 5), Hexen-(i)-diol-(5, 6), Hexadien-(i,
5)-diol-(3, 4), N-Allyl-diäthanolamin, der Allylester der N, N-Dioxyäthyl-carbamidsäure,
N-Crotyl-diäthanolamin, N-Allyl-dipropanolamin-i, 3, N-Crotyl-dipropanolamin-i,
3 sowie die Monoallyläther des Glycerins, Hexantriols und Trimethylolpropans; Aminoalkohole,
wie N-Allyl-propanolamin-i, 3, N-Crotyl-butanolamin-i, 4, N Allylhexanolamin-i,
6, 2-Allyl-4-amino-co-oxyäthyl-benzol und 2-Crotyl-4-amino-co-oxyäthylbenzol.
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Diese Komponenten können mit folgenden Stoffen zu den erwähnten, zu
Polyurethanen kondensierbaren Einheiten zusammentreten, d. h. die Dialkohole mit
Diisocyanaten, wie Tetramethylendiisocyanat, Hexamethylendiisocyanat, Phenylen-1,
4-diisocyanat, Naphthylen-i, 5-diisocyanat sowie p-p'-Diisocyanatodicyclohexylmethan,
und die Diamine mit Bis-chlorameisensäureestern, wie Äthylenglykol-bis-chlorameisensäureester,
i, 2-Propylenglykol-bis-chlorameisensäureester, i, 3-Propylenglykol-bis-chlorameisensäureester,
i, 4-Butylenglykol-bis-chlorameisensäureester, i, 6-Hexamethylenglykol-bis-chlorameisensäureester,
Diäthylenglykol-bis-chlorameisensäureester, Triäthylenglykol-bis-chlorameisensäureester
und o-, m- oder p-Xylylenglykol-bis-chlorameisensäureester.
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Ferner können zum Aufbau der Polyurethane gegebenenfalls noch mitvenvendet
werden Diamine, wie Äthylendiamin, 1, 3-Propylendiamin, i, 4-Tetramethylendiamin,
i, 6-Hexamethylendiamin, c), co'-Diaminodipropyläther, co, co'-Bis-aminopropyl-i,
6-hexamethylendiamin, to, co'-Bis-aminopropyläther des 1, 4-Butylenglykols, p-Phenylendiamin
sowie 4, 4'-Diaminodicyclohexylmethan; Dialkohole, wie Äthylenglykol, Diäthylenglykol,
i, 3-Propandiol, i, 4-Butandiol sowie i, 6-Hexandiol; undAminoalkohole, wie 1-Aminobutanol-4,
i-Aminopentanol-5, i-Aminohexanol-6, i-Aminocyclohexanol-4, co-Aminopropyl-co-oxyäthyläther
und i-(p-Aminophenyl)-3-oxypropan.
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Das nachfolgende Polymerisieren der gekennzeichneten Polyurethane
kann, wie erwähnt, gegebenenfalls in Gegenwart von anderen polymerisierbaren Stoffen,
wie monomeren Vinylverbindungen, z. B. Styrol, Vinylchlorid, i, i-Dichloräthen und
Vinylcarbazol, und polymerisierbaren, ungesättigten Fettsäureestern, z. B. Leinöl,
Ricinensäureglycerid und Isanoöl, durchgeführt werden. Auf diese Weise erhält man
Mischpolymerisationsprodukte der erwähntenPolyurethane mit den genannten polymerisierbareh
Stoffen. Zweckmäßig fördert man durch Zusatz von Polymerisationskatalysatoren das
Polymerisieren bzw. Mischpolymerisieren.
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Hierfür sind z. B. geeignet Peroxyde, wie Benzoylperoxyd, Cumolhydroperoxyd,
tert. Butylhydroperoxyd, tert. Butylperoxyd und Benzopersäure-tert.-butylester,
ferner radikalbildende Azokörper, wie Azoisobuttersäuredinitril und Azoisibuttersäuredimethylester.
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Die nach 'dem vorliegenden Verfahren erhältlichen neuen, hochmolekularen
Stoffe sind schwer verseifbar und daher weitgehend beständig gegen die meisten Säuren
und vor allem gegen Alkalien. Sie zeichnen sich durch besonders gute mechanische
Eigenschaften, wie hohe Dauerelastizität, elastische Dehnung, Knickbruchfestigkeit,
Schlagbiegefestigkeit und Abriebfestigkeit, aus. Die neuen Stoffe sind daher für
viele technische Verwendungszwecke geeignet, z. B. zur Herstellung von Filmen, Folien
und Überzügen. Beispiel i Eine Mischung von 128 Gewichtsteilen Chlorameisensäureallylester
und 128 Gewichtsteilen Chloroform wird langsam unter Rühren und Kühlen in eine Mischung
von 112 Gewichtsteilen Diäthanolamin, io8 Gewichtsteilen Triäthylamin und 88o Gewichtsteilen
Chloroform eingetropft. Nach dem Abklingen der Reaktion wird die Mischung hintereinander
mit je 3oo Gewichtsteilen Wasser und ioP/oiger Natriumsulfatlösung bis zur Chlorfreiheit
gewaschen. Anschließend wird die Chloroformlösung abgetrennt und das Chloroform
verdampft. Man erhält etwa 17o Gewichtsteile N, N-Dioxyäthyl-carbamidsäureallylester,
dessen Herstellungsverfahren hier aber nicht unter Patentschutz gestellt werden
soll.
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236,2 Gewichtsteile N, N-Dioxyäthyl-carbamidsäureallylester, 42o Gewichtsteile
Hexamethylendiisocyanat und i32,5 Gewichtsteile Diäthylenglykol werden unter Rühren
langsam innerhalb einer Stunde auf 16o` erhitzt und bei dieser Temperatur noch 1/2
Stunde geha,'lten. Hierbei erhält man eine hochviskose, fadenziehende Masse. Eine
Lösung des so erhaltenen Polyurethans in einer Mischung aus Chloroform und Methanol
i : i wird mit 3 % Benzoylperoxyd versetzt. Aus dieser Lösung hergestellte Filme,
die im Trockenschrank auf 70° erhitzt werden, sind nach 8 Stunden völlig unlöslich
und haben kautschukartige Konsistenz mit guten Festigkeitseigenschaften.
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Die Umsetzung des N, N-Dioxyäthyl-carbamidsäureallylesters mit dem
Hexamethylendiisocyanat und mit dem Diäthylenglykol verläuft etwa nach folgendem
Schema:
Beispiel 2 N, N-Dioxyäthyl-carbamidsäureallylester wird in bekannter Weise durch
Einwirkung von Phosgen in den entsprechenden Bis-chlorameisensäureester übergeführt.
28o Gewichtsteile dieses Bis-chlorameisensäureesters werden in eine Mischung von
izo Gewichtsteilen a), uo'-Di-(aminopropyl)-ätherund i8oo Gewichtsteilen verdünnte
Natronlauge, die q,7°/, Ätznatron enthält, unter kräftigem Rühren und Kühlen eingetropft.
Das ausfallende,, hochviskose Produkt wird in Chloroform gelöst und neutral gewaschen.
Nach Abtrennen der Chloroformlösung und Abdampfen des Chloroforms hinterbleibt eine
sirupöse, klebrige Masse. Versetzt man diese mit 3 °/p Benzoylperoxyd und erwärmt
sie einige Zeit auf 70°, so polymerisiert sie vollkommen durch zu einem kautschukartigen
Festkörper.
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Die Umsetzung des N, hT-Dioxyäthyl-carbamidsäureallylesters mit Phosgen
zu dem entsprechenden Bis-chlorameisensäureester und des letzteren Esters mit o),
co'-Di-(aminopropyl)-äther verläuft nach folgendem Schema:
Beispiel 3 Verwendet man an Stelle des co, o,)'-Di-(aminopropyl)-äthers im Beispiel
2 izg Gewichtsteile Hexamethylendiamin, so .erhält man als primäres Polykondensationsprodukt
eine kautschukartige, feste Masse, die in organischen Lösungsmitteln löslich ist.
Mit einer Lösung dieses Polymerisats in Chloroform lassen sich unter Zusatz von
30/, Azoisobuttersäuredinitril Filme gießen, die beim Erwärmen auf 7o° in
sämtlichen organischen Lösungsmitteln unlöslich werden.
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Es ist zwar schon bekannt, lineare Polyamide oder Polyesteramide mit
polymerisierbaren, gegebenenfalls in der Seitenkette sitzenden Doppelbindungen herzustellen
und diese zu polymerisieren. Da das Polykondensieren der hierfür in Frage kommenden
Ausgangsstoffe eine längere Einwirkung verhältnismäßig hoher Temperaturen, in der
Regel oberhalb von 2oo°, erfordert, tritt bei der Herstellung solcher Polykondensationsprodukte
stets ein mehr oder weniger großer Teil der ursprünglich vorhandenen Doppelbindungen
mit in Reaktion, so daß er für das nachträgliche Polymerisieren nicht mehr zur Verfügung
steht. Um diesen während des Polykondensierens verbrauchten Anteil der Doppelbindungen
nicht zu groß werden zu lassen, wird man solche Polykondensationen daher in der
Regel nicht sehr weit treiben, das heißt z. B. durch Einhalten geringerer Temperaturen
keine hochmolekularen, linearen Zwischenprodukte herstellen. Beim nachträglichen
Polymerisieren der noch reaktionsfähigen
Doppelbindungen tritt
dann eine verhältnismäßig engmaschige Vernetzung verhältnismäßig kurzer Ketten ein.
Daher sind die Verfahrensprodukte in der Regel harte, nicht sehr elastische Harze.
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Die hier beschriebene Herstellung von polymerisierten Polyurethanen
hingegen hat demgegenüber den Vorteil, daß das Polykondensieren zu den Polyurethanen
bei verhältnismäßig niederen Temperaturen, in vielen Fällen sogar bei Raumtemperatur,
stattfinden kann, wodurch es möglich ist, verhältnismäßig langkettige Polyurethane
herzustellen, in denen praktisch noch alle Doppelbindungen für das nachfolgende
Polymerisieren zur Verfügung stehen. Dementsprechend zeichnen sich die Produkte
des hier beschriebenen Verfahrens in der Regel durch eine besonders hohe Elastizität
aus, die in vielen Fällen die Elastizität von Kautschuk erreichen kann. Derartige
für viele Verwendungszwecke besonders wertvolle Produkte können nach den bekannten
Verfahren nicht erhalten werden.