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Verfahren zur Darstellung von Ketonen der Cyclopentanopolyhydrophenanthrenreihe
Es wurde gefunden, daß man zu Ketonen der Cyclopentanopolyhydrophenanthrenreilie
gelangen kann, wenn man Carbonsäuren bzw. solche Säurederivate dieser Reihe, die
eine Amid-, Nitril-, Nitriloxyd, Halogen-, Anhydrid- oder Salzgruppe enthalten,
entweder mit geeigneten Organometallverbindungen zu Ketonen umsetzt oder mit organischen
Metallderivaten umsetzt, die sich von Verbindungen mit aktiven Methylengruppen ableiten,
und die erhaltenen Kondensationsprodukte spaltet und decarboxyliert und, falls man
von i7-Oxy-, i7-Acyloxy- oder 17-Alkoxycarbonsäuren der Cyclopentanopolyhydrophenanthrenreihe
bzw. ihren genannten Säurederivaten ausgegangen ist, auf die erhaltenen Reaktionsprodukte
direkt anschließend oder nach weiteren Umsetzungen wasser- bzw. säure- oder alkoholabspaltende
Mittel einwirken läßt und entstandene Doppelbindungen hydriert oder, falls manvon
Nitriloxyden derCyclopentanopolyhydroplienanthrenreihe ausgegangen ist, die entstandenen
Ketoxime verseift.
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Als Ausgangsstoffe finden ganz allgemein gesättigte oder ein- oder
mehrfach ungesättigte Verbindungen der Cyclopentanopolyhydrophenanthrenreihe, die
in Seitenketten Carboxylgruppen oder Carbonsäurederivatgruppen, wie unsubstituierte
oder substituierte Carbonsäureamidgruppen, ferner Nitril-, Carbonsäurehalogenid-,
-anhydrid- oder -salzgruppen aufweisen, Verwendung, also z. B. solche vom Typus
des Ätiocholans, Pregnans, Oestrans, Hydrooestrans oder ihrer Stereoisomeren, Homologen
und partiellen Dehydrierungsprodukten. Die Carbonsäurereste können im übrigen direkt
amRinggerüst, z.B.inStellung17oder3,
haften oder auch von ihm z.
B. durch ein oder mehrere Kohlenstoffatome getrennt sein. Solche Carbonsäurederivate
sind z. B, durch stufenweisen oder radikalen Abbau von Sterinen, Gallensäuren, Geninen
von Herzglukos'lden oder durch Aufbau, ausgehend von Ringketonen u. dgl., zugänglich.
Außer den Carbonsäureresten können sie natürlich noch weitere Substituenten enthalten,
z. B. substituierte oder nichtsubstituierte Hydroxyl-, Carbinol-, Amino- oder Kohlenwasserstoffgruppen,
ferner Halogenatome, Ringketogruppen und insbesondere auch deren Enolderivate, wie
Enolester und -äther. Im letzten Falle kann man die Enolgruppierungen nach der Umsetzung
wieder in Ketogruppen verwandeln. Besonders geht man auch, von Verbindungen aus,
die an demselben Ringkohlenstoffatom eine Carboxylgruppe oder Carbonsäurederivatgruppe
sowie eine Hydroxyl-, Acyloxy- oder Alkoxygruppe tragen. Als Ausgangsstoffe seien
insbesondere genannt z. B. gesättigte und ungesättigte Halogenide, Nitrile, A.mide
(auch substituierte), Anhydride von Ätiocholansäuren, wie der 3-OxY-, 3-Keto- und
bzw. oder -i7-oxy-ätio-cholansäuren, 3, ii-Diketo- oder 3-KetO-II-OxY- und
bzw, oder -i7-oxy-ätio-cholansäuren, ferner entsprechende Verbindungen der Bisnorcholansäure-,
der Cholani7-essigsäure-, der Nor-cholansäure-, der 3-Carboxyätiocholansäurereihe,
analoger Carbonsäuren der Oestron- bzw. Hydrooestronreihe bzw. ihren Derivaten,
wie Estern und Äthern, Enolestern und Enoläthern, sowie ihren Stereoisomeren, insbesondere
den durch Konfigurationswechsel an den Kohlenstoffatomen 3, 5,- 9, 11, 17
und bzw. oder 2o sich unterscheidenden Verbindungen.
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Unter Organometallverbindungen sind verstanden gesättigte und ungesättigte
Verbindungen von Metallen, wie Alkalimetallen, Magnesium, Zink, Kadmium, Quecksilber,
Kupfer, Aluminium oder Zinn, mit substituierten oder nichtsubstituierten Alkyl-,
Cycloalkyl#, Aralkyl- oder Arylresten, beispielsweise Metall-Kohlenwasserstoffverbindungen,
wie Lithiummethyl, Natriumbenzyl, Phenylkalium, Acetylenkalium, Zink-, Magnesium-
und Quecksüberdialkyle, Aluminiumtrialkyle, Zinndi- und -tetraalkyle, ferner organische
Metallhalogenide, z. B. des Calciums, Quecksilbers, Zinns und Bleis, insbesondere
aber solche des Magnesiums und Zinks, wie Methyl-, Äthyl-, Allyl-, Vinyl-, Acetylen-,
Methyläther-, Cyclohexyl-, Phenyl-oder Benzyl-magnesium- oder -zink-halogenide.
Von organischen Metallderivaten, die sich von Verbindungen mit aktiven Methylengruppen,
wie ß-Dicarbonsäurederivaten, ß-Ketocarbonsäurederivaten, ß-Diketonen, oder z. B.
auch von ihren am aktiven Methylen monosubstituierten Derivaten ableiten, seien
genannt die Metalld erivate von Malonestern, Malonitril, Malonamid, analogen #Cyanessigsäure-
und Acetessigsäurederivaten, von Acetylaceton sowie ihren Substitutionsprodukten
und Homologen, enthaltend z. B. Alkalimetalle, Kupfer, Aluminium u. dgl.
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Da die Reaktionsfähigkeit der verschiedenen Organometallverbindungen
und auch der Carbonsäuren bzw. ihrer verschiedenen Derivate sich sehr unterscheidet,
so müssen, damit tatsächlich Ketone erhalten werden, jeweils die geeigneten Reaktionspartner
und geeigneten Reaktionsbedingungen eingehalten werden, wie sie an und für sich
bekannt sind (s. z. B. H o u b e n -Weyl, Methoden der organischen Chemie,
2. Aufl., Bd. 4, S. 777ff. und 897ff.). So erhält man z. B. aus Nitrilen
oder Säureamiden mit Grignardverbindungen ohne weiteres in guter Ausbeute Ketone.
Auch ausgehend von Säureanhydriden und Carbonsäurealkalisalzen ist dies bei entsprechender
Arbeitsweise der Fall. Beim Arbeiten mit Säurehalogeniden empfiehlt es sich z. B.,
nicht wesentlich mehr als berechnete Mengen der Magnesiumverbindungen anzuwenden
oder dann die etwas reaktionsträgeren Zinkverbindungen zu benutzen, um die Reaktion
auf der Ketonstufe anzuhalten. Hier können z. B. auch substituierte oder nichtsubstituierte
Alkyl-, Aralkyl- oder Arylalkaliverbindungen Verwendung finden. Schließlich kann
man Säurehalogenide mit Metallderivaten von Verbindungen mit aktiven Methylengruppen
umsetzen und so erhaltene Kondensationsprodukte in an sich bekannter Weise spalten
und decarboxylieren, das heißt z. B. verseifen, der Keton- oder Säurespaltung unterwerfen.
Es empfiehlt sich auch, statt vorgebildete Organometallverbindungen bzw. von Verbindungen
mit aktiven Methylengruppen abgeleitete organische Metallderivate zu verwenden,
die einzelnen Komponenten auf die Carbonsäuren bzw. Säurederivate einwirken zu lassen,
dies insbesondere in den Fällen, wo die Metallverbindungen schwer zugänglich oder
als solche überhaupt unbekannt sind, beispielsweise beim Chlormethyläther, Vinylbromid
u. dgl.
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Die Aufarbeitung der Reaktionsgemische erfolgt nach bekannten Methoden.
So werden z. B. bei Verwendung von Magnesium- oder Zinkverbindungen die meist primär
entstehenden metallhaltigen Additionsverbindungen mit verdünnten S4uren zerlegt.
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Die verfahrensgemäße Umsetzung von Säurechloriden mit z. B. Methylzinkjodid
(Beispiel i), Zinkmethyl (Beispiel 2) und Natriummalonester (Beispiel
3) läßt sich wie folgt formulieren:
Ist man von Nitriloxyden ausgegangen, so werden die entstandenen Ketoxime durch
etwas energischere Einwirkung von Säuren ebenfalls in Ketone übergeführt. Hat man
zur Umsetzung schließlich i7-Oxy-, i7-Acyloxy- oder 17-Alkoxy-carbonsäuren -bzw.
Säurederivate verwendet, so werden auf die erhaltenen Reaktionsprodukte direkt anschließend
oder nach weiteren Umsetzungen wasser- bzw., säure- oder alkoholabspaltende Mittel
einwirken gelassen und entstandene Doppelbindungen hydriert. Eine solche anschließende
Hydrierung kann natürlich z. B. auch stattfinden, ,venn man von vornherein von 16,
17-ungesättigten Verbindungen ausgegangen ist.
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Neben Carboxylgruppen und deren Derivaten können natürlich auch andere
Substituenten mit den organischen Metallverbindungen in Reaktion treten. So reagieren
Grignard-Verbindungen z. B. außerdem mit Hydroxyl-, Amino-, Acyloxy-, Keto-, Aldehyd-
und schwerer auch mit Halogengruppen. In den ersten Fällen werden aber bei Zerlegung
der Magnesiumadditionsprodukte wieder ohne weiteres die unveränderten bzw. nur verseiften
Substituenten zurückerhalten. Vorhandene Ketone lassen sich, falls keine Umsetzung
erwünscht ist, durch intermediäre Überführung in ihre Enolderivate wie Enolester
oder -äther, schützen.
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Die entstehenden Ketone der Cyclopentanopolyhydrophenanthrenreihe
sind therapeutisch sehr wertvolleVerbindungenoderlassensichinsolcheüberführen. Sie
sind teilweise bekannt. So erhält man nach dem Beispiel 3 das Corpus-luteum-Hormon
Progesteron. Diese Verbindung mußte bisher entweder aus dem relativ teuren Stigmasterin
durch eine lange Reihe von Operationen gewonnen werden oder aus dem im Schwangerenharn
in spärlichen Mengen vorhandenen Pregnandiol. Demgegenüber-kann gemäß dem neuen
Verfahren das billige Cholesterin als Muttersubstanz verwendet werden, was für die
wirtschaftliche Herstellung des Progesterons von ausschlaggebender Bedeutung ist.
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Beispiel i 4,8 Teile A"6-3-Acetoxy-i7-benzoxy-ätio-cholensäure werden
in 7 Teilen absolutem Benzol suspendiert und mit 5o Teilen Thionylchlorid
versetzt. Man erwärmt bis zum Aufhören der Gasentwicklung auf dem Wasserbade, dampft
dann die Lösung im Vakuum zur Trockne und löst das auf diese Weise gewonnene Säurechlorid
in absolutem Toluol. Nun fügt man 'eine in üblicher Weise dargestellte Lösung von
2,1 Teilen Methylzinkjodid in Toluol unter Kühlung zu und läßt kurze Zeit bei Zimmertemperatur
stehen. Dann wird mit kalter, verdünnter Salzsäure zersetzt und die Toluolschicht
nach dem Verdünnen mit Äther mit verdünnter Salzsäure, verdünnter Sodalösung und
Wasser gewaschen. Nachdem Trocknen über Natriumsulfat dampft man die Ätherlösung
im Vakuum ein und sublimiert den Rückstand im Hochvakuum bei etwa 18o', wobei Benzoesäure
abgespalten wird. Das Sublimat wird in Äther gelöst, die Ätherlösung mit verdünnter
Sodalösung und Wasser gewaschen und eingedampft. Das auf diese Weise erhaltene rohe
Acetat des d5,6-.d16,17-Pregnadienol-(3)-ons-(2o) läßt sich ohne weitere Reinigung
mit einem nach R a n e y bereiteten Nickelkatalysator partiell zum Acetat
des ,d5,6-Pregnenol-(3)-ons-(2o) hydrieren. Züi diesem Zwecke wird es in 8o Teilen
930/,igem Äthylalkohol gelöst und nach Zusatz von 1,5 Teilen Raney--Nickel bei Zirnmertemperatur
mit Wasserstoff bis zur Aufnahme von i Mol Wasserstoff geschüttelt. Die Lösung wird
dann filtriert und eingedampft und der Rückstand aus verdünntem Alkohol umkristallisiert.
Man erhält in einer Ausbeute von 35 0/, das in Nadeln kristallisierende,
bei 147' schmelzende Acetat des A',l-Pregnenol-(3)-ODS-(20) und daraus durch Verseifen
das bei 193' schmelzende A5,6-Pregnenol-(3)-on-(2o) der Formel
,%.n Ste lle von Methylzinkjodid läßt sich die Umsetzung auch mit Dimet4ylzink vornehmen.
Ver-,vendet man Äthylzinkjodid, Dipropylzink u. dgl., so gelangt man zu Homologen
des Pregnenolons. Die Reduktion der 16, 17-Doppelbindung läßt sich auch mit anderen
Katalysatoren, ferner z. B. mit Zink und Eisessig durchführen. Statt das Säurechlorid
kann man auch andere Halogenide oder z. B. auch Säureamide, -anhydride oder -salze
anwenden.
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Wird statt von der Aceto.xy-benzoxy-ätio-cholensäure vom 3-Enolacetat
der d4"'-3-Keto-ätio-cholensäure ausgegangen, so gelangt man durch Umsetzung ihrer
Säurehalogenide mit z. B. Dimethylzink und Verseifung direkt zum A4,5-Pregnendion-(3,20)
[Progesteron].
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Beispiel 2 Zu einer Lösung von i Teil Dimethylzink in 2 Teilen Benzol
fügt man tropfenweise unter Kühlung und in Stickstoffatmosphäre eine solche von
io Teilen A5'6-3, i7-Diacetoxy-ätiocholensäurechlorid in 45oTeilen Benzol. Bei jedem
Tropfen läßt sich eine heftige Reaktion feststellen. Man schwenkt kurze Zeit um,
gibt dann, erst vorsichtig, etwa 5oo Teile Wasser zu,
säuert mit
Salzsäure an und äthert aus. Die Ätherlösung wird sorgfältig mit n-Natronlauge gewaschen,
getrocknet und eingedampft. Den Rückstand kristallisiert man aus Aceton oder bei
größeren Ansätzen aus M ' ethanol um und erhält in etwa 550/,iger Ausbeute
das d5'6-3, 17-Diacetoxy-pregnenon-(2o) der Formel
Es liefert bei alkalischer Verseifung das freie A5'6-I7-OxY-Pregnen01-(3)-On-(20).
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An Stelle von Dimethylzink kann man auch Methylzinkhalogenide benutzen,
oder man kann das Säurehalogenid mit Metallnialonestern oder -acetessigestern umsetzen
und anschließend hydrolysieren und decarboxylieren. Verwendet man organische Metallverbindungen,
die höhere Kohlenwasserstoffreste einführen, wie Diäthylzink, Benzylzinkbromid,
Natrium-äthylmalonester u. dgl., so gelangt man zu Homologen des Oxy-pregnenolons.
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Beispiel 3
Zu einer absolut alkoholischen Lösung von iß Teilen
Natriummalonester gibt man, zuerst vorsichtig', eine bellzolische Lösung von
3,5 Teilen d4,5-3-Ketoätio-cholensäure-chlorid (dargestellt z. B. durch Umsetzung
der freien Säure mit Thionylclilorid in benzolischer Lösung und in Gegenwart von
Calciumcarbonat, Filtration und Abdampfen des Lösungsmittels). Nachdem die erste
heftige Reaktion vorüber ist, wird unter Rühren noch einige Stunden zum Sieden erhitzt,
darauf die Hauptmenge Alkohol im Vakuum abgedampft, der Rückstand mit Wasser versetzt
und ausgeäthert. Die ätherische Lösung wäscht man mit Bicarbonatlösung und Wasser,
dampft sie ein und erhält als Rückstand den rohen A4"'-3-Keto-pregnenon-(2o)-2i-dicarbonsäure-ester.
Dieser wird zur Verseifung eine Stunde mit 20/,iger alkoholischer Lauge erwännt,
dann die Lösung angesäuert, mit Wasser gefällt und ausgeäthert. Die Ätherlösung
wäscht man mit Wasser, trocknet sie und dampft sie ein. Der Rückstand wird im Hochvakuum
(o,ooo5 mm) bei etwa 115' sublimiert und bzw. oder über das sehr schwerlösliche
Disemicarbazon gereinigt und in 400/,iger Ausbeute reines Progesteron der Formel
das iii dimorphen Formen der Schmelzpunkte i2o bzw. igg' kristallisiert, erhalten.
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Statt von der 3-Keto-ätio-cholensäure selbst kann auch von ihren Enolderivaten,
wie Enolestern und -äthern, ausgegangene werden. Geht man hingegen von 3-Acyloxy-ätio-cholensäure-halogeniden
aus, so gelangt man analog zum AI,6-Pregnenol-(3)-on-(2o).
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An Stelle des Natriummalonesters können z. B. Alkaliverbindungen von
Malonitril, Malonarffid, Cyanessigsäure- und Acetessigsäurederivaten Verwendung
finden. Im letzten Falle wird das Kondensationsprodukt anschließend der Säurespaltung
unterworfen, decarboxyliert und so ebenfalls Progesteron erhalten. Wird hingegen
die Ketonspaltung durchgeführt, so gelangt man zu einem ungesättigten Triketon der
Cyclopentanopolyhydrophenanthrenreüle mit einer ß-Diketongruppe in der Seitenkette.
Tetraketone erhält man, wenn zur Umsetzung mit dem Säurehalogenid Metallverbindungen
des Acetylacetons bzw. seiner Homologen verwendet werden.
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Auch gesättigte Verbindungen sind auf analoge Weise zugänglich, z.
B. solche der 3-epi-Oxy-allopregnanon-(2o)-Reihe.