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Verfahren zur Gewinnung von Phenolen und Phenolcarbonsäuren aus I:ignin
oder lingninhaltigem Material Es ist bekannt (Patent 652 q.96), lignin-und
cellulosehaltige Materialiren in Gegenwart von ein ioder mehreren Oxyden, Hydraten
ioder Carbonaten des Kalkes oder anderen Metallen mit einer Atomwertigkeit von zwei
oder mehr zwecks Gewinnung wert voller sauerstoffhaltiger organischer Produkte nebst
Kohlenwasserstoffen bei Temperaturen über 2-5o° zu behandeln. In diesem Falle wird
das Lignin zum Teil in eine kohlige Substanz umgewandelt, und die Ausbeute an löslichen
Substanzen ist nicht hoch. Überdies weisen die löslichen Substanzen zum Teil ein
hohes Molekulargewicht auf und sind in dieser Form unverwertbar. Es wurde gefunden;
daß für die Gewinnung von wertvollen verwertbaren, vorwiegend plienolischen Substanzen
niedrigen Molekulargewichtes eine Aufspaltung des Lignins während des Aufschlusses
vorgenommen werden muß, was durch Wasser nicht in entsprechender Weise möglich ist,
dagegen ohne weiteres gelingt, wenn man als Verteilungsmittel einwertige Alkohole,
wie z. B. Methylalkohol, Äthylalkohol oder Propylalkohol, verwendet. Wird der Aufschluß
bei Temperaturen über 25o° in Gegenwart von Kalkhydrat und einer mehrfachen Menge
Alkohol vom Lignin durchgeführt, so wird die Ligninsubstanz während des Aufschlusses
rasch so
weit abgebaut, daß niedrigmolekulare Substanzen in hoher
Ausbeute entstehen, die vorwiegend den Charakter von Phenolen un Phenolcarbonsäuren
besitzen und leicht verwertbar sind. Die Alkohole bewirken 4söe im Gegensatz zum
Wasser bei einem X schluß unter den angegebenen Bedingung eine rasche Aufspaltung
des Lignins. Versucht man, dem alkoholischen Verteilungsmittel steigende Mengen
Wasser zuzusetzen, so zeigt sich, daß bei einem mäßigen Wasserzusatz die Wirkung
dahin gesteigert wird, daß die Bildung von kohleartigen Rückständen gänzlich aufhört.
Fährt man dann mit dem Wasserzusatz weiter fort, so beginnen wieder kohlige Rückstände
zu entstehen, und das Molekulargewicht der gewonnenen flüssigen Substanzen, steigt,
und ihr Charakter wird in ungünstiger Weise verändert. Die günstigste Zusammensetzung
des Verteilungsmittels liegt etwa- bei einem Wassergehalt von io bis höchstens
50 Volumprozent vom angewandten Alkohol. In der Regel reichen i bis 5 Stunden
bei 300" für den Aufschluß hiii. Aus dem Aufschlußprodukt werden zunächst durch
Destillation die leicht flüchtigen Produkte entfernt. Das Destillat besteht aus
dem verwendeten Alkohol vermischt mit den flüchtigen Zersetzungsprodukten, wie Methylalkohol
oder Aceton, welche durch Fraktionierung in bekannter Weise gewonnen werden können.
Der Rückstand wird mit verdünnter Salzsäure zum Zweck der Zerlegung der Kalkverbindungen
und zum Löslichmachen des Kalkes behandelt und mit Wasser ausgewaschen. Der durch
Abdestil-Iieren des Lösungsmittels und der flüchtigen Zersetzungsprodukte verbleibende
Teer enthält keinerlei kohlige Substanz, ist vollständig löslich im organischen
Lösungsmittel und beträgt 8o bis goo;ö des Lignins. Zweckmäßiger wird nach beendetem
Aufschluß Kohlendioxyd in den Autoklaven eingedrückt und bei 300e umgesetzt. Man
erhält so den Kalk als feinpulvriges CaC03 und durch Abfiltrieren und Auswaschen
mit dem Alkohol praktisch - frei von organischen Stoffen. Ebenso sind auch die flüchtigen
Säuren in der alkoholischen Lösung. Der Teer kann in bekannter Weise durch alkalische
Behandlung in Neutralöle, Phenole und Phenolcarbonsäuren getrennt werden. Man kann
aber auch das ursprüngliche, von leicht flüchtigen Bestandteilen befreite Aufschlußgut
zum Zwecke der Abtrennung von neutralen organischen Substanzen entweder mit einem
Lösungsmittel extrahieren oder mit Wasserdampf destillieren und dann erst die Zerlegung
mit Säuren vornehmen.
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Das Ergebnis des Aufschlusses mit Kalkhydrat in Gegenwart von etwas
Wasser enthaltendem Alkohol ist also von den bisher bekannten ähnlichen Aufschlüssen
sowohl qualitativ als quantitativ gänzlich verschieden, nn auch die bekannte Behandlung
mitalko-"lischen Alkalilaugen liefert gänzlich andere esultate. Wird nämlich unter
den sonst gleichen Arbeitsbedingungen mit alkoholischen Alkalilaugen aufgeschlossen,
so gelingt zwar unter Umständen wohl ein rückstandsloser Aufschluß, die erhaltenen
Teere weisen aber ein Durchschnittsmol.ekulargewicht von über 2ooo auf. Dagegen
liegt das Molekulargewicht der erhaltenen Rohteere bei dem vorliegenden Verfahren
bei maximal 500. Es liefert in erster Linie Phenole und Phenolcarbonsäuren und niedermolekulare
Neutralöle, hauptsächlich Phenolderivate, z. B. PhenoJäther, welche 8o bis goo,'o
vom Teer bzw. 7o bis 8o% der ursprünglichen reinen Ligninsubstanz ausmachen. Eine
so hohe Phcnolausbeute konnte aus Lignin bisher überhaupt nicht gewonnen werden.
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Das Verfahren eignet sich in erster Linie für den Aufschluß technischer
Lignine, besonders solcher, die nach anderen Arbeitsweisen bisher überhaupt keine
brauchbaren Zerlegungsresultate ergeben haben, wie die Säurelignine. In zweiter
Linie können aber auch ligninhaltige Stoffe, :also auch stark ligninhaltige Holzsubstanzen
dem Aufschluß zugeführt werden.
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Beispiel i iooo g Säurelignin aus Fichtenholz mit einem Feuchtigkeitsgehalt
von 6 bis 70,ö und einem Kohlehydrat- (Cellulose-) Gehalt von 170;o werden mit 500g
Calciumoxyd und 81 50%igem Äthylalkohol zur Reaktion gebracht. Der Kalk wird in
Form von Kalkhydrat verwendet, bzw. wird das Calciumoxyd vorerst mit dem wässerigen
Teil der Wasser-Alkohol-Mischung gelöscht und zu einer Milch angerührt. Das mit
dem Lignin innig vermischte Aufschlußmittel wird in einem Drehautoklaven i Stunde
auf 3oo' erhitzt. Nachher wird abgeblasen und gleichzeitig unmittelbar aus dein
Autoklaven der flüchtige Anteil abdestilliert. Der Rückstand wird mit verdünnter
Salzsäure aufgenommen, durchgerührt und der entstandene flüssige Teer mit Wasser
ausgewaschen. Es werden erhalten g 16g Teer, welcher zu etwa zwei Drittel in Äther
löslich ist, während das dritte Drittel vollkommen alkohollöslich ist. Kohliger
Rückstand entsteht keiner. Der Teer wird mit verdünnter Natronlauge digeriert und
der nicht in Lösung gegangene Anteil mit Hilfe eines niedrigsiedenden Lösungsmittels,
am besten- T richl:oräthylen, säuberlich von der alkalischen Lösung getrennt. Nach
dem Abdestillieren des leicht flüchtigen Lösungsmittels
bleiben
i i o g neutraler Öle zurück. Die alkalische Lösung wird mit Säure zerlegt, und
es wird so das Gemisch von Phenolen und Phenolcarbonsäuren in einer Ausbeute von
8oo g gewonnen. Aus diesem Ge-,. misch lassen sich nach bekannter Arbeitsweise Phenole
und Phenolcarbonsäuren gesondert gewinnen. Die Phenole bestehen aus den bekannten
H.olzteerphenolen, wie sie in den Holzteeren der Holzdestillation enthalten sind.
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Beispiel 2 In einem Drehautoklaven werden iooo g Lignin (7% Wasser,
i,4.% Schwefelsäure, 0,7% Asche) mit 66o g Kalkhydrat (entsprechend 5009
Calciumoxyd) und 61 9oo/oigen Äthylalköhol 5 Stunden auf ' 3oo bis 31o° erhitzt.
Nach dem Abkühlen wird Kohlensäure bis auf 35 Atm. eingedrückt und bis 3oo° erhitzt,
dann wieder abgekühlt. Die geliundenen Phenole und Phenolcarbonsäuren, aber auch
die flüchtigen Säuren werden dadurch in Freiheit gesetzt. Das gebildete feinpulvrige
Calciumcarbonat wird von der alkoholischen Lösung abfiltriert und ausgewaschen.
Nach dem Abdestillieren des Alkohols und des Wassers verbleiben 873 g Rohteer, aus
dem 17 g flüchtige Säuren, als Essigsäure berechnet, gewonnen werden. Die Vakuumdestillation
des Rohteeres liefert 714g Reinteer, der zwischen 8.o und 28o° übergeht. 135 g lösliches
Pech bleiben zurück. Durch Lauge und Lösungsmittel wird der Reinteer in Neutralkörper,
Phenole und Phenolcarbonsäuren zerlegt. Dabei ergeben sich 395g Neutralkörper,
262g Phenole und 25g
Phenolcarbonsäuren. Die Phenole bestehen im wesentlichen
aus Brenzeatechin- und Pyrogallolhomologen, die in Form ihrer Halb-, Methyl- bzw.
Methylenäther vorliegen und Molekulargewichte von 148 bis i 9 i aufweisen. Die Phenolcarbonsäüren
zeigen ein mittleres Molekulargewicht von 3o5. Die Neutralkörper haben ein mittleres
Molekulargewicht von 2 i o und bestehen zum Teil. aus vollständig verätherten Brenzcatechin-
und Pyrogallolhomologen, zum Teil aus Benzofuran- und Benzopyrankörpern. Berücksichtigt
man die Verunreinigungen des -Lignins mit 9,1 %, so ergibt sich eine Ausbeute von
72,90;o verwertbarer Körper, bezogen auf das Reinlignin. Entgegen dem Beispiel i
wird hier durch die sofort durchgeführte Destillation ein Teil der Phenolcarbonsäuren
in Pech umgewandelt.
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Beispiel 3 In einem Drehautoklaven werden 250g
Lignin mit 165
g Kalkhydrat und 1,5 1 9oo/oigem Isopropylalkohol einige Stunden auf 3oo° erhitzt.
Nach dem Umsetzen mit Kohlensäure wie in Beispie12 und Aufarbeitung in gleicher
Weise erhält man die gleichen Produkte wie beim Aufschluß mit Äthylalkohol, jedoch
in etwas geringerer Ausbeute.