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Verfahren zur Herstellung gesinterter hydraulischer Bindemittel Gegenstand
der Erfindung ist ein Verfahren zur Nutzbarmachung von bituminösen Kalksteinen oder
von silikatischen, Bitumen oder andere schwelbare Bestandteile enthaltenden Stoffen,
wie z. B. Ölschiefer, zur Herstellung von gesinterten hydraulischen Bindetnitteln
unter Nutzbarmachung des Heizwertes der in den Ausgangsstoffen enthaltenen organischen
Bestandteile.
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Es sind schon zahlreiche diesbezügliche Vorschläge gemacht worden.
So hat man z. B. vorgeschlagen, aus den bituminösen Ausgangsstoffen unter Zuschlag
der nötigen Mengen von Kalkstein in einem einzigen Brennprozeß zementartige Bindemittel
zu erbrennen. Hierbei ist aber infolge des zeitlichen und örtlichen Nebeneinanderverlaufes
der einzelnen Reaktionsvorgänge die Erzeugung gleichmäßiger und hochwertiger Erzeugnisse
unmöglich, weil das gesinterte Erzeugnis neben garen ungare Anteile von Kohleneinschlüsse
führender Schieferschlacke enthält.
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Andererseits hat man vorgeschlagen, in einem zweistufigen Verfahren
zunächst die bituminösen Ausgangsstoffe für sich einem Schwel- und Verbrennungsprozeß
zu unterziehen und sodann die erhaltene Schlacke unter Zuschlag kalkhaltiger Stoffe
erneut auf Sinterungstemperaturen zu erhitzen. Es ist aber auf diese Weise nicht
möglich, ein weitgehendes Zusammensintern oder Zusammenschmelzen der bituminösen
Ausgangsstoffe bereits während des ersten Brennvorganges zu vermeiden, was nicht
nur eine für die weitere Verarbeitung höchst unerwünschte Veränderung des chemischen
und physikalischen Charakters der erhaltenen Brennerzeugnisse zur Folge hat, sondern
auch dazu führt, daß große Mengen von während des Brennvorganges in Koks übergeführtem
Kohlenstoff von der Schlacke beim Sintern eingeschlossen und somit der Verbrennung
entzogen werden.
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Ein anderer Vorschlag ging dahin, zunächst Kalkstein mit Ölschiefer
zu brennen, wobei der Kalkstein und der Ölschiefer lagenweise getrennt in den Ofen
eingebracht wurden, sodann den gebrannten Kalk von der verbleibenden Schieferschlacke
zu trennen, was in äußerst mühsamer und kostspieliger Weise von Hand geschehen mußte,
sodann die so getrennt gewonnenen und getrennt gelagerten Bestandteile gesondert
zu brechen, zusammen zu messen, zu vermahlen und schließlich das Gemisch in einer
zweiten Brennstufe im Drehrohrofen sinterzubrennen.
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Auch bei diesem Verfahren haben sich schwerwiegende Nachteile daraus
ergeben, daß die Wärmeübertragung von dem Ölschiefer auf den Kalkstein während des
Brennvorganges infolge der lagenweise abwechselnden Anordnung der genannten Stoffe
so mangelhaft war, daß auch hier in dem Ölschiefer infolge örtlicher Überhitzungen
die bereits erwähnten Sinterungsvorgänge sowie die ebenfalls bereits erwähnten ungünstigen
Wirkungen derselben auf die Beschaffenheit der verbleibenden Schieferschlacke eintraten,
ganz abgesehen von den sich bei dieser Arbeitsweise
für die Führung
des Ofenbetriebes ergebenden enormen Schwierigkeiten sowie den mit der getrennten
Behandlung der Zwischenprodukte verbundenen Nachteilen.
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5 Eingehende Versuche der Erfinderin haben gezeigt, daß befriedigende
Ergebnisse in der Verwertung der in Frage stehenden Ausgangsstoffe für die Zwecke
der Herstellung hydraulischer Bindemittel nur dadurch zu erzielen sind, daß man
unter Zerlegung des Gesamtbrennprozesses in zwei getrennte Vorgänge in der ersten
Verfahrensstufe das Bitumen oder sonstige schwelbare Bestandteile enthaltende Gut
in Anwesenheit von so viel Calciumcarbonat vorbrennt; wie durch die praktisch restlose
Verbrennung der bei der Erhitzung in der Masse verbleibenden festen brennbaren Bestandteile
zerlegt werden kann, und dabei den Kalkstein dem Brennprozeß nicht lagenweise getrennt
von dem die organischen Bestandteile enthaltenden Gut, sondern im Gemisch mit diesem
unterwirft, so daß ein Sintern der Masse nicht eintreten kann, und in der zweiten
Verfahrensstufe alsdann das in der ersten Brennstufe erhaltene, die einzelnen Brennprodukte
bereits in mehr oder weniger inniger Mischung enthaltende Erzeugnis nach dem Mahlen,
gegebenenfalls unter Zuschlag der an der endgültigen Zusammensetzung des gewünschten
hydraulischen Bindemittels noch fehlenden Menge von Kalk, z. B. in Form von Kalkstein,
bei erhöhter Temperatur sinterbrennt.
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Auf diese Weise wird in der ersten Brennstufe ein praktisch vollkommener
Verbrauch und ohne überstarke Hitzeentwicklung ein vollkommenes Ausbrennen des im
Ausgangsstoff vorhandenen und zur Brennzone gelangenden Kohlenstoffes erzielt, indem
durch Wahl der Rohstoffe oder durch Einstellung des Kalkgehaltes des zum Vorbrand
bestimmten Gutes ein Sintern der Masse und ein Umschließen von Teilen des bei der
Erhitzung sich bildenden Kokses durch gesinterte Masse verhindert wird. Während
des Brennens bleibt infolge des durch die Zersetzung des Calciumcarbonats bedingten
starken Wärmeverbrauches die Masse locker und porös, so daß der Luftsauerstoff zu
allen Teilen der Masse stets freien Zutritt hat und somit auch den gebildeten Koks
praktisch restlos verbrennen kann. Durch die bewirkte Temperaturerniedrigung wird
ferner erreicht, daß die im Ausgangsstoff enthaltenen Bestandteile Kalk, Kieselsäure
und Tonerde nicht wie bei der gesinterten oder geschmolzenen Schlacke zu Silikaten
oder Aluminaten zusammentreten, sondern in der lockeren Schieferasche nebeneinander,
z. B. als gebrannter Kalk und freie Kieselsäure, vorhanden sind. Diese Stoffe sind
aber leicht reaktionsfähig und daher viel besser bei der nachfolgenden Sinterbrennstufe
in ein gutes hydraulisches Bindemittel, z. B. Portlandzement, überzuführen als die
eine ganz besonders starke Hitzebehandlung erfordernden gesinterten oder geschmolzenen
Silikate und Aluminate der in bekannter Weise erzeugten Schieferschlacke.
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Die erfindungsgemäß dem Verbrennungsprozeß zuzuführenden Stoffe, .
bituminöser Kalkstein oder ein Gemisch von silikatischen, Bitumen oder andere schwelbare
Bestandteile enthaltenden Stoffen einerseits und kalkhaltigen Stoffen andererseits,
können sowohl in grobkörniger oder stückiger Form wie z. B. auch in Form von aus
pulvrigem oder kleinstückigem Gut hergestellten Formkörpern, Briketten u. dgl. zur
Verwendung kommen. Im allgemeinen sollen die verwendeten Stücke nicht zu groß sein,
da hierdurch eine vollkommene Verbrennung der organischen Bestandteile des Schiefers
erschwert wird, während die Anwendung des kohlenstoffhaltigen Gutes in zu feiner
Form den Nachteil bietet, daß sich während des Verbrennungsprozesses Nester bilden
können, die Kohle einschließen und somit eine vollkommene Verbrennung verhindern.
Es ist aber, wie bereits erwähnt wurde, für einen richtigen Verlauf des ersten c
Brennprozesses und für die Erzielung eines für die spätere Einführung in die zweite
Brennstufe geeigneten Erzeugnisses von Wichtigkeit, daß in der ersten Brennstufe
die Verbrennung der in dem Ausgangsstoff evthal- s tenen organischen Stoffe einschließlich
der darin unter der Einwirkung der Hitze verkokten Anteile praktisch restlos erfolgt.
Im allgemeinen' haben sich z. B. Stückgrößen der Ausgangsstoffe von etwa 5 bis 15
cm Durchmesser als gut brauchbar erwiesen.
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Das Feuer wird in der ersten Brennstufe vorteilhaft ringförmig und
geschlossen gehalten, um eine gleichmäßige Verkokung des Bitumens durch gute Vorwärmung
des Gutes zu erzielen. Falls man aus wirtschaftlichen Gründen, was angängig, aber
für das Verfahren an sich ohne Bedeutung ist, mit dem Vorbrennprozeß die Gewinnung
von Schwelerzeugnissen verbinden will, so empfiehlt es sich, bei dem vor dem eigentlichen
Vorbrennprozeß vorteilhaft bei etwa 3oo bis 500° C durchzuführenden Schwel- und
Verkokungsvorgang zwecks Erzielung guter Ölausbeuten die Einführung überschüssiger
Luft zu vermeiden. Die Abgase sollen alsdann keinen oder nur wenig Sauerstoff, im
allgemeinen nicht mehr als r °%o, enthalten.
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Der Verlauf der Verschwelung und Verkokung kann, wie festgestellt
wurde, durch -i Anwesenheit von Wasserdampf verbessert werden. Da aber die Einführung
des Wasser-
Einwirkung auf das gebildete CaO nicht angebracht ist
und bei der Einführung des Wasserdampfes in die Verkokungs- bzw. Schwelzone keine
vollkommene Verteilung des Wasserdampfes über den ganzen Ofenquerschnitt erreicht
wird, wird nach einer besonderen Ausführungsform der Erfindung das erforderliche
Wasser in Form von Calciumhydroxyd in die Masse eingeführt, z. B. derart, daß Calciumhydroxyd
zusammen mit dem kohlenstoffhaltigen Ausgangsstoff, z. B. Feinschiefer, brikettiert
wird und diese Brikette in geeigneten Mengen der Beschickung zugesetzt «-erden.
Bei dein nach der Schwelung und Verkokung folgenden Verbrennungsprozeß - am Anfang
der Verbrennungszone herrscht eine Temperatur von etwa 50ö° C -zerfällt das Calciumhydroxyd
alsdann im Ofen in CaO und H.0.
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Bei Verwendung hochwertigen Ölschiefers wird der Kohlenstoffgehalt
desselben in vielen Fällen ausreichen, um auch bei Zusatz der ganzen zur Erzielung
z. B. eines Portlandzeinent-Rohgemisches nötigen Menge von Kalkstein diese in dem
ersten Brennprozeß in ausreichendem Maße zu brennen, so daß auf besondere Zuschläge
von Brennstoffen verzichtet werden kann und trotzdem ein zur unmittelbaren Weiterverarbeitung
z. B. auf Portlandzement geeignetes Gemisch von gebranntem Kalk und Schieferasche
erhalten «-ird, welches praktisch keinen Glühverlust mehr besitzt.
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Bei Verarbeitung minderwertigen Ölschiefers kann man dagegen z. B.
so vorgehen, daß man entsprechende Mengen von Brennstoffen zuschlägt. Zweckmäßiger
verfährt man aber derart, daß man entsprechend geringere eiengen von Kalkstein in
den Vorbrennprozeß einführt. Angenommen z. B., daß iooo Teile 96%iger Kalkstein
und 70o Teile (5Ischiefer eine geeignete Portlandzement-Rohmischung ergeben würden,
daß aber infolge geringen Kohlenstoffgehaltes des Ölschiefers diese 70o Teile nur
ausreichen würden, um 55o Teile des Kalksteins gar zu brennen, so würde man bei
Verzicht auf Zuschlag von Brennstoffen ein nur teilweise entsäuertes Vorbrennerzeugnis
mit etwa 1,9 % Glühverlust erhalten, oder es würden mit anderen Worten von den insgesamt
verwendeten t ooo Teilen Kalkstein q.50 Teile unverändert bleiben und die Ofenanlage
nur unnötig belasten. In derartigen Fällen wird man zweckmäßiger so arbeiten, daß
man den Vorbrennofen nur mit 55o Teilen Kalkstein und oo Teilen Schiefer beschickt
und die übrigen q.50 Teile erst nach Beendigung des ersten Brennprozesses dem vorgebrannten
Gute zusetzt, und zwar vorteilhaft unter Verwendung der beim Brechen des Kalksteins
abfallenden feinen Stückchen. Der Zuschlagskalk kann, wie sich gezeigt hat, unter
Verzicht auf besondere Vortrocknung zugesetzt werden, da der gebrannte Kalk die
geringe Feuchtigkeit des Zuschlages ohne weiteres aufzunehmen imstande ist. Weiterhin
hat es sich in gewissen Fällen als vorteilhaft erwiesen, der Beschickung des Ofens
Flußspatin passenden Mengen zuzuschlagen.
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Das vorliegende Verfahren bietet vor bekannten Verfahren noch den
Vorteil erheblicher Ersparnisse an Zerkleinerungsarbeit. Da bei dem gewöhnlichen
Portlandzementprozeß die Rohstoffe bekanntlich etwa 35 bis .4o °/o Glühverlust durch
das Entweichen der Kohlensäure erleiden, so muß man also bei dem bekannten Portlandzementverfahren
zur Herstellung von etwa 300 t Klinker rund 4.6o t harten Materials bewegen und
müllern, während nach vorliegendem Verfahren nur 300 t vom Vorbrennprozeß zur Mühle
zu befördern, zu vermahlen und von hier aus zum Sinterprozeß gebracht zu werden
brauchen. Im übrigen hat es sich gezeigt, daß die Vermahlung des unter Vermeidung
des Sinterns vorgebrannten Gutes einfacher und rascher durchführbar ist als die
des Rohgutes.
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Bei Verarbeitung hochölhaltiger Schiefer kann man z. B. auch derart
verfahren, daß man den Schiefer zunächst in einem besonderen an sich bekannten Verfahren
unter Gewinnung der Schwelerzeugnisse für sich verschwelt und die hierbei anfallenden,
den bei dem Verschwelungsvorgang gebildeten Koks enthaltenden Rückstände an Stelle
von Ölschiefer oder gegebenenfalls auch neben solchem in den Vorbrennprozeß einführt.
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Das vorgebrannte Gut wird, nötigenfalls nach Zuschlag der an der endgültigen
Zusammensetzung des gewünschten hydraulischen Bindemittels noch fehlenden Mengen
von Kalk oder Kalkstein zunächst gemahlen und sodann in üblicher Weise sintergebrannt.
Da der Kalk des vorgebrannten Erzeugnisses keine oder nur noch wenig Kohlensäure
gebunden enthält, ist der Sinterbrennprozeß im Vergleich zu dem bekannten Portlandzementbrennprozeß
unter beträchtlicher Kohlenersparnis durchführbar. Aus diesem Grunde kann man beim
Brennen im Drehrohrofen mit kürzeren Drehrohren als den sonst üblichen auskommen.
Hierbei ist eine Anfeuchtung des Rohmehles zweckmäßig zu vermeiden., Es hat sich
gezeigt, daß Portlandzement beliebiger Herkunft, beispielsweise auch erfindungsgemäß
hergestellter Portlandzement, mit Hilfe von Schieferkalk, wie solcher z. B. aus
dem vorstehend beschriebenen Vorbrennprozeß hervorgeht, mit Vorteil auf Mischzement
verarbeitet werden kann, ohne daß ein
Nachlassen der Festigkeit
eintritt. Es haben sich z. B. Schieferkalkzusätze bis zu 35 °/o und mehr als möglich
erwiesen, ohne daß Qualitätsverschlechterungen in Erscheinung getreten wären. Bei
dieser Anwendungsweise wird der Schieferkalk zweckmäßig in gelöschtem Zustande angewendet.