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Verfahren zur Herstellung konzentrierter Essigsäure. Es ist bekannt,
daß man durch Extraktion von verdünnten wässerigen Essigsäurelösungen mit in Wasser
schwer oder unlöslichen" für Essigsäure aber .ein großes Lösungsvermögen besitzenden
flüssigen Lösungsmitteln die Essigsäure in mehr oder minder vollkommener Weise extrahieren
und sie nach geeigneter Trennung von dem Lösungsmittel in gegenüber Wasser konzentrierterer
Form, als sie im Ausgangsmaterial vorhanden war, gewinnen kann.
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Es wurde nun gefunden, daß sich die Extraktion von Essigsäure aus
verdünnten, wässerigen Essigsäurelösungen in unerwartet günstiger
Weise
und mit einem unvergleichlich besseren Erfolg durchführen läßt, wenn die Essigsäure
dem beispielsweise auf Temnperaturen bis zu i So' überhitzten Gemisch von Essigsäure-
und Wasserdampf unter Anwendung derselben Extraktionsmittel entzogen wird, welche
der Erfinder schon früher zu dem gleichen Zwecke empfohlen hat. Dies sind Lösungsmittel,
welche bei geringer oder verschwindender Löslichkeit in Wasser und einem hohen Lösungsvermögen
für Essigsäure einen über i 5o' liegenden, also wesentlich höheren Siedepunkt als
reine Essigsäure besitzen. Als derartige Lösungsmitte. kommen hauptsächlich in Betracht:
hydroxylgruppenhaltige, aromatische Verbindungen, also hauptsächlich der Phenolgruppe
angehörige Körperoder auch Gemische derselben, wie etwa einwertige Phenole (mit
Auss chluß der Karbolsäure), z. B. Kresole, mehrwertige Phenole, insbesondere in
Form ihrer Äther (Guajacol und Homologe), hydrierte Phenole, wie z. B. Hexahydrokresole
und Derivate der obengenannten Verbindungen, schließlich alle natürlichen oder künstlichen
Gemische, welche die obenerwähnten Verbindungen enthalten, insbesondere schwere
phenolische Holzte,eröle (Kreosote), Braunkohlenteerkreo:s,obeundSteinkohlenteerkreosote,
ferner flüssige Fettsäuren mit einem Siedepunkt über 15o°, wie z. B. die höheren
Homologen der Essigsäure oder auch. ölsäure. Die Überhitzung des Gemisches von Essigsäure-
und Wasserdampf kann auf zweierlei Art erfolgen: entweder man führt dem Extraktionsapparat,
der in geeigneter Weise als Kolonne ausgebildet ist, von unten überhitztes Essigsäure-Wasserdampf-Gemisch
zu und schickt diesem überhitzten Dampfstrom das vorgewärmte Extraktionsmittel entgegen,
wobei der von Essigsäure befreite Wasserdampf am .oberen. Ende der Kolonne entweicht,
während am unteren. Ende der Kolonne das Extraktionsmittel, gesättigt mit konzentrierter
Essigsäure, abfließt. Oder man führt den Prozeß derartig durch, daß man nicht überhitztes
Essigsäure-Wasserdampf-Gemisch unten in die Kolonne einführt, dagegen die Kolonne
auf solche Temperaturen beheizt, daß die Essigsäure-Wasserdämpfe in der Kolonne
überhitzt werden.
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Bekanntlich verbalten sich gesättigte Dämpfe ganz anders als überhitzte.
In dem vorliegenden Falle nimmt das Lösungsmittel viel größere Mengen an
konzentrierter -Essigsäure im Vergleich zum Eigengewicht auf, als wenn die Extraktion
mit :nicht überhitzten Dämpfen erfolgt. Gleichzeitig ist die in. dem Extraktionsmittel
enthaltene Essigsäure von- viel höherer Konzentration, als wenn die Extraktion mit
dem gleichen Extraktionsmittel aus dem kalten oder warmen flüssigen Essigsäure-Wasser-Gemisch
oder aus dem Gemisich der gesättigten Essiigsiäure-Wasserdämpfe erfolgt. Dies ist
auch -ohne werteres erklärlich, da die Löslichkeit des überhitzten Wasserdampfes
in den Extraktionsmittel. eine verschwindende ist, während die Löslichkeit des überhitzten
Essigsäuredampfes eine sehr bedeutende ist. Durch die Dampfdruckverminderung, welche
die Essigsäure über dem Extraktionsanittel erfährt, wird .ihr Siedepunkt ganz wesentlich
erhöht, also über i i9° gehoben, während bei dieser Temperatur der auf i i9° überhitzte
Wasserdampf mangels jeglicher Dampfdruckverminderung über dem Extraktionsmittelentweichen
kann. Es spielt sich also der Extraktions- und Anreicherungsprozeß bei Temperaturen
zwischen ioi° bis 130° ab, also über der Temperatur des gesättigten Essigsäune-W
asserdampf-Gemisches, weiches -dem Prozeß zugeführt wurde, sofern es sich um verdünnte
Essigsäure von etwa io Prozent handelt.
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Im Patent 281 o93 wird zwar ebenfalls ein Verfahren beschrieben, bei
welchem Essigsäure aus einem Wasserdampf-Essigsäure-Gemisch in überhitztem Zustande
entzogen wird. In diesem Verfahren arbeitet man jedoch mit einem festen Absorptionsmittel
(Holzkohle), in welchem die Essigsäure eantsprechend der höheren Siedetemperatur
und dem höheren Molekulargewicht zwar in stärkerem Maße absorbiert wird als das
Wasser, dieses jedoch gleichfalls von Holzkohle absorbiert wird; man kann daher
bei dem bekannten Verfahren nur ,ein Absorptionsgleichgewicht zwischen Wasser und
Essigsäure erreichen" während in. dem 'Verfahren gemäß der Erfindung das flüssige
Extraktionsmittel ein hohes Lösungsvermögen für Essigsäure, für Wasser aber fast
gar kein Aufnahnevermögen besitzt, so daßeine bedeutend weitergehende Trennung von
Essigsäure und Wasser erzielt wird. Überdies muß bei dem genannten Absorptionsverfahren
periodisch gearbeitet werden, während nach dem den Gegenstand der Erfindung bildenden
Verfahren im kontinuierlichen Betrieb gearbeitet wird. Das Absorptionsmittel (Holzkdhle)
wird abwechselnd mit Essigsäure zu beladen und hernach meiner anderen Betriebsphase
die Essigsäure durch Erhitzen auf höhere Temperatur wieder auszutreiben sein. Überdies
gelingt es nicht, die Essigsäure -durdh bloßes Erhitzen ebies solchen Absorptionsmittels
vollständig aus demselben zu entfernen, sondern es ist :eine solche Entfernung vollständig
nur mit Hilfe eines Verdrängungsmittels durchzuführen. Ans allen diesen Grüniden
kommt die praktische technische Anwendung ,eines Absorptionsverfa;hrens mit Kohle
gar nicht in Frage. ' In der Zeichnung sind in Abb. i und Abb. 2
beispielsweise
Aus£ührungsform:en von zur Durchführung des vorliegenden Verfahrens dienenden Vorrichtungen
schematisch teilweise im Längsschnitt dargestellt.
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Nach Abb. i wird z. B. ioprozentige Essigsäure durch ein Rohr i in
eine Blase 2 geleitet und mittels eines Schlangenrohres 3 verdampft. Die Dämpfe
strömen durch das Röhr q. in eine mit Füllkörpern, wie z. B. Ringen o. dgl., gefüllte
Kolonne 5, durch welche ein Heizrohr 6 achsial hindurchgeht. Durch das Rohr 7 fließt
beständig, und zwar in gleicher Menge wie das zugeführte Essigsäure: Wasserdampf-Gemisch,
Rohkresol zu. Durch das Heizrohr 6 wird von unten erwärmte Luft geleitet, so daß
die Temperatur der Kolonne am oberen Ende nicht wesentlich mehr als ioo° beträgt,
während weiter unten die Temperatur entsprechend höher liegt, so daß bei der Eintrittsstelle
des Essigsäure -Was:s@erdampfröhres q. diese eintretenden Dämpfe überhitzt werden.
Am unteren Ende der Kolonne fließt durch den Siphon 8 heißes Kresol, welches mit
einer Essigsäure von 8o bis go Prozent beladen ist, ununterbrochen ab und kann in
einem anschließenden Deistillationsapparat, am geeignetsten im Vakuum, ebenfalls
ununterbrochen in seine beiden Bestandteile Rohkresol und hochkonzentrierte Essigsäure
(von 8o bis go Prozent) zerlegt werden. Durch das Rohr i i am oberen Ende der Kolonne
entweicht der Wasserdampf. Die Beheizung der Kolonne kann ebensogut durch einen
Heizmantel oder ve=rmittels einer durch die Kolonne führenden Heizschlange für den
Heißwasser- oder Dampfbetrieb erfolgen. Arbeitet man in sonst gleicher Weise, aber
ohne Überhitzung der Dämpfe, so läuft aus der Kolonne ein Kresol ab, welches mit
Essigsäure von nur 3o Prozent beladen ist.
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Abb. 2 zeigt ,eine Ausführungsform des Kolonnenapparates, bei der
das etwa ioprozentige Essigsäure-Wasserdampf-Gemisch vor seinem Ein=tritt in .die
Kolonne überhitzt wird. Hier zieht das Dampfgemisch aus der Blase 2 zunächst durch
ein Schlangenrohr g, das in einem Gefäß i o liegt, welches mit einer 9eeigneten
Heizflüssigkeit gefüllt ist, und tritt in überhitztem Zustande in die Kolonne 5
über, deren Füllkörper aus dem Rohr 7, das in eine Brause i o endet, Rohkre:sol
o. dgl. rieselt. Auch hier .entweicht durch das Rohr i i der Wasserdampf, während
durch den Sli-. phon 8 ununterbrochen eine Lösung von 8o bis go Prozent Essigsäure
in Kresol abfließt. Die Heizung der Kolonne erfolgt hier durch das überhitzte Essigsäure-Wasserdampf-Gemisch.
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In den vorausgehenden Beispielen ist nur von Rohkresol als Lösungsmittel
für die Essigsäure die Rede. Es versteht sich aber von selbst, daß ebensogut die
anderen früher angeführten Flüssigkeiten verwendet werden können, ohne daß die Arbeitsweisie
und die Apparatur einer Abänderung bedürfte.