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Verfahren zum Färben und Drucken von Celluloseacetatseide. Das Färben
der aus Acetylcellulose hergestellten Kunstseide hat bisher einige Schwierigkeiten
geboten. Die meisten der in Wasser leichtlöslichen Farbstoffe des Handels sind entweder
Natronsalze der Sulfosäuren oder salzsaure Salze der starken Farbbasen. Sie besitzen
nur geringe Affinität für diese Faser, und die erhaltenen Färbungen sind mit Seife
leicht abwaschbar.
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Es wurde nun gefunden, daß man- wasch-und seifenechte Färbungen auf
Acetatseide erhält, wenn man sie mit den leichtlöslichen Alkyl-w-sulfonsäuren von
Aininoazoverbindungen, die keine Sulfogruppen enthalten, färbt. Das Verfahren gestattet
die Erzeugung wertvoller Effekte beim Färben von gemischten Stoffen, welche Baumwolle,
Leinen, Wolle u. dgl. zusammen mit Acetylcellulose enthalten.
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Werden die Alkyl-w-sulfonsäuren der Aminoazoverbindungen in schwach
alkalischer, wäßriger Lösung erhitzt, so wird der Alkyl-w-sulfonsäurerest abgespalten.
Führt man diese Reaktion im Färbebad aus, dann werden die schwerlöslichen Aminoazoverbindungen
im Entstehen von der Acetatseide aufgenommen. Die von der Faser aufgenommenen primären
Aminoazoverbindungen lassen sich diazotieren und mit verschiedenen Aminen, Phenolen
und Aminophenolen entwickeln, so daß man eine große Reihe von Farbtönen einschließlich
violett, blau und schwarz in einfacher Weise erzeugen kann.
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Die Alkyl-w-sulfonsäuren, welche man für dieses neue Färbeverfahren
verwendet, sind in erster Linie Azoverbindungen, welche die Gruppe -NH-Alk-S03H
einmal oder zweimal enthalten. Der Farbstoff darf nicht im Kern sulfoniert sein.
Die am Stickstoff gebundene Alkyl-w-sulfonsäuregruppe verleiht dem Farbstoff die
nötige Wasserlöslichkeit, wird aber bei dem Färbeprozeß abgespalten.
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Die Alkyl-w-sulfonsäuren erhält man durch Behandlung einer Aminoazoverbindung
mit Formaldehydbisulfit oder durch Kuppeln einer nichtsulfonierten Diazoverbindung
mit einer Methyl-w-sulfonsäure eines primären Amins oder durch Reduktion der Nitrogruppe
einer solchen Aminoazomethyl-w-sulfonsäure, welche durch Kuppeln mit diazotiertem
p-Nitranilin o. dgl. erhalten wurde, ferner auch durch Kuppeln .eines nichtsulfonierten
Amins oder Phenols mit einer Diazoverbindung, welche sich von einem Diamin ableitet,
dessen eine
Aminogruppe durch Behandlung mit Formaldehyd und Bisulfit in das
Methyl-w-sulfonsäurederivat übergeführt worden ist.
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Nicht allein die sich von primären Aininoazoverbindungen ableitenden
Methyl-w-sulfonsäuren, sondern auch solche aus Monoalkylazobasen können Verwendung
finden. Diese Farbstoffe können, insofern sie nicht eine primäre Aminogruppe oder
eine zweite an einer primären Gruppe gebundene Methyl-w-sulfonsäuregruppe enthalten,
nicht diazotiert und entwickelt werden und können nur für sich allein oder im Gemisch
verwendet werden. Ist jedoch bei diesen sekundären Farbstoffen außer der Alkylaminogruppe,
an welcher der Methyl-m-sulfonsäurerest gebunden ist, eine weitere primäre Aminogruppe
vorhanden, weiche auch eine Methyl-x,-sulfosäuregruppe binden kann, so können die
hiermit erzielten Färbungen durch Diazotieren und Entwickeln vertieft werden.
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Nichtdiazotierbare Farbstoffe obiger Art können beispielsweise durch
Kuppeln von nichtsulfonierten Diazoverbindungen mit dem Reaktionsprodukt von Natriumformaldehydbisulfit
und Monoalkylanilin erhalten werden, während diazotierbare durch Kuppeln von diazotiertem
p-Nitranilin mit dem gleichen Reaktionsprodukt mit darauffolgender Reduktion der
Nitrogruppe mit Schwefelnatrium erhalten werden.
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In ähnlicher Weise, wie Methyl-w-sulfonsäuren unter Verwendung von
Formaldehyd und Bisulfit entstehen, können andere Alkyl-w-sulfonsäuren durch Benutzung
von anderen Aldehyden anstatt Formaldehyd hergestellt werden. Die so erhaltenen
Farbstoffe sind meistens weniger beständig als die Methyl-w-sulfosäuren und können
daher mit Vorteil benutzt werden in Fällen, bei welchen das Färben bei niedrigerer
Temperatur erwünscht ist.
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Die genannten Farbstoffe besitzen meistens keine nennenswerte Affinität
für Baumwolle und Leinen. Wird ein aus Acetatseide und z. B. Baumwolle bestehender
Stoff nach dem neuen Verfahren gefärbt, so bleibt die Baumwolle nahezu ungefärbt;
wird eine Mischung eines Baumwollfarbstoffes mit einem Methyl-",-sulfosäurefarbstoff
angewandt, so färbt erst ere die Baumwolle und letztere die Acetatseide an. Sind
beide Farbstoffe hierauf diazolierbar, so können sie diazotiert und entwickelt werden,
wobei verschiedene oder gleiche Farbtöne erhalten werden können. Hierbei kann die
Tatsache verwertet werden, daß in der Regel die Diazoverbindungen auf Baumwolle
sich z. B. mit 3-Naphthol viel rascher kuppeln als die auf der Acetatseide befindliche
Diazoverbindung. Es ist also möglich, die Farbe auf der Baumwolle mit einem Entwickler
zuerst und daraufhin mit einem zweiten Entwickler den gewünschten Farbton auf der
Acetatseide zu erzeugen.
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Das für gemischte Stoffe aus Acetatseide und Baumwolle Gesagte gilt
auch für Mischungen von Acetatseide und Viscoseseide, da die Färbeeigenschaften
der letzteren denjenigen der Baumwolle im wesentlichen gleichen.
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Schließlich läßt sich das Verfahren zum Drucken auf Stoffe, die aus
Acetatseide bestehen oder sie enthalten, anwenden, Wird z. B. eine verdickte, vorzugsweise
schwach organisch angesäuerte Lösung einer Methyl-visulfonsäure auf ein solches
Gewebe gedruckt, getrocknet und gedämpft, so wird die Acetatseide gefärbt, während
nach dem Waschen etwa vorhandene Baumwolle weiß bleibt. Enthält der aufgedruckte
Farbstoff eine primäre Aminogruppe, so kann er diazotiert und entwickelt werden.
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Beispiel i. Acetatseidegarn wird etwa x Stunde bei 6o bis 8o ° C gefärbt
in einem Bad, welches i Prozent von dem Farbstoff der Formel
enthält. Das Bad wird zweckmäßig mit i Prozent konzentrierter Salzsäure angesäuert
oder mit i Prozent Soda alkalisch gemacht. Die Kunstseide wird lebhaft gelb gefärbt
und kann mit schwachem Ammoniak gespült werden.
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Beispiel a.
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Die nach Beispiel i erhaltene gelb gefärbte Acetatseide wird durch
5 Minuten langes Hantieren in einem kalten Bade, enthaltend 3 g Natriumnitrit und
io g konz. Salzsäure pro Liter Wasser, diazotiert. Die Farbe schlägt nach Dunkelblau
um. Nach dem Spiilen mit Wasser wird die Seide in ein vorzugsweise warmes Entwicklungsbad
gebracht. Je nach dem gewählten Entwickler können folgende Farbtöne erhalten werden:
mit Dimethylanilin .... rot, |
mit Acetessigester..... orange, |
mit m-Aminophenol -. . . bläulichrot, |
mit m-Phenylendiamin. rotweinfarbig, |
mit Aminonaphthol(i :7) dunkelpurpur, |
mit ,3-Naphthylamin... bläulichrot, |
mit a-Naphthylamin- |
äther ............. purpurbisschw<1rz, |
mit Phenol ..... . .... orangebraun, |
mit P-Naphthol....... purpur, |
mit 3-Oxynaphthoesäure marineblau bis |
schwarz. |
Für die Entwicklung braucht man io bis
30 Minuten, worauf die Seide gespült
wird.
Beispiel 3.
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Garn aus Acetatseide wird nach Beispiel i unter Verwendung des Farbstoffs
gefärbt. Man erhält ein lebhaftes Orange. Die so gefärbte Seide kann nach Beispiel
e diazotiert und entwickelt werden, wobei folgende Färbungen erzielt werden:
mit Resorcin . . . . . . . . . . . orange, |
mit Acetessigester ....... gelb, |
mit ß-Naphthol . . . . . . . . . lebhaft rot, |
mit a-Naphthol ......... bläulichrot, |
mit m-Aminophenol ..... rot, |
mit m-Aminonaphthol (1: 7) purpur, |
mit ,ß-Naphthylamin ..... . . . . rotweinfarbig, |
mit a-Naphthylaminäther . dunkelbraun, |
mit m-Phenylendiamin ... dunkelrot. |
Diese Entwickler werden in 1/,- bis iprozentiger Lösung verwendet, und die Seide
wird 1/2 Stunde in dem Bad behandelt.
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Beispiel q.. . Mercerisiertes Baumwolltuch, welches mit Effektfäden
verziert ist, oder auch Strumpfwaren, die zum Teil aus Acetatseide und zum Teil
aus Baumwolle bestehen, werden bei 6o bis 8o° C gefärbt mit einem Gemisch von Chlorazol
Schwarz B. H. und dem Farbstoff von Beispiel 3; dem Färbebad fügt man noch
io Prozent Kochsalz und i Prozent Soda zu. Nach dem Färben und Spülen wird nach
Beispiel 2 diazotiert und nach dem Waschen mit ß-Naphtholnatrium entwickelt. Die
Baumwolle wird marineblau und die Acetatseide lebhaft rot gefärbt.
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Wird anstatt ß-Naphtliol i .7-Aminonaphthol als Entwickler verwendet,
so wird die Kunstseide dunkelpurpur und die Baumwolle schwarz gefärbt.
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Beispiel 5.
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Mit Acetatseide gesticktes Baumwolltuch wird bei 6o bis 8o° C mit
einem Gemisch von Primulin und dem Farbstoff von - Beispiel i gefärbt. Nach dem
Färben ist sowohl die Baumwolle als auch die Seide gelb gefärbt, erstere mit Primulin,
letztere mit der Aminoazoverbindung, entstanden durch Abspaltung der ue-Methylsulfosäuregruppe
während des Färbens. Hierauf wird nach Beispiel 2 diazotiert und gespült. Nun wird
die Ware nur i Minute lang in einem Entwicklungsbad, enthaltend ß-Naphtholnatrium,
eingetaucht, worauf die Baumwolle rot wird, während Seide unverändert bleibt. Diese
kann nach dem Spülen, um überschüssige ß-Naphthollösung zu entfernen, mit u-Naphthylaminäther
durch 1/2stündiges Behandeln in einer Lösung desselben entwickelt werden. Alsdann
wird nochmals gespült. Auf diese Weise erhält man schwarze, seidene Stickerei auf
rotem Grund.
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Wäre a-Naphthylaminäther als erster und Resorcin als zweiter Entwickler
verwendet worden, so würde man orangeseidene Stickerei auf einem blauen, baumwollenen
Grund erhalten.
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Beispiel 6.
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Acetatseide wird bei 5o bis 6o' C gefärbt in einem Bad, enthaltend
i Prozent des Farbstoffs
erhaltbar durch Behandlung von Aminoazobenzol mit Benzaldehyd und Natriumbisulfit.
Das Bad darf neutral oder schwach alkalisch oder sauer sein. Die Seide wird gelblich
angefärbt, und nach dem Diazotieren und Entwickeln erhält man folgende Nuancen
mit Dimethylanilin . ... lebhaft scharlach, |
mit Phenol . . . . . . . . . . . orangegelb, |
mit Resorcinol . . . .. . .. orangebraun, |
mit ,ß-Naphthol ....... ponceau, |
mit ,ß-Oxynaphthoesäure bläulichrot. |
Mit dem Farbstoff aus Diazo-m-nitranilin und Dimethylanilin-w-sulfosäure (erhalten
aus Monomethylanilin und Formaldehydbisulfit) erhält man auf Acetatseide ein lebhaftes
Gelb, welches nicht diazotierbar ist. Ein Karmoisinrot erhält man beim Färben mit
dem Farbstoff aus diazotiertem Dinitranilin und Äthylanilinmethyl-m-sülfosäure (aus
Monoäthylanilin und Natriumformaldeliydbisulfit).