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Die Erfindung betrifft eine Elektrode für die elektrolytische Zerlegung
von Salzsäure, die eine Trägerelektrode aus Graphit und eine oberflächliche Auflage
aufweist.
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Es ist bekannt, Salzsäure mit Hilfe des elektrischen Stroms in Chlor-
und Wasserstoffgas zu zerlegen. Dieses Verfahren hat neben der elektrochemischen
Zerlegung von Alkalichloriden an technischer Bedeutung gewonnen, da mit seiner Hilfe
eine großtechnische Erzeugung von Chlor aus bei Chlorierungsprozessen anfallender
Salzsäure möglich isst. Darüber hinaus ist die Gewinnung von Chlor aus Salzsäure
nicht - wie bei der Chloralkali-Elektrolyse - mit der gleichzeitigen Erzeugung von
Alkali belastet.
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Bei der Zerlegung der Salzsäure finden vor allem Graphitelektroden,
die vorzugsweise als Mittelleiter in Elektrolyseuren der -sogenannten Filterpressenbauart
geschaltet sind, Verwendung. Die Graphitplatten wirken hierbei auf der einen Seite
als Anode, auf der anderen, zum nächsten Zellenelement gehörenden Seite als Kathode.
Die sonst in der technischen Elektrolyse häufig verwendete Elektrode aus Eisen konnte
sich bei der Salzsäureelektrolyse nicht durchsetzen, weil sie nach Abschalten des
Stroms einem sehr starken Säureangriff ausgesetzt ist und sich zu einem erheblichen
Teil löst.
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Graphit als Elektrodenmaterial haftet jedoch ein großer Nachteil an,
weil Wasserstoff nur durch Kompensation einer großen überspannung abgeschieden werden
kann. Es hat daher nicht an Versuchen gefehlt, die zu kompensierende Wasserstoffüberspannung
bei der Abscheidung an Graphitelek troden durch geeignete Maßnahmen möglichst weitgehend
aufzuheben. Eine Maßnahme besteht z. B. darin, auf der Kathode geringe Mengen eines
Metalls niederzuschlagen. Als derartige Metalle, die bei der Salzsäure-Elektrolyse
für die Herabsetzung der kathodischen Wasserstoffüberspannung geeignet sind, wurden
bisher Platin, Palladium, Kupfer, Nickel, Antimon, Silber, Molybdän, Kobalt und
Eisen genannt (deutsche Auslegesehrift 1216 852, französische Patentschrift 1208
508 und deutsche Patentschrift Nr. 3725 des Amtes für Erfindungs- und Patentwesen
in Ost-Berlin).
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Die Erzeugung der Überspannung herabsetzenden Schichten auf den als
Kathoden dienenden Graphitelektroden erfolgt im allgemeinen in der Weise, daß der
als Elektrolyt dienenden Salzsäure mehr oder weniger große Mengen eines Metallsalzes,
vorzugsweise des jeweiligen Metallchlorids, zugesetzt werden. Beim Beginn des elektrolytischen
Prozesses, d. h. nach dem Einschalten des zur Elektrolyse verwendeten Gleichstroms,
scheidet sich dann aus dem Elektrolyten Metall auf der Kathode ab, wodurch eine
Herabsetzung der kathodischen Wasserstoffüberspannung bewirkt wird. Nach der Patentschrift
Nr. 3725 des Amtes für Erfindungs- und Patentwesen in Ost-Berlin kann die Metallabscheidung
von Antimon, Nickel, Kupfer oder Silber auch vor der Elektrolyse erfolgen.
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Es hat sich jedoch gezeigt, daß alle bisher vorgeschlagenen Maßnahmen
erhebliche Nachteile aufweisen, die ihrer großtechnischen Verwendung im Dauerbetrieb
entgegenstehen. Bei den meisten in der eben beschriebenen Weise abgeschiedenen kathodi-
t sehen Niederschlägen tritt eine wesentliche Herabsetzung der Wasserstoffüberspannung
nur für kurze Zeit ein. Danach steigt die Zellenspannung während der. Elektrolyse
wieder, bis schließlich praktisch die vor 'der Zugabe des Salzes herrschende Zellenspannung
erreicht ist. Dieses sogenannte »Altern« der kathodischen Schichten ist auf zwei
Erscheinungen zurückzuführen: 1. Die auf den Graphitkathoden abgeschiedenen Metalle
lösen sich infolge mechanischer Beanspruchung in kleinen Teilchen allmählich ab
und sinken als Schlamm zu Boden. Dies ist insbesondere bei der Verwendung von Platin,
Palladium und' Antimon der Fall.
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z. Bei Aufhebung der kathodischen Polarisation werden die abgeschiedenen
Metallschichten durch die als Elektrolyt dienende heiße Salzsäure angegriffen und
wieder aufgelöst. Selbst Abscheidungen aus der Gruppe der Platinmetalle werden durch
chlorhaltige Salzsäure, die aus dem jeweiligen Anodenraum herandiffundiert, stark
angegriffen.
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Als Abhilfe gegen die unter 1 aufgeführte Erscheinung ist bisher vorgeschlagen
worden, nach Ansteigen der Zellenspannung auf den Wert vor Zugabe des Metallsalzes
den Schlamm aus den Elektrolysezellen zu entfernen, aufzuarbeiten und erneut als
lösliches Metallsalz dem Elektrolyten zuzusetzen. Ein solches Vorgehen bereitet
jedoch bei der filterpressenartigen Bauweise der Elektrolysezellen technisch so
große Schwierigkeiten und erfordert ständig sich wiederholende unerwünschte Unterbrechungen
der Elektrolyse, daß die Nutzung solcher Verfahren in der- Praxis schwierig ist.
Außerdem erhält man durch die bekannten Maßnahmen im zeitlichen Mittel nur einen
geringen Spannungsgewinn, da die volle Beseitigung der Waserstoffüberspannung wegen
des ständigen »Alterns« der Schicht nur kurze Zeit möglich ist.
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Das nach Abschalten der Elektrolysezelle, also nach Aufhebung der
kathodischen Polarisation, im Elektrolyten in Lösung gegangene Metall wird zwar
nach Wiedereinschalten der Elektrolysezelle wieder auf den Kathoden abgeschieden,
doch hat sich gezeigt, daß diese Abscheidung häufig in sehr unerwünschten Formen
stattfindet. Da die Abscheidungsbedingungen des Metalls praktisch gleich den jeweiligen
Betriebsbedingungen beim Wiedereinschalten der Elektrolysezelle sind, können völlig
verschiedene Formen von Abscheidungen mit verschiedenen Graden elektrochemischer
Aktivität auftreten. Darüber hinaus hat sich bei der Abscheidung verschiedener Metalle
gezeigt, daß die Abscheidungen in Form von spitzen Dendriten oder knollenförmig
an Stellen der höchsten Stromdichte auftreten, bei Elektrolysezellen filterpressenförmiger
Bauart durch das Diaphragma hindurchwachsen und zu Löchern im Diaphragma führen
können. Dadurch wird die Reinheit der in den Elektrolysezellen erzeugten Gase in
einem Maße herabgesetzt, daß die weitere Fortsetzung des Elektrolysebetriebs nicht
mehr vertretbar ist.
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Die vorliegende Erfindung vermeidet die vorstehend erwähnten Nachteile
und führt zu Elektroden, die sowohl die kathodische Wasserstoffüberspannung herabsetzen
als auch gegen mechanische und chemisch korrosive Beanspruchungen eine vorzügliche
Beständigkeit aufweisen.
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Die Erfindung betrifft eine Elektrode, insbesondere Kathode für die
elektrolytische Zerlegung von Salzsäure, die eine Trägerelektrode aus Graphit mit
einer
oberflächlichen Auflage aufweist, und ist dadurch gekennzeichnet,
daß die oberflächliche Auflage aus einer durch Flammspritzen einer Mischung von
Karbiden des Molybdäns, Wolframs, Titans oder Tantals mit metallischem Kobalt bzw.
Nickel aufgebrachten Schicht besteht.
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Derartige Verbindungen bzw. Sintermassen von Karbiden des Molybdäns,
Wolframs, Titans und Tantals mit den Metallen Kobalt bzw. Nickel haben unter der
Bezeichnung Hartmetalle oder Schneidlegierungen bereits früher für andere Zwecke
Eingang in die Technik gefunden. Es wurde jedoch überraschenderweise gefunden, daß
zur Herabsetzung der Wasserstoffüberspannung bei der Salzsäureelektrolyse vorzüglich
geeignete Schichten durch Flammspritzen von Mischungen erhalten werden können, die
80 bis 95 0/0 der vorstehend erwähnten Karbide und 20 bis 5 0/0 Nickel oder Kobalt
enthalten.
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Die Dicke der Schicht beträgt vorzugsweise 0,05 bis 0,5 mm.
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Mit Hilfe der erfindungsgemäßen Elektrode läßt sich bei der Elektrolyse
z. B. 20- bis 25%iger Salzsäure bei Temperaturen von 60 bis 70° C und einer Stromdichte
von etwa 3000 A/m2, verglichen mit graphitischen Elektroden, eine Erniedrigung der
Zellspannung um etwa 400 mV erzielen. Die durch Flammspritzen aufgebrachten Schichten
weisen eine ausgezeichnete mechanische Haftfestigkeit auf dem als Grundmaterial
dienenden Graphit auf und sind unter den Bedingungen der technischen Salzsäureelektrolyse
gegenüber heißer Salzsäure von vorzüglicher Beständigkeit.
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Beispiel Als Trägerelektrode dient eine 10 bis 50 mm starke Platte
aus Graphit mit einer scheinbaren Dichte von 1,7 g - cm-3, einem Porenvolumen von
14 bis 18% und einem elektrischen Widerstand von 10 bis 15 Ohm - mm2. m-2.
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Durch Flammspritzen eines aus etwa 81 % Wolframkarbid und etwa 1911/o
Nickel bestehenden Verbundpulvers wird eine Schicht von 0,15 mm Stärke aufgebracht.
Die Temperatur beträgt etwa 2800° C und wird durch Verbrennung eines aus Acethylen
und reinem Sauerstoff gebildeten Gasgemisches erzeugt.
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Eine mit der erfindungsgemäßen Elektrode ausgestattete Elektrolysezelle
wurde mit einer anderen Zelle, die nur unbehandelte Graphitelektroden enthielt,
in Reihe geschaltet und mit dem gleichen aus 21o/oiger Salzsäure bestehenden Elektrolyten
beschickt. Bei einer Stromdichte von etwa 3125 A/m2 und einer Betriebstemperatur
von etwa 60° C wurde im Dauerversuch für die mit der erfindungsgemäßen Elektrode
ausgerüsteten Elektrolysezelle eine Zellspannung gemessen, die, verglichen mit der
Elektrolysezelle mit reinen Graphitelektroden, um etwa 400mV niedriger lag.