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Verfahren zur Herstellung von luft- und wasserdampfdurchlässigen Flächengebilden,
insbesondere von »atmendem« Kunstleder Um eine hohe Luft- und Wasserdampfdurchlässigkeit
von Kunstleder oder trägerhaltigen oder trägerfreien Kunststoff-Folien zu erzielen,
d. h. um dem Material die sogenannte »Atmung« zu verleihen, wurde vorgeschlagen,
die fertigen Flächengebilde mit Hilfe von Nadelwalzen oder elektrischer Funkendurchschläge
zu perforieren. Diese Verfahren weisen verschiedene Nachteile auf. Bei der mit Funkendurchschlag
vorgenommenen Lochung zeigen sich zum Teil verbrannte Ränder oder Kegelbildungen.
Andere Perforationsverfahren erzeugen Lochungen, die so groß und je Flächeneinheit
so gering an Zahl sind, daß sie einerseits das Aussehen beeinträchtigen, andererseits
aber den Effekt nicht in genügendem Ausmaß bewirken. Wenn aber die Perforationen
klein und zahlreich genug vorhanden sind, um bei guter Atmungsaktivität das Aussehen
nicht zu beeinträchtigen, sind Nadelwalzen erforderlich, die wegen der Schwierigkeit
ihrer Herstellung sehr kostspielig und gegen Beschädigungen äußerst empfindlich
sind.
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Es hat sich jedoch gezeigt, daß eine Perforation, die eine hohe Luft-
und Wasserdampfdurchlässigkeit gewährleistet, dabei aber das Aussehen der Flächengebilde
nicht beeinträchtigt, auf überraschend einfache Weise ohne Anwendung mechanischer
Perforierungsmittel hergestellt werden kann.
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Nach einem anderen Vorschlag soll man luftdurchlässige Flächengebilde
mit lederartigem Aussehen dadurch erhalten, daß man auf fasrige Materialien oder
Kunststoff-Foli@en mehrere Schichtstoffe aufträgt, von welchen mindestens eine Schicht
porös ausgebildet ist (deutsche Patentschrift 897 399). Nach einer besonderen Ausführungsform
soll dabei die zweite Schicht porös ausgebildet sein. Nachdem nicht alle die Flächengebilde
aufbauenden Schichten porös sind, können die Schichtstoffe nicht in ihrer gesamten
Schichtdecke durchströmt werden.
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Eine solche Luft- und Wasserdampfdurchlässigkeit kann zwar erreicht
werden, wenn sämtliche Schichten der Flächengebilde porös ausgebildet sind.. Derartige
poröse Flächengebilde haben jedoch eine so erhebliche Beeinträchtigung der mechanischen
Eigenschaften zur Folge, daß solche Kunstleder für den praktischen Gebrauch völlig
ungeeignet sind. Die Haftung der Schicht auf dem Gewebe, aber auch der innere Zusammenhalt
der Schichten sind zu gering, um den mechanischen Beanspruchungen, die an ein Kunstleder
gestellt werden, gerecht zu werden.
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Diese Nachteile werden gemäß der vorliegenden Erfindung beseitigt.
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Das neue Verfahren besteht im Prinzip darin, daß man eine zur Herstellung
des Kunstleders bzw. der trägerhaltigen oder trägerfreien Kunststoff-Folien geeignete
Streichmasse mit einer bestimmten Menge Wasser oder anderen zum Auftreiben der zu
bildenden Schicht unter der Einwirkung von Wärme geeigneten Mitteln vermischt, die
Masse auf geeignete Träger aufbringt, z. B. aufstreicht, und die Streichmasse bei
einer Temperatur geliert, die hoch genug ist, um die Schicht genügend durchzugelieren,
aber nicht so hoch ist, daß die durch die spontane Verdampfung des Wassers entstehenden
Poren wieder zusintern oder zuschmelzen.
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Das auf vorbeschriebene Weise erhaltene außerordentlich poröse Vorprodukt
wird dann in einer zweiten Verfahrensstufe einer Nachbehandlung mit Kunststofflösungen
unterworfen, um ihm die nötige Festigkeit zu verleihen. Diese Nachbehandlung erfolgt
in der Weise, daß die Kunststofflösungen ähnlich einem Schlußstrich auf das Material
in an sich bekannter Weise, z. B. mit Streichmesser, Wischer, Spüher, Bürsten usw.,
aufgetragen werden. Die in vorbeschriebener Weise behandelten Flächengebilde werden
dann kontinuierlich oder diskontinuierlich über eine Saugvorrichtung geführt, die
ein Durchsaugen von Luft unmittelbar nach dem Auftragen gestattet. Eine solche Vorrichtung
kann nach Art eines Trommelfilters ausgebildet sein oder aus einem Saugkasten bestehen,
der mit einem Sieb als Träger der Flächengebilde versehen ist.
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Zweckmäßigerweise wird der Saugprozeß stufenweise so durchgeführt,
daß zunächst durch ein schwaches Vakuum das Eindringen der Kunststofflösungen bewirkt
und erst in einer zweiten oder dritten Stufe durch stärkeres Vakuum die Freilegung
der von der Ober- zur Unterseite führenden Kanäle erreicht wird. Die beschichteten
Flächengebilde können in dieser
Phase während des Saugvorganges,
gegebenenfalls unter Wärmeeinwirkung, völlig getrocknet werden.
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Anschließend können die erhaltenen Flächengebilde mit einem beliebigen
Präge- oder Narbmuster versehen werden.
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Die zur Herstellung von luft- und wasserdampfdurchlässigen Flächengebilden
gemäß der vorliegenden Erfindung erforderlichen Streichmassen können sowohl aus
thermoplastischen Kunststoffen, wie z. B. aus Polymerisaten oder Mischpolymerisaten,
als auch aus den in der Kälte oder Wärme härtbaren Kondensations- oder Additionsharzen
bzw. deren Vorkondensaten oder Vorprodukten bestehen.
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Als filmbildendes Material kommen z. B. in Betracht: Polyvinylchlorid,
Polyamide, Polvurethane, Polyester, Mischpolymerisate, Cellulosederivate, wie Nitrocellulos,e"
Pheno,l-Aldehyd-Vorkondensate usw.
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Die Art des zu wählenden Kunststoffes oder Kunstharzes hängt nicht
nur von der Art des herzustellenden Flächengebildes, der erzielbaren Porosität ab,
sondern auch von dem Grad der gewünschten Luft-und Wasserdampfdurchlässigkeit. Die
zur Herstellung der Streichmasse zu verwendenden Kunststoffe bzw. Kunstharze können
die erforderlichen oder gewünschten Zusätze an Weichmachern, Stabilisatoren, Härtungskatalysatoren,
Farbstoffen, Pigmenten, Füllstoffen usw. enthalten.
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Als. Trägerbahnen kommen für die Herstellung von Kunstleder oder trägerhaltigen
Kunststoff-Folien solche in Betracht, die während des Ausgelierens bzw. der Ausbildung
der Flächengebilde mit der Streichmasse eine feste und unlösbare Verbindung eingehen.
Trägerstoffe dieser Art sind z. B. Papier-, Gewebe-, Vlies- oder Filzbahnen.
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Sofern trägerfreie luft- und wasserdampfdurchlässige Flächengebilde,
z. B. trägerfreie Kunststoff-Folien, hergestellt werden sollen, benutzt man als
Unterlage für die zu gelierende oder erhärtende Streichmasse einen artfremden Träger;
der ein Abziehen der Beschichtung von der Unterlage ermöglicht. Die Weiterbehandlung
der erhaltenen Vorprodukte erfolgt nach der Überführung auf eine Unterlage, die
eine Absaugung der auf die Flächengebilde aufgebrachten Lösungen in vorbesehriebener
Weise ermöglicht.
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Neben Wasser sind zahlreiche andere übliche Treibmittel, die beim
Erhitzen Gase abspalten bzw. verdampfen oder bei ihrer Zersetzung Gase oder Dampf
abgeben, wie z. B. Ammoniumcarbonat, Ammoniumbicarbonat, Azoisobutyronitril, Diazominobenzol,
geeignet, oder auch Gase oder Dämpfe, die dem Material aufgepreßt werden und bei
deren Expansion die Kunststoffschicht porös machen.
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Die Wahl des zur Nachbehandlung zu verwendenden Lösungsmittels richtet
sich jeweils nach den zur Anwendung kommenden Kunststoffen, der günstigsten Viskosität
der Lösung und der Flüchtigkeit des Lösungsmittels.
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Folgende Lösungen können beispielsweise verwendet werden: M.ethacrylsäuremethylester
in einem Gemisch aus Butanon und Milchsäureäthylester als 20%ige Lösung. Ferner
Methacrylsäuremethylester in einem Gemisch aus 20 Teilen Butano.n, 30 Teilen Milchsäuremethylester
und 50 Teilen Xylol als 100%ige Lösung.
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Auch eine Polyurethanlösung in Form handelsüblicher Lösung für Schlußstriche
1: 1 verdünnt mit Essigester kann gemäß der vorliegenden Erfindung verwendet werden.
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Diese Lösungen können auch mit Farbstoffen oder Pigmenten gefärbt
werden, so daß besondere Effekte, ähnlich, doch nicht gleich jenen, die beim Oberflächenveredeln
durch bekannte Verfahren, wie Farbprägen, entstehen, erreicht werden.
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Zur näheren Erläuterung der Erfindung werden die nachstehenden Beispiele
angeführt: Beispiel 1 Einem Gemisch aus 55 Gewichtsteilen verpastbarem Polyvinylchlorid,
45 Gewichtsteilen üblichem Weichmachergemisch, 20 Gewichtsteilen Pigment und 1,5
Gewichtsteilen Stabilisator sowie 2 Gewichtsteilen eines üblichen die Oberflächenspannung
herabsetzenden Mittels werden 7,5 Gewichtsteile Wasser zugesetzt, das sich unter
der Wirkung der in der Masse enthaltenen Emulgatoren beim Mischen in der Masse fein
verteilt.
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Diese Streichmasse wird auf eine Trägerbahn, z. B: eine Gewebe- oder
Vliesbah.n, gestrichen und bei einer Temperatur von 160 bis 170° C geliert.
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Auf die erkaltete Bahn wird eine Lösung von 10 Gewichtsteilen Methacrylsäuremethylester,
gelöst in 60 Gewichtsteilen Butanon, 24 Gewichtsteilen Milchsäureäthylester und
50 Gewichtsteilen Xylol; gleichmäßig aufgebracht. Die Menge der pro m2 angewendeten
Lösung kann jener entsprechen, die bei einem normalen Schußstrich aufgetragen wird.
Sie kann auch je nach gewünschter Porosität ein Mehrfaches davon betragen.
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Anschließend wird die Bahn auf einen Saugkasten od..dgl. gebracht
und unter gleichzeitigem Saugen und Erwärmen mit Infrarotstrahlung oder Heißluft
für 30 Sekunden auf etwa 100° C erhitzt. Schließlich wird das Material genarbt,
und zwar mit einem Walzendruck, der etwa ein Fünftel des normal angewandten Druckes
beträgt. Beispiel 2 Eine Polyurethanschaumbahn von 3 mm Dicke mit durchgehenden
Poren wird mit einem geeigneten Losungsmittelkleber, beispielsweise einem Phenolharzklebstoff,
bestrichen und unter leichtem Druck auf eine Gewebe- oder Gewirkebahn kaschiert.
Unmittelbar nach der Vereinigung beider Bahnen wird das entstandene Flächengebilde
mit der Gewebeseite nach unten über das oben beschriebene Sauggerät geführt und
.der in die durchgehenden Poren des Polyurethanschaumstoffes eingedrungene Klebstoff
auf diese Weise herausgesaugt, so daß ein großer Teil der Poren offenbleibt. Das
Flächengebilde wird dann gegebenenfalls zur rascheren Verfestigung der Verbindung
einer Wärmebehandlung unterworfen.
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Die nach dem Verfahren der vorliegenden Erfindung hergestellten Flächengebilde
zeichnen sich durch eine hervorragende Luft- und Wasserdampfdurchlässigkeit aus,
wie die entsprechenden Prüfungen ergeben haben.
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Die Prüfung auf Luftdurchlässigekeit erfolgt üblicherweise dadurch,
daß bei einem bestimmten Überdruck durch eine bestimmte Fläche des Materials hindurchtretende
Luftvolumen gemessen und als Luftdurchlässigkeitskoeffizient angegeben wird. Dieser
Luftdurchlässi:gkeitskoeffizient K errechnet sich zu K = 100 -
VIP - T - F, worin TI das durchgeströmte Luftvolumen in ccm, p den Gasdruck
in ccm Quecksilber, T die Zeit der Durchströmung in Minuten und F die freie Prüffläche
in cm2 bedeutet.
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Als Mind-estluftdurchlässigkeit für tierisches Bekleidungsleder gibt
das Deutsche Lederinstitut in seinen Güterichtlinien einen K-Wert von 75 an.
Die
Luftdurchlässigkeiten der gemäß der vorliegenden Erfindung hergestellten Flächengebilde
liegen wesentlich höher. Eine Luftdurchlässigkeitszahl, die zehnmal so groß ist
wie der für natürliches Leder in den Güterrichtlinien geforderte Mindestwert, ist
ohne Schwierigkeiten zu erreichen, und es lassen sich bei entsprechender Wahl der
Ausgangsstoffe und der Arbeitsbedingungen noch weit höhere Grade der Luftdurchlässigkeit
unter Wahrung der erforderlichen Gebrauchsfestigkeit erzielen.
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Die nach dem Verfahren der vorliegenden Erfindung hergestellten Flächengebilde
eignen sich wegen ihrer hervorragenden Atmungsaktivität für Polsterzwecke, für Bekleidung,
als Werkstoff zur Herstellung von Schuhen, als Dekorations-, Verkleidungs- und Wandverkleidungsmaterial
sowie für alle sonstigen Verwendungsarten, bei denen es auf hohe Luft- und Wasserdampfdurchlässigkeit
ankommt.