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Verfahren zur Herstellung von leichtem, hochvoluminösem Silicat oder
Siliciumdioxyd Es ist bekannt, natürliche Kieselsäureprodukte, z. B. Kieselgur,
für mancherlei Zwecke der Technik, etwa als Isoliermittel oder auch als Katalysatorträger,
zu verwenden; meist sind jedoch derartige Stoffe nicht brauchbar, wenn es auf besondere
Feinteiligkeit und andererseits auf aktive Eigenschaften ankommt, da sie entweder
grobkörnig oder weitgehend kompakt in ihrer Struktur sind. Um zu feinteiligen Silicaten
oder zu feinteiligem Siliciumdioxyd mit großer innerer Oberfläche und einer mehr
oder weniger merkbaren Aktivität zu gelangen, ist man bisher meist von löslichen
Silicaten synthetischer Herkunft ausgegangen, die unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen
umgesetzt und/ oder anschließend mit Hilfe komplizierter Arbeitsgänge aufbereitet
wurden.
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Es ist auch bekannt, siliciumhaltige, feinzerkleinerte Natur- oder
Kunststoffe, z. B. Bimsstein, Klinker usw., mit Sand, Kalk und Wasser in solchen
Mengen und in der Art zu vermischen, daß beim nachfolgenden Abbinden unter Hochdruckdampfbehandlung
porige Leichtsteine entstehen. Ebenfalls schon beschrieben ist die Herstellung von
Alkalimetasilicaten durch Auflösen konzentrierter Kieselsäure in Alkalilaugen in
der Hitze unter Druck. Schließlich ist es bekannt, leichte, beständige Formteile
durch Behandeln einer Suspension von feinteiliger Kieselsäure in konzentrierter
Kalkmilch mit hochgespanntem Dampf herzustellen.
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Gemäß der Erfindung geht man nun von wohlfeilen Naturstoffen aus,
die im wesentlichen oder ganz aus Silicitundioxyd bestehen, wobei man sich mit Vorteil
solcher Ausgangsmaterialien bedient, die mehr als 85 °/m, vorzugsweise sogar mehr
als 90 % Siliciumdioxyd enthalten. Derartige Naturprodukte sind z. B. Sand, Kieselgur
oder Quarzmehl. Man kann auch von solche Produkte enthaltenden Gemischen mit anderen
aufschließbaren Stoffen, insbesondere Silicaten, ausgehen, sei es, daß es sich um
natürlich vorkommende oder willkürlich hergestellte Gemische z. B. mit Bentonit
oder Ton handelt. Die Ausgangsstoffe werden nach der Erfindung in einer wäßrigen
Aufschlämmung, die auf einen Teil Feststoff mindestens 8 Teile Wasser enthält, bei
erhöhtem Druck und erhöhten Temperaturen mit basischen Verbindungen von Elementen
aus der Hauptgruppe der II. Gruppe des Periodischen Systems behandelt. Vor allem
ist gelöschter Kalk hervorragend geeignet.
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Die Ausgangsstoffe können je nach ihrer Herkunft und nach den Eigenschaften
des gewünschten Produkts unmittelbar oder in vorgemahlenem oder geschlämmten Zustand
der hydrothermalen Druckbehandlung unterworfen werden. Besonders günstig arbeitet
man so, daß das Ausgangsmaterial, beispielsweise Sand oder Quarzmehl, mit dem zum
Aufschluß verwendeten Hydroxyd, etwa mit gelöschtem Kalk. naß vermahlen wird. Bei
entsprechend feinteiligen Ausgangsstoffen kann man dabei die Mahldauer so bemessen,
daß lediglich eine homogene Mischung der Komponenten ohne nennenswerte Zerkleinerung
des Ausgangsstoffes bewirkt wird.
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Die wäßrige Dispersion wird dann unter Druck bei Temperaturen zwischen
150 und 280°, vorzugsweise bei solchen zwischen 180 und 210°, behandelt. Überraschenderweise
hat sich nun gezeigt, daß bei der Umsetzung nach der Erfindung die Kieselsäure des
Ausgangsmaterials praktisch quantitativ in das entsprechende Silicat übergeführt
wird und dabei eine unerwartet hohe Auflockerung erfolgt. Gegenüber dem Ausgangsmaterial
entstehen auf diese Weise hochvoluminöse, leichte Silicate, deren Schütt- bzw. Rüttelgewicht
ein Zehntel und weniger von dem des Ausgangsstoffes beträgt.
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Die Eigenschaften der erhaltenen Produkte, beispielsweise der pH-Wert
von etwa 7, lassen deutlich erkennen, daß das Kation des Aufschlußmittels, das bei
der hydrothermalen Druckbehandlung angewendet wurde, an die Kieselsäure unter Bildung
von Silicaten chemisch gebunden ist. Die Menge des Aufschlußmittels, also der basischen
Verbindung, wird bei der Arbeitsweise nach der Erfindung zweckmäßigerweise so bemessen,
daß auf etwa 1 Mol S'02 maximal 1 Mol des Aufschlußmittels, z. B. Ca0, zur Anwendung
gelangt. Die Behandlungszeiten hängen in gewissem Maße von der gewählten Temperatur
ab. Man erhält, wie schon erwähnt, bei einer Behandlung mit gelöschtem Kalk bei
einer Temperatur von etwa 200° im allgemeinen schon in 2 bis 3 Stunden Produkte
von außerordentlicher Feinteiligkeit und großer innerer Oberfläche.
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Der Aufschluß wird üblicherweise in einem Autoklav unter starkem Rühren
vorgenommen, wobei sich,
da die Behandlung in wäßriger Dispersion
erfolgt, die der jeweiligenTemperatur entsprechenden Sättigungsdrucke, also beispielsweise
bei :etwa 200° Drücke von 18 bis 19 atü, einstellen. Statt die hydrothermale Druckbehandlung
diskontinuierlich in einem einzigen Autoklav durchzuführen, kann man auch kontinuierlich
arbeiten, indem man die Dispersion nacheinander durch mehrere flüssigkeitsmäßig
hintereinande.rgeschaltete Autoklaven hindurchdrückt. Dabei benötigt man, um die
Dispersion gegen Betriebsdrücke von 18 bis 20 atü auf die Autoklav ; n aufpumpen
zu können, Hochdruckpumpen, die im allgemeinen recht empfindlich sind. Man kann
daher heim kontinuierlichen Arbeiten mit Vorteil so verfahren, daß man dem eigentlichen
Behandlungsautoklav sog-,nannte Vorautoklaven vorschaltet, in den die Aufschlämmung
durch unmittelbare Einleitung von Heißdampf auf den für die Durchführung der Behandlung
in den nachgeschalteten Autoklav erforderlichen Druck gebracht wird. Aus diesem
Vorautoklav wird das Reaktionsgemisch sodann unter seinem eigenen Druck in die eigentlichen
Aufschlußautoklaven übergeführt und kontinuierlich durch sie hindurchgeleitet. Dabei
hat es sich als besonders günstig erwiesen, mehrere Vorautoklaven anzuwenden und
sie abwechselnd zu beschicken und periodisch zu entleeren, so daß eine kontinuierliche
Versorgung der Aufschlußautoklaven gesichert ist. Diese werden mittels indirekter
Heizung lediglich auf Temperatur gehalten, d. h. die Wärmezufuhr beschränkt sich
auf den Ersatz der Wärmeverluste, die durch Abstrahlung und Ableitung entstehen.
Nach dieser Arbeitsweise ist es möglich, das Verfahren der Erfindung kontinuierlich
ohne Verwendung einer speziellen Hochdruckpumpe durchzuführen. An Stelle einer Reihe
von Autoklaven kann man auch ein entsprechend heizbares System von druckfesten Rohren
benutzen, wobei die Länge des Systems nach Aufschlußdauer und Durchlaufgeschwindigkeit
abzustimmen ist.
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Wie schon erwähnt, sind die unmittelbaren Produkte der hydrothermalen
Druckbehandlung ihrer chemischen Natur nach Silicate, in denen der im wesentlichen
aus Siliciumdioxyd bestehende Ausgangsstoff durch den Einbau der Erdalkalikomponente
eine außerordentlich starke Auflockerung verbunden mit einer erheblichen Erhöhung
der Feinteiligkeit erfahren hat. Man kann diese Produkte nach dem Filtrieren und
Trocknen unmittelbar für viele Zwecke, bei denen es auf Feinteiligkeit, große innere
Oberfläche und eine dadurch gegebene Aktivität ankommt, mit Erfolg verwenden oder
sie in mehr oder weniger saure Silicate und sogar in praktisch reines Siliciumdioxyd
durch eine Nachbehandlung überführen. Hierzu bedient man sich Säuren oder sauer
wirkender Stoffe, durch die das Silicat entweder teilweise zersetzt wird oder die
ihm das gebundene Erdalkali durch Extraktion teilweise oder ganz entziehen. Läßt
man z. B. Salzsäure auf mit gelöschtem Kalk durch hydrothermale Druckbehandlung
gewonnene Silicate einwirken, so kann man auf diese Weise das gebundene Calcium
bis zu jedem gewünschten Grag extrahieren und gelangt zu Silicaten, die auf 1 Mol
Si 02 weniger als 1 Mol CaO enthalten, oder auch zu einem praktisch reinen Siliciumd.ioxyd.
Es zeigt sich dabei überraschenderweise, daß der Grad der Auflockerung bei einer
solchen Extraktionsbehandlung nicht zurückgeht, sondern unter gewissen Bedingungen
sogar noch zunimmt und die entstandenen sauren Silicate ein noch geringeres Rüttelgewicht
aufweisen.
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An Stelle von Salzsäure kann natürlich auch jede beliebige andere
Säure verwendet «-erden, soweit sie mit Siliciumdioxyd nicht reagiert. Beispielsweise
ist es möglich, das Calcium auch in Calciumsulfat oder Calciumphosphat überzuführen
und dabei Mischprodukte zu erhalten, in denen die Calciumverbindungen ebenfalls
in sehr feiner Verteilung vorliegen.
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Für bestimmte Zwecke kann es vorteilhaft sein, die Zersetzung der
Silicate mit Kohlendioxyd vorzunehmen, wobei beispielsweise ein Gemisch von in hohem
Maße aufgelockertem saurem Silicat mit feinteiligem Calciumcarbonat entsteht. Verwendet
man ein derartiges Zersetzungsprodukt z. B. als Füllstoff in Kautschuk, so ergibt
sich damit ein Füllmittel, das die Eigenschaften eins aktiven und eines mehr oder
,weniger inaktiven Füllstoffes miteinander vereinigt. Um zu einem derartigen Mischprodukt
mit Calciumcarbonat zu gelangen, verfährt man zweckmäßigerweise so, daß Sand oder
Ouarzmehl zunächst, wie oben beschrieben, mit Kali. unter Druck bei erhöhter Temperatur
im Autoklav aufgeschlossen wird, worauf man, ohne das Reaktionsgemisch aus dem Autoklav
zu entfernen oder das gewonnene Silicat durch Filtration abzutrennen, anschließend
an die hydrothermale Druckbehandlung Kohlendioxyd auf den Autoklav aufdrückt und
das Gemisch bei erhöhter Temperatur zur Umsetzung bringt. Der Verlauf des Druckabfalls
zeigt an, in welchem Maße das Kohlendioxyd von dem Kalk unter Bildung von Calciumcarbonat
gebunden wird bzw. die Zersetzung des Calciumsilicates abläuft. Klan hat es auf
diese Weise in der Hand, die Zersetzung bis zu jedem beliebigen Calciumgehalt des
Silicates zu treiben oder auch eine vollständige Zersetzung unter Bildung von Siliciumdioxyd
zu erreichen.
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Das gemäß der Erfindung aus natürlichen Kieselsäureprod.ukten erhaltene
Silicat oder Siliciumdioxyd gestattet auf Grund seiner Feinteiligkeit und des hohen
Auflockerungsgrades, der zur Bildung einer großen inneren Oberfläche führt, eine
vielseitige Verwendung. Die Produkte zeichnen sich insbesondere dadurch aus, daß
sie verhältnismäßig wenig temperaturempfindlich sind, d. h. die Auflockerung geht
auch bei erhöhten Temperaturen nicht nennenswert zurück und bleibt sogar noch in
gewissem Umfange erhalten, wenn die Silicate oder das Siliciumdioxyd auf Temperaturen
bis zu 900° erhitzt werden. Es handelt sich also um außerordentlich stabile Produkte.
Ein weiterer Vorteil für manche Verwendungszwecke liegt darin, daß die aufgelockerten
Produkte eine rein weiße Farbe aufweisen, unabhängig davon, ob das Ausgangsmaterial
durch Verunreinigungen mehr oder weniger verfärbt war.
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Entsprechend ihren Eigenschaften lassen sich die Produkte gemäß der
Erfindung in vielfältiger Weise verwenden. Sie können beispielsweise als Mahlhilfe
für Substanzen eingesetzt werden, die zum Verbacken neigen, oder auch in der Heilmittelindustrie
als Tablettierhilfsmitteloder Wirkstoffträger dienen. Auch hönnen sie als milde
Schleif- und Poliermittel benutzt werden. Das Verfahren gemäß der Erfindung wird
an Hand des nachstehenden Beispiels weiterhin erläutert. Beispiel 300 g Sand werden
mit 281g Calciumoxyd in Form von gelöschtem Kalk mehrere Stunden naß vermahlen,
worauf das Mahlprodukt dann mit Wasser auf 81 aufgefüllt wird. Die wäßrige Dispersion
wird anschließend 21/z Stunden bei 200° unter einem Druck von 18 bis 19 atü im Autoklav
behandelt. Nach dem Filtrieren und Trocknen bei 110° werden 650 g eines
reinweißen,
hochvoluminösen Produktes erhalten. Das Schüttgewicht beträgt 53 g/l, das Rüttelgewicht
106 g/1. Der als Ausgangsmaterial benutzte Sand hatte ein Rüttelgewicht von 1600
g/1, so daß das Rüttelgewicht auf etwa ein Fünfzehntel zurückgegangen ist.
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Durch Extraktion von etwa 33%, des gebundenen Calciumo_xyds mittels
verdünnter Salzsäure bei 80 bis 90° entsteht ein saures Silicat, dessen wäßrige
Aufschlämmung einen pH-Wert von 6,8 aufweist und dessen Rüttelgewicht 80 g/1 beträgt.
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Wird die Extraktion des Calciumoxyds bis auf etwa ein Drittel Restkalk
getrieben, so fällt der PH-Wert auf 6 bis 6,8 und das Rüttelgewicht weiterhin auf
65 g/1. Die völlige Extraktion des Kalkes führt zu einem Produkt mit großer Teilchenfeinheit,
wobei das Rüttelgewicht in manchen Fällen ein wenig ansteigt.