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Herstellung von unlöslichem Anhydrit Hydratisierter oder totgebrannter
Gips wird in der Farbenfabrikation nur als geringwertiges Streckmittel für billige
Farben verwendet. In neuerer Zeit verwendet man überdies Calciumsulfat, das durch
Fällen von Calciumverbindungen mit Schwefelsäure hergestellt wird; dieses Verfahren
liefert unter Einhaltung bestimmter Fällungsbedingungen fein verteiltes Calciumsulfat
von guten Pigmenteigenschaften, die jenen' des gebräuchlichen Blanc-fixe (gefälltes
Bariumsulfat) nahekommen. Calciumsulfat ähnlicher Eigenschaften und ebenfalls guter
Eignung für Pigmentzwecke wird auch aus natürlichem Gips oder industriellem Abfal.lcalciumsulfat
hergestellt, indem man dieses in fein gemahlenem Zustande mit wasserentziehenden
Mitteln, z. B. 5o°/oiger Schwefelsäure, erhitzt. Das nach beiden Verfahren gewonnene
Calciumsulfatpigment ist kristallwasserfrei und weist die Kristallstruktur des natürlichen
oder unlöslichen Anhydrits auf.
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Es ist auch- vorgeschlagen worden, unlöslichen Anhydrit mit Pigmenteigenschaften
aus gemahlenem Naturgips oder anderen Calciumsulfat auf die Weise herzustellen,
daß man das Ausgangsmaterial mit verdünnten Elektrolytlösungen erhitzt und die Umwandlung
durch Impfen mit fein verteiltem, natürlichem oder künstlichem unlöslichen Anhydrit
herbeiführt. Eine =Wachprüfung dieses Verfahrens hat ergeben, daß das auf diese
Weise erhaltene Erzeugnis stets aus gröberen Teilchen zusammengesetzt ist als der
zur Impfung verwendete unlösliche Anhydrit. Offenbar entstehen bei dieser Behandlung
keine neuen
Keime von unlöslichem Anhydrit, sondern es wachsen nur
die zugefügten Keime weiter. Infolgedessen ist der Feinheit des Enderzeugnisses
eine Grenze gesetzt, die dadurch geneben ist, daß es nicht ohne weiteres möglich
ist, ein für hohe Feinheit ausreichendes, noch reineres Impfmaterial zu beschaffen.
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Es wurde nun gefunden, daß man sehr feinteiligen unlöslichen Anhydrit
aus anderen Calciumsulfatmodifikationen durch Erhitzen in Gegenwart von Wasser und
gegebenenfalls geringer Mengen löslicher Elektrolyte herstellen kann, indem man
eine wässerige, gegebenenfalls gelöste Elektrolyte enthaltende Suspension eines
noch keinen unlöslichen Anbvdrit enthaltenden Gemisches aus der umzuwandelnden und
einer schon teilweise oder ganz entwässerten -Modifikation erhitzt. Wenn die umzuwandelnde
-lodifikation selbst schon ganz oder teilweise entwässert *ist, kann die Beimischung
einer zweiten -Modifikation entfallen.
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Der teilweise oder ganz entwässerte Teil des zu suspendierenden Gemisches
kann z. B. durch trockenes Erhitzen eines Teiles der umzuwandelnden Modifikation
auf i-2o bis 25")° hergestellt werden.
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Das neue -'erfahren ergibt ein Calciumsttlfatpigment, das an Stelle
von Blanc-fite vorteilhaft in der Farben-, Lack-, Gummi-, Papierindustrie usw. angewendet
werden kann. Das Pigment ist weißer als das Ausgangsmaterial und weist eine Teilchengröße
auf, die unter geeigneten Bedingungen selbst unter i Mikron gehalten werden kann.
Dieser hohe Reinheitsgrad scheint darauf zu beruhen, daß beim vorliegenden Verfahren
im Gegensatz zu dem schon bekannten Impfverfahren im Verlaufe der Behandlung sich
spontan Keime von unlöslichem Anhvdrit in großer Zahl ausbilden.
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Als Ausgangsmaterial für die Durchführung des Verfahrens kann natürlicher
Gips oder künstliches Calciutnsulfat, z. B. von industriellen Abfallschlämmen verschiedener
Art. sowie Doppelsalze des Calciumsulfats, wie Glauberit u. dgl., verwendet'-,verden.
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Zur Herstellung eines fein verteilten Calciumsulfats von gutem pigmenttechnischen
Eigenschaften ist nichts weiter nötig, als Gips so lange mit Wasser bei erhöhter
Temperatur zu behandeln, bis die Umwandlung in unlöslichen Anhvdrit beendet ist.
Sofern der Gips nicht an sich schon in ganz oder teilweise entwässerter Form, z.
B. als Stuckgips, vorliegt, muß wenigstens ein Teil vorher entwässert werden. Die
Behandlung mit Wasser erfordert praktisch eine Temperatur von etwa i5o bis 200''
und darüber und wird in Druckgefäßen durchgeführt.
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Die Anwendung so hoher Temperaturen und von Druckgefäßen kann indessen
vermieden werden, wenn man die Behandlung de4 Gipses mit Wasser in Gegenwart löslicher
Elektrolyte, wie Alkalisulfat, Alkalichlorid. Magnesiumsalzen, Ammonsalzen, Schwefelsäure,
Salzsäure u. dgl., vornimmt oder wenn man von Doppelsalzen des Calciumsulfats. wie
Glauberit u. dgl., ausgeht. Unter diesen Bedingungen geht die Umwandlung in offenen
Gefäßen schon bei 8o bis ioo° in einigen Stunden vor sich. Es genügen dabei verhältnismäßig
geringe Zusätze an löslichen Elektrolyten, von denen sich insbesondere A1-kalisulfate
und Schwefelsäure bewährt haben. Die Teilchengröße des Enderzeugnisses hängt weitgehend
davon ab, welcher Anteil des Ausgangsmaterials teilweise oder ganz entwässert wurde,
wie weitgehend diese Entwässerung vorgenommen wurde und wie hoch die Entwässerungstemperatur
und wie lang die Erhitzungsdauer war. Auch die Beschaffenheit des zu entwässernden
Materials, z. B. die Kristallgröße, spielt eine Rolle. Je nach den gewählten Arbeitsbedingungen
kann man die Teilchengröße des Enderzeugnisses zwischen Bruchteilen eines Mikrons
und mehreren Mikron beliebig einstellen. Durch einfache Vorversuche mit dem betreffenden
Material kann man leicht die für die gewünschte Teilchengröße einzuhaltenden Arbeitsbedingungen
ermitteln. Als Richtschnur kann dabei dienen, daß man feinere Enderzeugnisse erhält.
wenn man einen größeren Anteil von entwässertem Calciumsulfat beimengt, und im allgemeinen
ferner auch, wenn die Entwässerung weiter getrieben und bei höherer Temperatur und
länger andauernd durchgeführt wird. Ausführungsbeispiel i 8o kg weißer, feinkörniger
Gips in Form von Calciumsulfatdihydrat wurden mit etwa 300 1 Wasser im geöffneten
Autoklav en auf Siedetemperatur erhitzt; dann wurden 2o kg des gleichen, jedoch
durch eine vorhergehende trockene Erhitzung auf 2oo° auf i0 !o H_ O entwässerten
Gipses zugesetzt und der. Autoklav geschlossen. Nunmehr wurde auf etwa 200= aufgeheizt
und i bis 3 Stunden bei dieser Temperatur gehalten. Nach Ablassen des Druckes wurde
schließlich das in unlöslicher Anhydritform vorliegende fein verteilte C'alciumsulfat
abfiltriert und getrocknet.
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Es hat sich gezeigt, daß die Umwandlung des Gipses in unlöslichen
Anh_vdrit bei dieser Arbeitsweise um so schneller vor sich geht. je höher die Arbeitstemperatur
ist. Während die Umwandlung bei i;o` noch verhältnismäßig lange Zeit bis zur Vollendung
braucht. ist sie bei 2oo° und darüber meist schon nach 1!@ bis i Stunde beendigt.
Ausführungsbeispiel
2 Weißer Gips in Form von Calciumsulfatdihydrat wird i Stunde auf iSo°.trocken erhitzt
und dann fein gemahlen. Es genügt aber auch, nur einen Teil des Gipses zu erhitzen,
z. B. 1o bis d.o°/o,@ doch ist es dann zweckmäßig, auf höhere Temperatur oder länger
zu erhitzen. 300 kg davon werden mit goo 1 einer wässerigen Lösung, die
5010 -Natriumsulfat und 5°/o Schwefelsäure enthält, annähernd auf Siedetemperatur
erhitzt. Die Behandlung erfolgt in einem wärmeisolierten verbleiten Gefäß, das mit
einer verbleiten Dampfschlange und einem Rührwerk versehen ist. Das Fortschreiten
der Umwandlung wird durch mikroskopische Untersuchung der Suspension verfolgt. Nach
1/2 Stunde ist die Umwandlung bereits weitgehend vor sich gegangen. U m auch die
letzten Spuren von hydratisierten Modifikationen zu beseitigen, setzt man das Erwärmen
noch einige Stunden fort, kann aber den Dampf bereits abstellen und die Temperatur
bis auf 8o° sinken lassen. Der Bodenkörper wird auf einer Hutsche oder einem Drehfilter
von der Mutterlauge getrennt und gründlich gewaschen. Der Filterkuchen wird getrocknet
und desintegriert. Um die Weiße des Pigmentes zu erhöhen, ist es häufig angebracht,
das Trocknen bei Glühtemperatur unter Luftzutritt durchzuführen.
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.Bei dieser Arbeitsweise sind saure Lösungen im allgemeinen vorzuziehen,
damit die im Ausgangsmaterial enthaltenen säurelöslichen Verunreinigungen in Lösung
gehen. Eine Konzentration der Lösungen von beispielsweise i bis 511, Schwefelsäure,
gegebenenfalls neben i bis 50i, Alkalisulfat, ist völlig ausreichend; es
können auch stärkere Lösungen, z. B. solche vori 5 bis i o °/o und mehr Säure und/oder
Salzen, benutzt werden, ohne daß dies indessen besondere Vorteile bieten würde.