Einspurfahrzeug mit elektromechanischer Scheibenbremse
Die vorliegende Erfindung betrifft Einspurfahrzeuge, insbesondere Fahrräder oder Motorräder.
Fahrräder und Motorräder werden heutzutage vermehrt als Sportgeräte benutzt. Obwohl die Bremsen von Fahrrädern und Motorrädern in den letzten Jahren deutlich verbessert wurden, sind bestimmte Dinge, die bei zweispurigen Fahrzeugen, insbesondere bei Kraftfahrzeugen, heutzutage häufig schon zur Serienausstattung gehören, bei Einspurfahrzeugen noch eine Seltenheit. So ist beispielsweise ein Antiblockiersystem für Fahrräder überhaupt nicht erhältlich und bei Motorrädern die große Ausnahme. Dennoch wäre der Nutzen eines solchen Schlupfregelungssystems gerade bei Einspurfahrzeugen besonders hoch.
Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, ein Einspurfahrzeug anzugeben, bei dem auf einfachere Weise als bisher eine Bremsanlage mit Schlupfregelung vorgesehen werden kann.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Erfindung ein Einspurfahrzeug vor, insbesondere ein Fahrrad oder Motorrad, das am Vorderrad eine elektromechanische Scheibenbremse mit einem elektrischen Aktuator zur Betätigung der Bremse und einer Selbstverstärkungseinrichtung aufweist, die beim Abbremsen des sich in Vorwärts- richtung drehenden Vorderrades die vom Aktuator ausgeübte Betätigungskraft hilfskraftfrei verstärkt. Mit dem Begriff "hilfskraftfrei" ist hier gemeint, dass zur Verstärkung der vom Aktuator ausgeübten Betätigungskraft keine zusätzliche Leistung etwa in Form von Strom, Unterdruck oder ähnlichem zugeführt werden muss. Die Selbstverstärkungseinrichtung umfasst zwischen dem Aktuator und einem Reibbelag der Bremse eine Keilanordnung mit einem Keil, der eine unter einem Keilwinkel angeordnete Keilfläche hat, die relativ zu einem bezüglich der Bremse ortsfesten Widerlager verschiebbar ist und sich an dem Widerlager abstützt.
Elektromechanische Scheibenbremsen der genannten Art sind bekannt, beispielswei- se aus der DE 198 19 564 C2. Das Grundprinzip einer solchen elektromechanischen Scheibenbremse besteht darin, dass ein elektrischer Aktuator dazu benutzt wird, mindesten einen Reibbelag der Scheibenbremse aus einer Ruhestellung in eine
Arbeitsstellung zu bewegen, in der der Reibbelag die Bremsscheibe berührt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom sogenannten Zustellen der Bremse. Sobald der Reibbelag die sich drehende Bremsscheibe berührt, tritt die Selbstverstärkungseinrichtung in Aktion. Der Reibbelag wird von der sich drehenden Bremsscheibe etwas mitgenommen und läuft dabei auf einer schräg zur Bremsscheibe angeordneten Keilfläche entlang, so dass er sich weiter auf die Bremsscheibe zu bewegt, d.h. stärker an die Bremsscheibe angepresst wird. Eine äußere Kraft ist hierfür nicht erforderlich. Aufgrund der Selbstverstärkungseinrichtung benötigen solche Bremsen nur kleine Betätigungskräfte und demzufolge nur einen kleinen elektrischen Aktuator. Zu ihrer Betätigung ist allerdings eine elektrische Stromversorgung erforderlich.
Die Erfindung schlägt zum ersten Mal den Einsatz einer solchen elektromechanischen Scheibenbremse mit Selbstverstärkung in einem Einspurfahrzeug vor. Herkömmliche hydraulische Scheibenbremsen sind sowohl für Fahrräder als auch für Motorräder bekannt. Ebenfalls bekannt ist es, eine hydraulische Scheibenbremse mit einer
Schlupfregelung auszustatten. Benötigt wird dazu eine Hydraulikdruckerzeugungs- einheit, mehrere Magnetventile sowie eine Steuerung, um die Zustände Druckaufbau, Druckhalten und Druckabbau im Sinne einer Schlupfregelung durchführen zu können. Für Motorräder ist eine solche Lösung schon kommerziell erhältlich, sie ist jedoch teuer, relativ voluminös und auch schwer und hat sich deshalb noch nicht auf breiter Front durchsetzen können. Ersichtlich scheidet eine solche Lösung für Fahrräder von vorneherein aus. Mit der erfindungsgemäß vorgeschlagenen elektromechanischen Scheibenbremse mit Selbstverstärkung hingegen lässt sich selbst bei einem Fahrrad eine schlupfgeregelte Bremsanlage verwirklichen, denn angesteuert zu werden braucht nur der kleine elektrische Aktuator, hingegen ist eine separate Hydraulik- druckerzeugungseinheit wie zuvor erwähnt nicht erforderlich. Die benötigte Stromversorgung kann aufgrund des kleinen Aktuators ebenfalls klein gehalten werden, so dass Akkus verwendet werden können, die entweder während einer Nichtbenutzung des Fahrrades oder sogar im Betrieb des Fahrrades aufgeladen werden können, beispielsweise durch den Dynamo eines Fahrrades. Auch bei Motorrädern führt der erfindungsgemäße Einsatz einer elektromechanischen Scheibenbremse mit Selbstverstärkung aufgrund des Wegfalls der Hydraulikdruckerzeugungseinheit sowie der Magnetventile zu einer deutlichen Gewichts- und Kostenersparnis.
Bei bevorzugten Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Einspurfahrzeuges ist die elektromechanische Scheibenbremse mit Selbstverstärkung so ausgestaltet, dass die vom Aktuator ausgeübte Betätigungskraft über eine von der Keilfläche verschie-
dene Fläche in den Keil eingeleitet wird. Auf diese Weise spürt der Aktuator von den bei einer Bremsung auftretenden, unter Umständen hohen Gegenkräften praktisch nichts, diese werden vielmehr in das bezüglich der Bremse ortsfeste Widerlager eingeleitet.
Der Aktuator ist vorteilhaft ein Linearaktuator, der die Position des Keils entsprechend einem Bremswunsch relativ zum Widerlager verstellt. Mit anderen Worten, je nachdem wie groß das Maß der Bremsanforderung ist, wird der Keil mehr oder weniger weit relativ zum Widerlager verstellt, was ein mehr oder weniger starkes Anpressen des Reibbelages an die Bremsscheibe zur Folge hat. In seiner einfachsten Ausführungsform kann eine elektromechanische Scheibenbremse mit Selbstverstärkung für ein Einspurfahrzeug ausschließlich derart positionsgeregelt betrieben werden. Es ist jedoch auch möglich, die Bremse über die aufgebrachte Normalkraft (Kraft normal zur Bremsscheibenoberfläche) oder über die Reibkraft zu betreiben bzw. zu regeln. Für die beiden letztgenannten Möglichkeiten sind entsprechende Sensoren, d.h. ein Normalkraftsensor bzw. ein Reibkraftsensor, erforderlich.
Obwohl das erfindungsgemäße Einspurfahrzeug zum eigentlichen Betrieb der elektromechanischen Scheibenbremse mit Selbstverstärkung keine Hydraulikdruckerzeu- gungseinheit benötigt, ist dennoch bei bevorzugten Ausführungsformen das einen Bremswunsch an die elektromechanische Scheibenbremse übermittelnde Organ ein Hydrauliksystem mit einem Hydraulikdruckgeber. Gegenüber den insbesondere bei Fahrrädern zumeist üblichen Seil- bzw. Bowdenzügen kann so die Übertragung des Bremswunsches erheblich verlustfreier erfolgen. Vorzugsweise ist dabei im Hydraulik- System ein Drucksensor vorhanden, der den durch den Bremswunsch im Hydrauliksystem erzeugten Druck misst und zur Ansteuerung des Aktuators ein dem gemessenen Druck entsprechendes elektrisches Signal abgibt. Der Vorteil einer solchen Anordnung besteht darin, dass aufgrund der zunächst hydraulischen Übertragung eines Bremswunsches ein mögliches Leck im Hydrauliksystem sofort erkannt wird, denn es baut sich dann kein oder nur ungenügend Druck auf. Besonders vorteilhaft ist eine solche Ausgestaltung dann, wenn das Hydrauliksystem zur Notbetätigung der elektromechanischen Scheibenbremse hydraulisch mit letzterer verbunden ist. Bei einem Ausfall beispielsweise des elektrischen Aktuators kann die Bremse dann immer noch mittels des Hydraulikdruckgebers betätigt werden. Die hydraulische Notbetätigung kann beispielsweise so ausgeführt sein, dass die Scheibenbremse einen Bremskolben aufweist, der federnd in Betätigungsgegenrichtung vorgespannt ist und der nach Überwindung der federnden Vorspannkraft vom Hydraulikdruck im
Hydrauliksystem verschoben werden und auf den Reibbelag einwirken kann, um ihn gegen die Bremsscheibe zu pressen. Die federnde Vorspannung des Bremskolbens bewirkt, dass im Normalfall, d.h. bei funktionierender elektromechanischer Bremse, der Bremskolben quasi blockiert ist, so dass ein mit dem Hydraulikdruckgeber verbundener Betätigungshebel sich nicht spürbar bewegt. Der Bremswunsch wird als Hydraulikdruck zum Drucksensor geleitet, dessen Ausgangssignal die elektromechanische Bremse entsprechend ansteuert. Bei einem Defekt der elektromechanischen Bremse, beispielsweise bei einem Ausfall des elektrischen Aktuators, muss der Benutzer die Betätigungskraft über die Kraft der federnden Vorspannung des Brems- kolbens hinaus erhöhen, erst dann bewegt sich der Bremskolben entgegen der
Federkraft und presst den Reibbelag gegen die Bremsscheibe. Die Federvorspannung führt zu einem praxisgerechten Übergang zwischen der elektromechanischen Funktion der Bremse und der hydraulischen Notbetätigung. Dabei signalisiert die Änderung in der Kraft-Weg-Charakteristik des Betätigungshebels dem Fahrer deutlich den Übergang von einer Betätigungsart zur anderen und lässt ihn somit nicht im Unklaren darüber, dass ein Defekt vorliegt. Die Dosierbarkeit der hydraulischen Notbetätigung ist, abgesehen von der generell höheren Betätigungskraft, sehr gut.
Vorzugsweise hat die den Bremskolben entgegen der Betätigungsrichtung vorspan- nende Federkraft eine degressive Charakteristik, damit die im Falle eines Defekts erforderliche Betätigungskraft mit zunehmendem Betätigungsweg nicht zu stark ansteigt. Zur Erzeugung der federnden Vorspannkraft eignen sich beispielsweise Tellerfedern, etwa ein Tellerfederpaket.
Bei bevorzugten Ausführungsbeispielen des erfindungsgemäßen Einspurfahrzeuges ist, um ein Festklemmen der Bremse bei sehr starken Bremsungen oder gar eine Zerstörung der Bremse zu verhindern, die Bremskraft der elektromechanischen Scheibenbremse begrenzt. Dies kann insbesondere durch eine Begrenzung der Zuspannkraft oder der während einer Bremsung erzielten Reibkraft erreicht werden, beispielsweise mittels eines Regelkreises, der die jeweils vorherrschende Normalkraft oder Reibkraft überwacht und bei Überschreiten eines vorgegebenen Schwellenwertes den Keil mittels des Aktuators wieder etwas zurück bewegt, um so die Zuspannkraft bzw. Reibkraft herabzusetzen.
Bei besonders bevorzugten Ausführungsbeispielen des erfindungsgemäßen Einspurfahrzeuges weist die elektromechanische Scheibenbremse eine Schlupfregelung auf. Damit können, was besonders bei einem Einspurfahrzeug wichtig ist, Fahrzustände
verhindert werden, in denen das Vorderrad blockiert, was bei einem Einspurfahrzeug wie einem Fahrrad oder Motorrad nahezu unweigerlich zu einem Sturz führt. Bei einer einfachen Ausführungsform der Schlupfregelung ermittelt ein Raddrehzahlsensor die Umdrehungsgeschwindigkeit des Vorderrades, und eine mit dem Raddreh- zahlsensor verbundene Steuerung ermittelt anhand vorgegebener Maximalwerte für die Verlangsamung der Drehbewegung des Vorderrades unter Berücksichtigung der aktuell vorherrschenden Reibkraft an der Bremse, ob Radschlupf vorliegt oder nicht. Mit anderen Worten, es wird eine Plausibilitätskontrolle dahingehend durchgeführt, ob die ermittelte Änderung in der Raddrehbeschleunigung durch die aktuell vorherr- sehende Reibkraft (oder alternativ die aktuell vorherrschende Normalkraft) bewirkt worden sein kann. Lautet die Antwort nein, dann ist diese Änderung durch eine Änderung der Haftung zwischen dem Reifen und dem Untergrund bewirkt, auf der der Reifen abrollt, d.h. es tritt offensichtlich Radschlupf auf. Mit "Radschlupf" ist hier ein Schlupf zwischen dem Reifen und der Fahrbahnoberfläche gemeint, der über den auch unter normalen Betriebsbedingungen immer vorhandenen, vom Benutzer eines Fahrzeuges nicht wahrnehmbaren Schlupf hinausgeht.
Zur Präzisierung der Radschlupfbestimmung ermittelt gemäß einer Weiterbildung ein weiterer Sensor die Ein- und Ausfederbewegungen des gebremsten Rades und leitet das Ergebnis an die Steuerung weiter, die Änderungen im Verzögerungsverhalten des gebremsten Rades mit den ermittelten Ein- und Ausfederbewegungen korreliert und so zu einer exakteren Radschlupfbestimmung kommt. Die Ein- und Ausfederbewegungen haben nämlich einen großen Einfluss auf die Aufstandslast des gebremsten Rades und damit auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Radschlupf. Werden die Ein- und Ausfederbewegungen des gebremsten Rades separat erfasst, so wird die Schlupfmessung wesentlich genauer, schneller und zuverlässiger.
Gemäß einer Weiterbildung wird im Rahmen der Schlupfregelung eine Referenzgeschwindigkeit des Einspurfahrzeuges bestimmt. Hierzu dient gemäß einer Ausfüh- rungsform ein die Drehzahl des Hinterrades, d.h. des nicht abgebremsten Rades erfassender Sensor, gemäß einer anderen Ausführungsform ein die Geschwindigkeit über Grund erfassender optischer Sensor, und gemäß einer noch anderen Ausführungsform eine GPS(global positioning system)-Einrichtung. Ist diese Referenzgeschwindigkeit bekannt, kann aus den Signalen des Raddrehzahlsensors durch Vergleich mit der Referenzgeschwindigkeit einfach festgestellt werden, ob Radschlupf vorliegt.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform ist der Raddrehzahlsensor ein Tachogenerator. Als Messgröße für die Raddrehzahl kann die Frequenz oder die Spannung des Tachogenerators dienen. Vorzugsweise ist ein solcher Tachogenerator in die Nabe des Rades eingebaut, dessen Drehzahl gemessen werden soll, und dient zusätzlich als Energiequelle zum Laden einer Batterie, die den elektrischen Aktuator mit Strom versorgt. Bei entsprechender Auslegung kann dieser Tachogenerator auch andere elektrische Verbraucher nach Bedarf mit Strom versorgen, beispielsweise die Lichtanlage eines Fahrrads.
Noch bevorzugtere Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Einspurfahrzeuges haben alternativ oder zusätzlich zur Schlupfregelung eine Überschlagsverhinderungsregelung. Bei einem Fahrrad oder Motorrad ist es zwar wichtig, beispielsweise ein Blockieren des Vorderrades zu verhindern, jedoch ist bei guten Reibwertverhältnissen zwischen Reifen und Untergrund die Gefahr eines Überschlags des Zweirades größer, denn aufgrund des hohen Schwerpunktes einer Einheit aus Fahrer und Zweirad kann die beim Bremsen auftretende dynamische Achslastverlagerung zur völligen Entlastung des Hinterrades führen, lange bevor die Blockiergrenze des Vorderrades erreicht ist. Um dies zu verhindern, weist eine mit einer Überschlagsverhinderungsregelung versehene elektromechanische Scheibenbremse eines erfindungsgemäßen Einspur- fahrzeuges gemäß einer Ausführungsform einen mit einer Steuerung verbundenen Nickratensensor auf. Ein solcher Nickratensensor kann in die Vorderradbremse integriert werden und ist so geschaltet, dass nach Überschreiten eines Schwellenwertes für die Nickrate die Bremskraft am Vorderrad sofort reduziert wird, um einen Überschlag zu vermeiden. Gemäß einer Weiterbildung wird basierend auf der Brems- kraft, die soeben fast zu einem Überschlag geführt hätte, eine um einen Sicherheitsabstand niedrigere Bremskraft als maximale Bremskraft festgesetzt, um einen Überschlag sicher zu vermeiden. Es kann vorgesehen sein, dass dieser als obere Schranke fungierende maximale Bremskraftwert wieder gelöscht wird, wenn die Bremse vollständig freigegeben oder die Bremskraft jedenfalls deutlich reduziert wird.
Bei einer Weiterbildung der Überschlagsverhinderungsregelung ermittelt ein Sensor die Ein- und Ausfederbewegungen des Hinterrades und leitet das Ergebnis an eine Steuerung weiter, die daraus die aktuelle Aufstandskraft des Hinterrades ermittelt. Die Überschlagsverhinderungsregelung ist dann vorzugsweise so eingestellt, dass die Bremskraft am Vorderrad nur so groß werden kann, dass am Hinterrad immer noch eine Mindestaufstandskraft sichergestellt ist. Der die Ein- und Ausfederbewegungen des Hinterrades ermittelnde Sensor kann beispielsweise ein am Lager einer Hinter-
radschwinge des Hinterrades angeordneter Drehwinkelsensor sein. Aus einem solchen Drehwinkelsensor lässt sich Information über den Federweg und über die Geschwindigkeit des Ein- bzw. Ausfedervorganges gewinnen. Da sich die Aufstandskraft des Hinterrades aus der Summe der Federkraft und der Dämpfungskraft ergibt, kann die aktuell vorherrschende Aufstandskraft folglich allein aus den vom Drehwinkelsensor gelieferten Daten bestimmt werden. Alternativ kann auch ein Wegsensor in dem der Hinterradschwinge zugeordneten Federdämpferelement verwendet werden.
Bei den vorstehenden Erläuterungen wurde unterstellt, dass zumindest am Vorderrad eine elektromechanische Scheibenbremse mit Selbstverstärkung verwendet wird. Die Selbstverstärkungseinrichtung braucht dabei nur in Vorwärtsfahrtrichtung zu wirken, denn ein Rückwärtsfahrtbetrieb tritt bei einem Zweirad praktisch nicht auf. Die hauptsächliche Bremslast wird bei einem Zweirad vom Vorderrad übernommen, weshalb es in der Regel ausreicht, dort eine elektromechanische Scheibenbremse mit Selbstverstärkung vorzusehen. Zusätzlich kann jedoch auch eine elektromechanische Scheibenbremse mit Selbstverstärkung am Hinterrad vorgesehen werden, falls dies zur weiteren Verbesserung des Fahrverhaltens gewünscht wird. Der Verzicht auf eine auch in Rückwärtsfahrtrichtung wirkende Selbstverstärkungseinrichtung vereinfacht die zur Selbstverstärkung erforderliche Keilanordnung, beispielsweise ist eine direkte Kopplung zwischen dem Keil und einer als Übertragungselement zwischen dem Keil und dem Aktuator dienenden Spindel möglich. Eine Nachstellung des Keils aufgrund stattgefundenen Reibbelag Verschleißes kann dann ebenfalls mittels der Spindel erfolgen.
Ein Ausführungsbeispiel einer elektromechanischen Scheibenbremse mit Selbstverstärkungseinrichtung zum Einbau in ein Einspurfahrzeug wird im folgenden anhand der beigefügten, schematischen Figuren näher erläutert. Es zeigt:
Fig. 1 einen Querschnitt durch den hier interessierenden Teil einer elektro- mechanischen Scheibenbremse mit Selbstverstärkungseinrichtung, und
Fig. 2 eine genauere Darstellung der Keilanordnung der Scheibenbremse aus Fig. 1.
Fig. 1 zeigt eine allgemein mit 10 bezeichnete elektromechanische Scheibenbremse mit einer Selbstverstärkungseinrichtung sowie hydraulischer Notbetätigung, die zum Zusammenwirken mit einem Vorderrad oder Hinterrad eines nicht näher dargestellten
Zweirades bestimmt ist. Die Scheibenbremse 10 hat eine um eine Achse A drehbare Bremsscheibe 12, die von einem Bremssattel 14, der hier als Schwimmsattel ausgeführt ist, übergriffen wird.
In üblicher Weise hat die Scheibenbremse 10 einen direkt betätigten Reibbelag 16 sowie einen auf die andere Seite der Bremsscheibe 12 wirkenden indirekt betätigten Reibbelag 18.
Ein hier nicht dargestellter Hydraulikgeber mit einem Betätigungshebel, der bei- spielsweise am Lenker eines Zweirades angebracht sein kann, ist über eine
Hydraulikleitung 20 mit der Bremse 10 verbunden und dient in erster Linie dazu, einen Bremswunsch zur Bremse weiterzuleiten. Ein Hydraulikdrucksensor 22 misst den mittels des Hydraulikdruckgebers in der Hydraulikleitung 20 erzeugten Hydraulikdruck, der ein Maß für den Bremswunsch ist, und gibt ein dem gemessenen Druck entsprechendes Signal an eine nicht dargestellte Steuerung ab. Die Steuerung wertet dieses Signal aus und weist ihrerseits einen elektrischen Aktuator 24, der im dargestellten Ausführungsbeispiel ein Linearaktuator mit einem Elektromotor 26, einer Spindel 28 und einer nicht dargestellten Spindelmutter ist, an, einen einer Keilanordnung 30 zugehörigen Keil 32 entsprechend zu verschieben (siehe Fig. 2).
Die Keilanordnung 30 mit dem Keil 32 ist zentraler Bestandteil der Selbstverstärkungseinrichtung, mit Hilfe derer die vom Aktuator 24 auf den Keil 32 übertragene Betätigungskraft selbsttätig, d.h. ohne Zuführung äußerer Hilfsenergie, verstärkt wird. Der Keil 32 hat eine unter einem Winkel α zur Bremsscheibe 12 angeordnete Keilfläche 34, die sich an einer komplementär geneigten Fläche 36 eines Widerlagers 38 abstützt, das bezüglich der Bremse 10 ortsfest ist. Zwischen den Flächen 34 und 36 des Keils 32 bzw. des Widerlagers 38 können zur Reibungsverminderung Rollen oder andere reibungsvermindernde Elemente angeordnet sein.
Auf einen Bremswunsch hin verstellt der Aktuator 24 den Keil 32 an der Widerlagerfläche 36 entlang zur Bremsscheibe 12 hin, so dass der direkt betätigte Reibbelag 16 in Kontakt mit der Bremsscheibe 12 gerät. Die daraufhin entstehende Reaktionskraft, die über den Keil 32 und das Widerlager 38 in die Bremse 10 eingeleitet wird, führt zu einer entsprechenden Verschiebung des Schwimmsattels 14, so dass sich auch der indirekt betätigte Reibbelag 18 an die Bremsscheibe 12 anlegt. Dieses allgemeine
Funktionsprinzip einer Schwimmsattelscheibenbremse ist Fachleuten gut bekannt und wird deshalb hier nicht näher erläutert.
Sobald der Reibbelag 16 die Bremsscheibe 12 berührt, nimmt die sich drehende Bremsscheibe 12 den direkt betätigten Reibbelag 16 etwas in Drehrichtung mit, d.h. der Keil 32 rutscht auf der Widerlagerfläche 36 noch etwas weiter in Betätigungsrichtung, was zur Folge hat, dass die Reibbeläge 16, 18 noch fester gegen die Brems- Scheibe 12 gepresst werden. Dies ist das Selbstverstärkungsprinzip der dargestellten elektromechanischen Scheibenbremse, für das keine äußeren Hilfskräfte erforderlich sind. Sollte der direkt betätigte Reibbelag 16 aufgrund der herrschenden Reibverhältnisse dazu neigen, zu weit von der Bremsscheibe 12 mitgenommen zu werden, was im Extremfall zu einem Blockieren der Bremse 10 oder zu ihrer Zerstörung führen würde, steuert der Aktuator 24 dagegen an, d.h. er fährt über die Spindel 28 den Keil 32 rechtzeitig entsprechend zurück. Auch das Lösen der Bremse 10 geschieht auf diese Weise.
Sollte der elektrische Aktuator 24 ausfallen, kommt die hydraulische Notbetätigung zum Zuge. Sie umfasst einen im Bremssattel 14 aufgenommenen Hydraulikkolben 40, der mittels einer Feder 42 entgegen der Betätigungsrichtung vorgespannt ist. Die Feder 42 stellt sicher, dass sich der Hydraulikkolben 40 im Normalfall, d.h. bei funktionierendem Aktuator 24, nicht bewegt. Erst bei Aufbau einer die Kraft der Feder 42 übersteigenden Gegenkraft in der Hydraulikleitung 20 wird der Hydraulik- kolben 40 in Betätigungsrichtung verschoben. Er wirkt dann über einen Stößel 44 auf den Keil 32 ein, so dass der direkt betätigte Reibbelag 16 mittels Hydraulikdruck gegen die Bremsscheibe 12 gedrückt wird. Die Feder 42 hat eine degressive Federkennlinie, so dass die vom Benutzer zu überwindende Gegenkraft bei ausgefallenem elektrischen Aktuator 24 nicht zu stark ansteigt.