Beschreibung
Otoplastik für Hinter-dem-Ohr (HdO)-Hörqeräte
Die Erfindung betrifft ein Ohrpassstück bzw. eine Otoplastik für Hinter-dem-Ohr (HdO) -Geräte auf dem Gebiet der Hörakustik. Diese Geräte werden oftmals auch als sogenannte HdO-Secret-Ears (SE) bezeichnet. Dabei findet ein verhältnismässig kurzer Schal Ischlauch Anwendung, mit dem es gelingt, die Reibungsverluste insbesondere des hochfrequenten Schal lanteils merklich zu reduzieren.
Der Schal Ischlauch muss allerdings exakt im bzw. am Gehörgang positioniert werden, wozu regelmässig ein Ohrpassstück bzw. eine Otoplastik Verwendung findet, die individuell an die menschliche Anatomie des Ohres des zu behandelnden Patienten angepasst wird. Es haben sich bis heute verschiedene Formen der Otoplastik durchgesetzt, wobei einige, nämlich die sogenannten "offenen" HdO- Otoplastiken besonders bevorzugt werden, um den Gehörgang möglichst minimal durch einen "Fremdkörper" zu verlegen bzw. bereichsweise zu verschli essen. Diese "offene" HdO-Versorgung hat dabei den Vorteil, dass die noch vorhandene Aufnahmefähigkeit des Gehörs in ihrer Natürlichkeit so gering wie möglich beeinträchtigt wi rd .
Bekannte einschlägige Otoplastiken sind als "SE-Schalenform, SE-Spangenfor oder SE-Krallenform" bekannt (siehe Ulrich Voogdt: Otoplastik - Die individuelle Otoplastik zur Hörgeräte- Versorgung..., Band 2 der wissenschaftlichen Fachbuchreihe "Akademie für Hörgeräte-Akustik", edian-Verlag von Killisch-Horn GmbH, 1993). Eine Abwandlung dieser gängigen Otoplastiken stellt die "offene" Lösung dar. Allen Varianten ist jedoch gemeinsam, dass es häufig nicht gelingt die hörtechnische Korrektur so natürlich wie möglich abzubilden.
Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, eine Otoplastik für "offene" HdO-Versorgungen, für CI-Komponenten (Cochlea Implant- Mikrofon-Systeme bzw. CI-HdO-Prozessoren) oder HdO-Tinnitus- Systeme zu schaffen, die sich nicht nur durch ein minimalisiertes Fremdkörpergefühl und guten Tragekomfort, sondern vorrangig dadurch auszeichnet, dass die natürliche Schall Verarbeitung im menschlichen Ohr so unverfälscht wie möglich genutzt werden kann, um dadurch ein Höchstmass an hörakustischer Korrektur und Natürlichkeit des Hörempfindens zu gewährleisten.
Diese Aufgabe wird durch eine Otoplastik nach Anspruch 1 bzw. nach Anspruch 5 gelöst.
Mit der erfindungsgemässen Otoplastik nach Anspruch 1 gelingt es, in bislang nicht erreichtem Maße, den Gehörgang an den entscheidenden Stellen offen zu halten. Die Erfindung beruht auf der Überlegung, dass die Natürlichkeit des Hörempfindens einerseits und die Effektivität der hörakustischen Korrektur andererseits erheblich durch die anatomisch vorgegebenen, natürlichen Resonanzverhältnisse im Gehörgang unter Einschluss der Ohrmuschel beeinflusst werden. Mit der erfindungsgemässen Gestaltung der Otoplastik bleibt die natürliche Resonanz weitgehend unbeeinflusst, selbst dann wenn der Gehörgang sehr eng ist. Dabei ergeben sich die zusätzlichen Vorteile, dass der Tragekomfort (materialfreier Bereich im Bereich der Crus-Helicis; kein Wärmestau) äusserst gut ist, dass die Otoplastik sehr wenig Material benötigt und damit auch kosmetische Vorzüge hat, und dass die akustische Ankopplung zur Frequenz- und Dynamik-Beeinflussung komplikationsfreier erfolgen kann.
Obwohl die erfindungsgemässe Otoplastik weniger Raum einnimmt, kann sie die den Schallschlauch stabilisierende Funktion zuverlässig erfüllen, indem die Ankopplung des Schallschlauchs an das HdO-Gerät zur Stabilisierung genutzt wird.
Es zeigt sich, dass der Abstützkörper der Otoplastik trotz der verringerten Kontaktfläche mit der Cavum conchae so stabil positioniert ist, dass der Endabschnitt der Otoplastik-Traverse gemäss der Weiterbildung in Anspruch 2 einen Gehörgangszapfen tragen kann, wodurch eine bessere Abstützung im Gehörgang verwirklicht werden kann.
Die oben angegebene Aufgabe wird entsprechend einer zweiten Alternative gemäss Anspruch 5 dadurch gelöst, dass die Otoplastik erstmalig an einer Stelle der Ohrmuschel positioniert wird, die vollständig ausserhalb der Cavum conchae liegt. Es hat sich überraschenderweise gezeigt, dass es bei Positionierung des haltgebenden Teils der Otoplastik in der Cymba ohne weiteres gelingt, im Zusammenwirken mit der Eigenstabilität des flexiblen Signall ei ters bzw. des Schal Ischlauchs, diesen exakt und reproduzierbar im Gehörgang zu positionieren, der erfindungsgemäss von keinem Otoplastik-Bauteil mehr verlegt wird. Damit eignet sich diese Otoplastik in besonderem Maß neben "offenen" Standard- Applikationen für Anwendungsfälle bei Kindern mit einohriger Taubheit oder z.B. bei normal hörenden Schülern mit einer sogenannten Lese-Rechtschreibe-Schwäche in Verbindung mit sogenannten FM (Frequenzmodulation) -Systemen, bei denen das Sprechsignal des Lehrers über Mikrofon und eine Mikroport-Anlage in den Gehörgang des hörbehinderten Kindes eingespeist wird. Speziell in diesem Fall kommt es ganz besonders auf die Ausnützung der natürlichen Gehörgang-Resonanz an, was durch die erfindungsgemässe Otoplastik in bislang nicht erzieltem Maße gegeben ist. Aufgrund der verbesserten Randbedingungen wird es darüber hinaus einfacher, die akustische Ankopplung des Hörgeräts zur Frequenz- und Dynamik-Beeinflussung vorzunehmen, so dass sich die erfindungsgemässe Otoplastik auch für den Medieneinsatz, wie z.B. bei TV-Live-Interviews als eine Art von "offenem In-Ear- Monitoring" anbietet, wobei in diesem Fall beispielsweise eine Simultan-Übersetzung oder das Sprechsignal eines Suffleurs unter
möglichst natürlichen Bedingungen in den Gehörgang eingespeist werden.
Ein besonderer Vorzug der Otoplastik nach Anspruch 5 ist auch darin zu sehen, dass bezüglich der Gestaltung des den Rand der Ohrmuschel bogenförmig übergreifenden Bügels eine grosse Freiheit besteht, was wiederum zur zusätzlichen Stabilisierung der Otoplastik genutzt werden kann. Die Weiterbildung nach Anspruch 6 geht in diese Richtung.
Wenn sich der haltgebende Hauptkörper der Otoplastik gemäss Anspruch 7 in den Bereich der Crus Anthelicis hinein erstreckt, wird die Stabilisierung des Hauptkörpers weiter verbessert, wodurch es gelingt, die Grosse des Hauptkörpers weiter zu verringern. Dies verbessert gleichzeitig den Tragekomfort und hat auch hinsichtlich der Kosmetik Vorteile.
Auch diese Ausführungsform hat ebenso wie die Ausführungsform nach Anspruch 1 den Vorzug dass sie bei speziellen Sonder- Applikationen, wie z.B. bei sehr engem Gehörgang oder starker
Terminal -Behaarung im Gehörgang oder sonstigen Anomalien der
Ohranatomie ohne Komplikationen einsetzbar ist.
Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand der übrigen Unteransprüche.
Nachstehend werden anhand schemati scher Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 die Ansicht eines Ohrs von der Seite mit eingesetzter Otoplastik gemäss der ersten Ausführungsform;
Fig. 2 den Schnitt II-II in Fig 1;
Fig. 3, Fig. 4 in vergrössertem Maßstab Darstellungen einer tatsächlich hergestellten Otoplastik der Ausführungsform nach Fig. 1. 2;
Fig. 5 die Ansicht einer in eine Ohrmuschel eingesetzten Otoplastik nach der Bauart entsprechend der ersten Ausführungsform;
Fig. 6 die Ansicht eines Ohrs von der Seite mit eingesetzter Otoplastik gemäss der zweiten Ausführungsform;
Fig. 7 den Schnitt VII-VII in Fig 6;
Fig. 8, Fig. 9 in vergrössertem Maßstab Darstellungen einer tatsächlich hergestellten Otoplastik der Ausführungsform nach Fig. 6, 7;
Fig. 10 eine vergrösserte Ansicht einer weiteren Ausführungsform der Otoplastik mit kleiner dimensioniertem Hauptkörper; und
Fig. 11 die Ansicht einer in eine Ohrmuschel eingesetzten Otoplastik nach Fig. 10;
In Fig. 1 ist mit dem Bezugszeichen 20 eine Otoplastik für ein HdO-Gerät gezeigt, die in die mit 22 bezeichnete Cavum conchae eingesetzt ist. Mit dem Bezugszeichen 24 ist die Crus helicis bezeichnet und mit dem Bezugszeichen 26 der Gehörgang bzw. Meatus acusticus externus.
Die Otoplastik dient zur Stabilisierung eines zum nicht gezeigten HdO-Gerät führenden Schall schlauchs 28, der in den Gehörgang mündet. Zu diesem Zweck ist die Otoplastik beispielsweise nach einem Abdruckverfahren individuell der Anatomie des Patienten angepasst. Sie hat im wesentlichen die Form
einer Spange mit zwei Schenkeln 32, 34. Der erste Schenkel erstreckt sich bogenförmig entlang des äusseren Randes 36 der Cavum conchae 22 bis zu einem Punkt oberhalb des mit 30 bezeichneten Antitragus. Von dort verläuft die Otoplastik abgewinkelt nach oben über einen die Cavum conchae durchquerenden zweiten Schenkel, der im folgenden als Traversenabschnitt 34 bezeichnet wird. Der Traversenabschnitt verläuft in Richtung Porus acusticus externus 38 und verbreitert sich dort zu einem Endabschnitt 40, der zur Aufnahme des Signalleiters, im gezeigten Fall, eines Schal Ischlauch-Winkel Stücks 42 dient.
Wie aus Fig. 2 ersichtlich, geht der Endabschnitt 40 in einen Gehörgangszapfen 44 über, in dem eine Bohrung (gestrichelt gezeichnet) 46 ausgebildet ist.
Man erkennt aus der Darstellung, dass die Otoplastik den
Gehörgang 26 nur unwesentlich verdeckt, so dass die natürliche
Gehörgang/Ohrmuschel -Resonanz aufrechterhalten bleibt. Eine zusätzliche Stabilisierung der Otoplastik 20 erfolgt durch den Schallschlauch 28, der mit dem Winkelstück 42 fest verbunden ist.
In den Figuren 3 und 4, die eine aus Kunststoff gefertigte Otoplastik nach den Figuren 1 und 2 darstellen ist gut die filigrane Struktur erkennbar, die dennoch in der Cavum conchae stabil fixierbar ist.
Den kosmetischen Aspekt der erfindungsgemässen Otoplastik erkennt man am besten aus der Figur 5, in der die sichtbare Fläche der Otoplastik 20 schraffiert dargestellt ist. Es liegt auf der Hand, dass die erfindungsgemässe Formgebung so beschaffen ist, dass sie das natürliche Erscheinungsbild der Ohrmuschel quasi nicht beeinträchtigt.
In den Figuren 6 bis 11 sind weitere Ausführungsformen der erfindungsgemässen Otoplastik nach Anspruch 5 gezeigt.
Die Otoplastik, die wiederum - wie auch in den Figuren 1 und 2 - schraffiert hervorgehoben ist, ist mit dem Bezugszeichen 120 bezeichnet. Sie ist derart angeordnet, dass die Cavum conchae vollständig frei bleibt. Stattdessen ist die Otoplastik im Bereich der Cymba conchae 50, im gezeigten Fall mit einer Erstreckung in den Bereich der Crus anthelicis 52, 54 angeordnet.
Die Otoplastik ist wiederum der Anatomie des Patienten individuell angepasst und sie besteht im wesentlichen aus zwei Komponenten, nämlich einem haltgebenden Teil 156, der formschlüssig versenkt in der Cymba conchae 50 aufgenommen ist, und einem den Rand 58 der Ohrmuschel bogenförmig übergreifenden Hügel 160, der an seinem Ende die Halterung für den flexiblen Schallschlauch 128 ausbildet. Der Schallschlauch 128 ist - wie in Fig. 7 gezeigt - abgewinkelt in das Innere des Gehörgangs 26 geführt und kann dort beispielsweise einen sogenannten Cerumdefender 162 tragen.
Diese Ausführungsform der Otoplastik hat ein noch kleineres Bauvolumen als die Otoplastik nach den Figuren 1 bis 5 und sie lässt - wie der Fig. 7 entnehmbar ist - den Gehörgang quasi unbeeinflusst.
In den Figuren 8 und 9 ist eine in der Praxis eingesetzte Otoplastik vergrössert wiedergegeben. Man erkennt deutlich die mehrfach gekrümmte Oberflächengestaltung des Hauptkörpers, die für den passgenauen und verschiebesicheren Sitz in der Cymba conchae verantwortlich ist. Die Ausführungsform nach Fig. 8, 9 ist für einen Patienten hergestellt worden, bei dem die Cymba conchae ausgesprochen großvolumig ausgebildet ist.
In den Figuren 10 und 11 ist eine weitere Ausführungsform gezeigt, die bei einem Patienten mit wesentlich kleinerer Cymba conchae angewendet wurde. Die mit 220 bezeichnete Otoplastik hat
einen wesentlich kleineren Hauptkörper 256, der allerdings wiederum mehrfach räumlich gekrümmt ist, so dass die erforderliche Hinterschneidung mit der Oberfläche des Ohrs zustande kommt.
Der Ansicht nach Fig. 11 kann entnommen werden, dass der sichtbare Teil der Otoplastik 220 minimal gehalten ist.
Selbstverständlich können für die erfindungsgemässen Otoplastiken alle gängigen Werkstoffe verwendet werden, wie z.B. hei ss- und kalt-polymerisierendes PMMA oder Lichtpolymerisat. Aufgrund des geringen Volumens der Otoplastik bieten sich insbesondere auch farbige Gestaltungen eventuell mit Schmuckapplikationen an. Aber auch Metalle, wie Edelstahl, Gold, Silber, Platin, Titan (Spritzguss- oder Schleuderguss-Verfahren) können eingesetzt werden, wobei es auch möglich ist mit der Galvanotechnik zu arbeiten.