Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Hörhilfegerätes
mit einem Mikrofonsystem, einer Signalverarbeitungseinheit
und einem Ausgangswandler, wobei das Mikrofonsystem
wenigstens zwei Mikrofoneinheiten umfasst, von denen
Mikrofonsignale ausgehen und die Richtcharakteristiken unterschiedlicher
Ordnung aufweisen. Ferner betrifft die Erfindung
ein Hörhilfegerät zur Durchführung des Verfahrens.
In modernen Hörhilfegeräten finden Einrichtungen zur Klassifikation
von Hörsituationen Verwendung. Je nach Hörsituation
werden die Übertragungsparameter des Hörhilfegerätes automatisch
variiert. Dabei kann die Klassifikation u.a. Einfluss
haben auf die Wirkungsweise von Störgeräuschunterdrückungsalgorithmen
als auch auf das Mikrofonsystem. So wird beispielsweise
je nach erkannter Hörsituation gewählt (diskret umgeschaltet
bzw. kontinuierlich übergeblendet) zwischen einer
omnidirektionalen Richtcharakteristik (Richtcharakteristik
nullter Ordnung) und einer deutlichen Richtwirkung des Mikrofonsystems
(Richtcharakteristik erster oder höherer Ordnung).
Zur Erzeugung der Richtcharakteristik werden Gradientenmikrofone
verwendet oder mehrere omnidirektionale Mikrofone elektrisch
miteinander verschaltet. Derartige Mikrofonsysteme zeigen
ein frequenzabhängiges Übertragungsverhalten, bei dem ein
deutlicher Abfall zu tiefen Frequenzen zu verzeichnen ist.
Das Rauschverhalten der Mikrofone ist dagegen frequenzunabhängig
und gegenüber einem omnidirektionalen Mikrofon geringfügig
verstärkt. Zum Erreichen eines natürlichen Klangeindrucks
muss der Hochpassfrequenzgang des Mikrofonsystems
durch Verstärkung der tiefen Frequenzen ausgeglichen werden.
Dabei wird das im tiefen Frequenzbereich vorhandene Rauschen
ebenfalls mitverstärkt und unter Umständen deutlich und störend
hörbar, während leise Geräusche vom Rauschen verdeckt
werden.
Aus der WO 00/76268 A2 ist ein Hörhilfegerät bekannt mit einer
Signalverarbeitungseinheit und mindestens zwei Mikrofonen,
die zur Bildung von Richtmikrofonsystemen unterschiedlicher
Ordnung miteinander verschaltbar sind, wobei die Richtmikrofonsysteme
ihrerseits in von der Frequenz der von den
Mikrofonen abgegebenen Mikrofonsignale abhängiger Gewichtung
miteinander verschaltbar sind. In Abhängigkeit des Ergebnisses
einer Signalanalyse kann die Grenzfrequenz zwischen benachbarten
Frequenzbändern, bei denen eine unterschiedliche
Gewichtung der Mikrofonsignale vorgesehen ist, eingestellt
werden.
Aus der DE 197 03 228 A1 ist ein Verfahren zur Verstärkung
von Eingangssignalen eines Hörgerätes bekannt, bei dem unter
Einsatz einer AGC(Automatic Gain Control)-Schaltung eine Kompression
der vom Hörgerät aufgenommenen Signale in Abhängigkeit
des erfassbaren Signalpegels erfolgt. Zusätzlich zur Erfassung
des Signalpegels des Eingangssignals wird eine Signalanalyse
zur Erkennung der akustischen Situation durchgeführt
und aufgrund des Ergebnisses der Signalanalyse das Verhalten
der Kompression adaptiv variiert. Die Signalanalyse
sowie die Kompression können auch parallel in unterschiedlichen
Frequenzbändern durchgeführt werden.
Aus der EP 0 942 627 A2 ist ein Hörgerät mit Richtmikrofon-System
mit einer Signalverarbeitungseinrichtung, einem Hörer
und mehreren Mikrofonen bekannt, deren Ausgangssignale zur
Erzeugung einer individuellen Richtmikrofoncharakteristik über
Verzögerungseinrichtungen und die Signalverarbeitungseinrichtung
in unterschiedlicher Gewichtung miteinander verschaltbar
sind. Bei dem Richtmikrofon-System kann die bevorzugte
Empfangsrichtung (Hauptrichtung) in Anpassung an eine
vorliegende Hörsituation individuell eingestellt werden.
Aus der US 5,524,056 ist ein Hörgerät mit einem omnidirektionalen
Mikrofon und einem direktionalen Mikrofon erster oder
höherer Ordnung bekannt. Das Mikrofonsignal des direktionalen
Mikrofons wird im Bereich niedriger Signalfrequenzen in seiner
Amplitude verstärkt und dem Mikrofonsignal des omnidirektionalen
Mikrofons angeglichen. Sowohl das Mikrofonsignal des
omnidirektionalen Mikrofons als auch das Mikrofonsignal des
direktionalen Mikrofons sind einer Umschalteinheit zugeführt.
In einer ersten Schaltstellung der Umschalteinheit ist das
omnidirektionale Mikrofon und in einer zweiten Schaltstellung
der Umschalteinheit das direktionale Mikrofon mit einem Hörgeräte-Verstärker
verbunden. Die Umschalteinheit kann in Abhängigkeit
des Signalpegels eines Mikrofonsignals automatisch
umschalten.
Nachteilig bei den bekannten Hörhilfegeräten mit einem Richtmikrofonsystem
ist, dass in bestimmten Hörsituationen entweder
die Richtwirkung des Mikrofonsystems nicht optimal verwendet
wird oder dass ein hoher Grad an Richtwirkung zu einer
deutlich hörbaren Verschlechterung der Klangqualität führt.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die Klangqualität
eines Hörhilfegerätes mit Richtmikrofonsystem zu verbessern.
Diese Aufgabe wird bei einem Verfahren zum Betrieb eines Hörhilfegerätes
mit einem Mikrofonsystem, einer Signalverarbeitungseinheit
und einem Ausgangswandler, wobei das Mikrofonsystem
wenigstens zwei Mikrofoneinheiten umfasst, von denen
Mikrofonsignale ausgehen und die Richtcharakteristiken unterschiedlicher
Ordnung aufweisen, gelöst durch folgende Verfahrensschritte:
a) Durchführen einer Signalanalyse bei wenigstens einem Mikrofonsignal
zum Ermitteln von Signaleigenschaften bei bestimmten
Frequenzen oder innerhalb bestimmter Frequenzbänder, b) unterschiedliche Gewichtung der von den Mikrofoneinheiten
mit unterschiedlicher Richtcharakteristik ausgehenden Mikrofonsignale
in Abhängigkeit des Ergebnisses der Signalanalyse
und der Frequenz der Mikrofonsignale.
Ferner wird die Aufgabe bei einem Hörhilfegerät zur Durchführung
des Verfahrens mit einem Mikrofonsystem, einer Signalverarbeitungseinheit
und einem Ausgangswandler, wobei das
Mikrofonsystem wenigstens zwei Mikrofoneinheiten umfasst, von
denen Mikrofonsignale ausgehen und die Richtcharakteristiken
unterschiedlicher Ordnung aufweisen, gelöst durch Mittel zur
Aufspaltung der Mikrofonsignale der Mikrofoneinheiten mit
Richtcharakteristiken unterschiedlicher Ordnung in mehrere
Frequenzbänder, Mittel zur Durchführung einer Signalanalyse
bei wenigstens einem der Mikrofonsignale sowie Mittel zur unterschiedlichen
Gewichtung der Mikrofonsignale in den einzelnen
Frequenzbändern in Abhängigkeit des Ergebnisses der Signalanalyse.
Das erfindungsgemäße Hörhilfegerät umfasst ein Mikrofonsystem
mit mindestens zwei Mikrofonen, um Richtcharakteristiken
nullter und erster Ordnung realisieren zu können. Vorzugsweise
sind jedoch mehr als zwei Mikrofone vorhanden, so dass
auch Richtcharakteristiken zweiter und höherer Ordnung möglich
sind. Weiterhin umfasst das Hörhilfegerät eine Signalverarbeitungseinheit
zur Verarbeitung und frequenzabhängigen
Verstärkung des von dem Mikrofonsystem erzeugten Mikrofonsignals.
Die Signalausgabe erfolgt üblicherweise durch ein akustisches
Ausgangssignal mittels eines Hörers. Es sind aber
auch andere, z.B. Vibrationen erzeugende Ausgangswandler bekannt.
Als Richtcharakteristik nullter Ordnung im Sinne der Erfindung
ist eine omnidirektionale Richtcharakteristik zu verstehen,
die beispielsweise von einem einzelnen, nicht mit weiteren
Mikrofonen verschalteten omnidirektionalen Mikrofon hervorgeht.
Eine Mikrofoneinheit mit einer Richtcharakteristik
erster Ordnung (Richtmikrofon erster Ordnung) kann beispielsweise
durch ein einzelnes Gradientenmikrofon oder die elektrische
Verschaltung zweier omnidirektionaler Mikrofone realisiert
werden. Mit Richtmikrofonen erster Ordnung ist ein theoretisch
erreichbarer Maximalwert des Direktiviti-Index (DI)
von 6 dB (Hyperniere) zu erreichen. In der Praxis erhält man
am KEMAR (einer Standardforschungspuppe) bei optimaler Lage
der Mikrofone und bestem Abgleich der von den Mikrofonen erzeugten
Signale DI-Werte von 4-4,5 dB. Richtmikrofone zweiter
und höherer Ordnung weisen DI-Werte von 10 dB und mehr auf,
die beispielsweise für eine bessere Sprachverständlichkeit
vorteilhaft sind. Enthält ein Hörhilfegerät ein Mikrofonsystem
mit beispielsweise drei omnidirektionalen Mikrofonen, so
können auf dieser Basis durch geeignete Verschaltung der Mikrofone
gleichzeitig Mikrofoneinheiten mit Richtcharakteristiken
nullter bis zweiter Ordnung realisiert werden.
Ein einzelnes omnidirektionales Mikrofon stellt für sich eine
Mikrofoneinheit nullter Ordnung dar. Wird bei zwei omnidirektionalen
Mikrofonen das Mikrofonsignal eines Mikrofons verzögert,
invertiert und zu dem Mikrofonsignal des anderen Mikrofons
addiert, so entsteht eine Mikrofoneinheit erster Ordnung.
Wird wiederum bei zwei Mikrofoneinheiten erster Ordnung
das Mikrofonsignal einer Mikrofoneinheit verzögert, invertiert
und zu dem Mikrofonsignal der zweiten Mikrofoneinheit
erster Ordnung addiert, so ergibt sich eine Mikrofoneinheit
mit Richtcharakteristik zweiter Ordnung. Auf diese Weise lassen
sich - abhängig von der Anzahl omnidirektionaler Mikrofone
- Mikrofoneinheiten beliebiger Ordnung realisieren.
Umfasst ein Mikrofonsystem Mikrofoneinheiten unterschiedlicher
Ordnung, so kann zwischen unterschiedlichen Richtcharakteristiken
umgeschaltet werden, z.B. durch An- oder Ausschalten
eines oder mehrerer Mikrofone. Weiterhin können durch eine
geeignete elektrische Verschaltung der Mikrofoneinheiten
auch beliebige Mischformen zwischen den Richtcharakteristiken
unterschiedlicher Ordnung erzeugt werden. Hierzu werden die
Mikrofonsignale der Mikrofoneinheiten unterschiedlich gewichtet
und addiert, bevor sie in der Signalverarbeitungseinheit
des Hörhilfegerätes weiter verarbeitet und verstärkt werden.
So kann ein kontinuierlicher, gleitender Übergang zwischen
unterschiedlichen Richtcharakteristiken realisiert werden,
wodurch sich störende Artefakte beim Umschalten vermeiden
lassen.
Bei dem Hörhilfegerät gemäß der Erfindung erfolgt vorteilhaft
bei wenigstens einem Mikrofonsignal eine Signalanalyse, bei
der bestimmte Eigenschaften des Mikrofonsignals festgestellt
werden. Wichtig bei der Signalanalyse im Zusammenhang mit der
Erfindung ist, dass diese Signaleigenschaften in Abhängigkeit
der Signalfrequenz ermittelt werden. Dadurch wird es möglich,
die Gewichtung von Mikrofonsignalen, die von Mikrofoneinheiten
mit unterschiedlicher Richtwirkung ausgehen, in Abhängigkeit
des Ergebnisses der Signalanalyse adaptiv an die jeweilige
Hörsituation anzupassen. So kann in jedem Frequenzbereich
eine für den jeweiligen Frequenzbereich optimierte
Richtwirkung eingestellt werden. Insbesondere kann dadurch so
viel Richtwirkung wie möglich zugelassen werden, ohne dass
dabei der Anteil des von dem Mikrofonsystem verursachten Rauschens
in dem Ausgangssignal des Hörhilfegerätes als störend
empfunden wird. Dieser durch die Erfindung erzeugte Effekt
wird dadurch erreicht, dass eine Richtwirkung nur in den Frequenzbereichen
des Nutzsignals erzeugt wird, in denen ein erhöhtes
Mikrofonrauschen allenfalls eine geringfügige Klangverschlechterung
für den Hörgeräteträger verursacht. Wird
z.B. in der Hörsituation "Gespräch" ein hoher Signalpegel lediglich
in dem Frequenzbereich zwischen 1 kHz und 3 kHz festgestellt,
so bekommt in diesem Frequenzbereich das Mikrofonsignal
von der Mikrofoneinheit mit der höchsten Ordnung das
größte Gewicht. In den anderen Frequenzbereichen mit niedrigeren
Signalpegeln wird vorteilhaft durch eine entsprechende
Gewichtung der Mikrofonsignale auf eine Richtwirkung zumindest
weitgehend verzichtet.
Vorzugsweise wird bei der Signalanalyse der Signalpegel des
Mikrofonsignals in Abhängigkeit der Signalfrequenz bestimmt.
Daraus lassen sich dann grob folgende Einstellungen des Mikrofonsystems
ableiten: Bei einem hohen Signalpegel des Mikrofonsignals
wird das Mikrofonrauschen von dem Eingangssignal
überdeckt und nicht als störend wahrgenommen. So kann in einer
derartigen Hörsituation eine hohe, mit dem Mikrofonsystem
erzielbare Ordnung der Richtwirkung eingestellt werden. Anders
hingegen bei einem sehr leisen Eingangssignal. Hier kann
das durch die Richtwirkung des Mikrofonsystems hervorgerufene
Mikrofonrauschen als störend empfunden werden. Zweckmäßig ist
es daher, in einer derartigen Hörsituation zumindest weitgehend
auf die Richtwirkung zu verzichten und lediglich das omnidirektionale
Mikrofonsignal weiterzuverarbeiten bzw. das
Gewicht der Mikrofonsignale von Mikrofoneinheiten höherer
Ordnung zu reduzieren.
Zum Erfassen des Signalpegels des akustischen Eingangssignals
bei einem Hörhilfegerät gemäß der Erfindung ist dem Mikrofonsystem
vorteilhaft eine Mess- und Steuereinheit direkt zugeordnet.
Neben der direkten Pegelmessung können auch andere
Messungen durchgeführt werden, z.B. Messung des quadratischen
Mittelwertes RMS (Root Mean Square), die in direktem Zusammenhang
mit dem Signalpegel des Eingangssignals stehen und
Rückschlüsse auf diesen zulassen. Ausgehend von dem so gemessenen
Wert steuert die Mess- und Steuereinheit die Richtcharakteristik
des Mikrofonsystems.
Die Erfindung bietet den Vorteil, dass bei niedrigen Signalpegeln
des akustischen Eingangssignals die Richtwirkung des
Mikrofonsystems automatisch reduziert wird. Insbesondere wird
bei niedrigen Eingangssignalpegeln eine omnidirektionale
Richtcharakteristik des Mikrofonsystems eingestellt. Lästiges
Mikrofonrauschen, das besonders bei niedrigen Signalpegeln
als störend empfunden wird, kann so verhindert werden.
Neben dem Signalpegel kann jedoch auch eine Reihe weiterer
Signaleigenschaften gemessen werden, z.B. die Modulationsfrequenz
oder die Modulationstiefe. Weitere Beispiele sind die
Steigung der Einhüllenden oder die Charakteristik des Nulldurchgangs.
Gemäß der Erfindung erfolgt die Ermittlung dieser
Signaleigenschaften in Abhängigkeit der Signalfrequenz. Vorteilhaft
wird das zu analysierende Signal hierfür in mehrere
Frequenzbänder unterteilt. Dann wird in dem Frequenzbereich
bzw. in den Frequenzbereichen des Eingangssignals die Richtwirkung
erhöht, die gemäß dem Ergebnis der Signalanalyse für
den Hörgeräteträger von besonderer Bedeutung ist. Dies kann
beispielsweise ein Frequenzbereich sein, bei dem das Ergebnis
der Modulationsanalyse auf ein Sprachsignal hindeutet.
Selbstverständlich kann die Gewichtung der Mikrofonsignale
auch auf einer kombinatorischen Auswertung mehrerer Signaleigenschaften
beruhen, z.B. des Signalpegels und der Modulationsfrequenz.
Bei einer Ausführungsform der Erfindung wird das von der omnidirektionalen
Mikrofoneinheit erzeugte Mikrofonsignal analysiert.
Dies hat den Vorteil, dass bei der Signalanalyse aus
unterschiedlichen Richtungen in das Mikrofonsystem einfallende
Schallsignale gleichermaßen berücksichtigt werden. Bei einer
anderen Ausführungsform der Erfindung wird das Mikrofonsignal
eines direktionalen Mikrofons analysiert. Dies kann
z.B. in der Hörsituation "Gespräch" von Vorteil sein, bei der
der Gesprächspartner des Hörgeräteträgers in Blickrichtung
vermutet wird und daher vorteilhaft das Mikrofonsignal einer
in diese Richtung ausgerichteten Mikrofoneinheit analysiert
wird. Die besten Ergebnisse bei der Analyse des augenblicklichen
Schallfeldes werden jedoch dann gewonnen, wenn die Mikrofonsignale
mehrerer Mikrofoneinheiten gleichzeitig ausgewertet
werden.
Bei modernen Hörhilfegeräten wird das zu verarbeitende Mikrofonsignal
üblicherweise zunächst in Frequenzbänder unterteilt.
Im Zusammenhang mit der Erfindung werden bei einer
Ausführungsform zunächst die Ausgangssignale der einzelnen
Mikrofone in einzelne Frequenzbänder unterteilt. Anschließend
werden die Mikrofonsignale in den einzelnen Frequenzbändern
zur Erzeugung von Mikrofoneinheiten mit Richtcharakteristiken
unterschiedlicher Ordnung miteinander verschaltet. Eine andere
Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass zunächst
Mikrofoneinheiten bereitgestellt werden, die sich hinsichtlich
ihrer Richtcharakteristik unterscheiden, um anschließend
die Ausgangssignale dieser Mikrofoneinheiten in Frequenzbänder
zu unterteilen. Auch die von der Frequenz abhängige, unterschiedliche
Gewichtung der Mikrofonsignale der Mikrofoneinheiten
unterschiedlicher Ordnung erfolgt dann vorteilhaft
in diesen Frequenzbändern, wobei vorzugsweise sowohl die Gewichte
der Mikrofonsignale unterschiedlicher Mikrofoneinheiten
in einem Frequenzband als auch die Gewichte der von einer
Mikrofoneinheit ausgehenden Mikrofonsignale in unterschiedlichen
Frequenzbändern unabhängig voneinander einstellbar sind.
Weiterhin erfolgt bei der Erfindung vorzugsweise auch die Analyse
des bzw. der Mikrofonsignale parallel in den einzelnen
Frequenzbändern. Dies ist insbesondere deshalb vorteilhaft,
weil die Erzielung einer Richtwirkung im tiefen Frequenzbereich
ohnehin problematisch ist. So kann gemäß der Erfindung
das Mikrofonsystem so eingestellt werden, dass dieses in den
tieffrequenten Frequenzbändern erst bei sehr hohen Signalpegeln
als Richtmikrofon wirkt und bei niedrigeren Signalpegeln
lediglich auf omnidirektionalen Empfang eingestellt ist. In
Frequenzbändern mit höheren Frequenzen kann hingegen bereits
bei niedrigeren Signalpegeln eine Richtwirkung des Mikrofonsystems
aktiviert sein.
Durch die Möglichkeit, die von den Mikrofoneinheiten unterschiedlicher
Ordnung ausgehenden Mikrofonsignale nahezu beliebig
gewichten und summieren zu können, kann auch jede beliebige
Zwischenstufe zwischen den einzelnen Ordnungen eingestellt
werden. Dadurch lassen sich ein abruptes Umschalten
zwischen verschiedenen Ordnungen und die damit verbundenen
Umschaltartefakte vermeiden. Insbesondere werden auch bei einem
Wechsel der Hörsituation die Gewichte der einzelnen Mikrofonsignale
vorteilhaft nicht schlagartig von einem Anfangswert
in einen neuen Endwert überführt, sondern ganz allmählich
angeglichen.
Die Erfindung kann bei allen bekannten Hörhilfegeräte-Typen
mit einem Richtmikrofonsystem angewendet werden, beispielsweise
bei hinter dem Ohr tragbaren Hörhilfegeräten, in dem
Ohr tragbaren Hörhilfegeräten, implantierbaren Hörhilfegeräten
oder Taschenhörhilfegeräten. Weiterhin kann das Hörhilfegerät
gemäß der Erfindung auch Teil eines mehrere Geräte zur
Versorgung eines Schwerhörigen umfassenden Hörgerätesystems
sein, z.B. Teil eines Hörgerätesystems mit zwei am Kopf getragenen
Hörhilfegeräten zur binauralen Versorgung oder Teil
eines Hörgerätesystem, bestehend aus einem am Kopf tragbaren
Gerät und einer am Körper tragbaren Prozessoreinheit.
Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich
aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen.
Figur 1 das Blockschaltbild eines Hörhilfegerätes mit einem
Mikrofonsystem gemäß der Erfindung, Figur 2 ein Diagramm zur Veranschaulichung der Richtwirkung
des Mikrofonsystems in Abhängigkeit des Eingangsignalpegels.
Figur 1 zeigt das vereinfachte Blockschaltbild eines Hörhilfegerätes
mit einem Richtmikrofonsystem. Das Richtmikrofonsystem
umfasst drei omnidirektionale Mikrofone 1A, 1B und 1C.
Den omnidirektionalen Mikrofonen 1A, 1B und 1C ist jeweils
direkt eine Signalvorverarbeitungseinheit 2A, 2B bzw. 2C
nachgeschaltet. In dieser findet z.B. eine A/D-Wandlung sowie
eine Signalvorverstärkung statt. Die beiden Mikrofone 1A und
1B sind elektrisch zu einer Mikrofoneinheit mit Richtcharakteristik
erster Ordnung verschaltet. Hierzu wird das von dem
omnidirektionalen Mikrofon 1B ausgehende Mikrofonsignal in
einer Schaltungseinheit 3B verzögert und invertiert und ebenso
wie das von dem Mikrofon 1A ausgehende Mikrofonsignal einem
Summierer 4B zugeführt. Dadurch entsteht aus den beiden
Mikrofonen 1A und 1B eine Mikrofoneinheit mit Richtcharakteristik
erster Ordnung, aus der das Mikrofonsignal R1 hervorgeht.
Ebenso bilden auch die beiden omnidirektionalen Mikrofone
1B und 1C durch Verzögerung und Invertierung des von dem
Mikrofon 1C ausgehenden Mikrofonsignals und Addition des von
dem Mikrofon 1B ausgehenden Mikrofonsignals in dem Summierer
4C eine Mikrofoneinheit mit Richtcharakteristik erster Ordnung.
Wird wiederum das von dem Summierer 4C ausgehende Mikrofonsignal
in der Schaltungseinheit 5C verzögert und invertiert
und zu dem Mikrofonsignal R1 addiert, so wird dadurch
eine Mikrofoneinheit mit Richtcharakteristik zweiter Ordnung
gebildet. Aus dieser geht am Ausgang des Summierers 6C das
Mikrofonsignal R2 hervor. Das Ausgangssignal des omnidirektionalen
Mikrofons 1A mit Richtcharakteristik nullter Ordnung
wird mit R0 bezeichnet.
Zur Einteilung der Mikrofonsignale R0, R1 und R2 in Frequenzbänder
ist das Mikrofonsignal R0 einer Filterbank 7A, das
Mikrofonsignal R1 einer Filterbank 7B und das Mikrofonsignal
R2 einer Filterbank 7C zugeführt. Die drei Filterbänke 7A, 7B
und 7C im Ausführungsbeispiel führen zu einer Aufspaltung des
jeweiligen Mikrofonsignals in drei aneinander grenzenden Frequenzbändern.
Dabei erfolgt in jeder Filterbank eine Aufteilung
des jeweiligen Mikrofonsignals in die gleichen Frequenzbänder.
Am Ausgang der Filterbank 7A liegen die Mikrofonsignale K1A,
K2A sowie K3A an. Analog sind die Mikrofonsignale am Ausgang
der Filterbank 7B mit K1B, K2B, K3B sowie die Mikrofonsignale
am Ausgang der Filterbank 7C mit K1C, K2C und K3C bezeichnet.
Die Ausgangssignale der Filterbänke 7A, 7B sowie 7C sind zur
Auswertung einer Signalanalyse- und Steuereinheit 8 zugeführt.
In dieser werden die Mikrofonsignale der Mikrofoneinheiten
mit Richtcharakteristiken unterschiedlicher Ordnung in
den unterschiedlichen Frequenzbändern analysiert. Die Signalanalyse
umfasst insbesondere die Ermittlung des Signalpegels
der jeweiligen Mikrofonsignale. Es können jedoch auch andere
charakteristische Signalgrößen, wie beispielsweise die Modulationsfrequenz,
die Modulationstiefe, die Steigung der Einhüllenden
oder die Charakteristik des Nulldurchgangs ermittelt
und ausgewertet werden. Aus dem Ergebnis der Signalanalyse
werden in der Signalanalyse- und Steuereinheit 8 Steuerparameter
errechnet, mittels derer die Richtcharakteristik in
den einzelnen Frequenzbändern eingestellt werden kann. Hierzu
sind die Ausgangssignale der Filterbänke 7A, 7B sowie 7C jeweils
einem Verstärker V1A, V1B, V1C bzw. V2A, V2B, V2C bzw.
V3A, V3B, V3C zugeführt. Die jeweilige Verstärkung durch die
Verstärker wird durch die Signalanalyse- und Steuereinheit 8
mittels der errechneten Parameter eingestellt. Dadurch wird
die Richtcharakteristik in den einzelnen Frequenzbändern optimiert.
Vorzugsweise wird dabei die Richtcharakteristik so
eingestellt, dass eine möglichst hohe Richtwirkung vorhanden
ist, ohne dabei jedoch eine als störend empfundene Erhöhung
des Mikrofonrauschens zu verursachen. Im Anschluss an die unterschiedliche
Gewichtung der Mikrofonsignale der Richtmikrofone
unterschiedlicher Ordnung in den einzelnen Frequenzbändern
durch die Verstärker V1A bis V3C mit einstellbarer Verstärkung
werden die Ausgangssignale der Verstärker zunächst
innerhalb der Frequenzbänder mittels Summierer S1, S2 sowie
S3 addiert, wodurch die drei Mikrofonsignale K1, K2 und K3
entstehen. Diese wiederum sind einem Summierer S zugeführt,
an dessen Ausgang das Mikrofonsignal des Mikrofonsystems abgegriffen
werden kann. Dieses ist zur Weiterverarbeitung und
Verstärkung durch das Hörhilfegerät einer Signalverarbeitungseinheit
9 zugeführt. Das daraus hervorgehende Ausgangssignal
ist schließlich zur Wandlung in ein akustisches Signal
einem Hörer 10 zugeführt, von dem das akustische Ausgangssignal
in den Gehörgang eines Hörgeräteträgers abgegeben wird.
Durch die Möglichkeit, die Mikrofonsignale der Richtmikrofone
nullter bis zweiter Ordnung unterschiedlich gewichten zu können,
lässt sich bei einem Hörhilfegerät mit dem gezeigten
Mikrofonsystem jede beliebige Ordnung zwischen der nullten
und der zweiten Ordnung einstellen, also auch jede beliebige
"Zwischenordnung". Das Maß an Richtwirkung kann damit zwischen
der höchsten Ordnung und keiner Richtwirkung beliebig
variieren, wobei auch alle Zwischenstufen eingeschlossen
sind. So kann für jedes Eingangssignal das optimale Maß an
Richtwirkung mit dem betreffenden Mikrofonsystem eingestellt
werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das optimale Maß
an Richtwirkung auch von dem individuellen Hörverlust eines
Hörgeräteträgers abhängig sein kann. Der individuelle Verlauf
der Richtwirkungskennlinien ergibt sich insbesondere durch
die Berücksichtigung audiologischer Kenngrößen, wie z.B. der
Ruhehörschwelle eines Hörgeräteträgers in den einzelnen Frequenzbereichen,
oder der Berücksichtigung von Hörgeräteeinstellungen,
wie z.B. einer bei Hörhilfegeräten üblichen automatischen
Verstärkungsregelung AGC (Automatic Gain Control)
oder dem Querschnitt einer Ventilationsöffnung.
Das Mikrofonsystem gemäß der Erfindung ermöglicht insbesondere
die Einstellung eines individuellen Verlaufes der Richtwirkung
in Abhängigkeit des Eingangssignals. Ein hartes "Umschalten"
zwischen unterschiedlichen Richtwirkungen und die
damit verbundenen Umschaltartefakte bei einem Wechsel der
Hörsituation werden dadurch vermieden.
Bei dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 werden die in den
Verstärkern V1A bis V3C verstärkten Mikrofonsignale addiert
und zur Weiterverarbeitung einer Signalverarbeitungseinheit 9
zugeführt. In der Signalverarbeitungseinheit 9 findet die
frequenzabhängige Verstärkung des Mikrofonsignals M zum Ausgleich
des individuellen Hörverlustes des Hörgeräteträgers
statt. Auch diese Signalverarbeitung erfolgt vorzugsweise in
unterschiedlichen Frequenzbändern (Kanälen) der Signalverarbeitungseinheit
9. Dabei können diese Frequenzbänder vorteilhaft
hinsichtlich Anzahl und Kanalgrenzen auch unabhängig von
der durch die Filterbänke 7A bis 7C erzeugten Einteilung
sein. Alternativ kann jedoch die unterschiedliche Verstärkung
einzelner Frequenzbänder zum Ausgleich des Hörverlustes ebenfalls
bereits durch die Verstärker V1A bis V3C übernommen
werden. Die Signalanalyse- und Steuereinheit 8 ist hierfür
entsprechend zu programmieren. In der Signalverarbeitungseinheit
9 erfolgt in diesem Fall lediglich eine Signalnachverarbeitung,
z.B. Endverstärkung und D/A-Wandlung.
Figur 2 veranschaulicht Beispiele unterschiedlicher Richtwirkungen
R in einem Frequenzband in Abhängigkeit des Signalpegels
P in diesem Frequenzband. Die Richtwirkung R kann dabei
beliebige Werte zwischen einer omnidirektionalen (nicht vorhandenen)
Richtwirkung und der maximalen, mit dem Mikrofonsystem
erreichbaren Richtwirkung annehmen. Bei der Kennlinie
A ist bei einem sehr niedrigen Signalpegel in dem betreffenden
Frequenzband keine Richtwirkung vorhanden. Die Richtwirkung
steigt jedoch mit zunehmendem Pegel in dem Frequenzband
nahezu linear an, bis ab einem bestimmten Pegel die maximale
Richtwirkung erreicht ist.
Im Unterschied zur Kennlinie A zeigt die Kennlinie B mit zunehmendem
Signalpegel in dem jeweiligen Frequenzband zunächst
nur eine geringfügige Zunahme der Richtwirkung. Nur bei sehr
hohen Signalpegeln erfolgt ein steiler Anstieg der Richtwirkung.
Eine derartige nichtlineare Kennlinie sollte insbesondere
in einem tieffrequenten Frequenzband eingestellt werden,
da Richtmikrofone als Tiefpässe wirken und daher ein leises
tieffrequentes Eingangssignal einer hohen Verstärkung bedarf,
was zu einem erhöhten Rauschen führt. Daher wird im Tieftonbereich
die Richtwirkung vorteilhaft nur dann ausgenutzt,
wenn ein hoher Signalpegel des Eingangssignals in diesem Frequenzbereich
vorliegt und daher nur eine geringfügige Verstärkung
erforderlich ist.
Bei einer Richtwirkung gemäß der dritten Kennlinie C ist bereits
bei einem niedrigen Signalpegel eine verhältnismäßig
hohe Richtwirkung eingestellt. Dafür ist die Zunahme der
Richtwirkung bei zunehmendem Eingangspegel kleiner als in den
beiden vorhergehenden Beispielen. Eine derartige Richtwirkung
in Abhängigkeit des Signalpegels ist insbesondere für einen
höheren Frequenzbereich vorteilhaft, da in diesem durch die
Hochpasscharakteristik des Richtmikrofonsystems auch bei
niedrigem Signalpegel des Eingangssignals und einer hohen
Verstärkung durch das Hörhilfegerät nur eine geringfügige Zunahme
des Mikrofonrauschens durch die hohe Richtwirkung verursacht
wird.
Neben dem Signalpegel können auch andere Signaleigenschaften
den Verlauf der Richtwirkung beeinflussen, wie z.B. die Modulationsfrequenz.
Insbesondere kann die augenblicklich eingestellte
Richtwirkung auch gleichzeitig von mehreren Parametern
abhängig sein.