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Verfahren zur Trennung von Vielstoffgemischen
Es ist bekannt, daß binäre
Gemische, die ein konstant siedendes Dampfgemisch bilden oder deren Siedepunkte
zu nahe beieinanderliegen, nicht durch fraktionierte Destillation getrennt werden
können.
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Man geht daher so vor, daß man eine Komponente mittels einer Hilfsflüssigkeit,
die mit ihr ein azeotropes Dampfgemisch mit Siedepunktminimum bildet, abdestilliert
oder daß man eine Komponente mittels einer geeigneten Flüssigkeit aus dem Dampfgemisch
der beiden Komponenten herauswäscht.
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Diese Verfahren versagen jedoch, wenn es sich um die Trennung von
Vielstofigemischen handelt, deren Bestandteile ternäre oder binäre Gemische bilden,
so daß umständlich,e Maßnahmen ergriffen werden müssen, z. B. Flüssigkeitsextraktionen
u. dgl.
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Es wurde ein Verfahren gefunden, mit dem es gelingt, auf einfache
und wirtschaftliche Weise mit sehr guten Ergebnissen durch eine einfache Destillation
mittels einer Kolonne kompliziert zusammengesetzte Vielstoffgemische zu trennen.
Dieser Fortschritt wird durch die Kombination einer gleichzeitigen Extraktion und
azeotropen Destillation mittels einer Hilfsflüssigkeit erreicht, die oben in den
Kolonnenkopf eingeführt wird. Das Verfahren besteht im wesentlichen darin, daß eine
Hilfsflüssigkeit verwendet wird, welche gleichzeitig sowohl eine Extraktion aus
dem Dampfgemisch als auch eine azeotrope Destillation bewirkt, wobei jeweils mit
der Hilfsflüssigkeit mindestens eine Komponente in den Kolonnensumpf heruntergewaschen
wird,
während die übrigen, zum Teil als azeotropes Dampfgemisch, überdestillieren, worauf
der Extrakt und das Destillat nach üblichen Verfahren aufgearbeitet werden. Für
den besonderen Fall, daß ein wasserhaltiges Vielstoffgemisch vorliegt, wird eine
mit Wasser nicht mischbare Hilfsflüssigkeit verwendet, die sowohl mindestens eine
Komponente aus dem Dampfgemisch zu extrahieren vermag als auch mit den übrigen Komponenten,
ohne deren Dampfdruck merklich zu beeinträchtigen, überdestillierbar ist, wobei
sie mindestens mit Wasser ein azeotropes Dampfgemisch bildet.
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Der Extrakt im Kolonnensumpf, der aus der Hilfsfliissigkeit und einer
oder mehreren Komponenten besteht, kann durch übliche Destillationsverfahren aufgearbeitet
werden. Das Destillat trennt sich, wenn Wasser vorhanden war, in zwei Schichten,
von denen eine im wesentlichen aus Wasser besteht, die in üblicher Weise zur Trennung
der Komponenten aufgearbeitet werden können.
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Die Auswahl geeigneter Waschflüssigkeiten bietet dem Fachmann keine
Schwierigkeiten und ist verhältnismäßig einfach. Man wählt zunächst eine Anzahl
von Hilfsflüssigkeiten aus, die geeignet sind, mindestens eine Komponente des Vielstoffgemisches
aus dem Dampf herauszuwaschen. Anhaltspunkte dafür bietet das »Raoultsche Gesetz«
und die Berücksichtigung der Stärke der Wasserstoffbrückenbindung. Aus diesen Hi
lfsflüssigkeiten wählt man eine solche aus, die mit mindestens einer weiteren Komponente
ein azeotropes Dampfgemisch mit Siedepunktminimum bildet. Bei wasserhaltigen Vielstoffgemischen
wählt man in diesem Falle eine mit Wasser nicht mischbare Flüssigkeit aus, die mindestens
mit Wasser ein azeotropes Dampfgemisch bildet, jedoch den Dampfdruck der anderen
übergehenden Komponenten praktisch nicht beeinträchtigt.
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An einem allgemeinen Beispiel sei das Verfahren näher erläutert.
Angenommen, es liegt ein Gemisch vor, das aus go °/o Essigsäureäthylester neben
Äthylalkohol, Wasser, Aceton oder Acetaldebyd besteht.
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Dieses Gemisch kann in wirtschaftlicher Weise weder durch fraktionierte
noch durch azeotrope noch durch extraktive Destillation getrennt werden, da konstant
siedende Gemische zwischen Essigester, Alkohol und' Wasser, ferner zwischen Essigester
und Alkohol, außerdem zwischen Essigester und Wasser und endlich zwischen Alkohol
und Wasser auftreten. Im besten Falle kann man nach den üblichen Destillationsverfahren
60 bis 650/0 reinen Essigester gewinnen. Im Fall der Erfindung gelingt es jedoch
nahezu, die theoretische Menge eS bis gg0/oigen Essigesters zu erhalten. Als Hilfsflüssigkeit
sind in diesem Fall geeignet z. B. höhere Essigester wie Butyl- oder Amylacetat,
Äther wie Dibutyläther, Kohlenwasserstoffe wie Xylol und auch Chlorkohlenwasserstoffe.
Diese sind einerseits geeignet, aus dem Dampfgemisch Essigester in den Kolonnensumpf
herunterzuwaschen, andererseits bilden sie mit Wasser ein azeotropes Dampfgemisch,
ohne jedoch den Dampfdruck der übrigen Komponenten merklich zu beeinflussen. Die
Hilfsflüssigkeit destilliert mit diesen und mit Wasser über; das Kondensat scheidet
sich in zwei Schichten, von denen die untere im wesentlichen aus Wasser neben Alkohol,
Aceton, Acetal,dehydt und Essigester besteht, während die obere im wesentlichen
aus Butylacetat als Hilfsflüssigkeit neben Alkohol, Aceton und wenig Essigester
besteht. Zur weiteren Aufarbeitung werden nach Trennung der Schichten die niedrigsiedenden
Anteile abgetrieben und durch Fraktionieren zerlegt. Die Hilfsflüssigkeit aus der
oberen Schicht wird in den Kolonnenkopf zurückgeleitet. Das Verfahren ist daher
besonders für ununterbrochene Arbeitsweise geeignet.
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Beispiel I Das zu trennende Gemisch ist folgendermaßen zusammengesetzt:
92,3 0/o. Essigester, 3,6 ovo Wasser, 2,40/0 Alkohol, I,7°/o Åceton. Unter Verwendung
einer 3 m hohen und 4 cm weiten Extraktionskolonne wird aus dem verdampften Gemisch
mittels flüssigen Butylacetats, das oben eingeleitet wird, Essigester in den Kolonnensumpf
heruntergewaschen. Dieser enthält dann etwa gS,7°/o des im Ausgangsgemisch vorhandenen
Essigesters. Die übrigen Komponenten gehen mit Butylacetat über; das Kondensat bildet
zwei Schichten, von denen die obere Schicht im wesentlichen aus Butylacetat, die
untere im wesentlichen aus Wasser besteht. Nach Trennung der Schichten werden die
leichtflüchtigen Bestandteile der oberen Schicht vom Butylacetat, die der unteren
Schicht vom Wasser abgetrieben.
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Die vereinigten Destillate haben folgende Zusammensetzung: 36,g°/o
Essigester, Io,80/o Wasser, 2I,50/o Aceton und 30,8°/o Alkohol. Bezogen auf das
Ausgangsgemisch sind es etwa 60/a, die in üblicher Weise aufgearbeitet werden.
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Nach diesem Verfahren kann auch ein Gemisch getrennt werden, welches
aus 90 °/o Essigester, 3,5 O/o Wasser, 2,5 °/o Acetaldehyd und 40/0 Äthanol besteht,
wobei als Hilfsflüssigkeit ebenfalls Butylacetat verwendet wird.
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Beispiel 2 Die Zusammensetzung des zu trennenden Gemisches ist folgende:
50 bis 700/a Essigester, 5 bis 200/0 Wasser, 20 bis 30°/o Äthylalkohol. Als Hilfsflüssigkeit
wird Xylol oder Dibutyläther verwendet. In den Kolonnensumpf wird praktisch aller
Essigester heruntergewaschen, während die übrigen Komponenten mit der Hilfsflüssigkeit
überdestillieren. Die Aufarbeitung erfolgt in üblicher Weise.