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Verfahren zur Zerlegung von Luft durch Verflüssigung und Rektifikation
Die Kälteverluste eines Luftzerlegungsapparates setzen sich aus den Verlusten durch
unvollständigen Wärmeaustausch von Rohgas und Zerlegungsprodukten und den Verlusten
durch Wärmeabgabe der kalten Oberflächen an die Umgebung infolge Strahlung und Konvektion
zusammen. Diese Verluste werden durch Kälteerzeugung mittels Drosselentspannung.,
insbesondere hochgespannter Gase, falls solche zur Verfügung stehen, oder durch
arbeitsleistende Entspannung gedeckt. Letzteres erfolgt vorzugsweise dann, wenn
nur Drucke von mehreren Atmosphären, insbesondere solche Drucke zur Verfügung stehen,
die ohnedies zum Betrieb eines Zweisäulenapparates erforderlich sind. In diesem
Fall würde die Drosselentspannung der zu zerlegenden Luftmenge bzw. des Zerlegungsproduktes
für die Deckung der erforderlichen Kälte-. Leistung nicht ausreichen.
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Die Kälteleistung der von dem sogenannten Zerlegungsdruck der Mitteldrucksäule
unter Arbeitsleistung auf den Druck der Niederdrucksäule entspannten Luftmenge,
die im Normalfall etwa ein Viertel der Gesamtmenge nicht überschreiten darf, genügt
im wesentlichen zur Deckung des Kältebedarfes von Luftzerlegungsanlagen mit Doppelsäule
bei einer verarbeiteten Luftmenge in der Größenordnung von etwa 2o ooo ms/h. Die
Menge thes Gases, die zur Deckung des Kältebeld'.arfes arbeitsleistend entspannt
werden muß und daher nicht als Ganzes verflüssigt wird, darf, da es nach der Entspannung
direkt in die Niederdrucksäule eines Zweisäulenapparates, also unter Umgehung
der
Drucksäule eingeführt wird, deshalb nicht relativ vermehrt werden. Andernfalls würde
ein Absinken der Ausbeute und der Reinheit der Zerlegungsprodukte die Folge sein.
Bei kleineren Anlagen werden jedoch spezifisch höhere Kälteleistungen benötigt,
da die Abstrahlungsverluste im Verhältnis zu den übrigen mit der Menge proportional
abnehmenden Austauschverlusten relativ viel weniger abnehmen. Der spezifische Kältebedarf
wird also größer. Das bekannte Mittel zur Befriedigung dieses Kältebedarfes ist
die Druckerhöhung des zu zerlegenden Gases.
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Das letzte Verfahren ist nun insofern noch unbefriedigend, als für
den größeren Teil der Luftmenge, nämlich den Anteil, der im Kondensator verflüssigt
wird, der höhere Druck keinen thermodynamischen Vorteil bringt; ' wenn man diese
Menge nicht geradezu abdrosseln will, kann man den höheren Druck höchstens dazu
ausnutzen, die Kondensatorattstauschfläche zu verkleinern.
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Es wird nun vorgeschlagen, für ein Luftzerlegungsverfahren, bei dem
die Luft auf einen höheren als zur Zerlegung erforderlichen Druck gefördert und
eine Teilmenge über das ganze Druckgefälle oder nur der Stickstoff über das zur
Verfügung stehende Druckgefälle entspannt wird, erfindungsgemäß das zur Verflüssigung
nicht benötigte Druckgefälle zur Erzeugung zusätzlicher Kälte durch arbeitsleistende
Entspannung heranzuziehen. Dieses kann auf verschiedene Weise geschehen.
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Man kann z. B. den größten Teil der Luft vor der Einführung in die
aus Mitteldrucksäule, Kondensator und Nieidtrdrucksäule bestehende Rektifikationseinrichtung
von einem überhöhten Druck aus unter Arbeitsleistung auf den Druck der Mitteldrucksäule
entspannen und unter diesem Druck in die Mitteldrucksäule einführen, um sie hier
weiter zu zerlegen. Diese Arbeitsweise bietet den Vorteil, daß der Zerlegungsdruck
in beiden Säulen nicht erhöht ist und die Säulen wie üblich arbeiten. Weitere Kälteleistung
erzeugt man dadurch, daß man, wie bekannt, in einer weiteren Turbine, in der man
Luft, die man z. B. an einer wärmeren Stelle der Regeneratoren entnommen hat, unter
Arbeitsleistung auf den Druck der Niederdrucksäule entspannt und in diese einführt.
Dieses Verfahren ist in Fig. q. dargestellt und weiter unten eingehend beschrieben.
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Nach einem- anderen erfindungsgemäßen Verfahren (weiter unten dargestellt
durch Fig. i) *kann die auf den überschüssigen Druck gebrachte Teilluftmenge, die
in den Regeneratoren nicht ganz auf die dort erzielbare Temperatur heruntergekühlt
und bereits vor dem Regeneratorende entnommen wurde, in die Niederdrucksäule arbeitsleistend
auf einen etwas höheren Druck als üblich entspannt werden. Gleichzeitig wird der
in dieser Säule gewonnene reine Stickstoff arbeitsleistend in die Regeneratoren
entspannt, wobei vor der Entspannung eine Teilanwärmung erfolgt. In diesem Fall
arbeiten Druck- und Niederdrucksäule unter einem höheren Druck, als normal für die
Zerlegung erforderlich ist, wobei, wie beschrieben, der erhöhte Druck in der Niederdrucksäule
als Folge des höheren Druckes der mit ihr in Wärmeaustausch stehenden Drucksäule
dazu benutzt wird, um durch Entspannung des Stickstoffs unter Arbeitsleistung einen
zusätzlichen Kältebetrag zu gewinnen. Durch die Teilanwärmung wird eine Teilverflüssigung
in der Turbine vermieden.
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Es bestehen noch weitere Möglichkeiten zur Ausnutzung des über den
normalen Zerlegungsdruck erhöhten Druckes der Luft. Statt die Entspannung der Luft
auszunutzen, kann man z. B. auch ihre Zerlegungsprodukte entspannen, allerdings
nicht, wie bisher üblich, von dem normalen Zerlegungsdruck, sondern von. einem gegenüber
diesem überhöhten Druckniveau aus.
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Erfindungsgemäß wird die Luft ohne Vorentspannung mit ihrem überhöhten
Druck direkt in .die Mitteldrucksäule, eingeführt, die nunmehr unter dem erhöhten
Druckniveau arbeitet. Die mit ihr in funktionellem 7usammenhang -stehende Niederdrucksäule
muß zwangsläufig ebenfalls unter einem erhöhten Druckniveau betrieben werden. Sowohl
der in der Mittel@drucksäule gewonnene reine Mitteldruckstickstoff als auch der
in der Niederdrucksäule gewonnene reine Niederdruckstickstoff wird von dem überhöhten
Druckniveau in je einer Turbine arbeits- und kälteleistend entspannt, wobei beide
Ströme eine Teillanwärmung vor ihrer Entspannung auf den vor den Generatoren herrschenden
Druck erfahren. Die Turbine für Mitteldruckstickstoff arbeitet also über nahezu
das ganze Druckgefälle.
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Eine weitere Möglichkeit zu einer Verbesserung des beschriebenen 'Verfahrens
mit Erzeugung der Kälte durch arbeitsleistende Entspannung einer Teilmenge der Luft
über das ganze Druckgefälle besteht erfindungsgemäß darin, daß die Hauptluftmenge
auf normalen Zerlegungsdruck, eine Teilmenge auf höheren Druck verdichtet und die
letzte nach arbeitsleistender Entspannung über das ganze Druckgefälle in die obere
Säule geblasen wird. Fig. 3 zeigt hierfür weiter unten ein Ausführungsbeispiel.
Zweckmäßig wird man die Menge so verteilen, daß der Hauptstrom im Wärmeaustausch
mit Stickstoff stehen kann, während der höher verdichtete Teilstrom seine Wärme
mit dem produzierten Sauerstoff austauscht. Dieser Teilstrom dient ganz oder vorwiegend
zur Beschickung der Entspannungsturbine.
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Ein Ausführungsbeispiel für die in Anspruch i im Prinzip beschriebene
Verfahrensvariante sei durch Fig. q. beschrieben. Die auf einen einheitlichen höheren
Druck geförderte Luft wird teilweise über einen Regenerator i des sogenannten Sauerstoffregeneratorpaares,
teilweise über den Regenerator 3 des sogenannten Stickstoffregeneratorpaares geführt
und auf tiefe Temperatur vorgekühlt. In einer Turbine 4,1 wird sie auf den in der
Mitteldrucksäule 6 - herrschenden normalen Zerlegungsdruck entspannt und in eine
sauerstoffreiche Flüssigkeit sowie einen reinen Stickstoff unter Mitteldruck zerlegt.
Der -Sauerstoff wird
über das Entspannungsventil 13 nach weiterer
Unterkühlung durch abziehenden reinen Stickstoff der Niederdrucksäule 7 in die Niederdrucksäule
entspannt. Das Gemisch wird hier bei dem niederen Druck dieser Säule in reinen Sauerstoff
einerseits und reinen Stickstoff andererseits zerlegt. Sauerstoff wird bei ig entnommen
und durch den Regenerator 2 zur Verwendungsstelle geführt. Desgleichen wird der
erzeugte Stickstoff bei 2o entnommen und über den Unterkühlungsgegenströmer 5 über
den Regenerator 4 aus dem Zerlegungsapparat herausgeführt. Ein Teil der komprimierten
Luft wird bereits oberhalb des kalten Regeneratorendes, also mit etwas höherer Temperatur
bei i i und über Ventil 39 entnommen, in der Turbine 8 über nahezu das gesamte
Druckgefälle entspannt und. bei 17 in die Niederdrucksäule eingeführt und dort zerlegt.
Ein Ventil 42 erlaubt es, einen Teil dieser Luftmenge vor deren Entspannung noch
der Turbine 41 zuzuführen. Auf diese Weise ist eine weitere Möglichkeit, in der
Verteilung der Kältemengen auf beide Säulen gegeben. Sämtliche an den Enden der
Regeneratoren angedeuteten Ventile und Klappen sowie die Ventile 38 und
39 werden in regelmäßigen Abständen wie üblich geöffnet und geschlossen.
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Eine weitere Ausführungsmöglichkeit für das Verfahren sei durch Fig.
i näher beschrieben. Luft wird der Luftzerlegungseinrichtung bei io zugeführt und
geht teilweise über den Sauerstoffregenerator i bzw. den Stickstoffregenerator 3
bei 16 zur Drucksäule 6 des Zerlegungsapparates. Der rückverflüssigte Stickstoff
wird bei 15 entnommen und geht über einen Unterkühlungsgegenströmer 5 und Ventil
14 zum Kopf der oberen Säule 7 bei 24. Ein Teil der Luft wird bei i i in etwas wärmerem
Zustand entnommen, über Expansionsturbine 8 entspannt und bei 17 in die obere Säule
eingeführt. Die Schaltventile 38 und 39 sind abwechselnd geöffnet und geschlossen
und vermitteln je nach dem Schaltzustand den Zutritt der Luft aus dem Regenerator
3 (über i i und 39) bzw. (nach Umschaltung) aus Regenerator 4 über 4o und
38 zur Turbine bzw. zum Zerlegungsapparat. Der in der oberen Säule erzielte reine
Stickstoff wird am Kopf der Säule 7 bei 2o entnommen, im Unterkühlungsgegenströmer
5 teilweise angewärmt und über Turbine g entspannt, um über den Speicher 4 die Anlage
bei 23 zu verlassen. Die vorrektifizierte Flüssigkeit wird aus der Drucksäule 6
bei 12 entnommen, über Unterkühlungsgegenströmer 5 gekühlt und durch Ventil 13 entspannt
und bei 18 in die obere Säule geführt. Der produzierte Sauerstoff wird bei ig entnommen
und über Speicher :2 zur Verwendungsstelle über Leitung 29 geleitet. Die Speicher
i bis 4 werden in der bekannten Weise in regelmäßigen Abständen umgeschaltet.
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Eine andere Ausführungsweise des Verfahrens ist in Fig.2 erläutert.
Die bei io eintretende Luft wird während der dargestellten Schaltphase wie üblich
auf Sauerstoffregenerator i und Stickstoffregenerator 3 verteilt und bei 16 in die
Drucksäule 6 eingeführt. Ein Teil der Luft wird bei i i aus dem Regenerator abgezweigt,
wärmt in Gegenströmer 21 aus der Drucksäule bei 32 austretenden Stickstoff an und
wird bei 33 wieder mit dem Hauptluftstrom vereinigt. Der teilweise angewärmte, bei
32 aus der Drucksäule entnommene Stickstoff wird in der Turbine 22 entspannt und
bei 34 mit dem Hauptstickstoffstrom vereinigt. Dieser kommt bei 2o vom Kopf der
Niederdruck-Säule 7 und wurde nach Teilanwärmung im Unterkühlungsgegenströmer 5
in der Turbine g entspannt. Die übrige Führung der Gasströme ist wie oben beschrieben,
d. h. die bei 12 entnommene Sumpfflüssigkeit aus der Drucksäule 6 wird, wie üblich,
im Austauscher 5 unterkühlt und nach Entspannung im Ventil 13 bei 18 in die Niederdrucksäüle
eingeführt. Am Kopf der Drucksäule kondensierter und bei 15 entnommener flüssiger
Stickstoff wird nach Unterkühlung im gleichen Gegenströmer 5 und nach Entspannung
im Ventil 14 am Kopf der Niederdrucksäule flüssig bei 24 aufgegeben. Der produzierte
Sauerstoff wird bei ig entnommen.
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Die in Fig. 3 dargestellte Einrichtung arbeitet z. B. in folgender
Weise: Luft wird in einer Verdichterstufe 25 des Gebläses 28 auf Zerlegungsdruck
komprimiert und über Leitung 30 sowie den Stickstoffre@generator 3 bei 16
in die Drucksäule 6 eingeführt. Ein Teil der Luft wird in einer weiteren Stufe 26
auf einen etwas höheren Druck komprimiert und über 31 sowie den Sauerstoffregenerator
i sowie die im Stickstoffregenerator 3 liegende Anwärmspirale 27 und Umschaltventil
35 zur Entspannungsturbine 8 geführt, hier auf den Druck der Niederd.rucksäule 7
entspannt und bei 17 in diese eingeführt. Nach Umschaltung geht der etwas höher
verdichtete Luftteilstrom über die im Regenerator 4 liegende Anwärmspirale 37 und
Umschaltventil 36 zur Entspannungsturbine B. Eine weitere Entspannungsturbine ist
in diesem Fall nicht vorgesehen. Die Anwärmung der Luft vor der Turbine kann natürlich
auch in anderer als der in Fig.3 gezeigten Weise geschehen.