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Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Kalkstickstoff Eine
Anzahl bekannter Verfahren zur Herstellung von Kalkstickstoff zeigen Möglichkeiten
auf, den ungeheintriten Reaktionsablauf bei der :lzotierung von Karbid zu Kalkstickstoff
dadurch zu verzögern und zu beeinflussen, daß inerte Verilünnungsmittel, vorzugsweise
schon fertiger Kalkstickstoff, vor oder während der Reaktion dem Reaktionsgut beigemischt
werden. Eine einfache Nachrechnung der Wärmeverhältnisse ergibt jedoch, daß z. 13.
bei der Anwendung von fertigem erkaltetem Kalkstickstoff als Verdünnungsmittel eine
Menge aufzuwenden wäre, die rund das Doppelte derjenigen des zu azotierenden Karbids
beträgt, um dessen Reaktionstemperatur auf konstanter Höhe zu halten, woraus die
Unwirtschaftlichkeit eines solchen Verfahrens hervorgeht. Ein weiteres Verfahren
arbeitet so, daß die bereits vorazotierten gröberen Bestandteile des noch im Reaktiotrsraum
befindlichen Reaktionsgutes, das infolge der Sichtwirkung entsprechend seiner Korbgröße
verschieden weit mittels des zur Azotierung erforderlichen Stickstoffes vom Ausgang
des Reaktionsraumes her in diesen eingeblasen wird, in den nachfolgenden Zonen als
Verdünnungsmaterial benutzt werden. Dabei bleibt außer Betracht, daß die Verteilung
des Aufgabegutes auf die Länge des Reaktionsraumes nach einem Gesetz erfolgt, welches
die Forderung, die Aufenthaltszeit der verschiedenen Korngrößen entsprechend ihrer
Reaktionszeit zu bemessen, nur unvollkommen erfüllt. Außerdem ist die Reaktionszeit
nicht nur von der Korngröße allein, sondern noch von einer Reihe
anderer
Faktoren, deren Wirkung sich bei dieser Verfahrenswei§e der Beeihflussung entzieht,
wie Literzahl des Karbids, Reaktionstemperatur in den verschiedenen Zonen des Reaktionsraumes
usw., in beachtlichen Grenzen abhängig.
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Das vorliegende Verfahren beseitigt diese Nachteile unter gleichzeitigem
Verzicht auf Verdünnung des Reaktionsgutes, indem es die an sich bekannte Abhängigkeit
des Reaktionsablaufes von der spezifischen Oberfläche des Aufgabegutes gemäß der
Erfindung dazu benutzt, das Fortschreiten der Reaktion in beliebigen Grenzen zu
beeinflussen.
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Das auf beliebige Weise zerkleinerte Ausgangsmaterial stellt eine
Mischung von Körnern aller Dimensionen bis zu einer gewählten oberen Grenze dar.
Die Charakteristik des Kornaufbaues ist bei einem einmal gewählten Zerkleinerungsverfahren
praktisch nur geringen Änderungen unterworfen. Auf Grund der Körnungsanalyse läßt
sich nach gebräuchlichen Methoden die spezifische Oberfläche der einzelnen Fraktionen
ermitteln. Es ist bekannt, daß diese sich bei ähnlicher Kornform mit dem reziproken
Wert der Korngröße ändert, also z. B. bei einer mittleren Korngröße von '/ioo mm
ioomal größer ist als bei einer solchen von i mm. Entsprechend verhält sich auch
bei sonst gleichen Bedingungen die in der Zeiteinheit bei der Azotierung frei werdende
Wärmemenge, welche ihrerseits wieder die Reaktionstemperatur und damit auch die
Reaktionsgeschwindigkeit beeinflußt.
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Man hat es also in der Hand, durch entsprechendes Mischen von Fraktionen
verschiedener Feinheit des Ausgangsmaterials in bestimmten Verhältnissen eine beliebige
Anzahl von Gruppen mit solchen spezifischen Oberflächen zu bilden, deren Reaktionsgeschwindigkeiten
bestimmte festgesetzte Grenzen nicht überschreiten. Die Reaktionsgeschwindigkeit
kann aber ihrerseits durch Änderung der Mischungszusammensetzung beliebig variiert
werden, wobei die Gruppen von verschiedener Zusammensetzung, zweckmäßig mit den
üblichen Beschleunigungsstoffen, an jenen Stellen des Reaktionsraumes eingetragen
werden, welche der erforderlichen Umsetzungszeit des jeweiligen größten Körnungsanteiles
der betreffenden Gruppe entsprechen.
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Durch den unmittelbaren, bei der Beschickung stattfindenden Wärmeaustausch
zwischen dem Reaktionsgut und dem kalten Aufgabegut entfällt im Reaktionsraum eine
eigentliche Anheizzone. Der Apparat steht also in seiner gesamten Länge ausschließlich
für die Reaktion zur Verfügung. Hierdurch ist es möglich, in einem Aggregat von
gegebener Größe eine Leistungssteigerung ohne Mehraufwand zu erzielen, bzw. es wird
für eine geforderte Leistung ein Apparat von geringeren Dimensionen benötigt, als
er bei den bekannten Verfahren notwendig ist, wodurch sich auch der Kraftbedarf
für die Bewegung des Reaktionsgutes je Mengeneinheit entsprechend vermindert.
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Durch zweckmäßige Verteilung des Aufgabegutes gemäß seiner spezifischen
Oberfläche, d. h. durch entsprechende Zusammensetzung der unterschiedlichen Gruppen
des Aüfgabegutes läßt sich unter Berücksichtigung der Dynamik des Reaktionsgutes
und des Wärmeaustausches zwischen diesem und dem Aufgabegut der gewünschte Temperaturv
erlauf im Reaktionsraum von vornherein genau bestimmen sowie dessen absolute Höhe
durch geeignete Wahl der Wärmeisolation in der Apparatewand nach den Gesichtspunkten
der Wärmeleitfähigkeit und des Absorptionsvermögens grundsätzlich festlegen. Andererseits
lassen sich auch durch Änderungen in Menge und -Mischungsverhältnis des Aufgabegutes
Temperaturverlauf und absolute Temperaturhöhe jederzeit nach Maßgabe der jeweiligen
betrieblichen Erfordernisse variieren.
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Die frei werdende Reaktionswärme wird, soweit sie nicht unmittelbar
zur Aufheizung des Aufgabegutes verbraucht wird, zum überragenden Teil durch Strahlungsaustausch
zwischen dem Reaktionsgut und den Apparatewänden abgeführt. Nun können aber die
feinsten Teilchen des Aufgabegutes im Gasraum über dem Reaktionsgut längere "Zeit
in der Schwebe bleiben und infolge der dadurch hervorgerufenen Trübung des Gasraumes
den Wärmeaustausch zwischen der freien Oberfläche des Reaktionsgutes und der Wand
des Reaktionsraumes behindern. Es kann unter Umständen zweckmäßig sein, zur Veränderung
der Wärmeabgabe aus dem Reaktionsgut und damit seiner Temperatur durch geeignete
Maßnahmen eine Trübung des Gasraumes mittels darin schwebender Teilchen des Aufgabe-
und Reaktionsgutes periodisch zu begünstigen und/oder zu beseitigen, wobei die Dauer
der einzelnen Perioden den jeweiligen Temperaturverhältnissen anzupassen ist. Eine
solche Maßnahme ist z. B. dann gegeben, wenn der Eintrag einzelner oder aller Mischungsgruppen
nicht kontinuierlich, sondern periodisch durchgeführt wird, d. h. wenn auf eine
Periode der Beschickung mit mehr oder weniger starker Trübung des Gasraumes eine
solche folgt, in der sich die Schwebeteilchen absetzen und somit im geklärten Gasraum
ein ungehinderter Wärmeaustausch durch Strahlung möglich ist. Eine ähnliche Wirkung
kann beispielsweise dadurch erzielt werden, daß die Bewegung des Reaktionsgutes
periodisch erfolgt, wobei das Umwälzen des Reaktionsgutes im Reaktionsraum ein Aufwirbeln
der Feinanteile des Reaktionsgutes zur Folge hat, welche sich während der nachfolgenden
Ruheperiode wieder absetzen. Mit solchen Maßnahmen steht also gemäß der Erfindung
ein weiteres -Mittel zur unmittelbaren Beeinflussung des Reaktionsablaufes zur Verfügung.
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Im Gegensatz zu den seitherigen Verfahren gibt das neue Verfahren
Mittel an die Hand, die Qualität des Fertigungsproduktes beliebig zu beeinflussen
und besondere Eigenschaften nach bestimmten Gesichtspunkten zu züchten, da alle
Faktoren, welche die Qualität des Fertigproduktes bestimmen, wie Temperaturverlauf,
Temperaturhöhe, Körnungsaufbau, Reaktionsdauer usw., durch entsprechende Anwendung
der aufgezeigten Maßnahmen frei bestimmbar sind. Das neue Verfahren bedeutet daher
einen großen technischen Fortschritt.
Es gestattet, die kontinuierliche
Herstellung von Kalkstickstoff nicht nur überhaupt einwandfrei durchzuführen, sondern
auch in ihren wesentlichen Faktoren so zu variieren, daß ein Produkt mit vorher
bestimmbaren Eigenschaften anfällt. Dabei sind die Mittel zur Reaktionsbeeinflussung
geeignet, ihre \Virl:utig unmittelbar oder nach kurzer Zeit auszuüben, während solche
bei den seitherigen Verfahren erst im Verlauf der Erneuerung der Apparatefüllung
wirksam werden konnten. Der Qualitätsverbesserung steht ferner eine Verbilligung
zur Seite, da es möglich ist, jedes beliebige Zerkleinerungsverfahren zur Vorbereitung
des Aufgabegutes anzuwenden, Giessen Wahl allein durch den gewünschten Kornaufbau
des Aufgabegutes und damit auch des anfallenden Kalkstickstoffes bedingt ist.
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Da das nette Verfahren ohne die bisher als notwendig erachtete Verdünnung
arbeitet, bedeutet die dadurch erreichte Einsparung an Reaktionsraum je Produktionseinheit
eine nicht unerhebliche Verringerung der Apparatekosten sowie des Kraftbedarfs für
die iteli-egtitig des Reaktionsgutes. Außerdem kommt gegenüber einigen bekannten
Verfahren die Verdichtung des Stickstoffgases in Fortfall.
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I?s kann ferner erwünscht sein, durch Beimischen v on 2 Nlaterialicii,
welche die Streufähigkeit, Lagerfähigkeit und/oder Düngewirkung des Kalkstickstoffes
günstig beeinflussen, die Qualität des Fertigproduktes noch weiter zu verbessern.
Solche Stoffe können auch bei vorliegendem Verfahren (lern Aufgabe- und/oder Reaktionsgut
zugegeben werden.
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In der Zeichtititig ist in Abb. i und 2 ein Reaktionsofen mit Vorrichtung
zur Karbidzuführung ini Längsschnitt und in der Stirnansicht dargestellt. Der rotierende,
eine Länge von etwa 12 m und einen Durchnieser voll 3 m aufweisende Ofen ist zum
Zwecke der selbsttätigen Beförderung des Reaktionsgutes uni i bis 2% gegen die Waagrechte
geneigt. Die Zuführung in den am Ofenanfang eingeführten, verschieden weit in den
Reaktionsrauie .4 hineinreichenden Rohren i, 2 und 3 erfolgt mittels Schnecken,
Transportbändern o. dgl. Der Materialeintrag ist so eingerichtet, daß jede der Körnungsgruppen
A, B, C an der jeweils günstigsten Stelle des Reaktionsraumes 4 aufgegeben
werden katiti, und zwar zweckmäßig eine Fraktionsmischung direkt zu Beginn des Reaktionsraumes,
die letzte kurz vor seiner Mitte, die anderen Mischungen dazwischen.
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Die Zu- und Abführung des Reaktionsgutes zur erfnidungsgeniiißen Erzeugung
des im Reaktionsrauin erforderlichen Temperaturfeldes kann auch auf jede andere
technisch mögliche Art und Weise erfolgen.
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1)ic Abb. 3, .I, 5 und 6 zeigen verschiedene Temperaturkurven, über
der Länge des Reaktionsratirties aufgetragen, die etwa den im folgenden beschriebenen
Anwendungsbeispielen der Erfindung entsprechen.
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Das gekörnte bz«-. gemahlene Aufgabegut an Calciumkarbid wird z. B.
in sechs Fraktionen von ungefähr folgender Zusammensetzung unterteilt:
Untere Gewichts- Oberflächen- |
Fraktion hörngröße hundertteile I hundertteile |
. |
in #L des Gesamtaufgabegutes |
1 tooo 25 2,2 |
2 500 25 5,3 |
3 250 25 1o,1 |
4 too 14 13,7 |
5 to 9 25,2 |
6 1 2 43,5 |
100010 1000% |
I |
Diese sechs Fraktionen werden zum Zwecke der Beschickung z. B. in drei Mischungsgruppen
A, B und C entsprechend den folgenden drei Anwendungsbeispielen zusammengefaßt.
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Beispiel I Bei diesem Beispiel enthalten die einz@lnenGruppen folgende
Anteile der sechs Fraktionen:
IOberflächen- |
Gewichts- |
hunderttei1e hundertteile |
Gruppe A: 4/4 der Fraktion 1 2;2@ 25;0126 |
3/4 der Fraktion 6 325 34#7 1 5 #5 |
Gruppe B: 4/4 der Fraktion 2 5 3 25,0 4/4 der
Fraktion 5 25,2}30'5 9,o}34,0 |
Gruppe C: 4/4 der Fraktion 3 10,1l 25,o |
4/4 der Fraktion 4 13,7l34,8 14,0 3915 |
1/4 der Fraktion 6 tt,oJ 0,5 |
IoO,o too,o |
Im vorliegenden Beispiel i herrscht am Ofeneingang das Temperaturmaximum. Die Temperatur
fällt gegen den Ofenausgang zu ab (Abb. 3).
Beispiel 2 |
IOberflächen-I Gewichts- |
hundertteile hundertteile |
Gruppe A: 3/3 der Fraktion 1 2 2 25,o |
2/3 der Fraktion 6 29,o}31'2 1,326'3 |
Gruppe B: 3/3 der Fraktion 2 5,3 25,01 |
3/3 der Fraktion 4 13,7 335 14,039,7 |
1/3 der Fraktion 6 14,5 0,7 |
Gruppe C : 3/3 der Fraktion 3 1O,1 25,0 3/3 der Fraktion
5 25,2}35'3 9,0}34,0 |
too,o too,o |
In diesem Beispiel e verläuft die Temperaturkurve in der ersten Hälfte des Ofens
etwa konstant und fällt gegen dessen Ausgang zu langsam ab (Abb. 4), da von der
Ofenmitte an jegliche Zuführung von Reaktionsgut unterbleibt, damit sich das zugeführte
Gut für die zur Umsetzung notwendige Zeit im Ofen befindet.
Beispiel 3 |
1 Oberflächen- Gewichts- |
h Otte |
und ile |
hundertteite |
Gruppe A: 4/4 der Fraktion 1 2,2 25,0 |
4/4 der Fraktion 4 13,7 26,9 14,0 39,5 |
1/4 der Fraktion 6 11,o 0,5 |
Gruppe B: 4/, der Fraktion 2 5 3 25,o |
4/4 der Fraktion 5 25,2}30'5 9,o}'0 |
Gruppe C: 4/4 der Fraktion 3 io,i 25,0 |
der Fraktion 6 32,5}42'6 1,5}26'5 |
100,0 ZoO,o |
Die Temperaturkurve steigt beim 3. Beispiel zu einem langgestreckten Maximum etwa
in der Mitte des Ofens an (Abb. 5) und fällt dann aus dem beim Beispiel 2 angeführten
Grunde langsam zum Ofenausgang hin ab.
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Zeigt der Temperaturverlauf entsprechend der in Abb. 6 gezeichneten
Temperaturkurve an irgendeiner Stelle im Reaktionsraum eine stark ausgeprägte Spitze
S, ist also' die Reaktionsgeschwindigkeit bei S zu groß, so wird durch eine an dieser
Stelle hervorgerufene Trübung des Gasraumes das Temperaturfeld ausgeglichen. Die
zweckmäßig von der Stelle höchster Temperatur ausgehende Staubwolke überträgt einen
Teil der aufgenommenen Wärme an die benachbarten Stellen mit niedrigerer Temperatur.
Außerdem wird gleichzeitig das gesamte Temperaturniveau gehoben.
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Andererseits kann, wie in der Beschreibung bereits erwähnt, ein zu
hohes Temperaturniveau durch Klärung des Gasraumes gesenkt werden.