GEBIET DER ERFINDUNG
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Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren zur Herstellung von hoch spezifischen
Antikoagulansien, die in therapeutischen Zusammensetzungen zur Behandlung von Thrombose
eingesetzt werden können. Das biologisch aktive Ingrediens dieser Zubereitungen umfasst ein
oder mehrere Peptide, das den Faktor IX-abhängigen Blutgerinnungsweg selektiv inhibiert. Die
vorliegende Erfindung stellt Verfahren zum Erhalt solcher Peptide und zu ihrer Formulierung
zu pharmazeutischen Zusammensetzungen mit antithrombotischer Wirkung bereit.
HINTERGRUND DER ERFINDUNG
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Der Blutungsstillstand beinhaltet die gemeinsame Wirkung verschiedener
hämostatischer Wege, die eventuell zur Thrombusbildung führen. Thrombi sind Abscheidungen von
Blutbestandteilen an der Oberfläche der Gefäßwand und bestehen hauptsächlich aus
aggregierten Blutthrombozyten und unlöslichem, vernetztem Fibrin. Eine Fibrinbildung tritt durch
limitierte Proteolyse von Fibrinogen durch Thrombin auf. Dieses Enzym ist das Endprodukt der
Gerinnungskaskade, einer Sequenz von Zymogenaktivierungen, die an der Oberfläche
aktivierter Thrombozyten und Leukozyten und einer Reihe von vaskulären Zellen auftreten (für
eine Übersicht siehe K. G. Mann et al., Blood, Bd. 76, 1990, S. 1-16).
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Normalerweise bleibt eine Thrombusbildung auf Stellen der vaskulären Verletzung
lokalisiert, da eine Thrombozytenaggregation und Haftung durch Agonisten vermittelt wird, die
mit dem Thrombuswachstum verbunden ist, z. B. lokal gebildetes Thrombin. Unter bestimmten
pathologischen Bedingungen bleibt die Bildung dieser Abscheidungen allerdings nicht auf die
Verletzungsstelle begrenzt. Thrombi können dann in Arterien und Venen irgendwo im Kreislauf
auftreten, was schließlich zu einer Gefäßverstopfung und einem Stillstand des Blutstroms führt.
Dies. liefert den Mechanismus, der einer Vielzahl thrombotischer Erkrankungen zugrundeliegt,
einschließlich der tiefen Venenthrombose, der Lungenembolie, der disseminierten
intrvaskulären Koagulation, der Erkrankung der peripheren Arterien, Herzinfarkt und
Schlaganfall (J.F. Mustard et al., in: A.L. Bloom und D.P. Thomas (Hrsg.), Haemostasis and
Thrombosis, 2. Ausgabe, Churchill-Livingstone, Edinburgh, 1987, S. 503-526).
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Für die Behandlung thrombotischer Erkrankungen wurden zahlreiche Strategien entwickelt.
Diesen antithrombotischen Therapien ist gemeinsam, dass sie auf der Wechselwirkung im
hämostatischen System beruhen. Diese Methode birgt das Blutungsrisiko in sich, da das
hämostatische System für die potentielle Verletzung nicht länger vollständig verantwortlich ist.
Daher sind antithrombotische Vorteile unvermeidbar mit antihämostatischen Gefahren
verbunden. Bei Versuchen zur Verbesserung des Nutzen-zu-Risiko-Verhältnisses werden ständig neue
antithrombotische Mittel entwickelt. Übersichten über die verschiedenen antithrombotischen
Strategien sind anderswo zu finden, im folgenden werden einige kurz zusammengefaßt, um die
verschiedenen Entwicklungen auf diesem Gebiet zu erläutern. Diese umfassen:
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(a) Allgemeine Inhibitoren der Thrombinbildung. Eine gut eingeführte Strategie
besteht aus der oralen Antikoagulanstherapie, die Vitamin K-Antagonisten verwendet. Diese
steht in Wechselwirkung mit der Biosynthese der sogenannten Vitamin K-abhängigen
Blutgerinnungsfaktoren, die die Faktoren VII, IX, X und Prothrombin umfassen. Diese Therapie ist
aspezifisch, da sie sowohl den extrinsischen wie auch den intrinsischen Gerinnungsweg
beeinträchtigt (siehe Fig. 1). Obgleich die orale Antikoagulation in großem Umfang angewendet
wird, erfordert sie eine intensive Überwachung, um das mit dieser Therapie verbundene
Blutungsrisiko zu verringern (siehe J. Hirsh et al., in: R.W. Colman et al. (Hrsg.), Hemostasis
and Thrombosis, Basic Principles and Clinical Practice 3. Ausgabe, Lippincott, Philadelphia,
1994, S. 1567-1583). Eine ähnlich aspezifische Therapie besteht in der Verabreichung von
Heparin. Diese Verbindung beschleunigt die Inaktivierung einer Reihe von Komponenten
einschließlich Thrombin und der aktivierten Formen von Faktor IX und X (Faktoren IXa und
Xa) durch ihren natürlichen Inhibitor Antithrombin III. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden
Derivate von Heparin mit niedrigem Molekulargewicht, die eine erhöhte Spezifität für Faktor
Xa gegenüber der Thrombinhemmung zeigen, bei Versuchen zur Reduzierung des
Blutungsrisikos, das mit dieser Therapie verbunden ist, entwickelt (siehe T.W. Barrowcliffe
und D. P. Thomas, in: A.L. Bloom et al. (Hrsg.), Haemostasis and Thrombosis, 3. Ausgabe,
Churchill-Livingstone, Edingburgh, 1994, S. 1417-1438).
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(b) Spezifische Thrombininhibitoren. Da Thrombin das Schlüsselenzym bei der
Thrombozytenaktivierung, Fibrinbildung und Aktivierung der Cofaktoren Faktor V und Faktor
VIII (siehe Fig. 1) ist, kann es als attraktives Ziel für die antithrombotische Therapie angesehen
werden. Zahlreiche Untersuchungen wurden dem kleinen Blutegelprotein, das Hirudin genannt
wird, und davon abgeleiteten Peptiden gewidmet (J.M. Maraganore, Thromb. Haemostasis Bd.
70, 1993, S. 208-211). Obgleich diese Komponenten wirksamer als z. B. Heparin in
Tiermodellen experimenteller Thrombose sind, zeigten klinische Versuche anfangs eine unerwartet hohe
Blutungsfrequenz, was zeigt, dass die auf Thrombin gerichtete Methode eine deutliche
antihämostatische Wirkung mit einem relativ ungünstigen Nutzen-zu-Risiko-Verhältnis erzeugen
kann (L.A. Harker, Biomedical Progress, Bd. 8, 1995, 17-26).
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(c) Spezifische Faktor Xa-Inhibitoren. Eine Suppression der Thrombinbildung kann in
wirksamer Weise durch Inhibierung von Faktor Xa, der das Prothrombinaktivierungsenzym in
der Blutgerinnungskaskade ist (siehe Fig. 1), erreicht werden. Theoretisch hat dies den Vorteil,
dass die vaskuläre Thrombusbildung inhibiert wird, während die Bildung einer kleinen, aber
hämostatisch wichtigen Menge an Thrombin zugelassen wird. Zwei natürlich auftretende
Peptidinhibitoren von Faktor Xa wurden kürzlich entwickelt, das Zecken-Antikoagulanspeptid
(G.P. Vlasuk, Thromb. Haemostasis Bd. 70, 1993, S. 212-216) und Antistasin, ein
Blutegelkoagulans (G.P. Tuszynsky et al., J. Biol. Chem. Bd. 262, 1987, S. 9718-9723). Diese
Polypeptide und verschiedene Oligopeptidderivate davon (N. Ohta et al., Thromb. Haemostasis Bd.
72, 1994, S. 825-830) können ein günstigeres Nutzen-zu-Risiko-Verhältnis bereitstellen als
Mittel mit einer breiteren Spezifizität.
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(d) Inhibitoren der Thrombozytenaktivierung und -adhäsion. Zahlreiche
Untersuchungen richteten sich auf diese Strategie, die den theoretischen Vorteil der spezifischen
Unterbrechung der Thrombin-abhängigen Thrombozyten-Recruitment an Stellen einer vaskulären
Verletzung hat, während die Fibrinerzeugung sparsam ist (siehe L.A. Harker et al., in: R.W.
Colman et al. (Hrsg.), Hemostasis and Thrombosis, Basic Principles and Clinical Practice, 3.
Ausgabe, Lippincott, Philadelphia, 1994, S. 1638-1660). Diese Strategie kann mit
verschiedenen Mitteln einschließlich synthetischer Thrombinrezeptorantagonisten oder monoklonaler
Antikörper oder Peptide, die im Haftungsprozess wechselwirken, durchgeführt werden.
Obgleich dieses Verfahren bei der arteriellen Thrombose besonders nützlich erscheint, wurde von
Blutungsepisoden berichtet, die nahelegen, dass die Spezifizität dieser Strategie das
antihämostatische Risiko noch nicht zufriedenstellend eliminiert haben kann.
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Eine zusammenfassende Beurteilung gängiger antithrombotischer Strategien bezüglich
der antithrombotischen Vorzüge gegenüber antihämostatischen Risiken zeigt, dass das
Nutzenzu-Risiko-Verhältnis für Strategien, die eher mit einem spezifischen Schritt als mit einer
allgemeineren Phase des hämostatischen Systems wechselwirken, günstiger ist (L.A. Harker,
Biomedical Progress Bd. 8, 1995, 17-26). Obgleich die Entwicklung von Inhibitoren, die für
Faktor Xa spezifisch sind, eine vielversprechende Verbesserung zu sein scheint, wird dieser
Versuch noch den gängigen (intrinsischen und extrinsischen) Weg der Thrombinbildung (siehe
Fig. 1) und dadurch auch die Thrombin-abhängige Thrombozytenaktivierung blockieren. Daher
besteht ein dringender Bedarf an spezifischeren antithrombotischen Mitteln, die einen einzigen
hämostatischen Weg inhibieren, während sie die anderen Wege unangegriffen lassen.
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Eine selektivere Inhibierung des hämostatischen Systems sollte erreichbar sein, wenn
Mittel existieren würden, die ausschließlich mit dem intrinsischen Weg der Faktor
X-Aktivierung wechselwirken.
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Dadurch würde der extrinsische Weg intakt bleiben, was die Bildung von geringen, aber
hämostatisch wichtigen Mengen an Faktor Xa und Thrombin ermöglicht. Während die Bildung
des Thrombozytenpfropfens, der mit der Anfangsphase des Blutungsstillstandes verbunden ist,
so unbeeinträchtigt bliebe, würde die Bildung größere Mengen an Thrombin und Fibrin
unterdrückt (siehe Fig. 1). Eine potentiell erfolgreiche Strategie zur Erzielung einer selektiven
Inhibierung des intrinsischen Gerinnungswegs kann in der Verwendung von Faktor VIII als Matrize
zum Aufbau von Antagonistenpeptiden, die ihrer biologischen Funktion entgegenwirken,
bestehen. Es wurde ein Versuch beschrieben, der synthetische Peptide verwendet, die die
Phospholipid-bindende Domäne von Faktor VIII nachahmen (T.S. Zimmerman et al.,
International Patent Application, WO 90/15615, veröffentlicht am 27. Dezember 1990). Diese
Region, die am äußersten C-Ende des Faktor VIII-Proteins lokalisiert ist (die sogenannte C2-
Domäne, siehe unten), umfasst eine Sequenz, die an spezifische Phospholipide
(Phosphatidylserin) an der Oberfläche aktivierter Thrombozyten, Leukozyten oder vaskulärer Zellen bindet
(P. A. Foster et al., Blood, Bd. 75, 1990, S. 1999-2004). Diese Phospholipid-Bindungspeptide
hindern Faktor VIII daran, am Blutgerinnungsprozeß teilzunehmen, und somit können sie als
Antikoagulantien wirken. Da allerdings andere Gerinnungsfaktoren als Faktor VIII,
einschließlich Faktor V, Faktor VII, Faktor IX, Faktor X und Prothrombin (siehe Fig. 1), den selben
Anspruch auf Phoshatidylserin-enthaltende Membranen teilen (siehe K.G. Mann et al., Blood,
Bd. 76, 1990, S. 1-16), beeinflussen diese Phospholipid-Bindungspeptide mehrere Schritte im
Gerinnungssystem. Demnach fehlt es diesem Verfahren an der gewünschten Spezifizität für den
intrinsischen Gerinnungsweg. Eine derartige selektive Inhibierung sollte erreichbar sein, indem
Verbindungen verwendet werden, die mit der Faktor VIII-Faktor IX-Wechselwirkung
wechselwirken, z. B. indem die Faktor VIII-Bindungsstelle am Faktor IXa unmittelbar nach der
Bildung während der hämostatischen Reaktion blockiert wird. Es wäre sogar noch günstiger, wenn
solche Verbindungen die Faktor VIII-Bindungsstelle an Faktor IX vor seiner Umwandlung in
Faktor IXa blockieren würden, wodurch auch eine prophylaktische Anwendung möglich wäre.
Die Planung solcher Mittel scheiterte allerdings bisher daran, dass es an Wissen bezüglich der
molekularen Stellen, die bei der Faktor VIII (a)-Faktor X(a)-Wechselwirkung involviert sind,
fehlte.
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Was die Bindungsstellen angeht, die in die Wechselwirkung zwischen Faktor VIII und
Faktor IX involviert sind, so wurden bisher nur wenige Artikel veröffentlicht. Diese
konzentrierten sich auf den Faktor VIII, der der Cofaktor von Faktor IXa im Faktor
X-Aktivierungskomplex ist (siehe Fig. 1). Faktor VIII wird als Einzelkettenpolypeptid aus 2332 Aminosäuren
mit der typischen Domänenstruktur A1-A2-B-A3-C1-C2 synthetisiert (G. A. Vehar et al.,
Nature Bd. 312, 1984, S. 337-342; J. J. Toole et al., Nature Bd. 312, 1984, 342-347). Infolge
endoproteolytischer Vorgänge zirkuliert Faktor VIII als heterodimerer Komplex einer schweren
und einer leichten Kette im Plasma. Die leichte Kette umfasst Aminosäurereste 1649-2332 und
enthält die A3-C1-C2-Domänen. Die schwere Kette enthält die Domänen A1-A2-B (Reste 1-
1648) und ist infolge einer limitierten Proteolyse an einer Reihe von Positionen innerhalb der
B-Domäne heterogen. Lenting et al. (J. Biol. Chem. Bd. 269, 1994, S. 7150-7155) berichteten,
dass Faktor IXa in spezifischer Weise an die leichte Kette von Faktor VIII bindet. In der Folge
berichteten die selben Forscher über ähnliche Studien, die Faktor VIII-leichte Kette-
Spaltprodukte verwenden und kamen zu dem Schluss, dass die Faktor IXa-Bindungsstelle
zwischen den Resten 1722 und 2332 an der Faktor VIII-leichte Kette lokalisiert sein sollten,
(M.J.S.H. Donath et al., 3. Biol. Chem. Bd. 270, 1995, S. 3648-3655). Es würde weiter
beobachtet, dass die Wechselwirkung zwischen Faktor IXa und Faktor VIIII-leichte Kette durch
einen monoklonalen Antikörper, der CLB-CAg A genannt wird, inhibiert wird; dieser ist gegen
die Faktor VIII A3-Domäne (P. J. Lenting et al., J. Biol. Chem. Bd. 269, 1994, S. 7150-7155)
und spezifischer gegen eine Region, die sich zwischen den Resten 1801-1823 erstreckt (J.W.
von de Loo et al., Annual Report 1992, Dr. Karl Landsteiner Foundation, Amsterdam, S. 1),
gerichtet.
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Obgleich diese Beobachtungen nahelegen, dass die Faktor VIII A3-Domäne zur Faktor
IXa-Bindung beiträgt, haben andere Forscher Daten veröffentlicht, deren Lehre davon weggeht,
dass die Faktor VIII-leichte Kette eine bedeutende Faktor IXa-Bindungsregion ist. Fulcher et al.
(Scientific Report 1992-1993, Scripps Research Institute, La Jolla, U.S.A., S. 159) berichtet,
dass ein monoklonaler Antikörper gegen die Faktor VIII-schwere Ketten-Region 701-750 oder
synthetische Peptide, die von den Resten 698-710 oder 698-712 stammen, Faktor
IXa-abhängige funktionelle Assays inhibieren. Dieselbe Untersuchung berichtet, dass diese Peptide direkt
mit Faktor IXa wechselwirken, so dass das Konzept unterstützt wird, dass die Faktor VIII A2-
Domänen-Region 698-710 eine funktionell wichtige Faktor IX-Bindungsstelle darstellt (J.I.
Jorquera et al., Circulation Bd. 86, 1992, S. 685). Ein weiterer Beweis für die Involvierung der
Faktor VIII-schwere Kette- A2-Domäne bei der Faktor IXa-Bindung, wenn auch an einer
anderen Stelle, wurde von anderen Forschern geliefert (P.J. Fay et al., J. Biol. Chem. Bd. 269, 1994,
S. 20522-20527). In den zuletzt genannten Untersuchungen wurde ein synthetisches Peptid, das
den Resten 558-565 der A2-Domäne entspricht, zur Identifizierung dieser Region als Faktor
IXa-interaktive Stelle verwendet.
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Insgesamt wurden eine Reihe potentieller Faktor IXa-Bindungsstellen identifiziert:
mindestens zwei unterschiedliche Stellen innerhalb der A2-Domäne an der Faktor VIi-schweren
Kette und eine oder mehrere zusätzliche Stellen in der Region 1722-2332 der Faktor
VIIIleichte Kette, vermutlich innerhalb der A3-Domäne. Diese abweichenden Daten lassen darauf
schließen, dass entweder mehrere Stellen existieren, die bei der Faktor VIII-Bindung involviert
sind, oder dass mehrere Sequenzen zur Bildung einer einzelnen Faktor IXa-Bindungsstelle
beitragen. Somit bleibt es schwierig, abschließend eine vorherrschende Stelle als geeignete Matrize
für den Aufbau von wirksamen antihämostatischen Mitteln zu identifizieren. Darüberhinaus
waren frühere Offenbarungen auf die Wechselwirkung von Faktor VIII mit dem Enzym Faktor
IXa begrenzt. Dem nicht aktivierten Proenzym-Faktor IX, der deutlich unterschiedliche
Bindungsanforderungen zeigen kann, wurde vorher keine große Beachtung geschenkt.
ZUSAMMENFASSUNG DER ERFINDUNG
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Die vorliegende Erfindung stellt ein Peptid bereit, das eine Aminosäuresequenz hat, die
von Faktor VIII abgeleitet ist, und das fähig ist, an den aktivierten Faktor IX und seine nicht
aktivierte Vorstufe zu binden.
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Diese Aminosäuresequenz ist vorzugsweise vom humanen Faktor VIII abgeleitet.
Spezifischer ausgedrückt, diese Aminosäuresequenz ist von einer Exosite des Faktors VIII abgeleitet,
insbesondere von einer Exosite, die in der A3-Domäne von Faktor VIII lokalisiert ist, z. B. die
Exosite I der humanen Faktor VIII-A3-Domäne, wie sie in Fig. 2 dargestellt ist.
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Vorzugsweise umfasst die Aminosäuresequenz zwei basische Aminosäurereste, die
durch 3 bis 6 weitere Aminosäurereste getrennt sind, wobei mindestens zwei dieser weiteren
Aminosäurereste aus der Gruppe bestehend aus hydrophoben und aromatischen
Aminosäureresten ausgewählt sind. Bevorzugter umfasst diese Aminosäuresequenz die Sequenz Glu-Thr-
Lys-Thr-Tyr-Phe-Trp-Lys.
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Das Peptid wird im Allgemeinen eine Länge von 8 bis 200 Aminosäureresten, z. B. 8 bis
etwa 150, bevorzugter 8 oder 9 bis 55 und am günstigsten 10 bis 20 Aminosäurereste haben.
Nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung umfasst das Peptid 10 bis 20
Aminosäurereste aus der Aminosäuresequenz Gly-Ala-Glu-Pro-Arg-Lys-Asn-Phe-Val-Lys-Pro-
Asn-Glu-Thr-Lys-Thr-Tyr-Phe-Trp-Lys-Val-Gln-His-His-Met-Ala-Pro-Thr-Lys-Asp-Glu-Phe,
einschließlich der Sequenz Glu-Thr-Lys-Thr-Tyr-Phe-Trp-Lys.
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Nach einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist das Peptid ein
Fragment mit 10 bis 20 Aminosäuren aus der Aminosäuresequenz Gly-Ala-Glu-Pro-Arg-Lys-
Asn-Phe-Val-Lys-Pro-Asn-Glu-Thr-Lys-Thr-Tyr-Phe-Trp-Lys-Val-Gln-His-His-Met-Ala-Pro-
Thr-Lys-Asp-Glu-Phe, wobei das Fragment die Sequenz Glu-Thr-Lys-Thr-Tyr-Phe-Trp-Lys
umfasst.
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Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht in der Bereitstellung einer
pharmazeutischen Zusammensetzung, die ein Peptid, wie es hier definiert ist, und einen
pharmazeutisch akzeptablen Träger oder Excipienten umfasst. Diese pharmazeutische
Zusammensetzung ist insbesondere zur Behandlung thrombotischer Erkrankungen bestimmt und
umfasst das Peptid (die Peptide) in einer wirksamen Menge zur Inhibierung des intrinsischen
Blutgerinnungsweges.
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Die vorliegende Erfindung stellt auch ein Verfahren zur Behandlung eines Säugers,
insbesondere eines Menschen, gegen thrombotische Erkrankungen bereit, das die Verabreichung
eines Peptids, wie es hier definiert ist, in einer wirksamen Menge zur Inhibierung des
intrinsischen Blutgerinnungsweges umfasst.
KURZE BESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN
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Fig. 1 gibt einen Überblick über den Mechanismus, der bei der Thrombusbildung
involviert ist. Eine vaskuläre Schädigung führt zur Freilegung von Gewebefaktor und löst die
Aktivierung von Faktor X durch den extrinsischen Weg aus. Im Komplex mit aktiviertem
Faktor V wandelt Faktor Xa Prothrombin in Thrombin, das Schlüsselenzym in der hämostatischen
Antwort, um. Thrombin induziert eine Primärthrombusbildung durch Aktivierung von
Thrombozyten und Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin. Nach einer gewissen anfänglichen
Verzögerung aktiviert Thrombin ferner die Cofaktoren Faktor V und Faktor VIII, wobei der
Letztgenannte ein essentieller Cofaktor im intrinsischen Blutgerinnungsweg ist. Nach Aktivierung
von Faktor IX entweder durch Faktor VIIa/Gewebefaktor oder durch Faktor XIa führt dieser zu
der sekundären hämostatischen Reaktion durch zusätzliches Thrombin und zusätzlichen Faktor
Xa, die durch den Faktor IXa/VIIIa-Komplex (fett gedruckt angegeben) des intrinsischen Wegs
gebildet werden. Dieser sekundäre Mechanismus ist das Ziel der Antikoagulansverbindungen
der vorliegenden Erfindung.
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Fig. 2 stellt ein Hydropathie-Diagramm für die Faktor VIII-A3-Domäne dar. Das
Diagramm wurde wie in Beispiel 1 beschrieben erstellt. Das Diagramm zeigt das Vorliegen von
drei getrennten Regionen mit niedrigen Hydropathiewerten, was zeigt, dass die hydrophile
Natur mit potentiell freigelegten Exosites verbunden ist. Diese sind als I, II und III
gekennzeichnet. Die Primärstruktur dieser Exosites ist ebenfalls angegeben. Die Primärsequenz
dieser Exosites ist auch angegeben. Exosite I enthält außerdem eine Stelle zur N-gebundenen
Glykosilierung (Asn an Position 1810, siehe G.A. Vehar et al., Nature Bd. 312, 1984, S. 337-
342). Diese Position innerhalb der Exosite I ist unterstrichen (N).
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Fig. 3 fasst die Identifizierung einer Faktor IXa-Bindungsstelle an der Faktor VIII-A3-
Domäne, die eine Reihe partiell überlappender Peptide verwendet, zusammen. Die Peptide
wurden unter Anwendung des in Beispiel II beschriebenen Verfahrens synthetisiert. Die Faktor
IXa-Bindung wurde wie in Beispiel III beschrieben, beurteilt.
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Fig. 4 zeigt die Wechselwirkung von Faktor IXa (gefüllte Symbole) oder
nichtaktiviertem Faktor IX (offene Symbole) mit einem inimobilisierten synthetischen Peptid (erste
Figur) und mit der immobilisierten kompletten Faktor VIII-leichten Kette (Figur B). Details
werden in Beispiel IV angegeben. Ein Vergleich von Figur A und Figur B zeigt, dass das
synthetische Peptid nicht zwischen Faktor IXa und nicht-aktiviertem Faktor IX unterscheidet,
während die vollständige Faktor VIII-leichte Kette eine starke Präferenz zur Bindung an die
aktivierte Form, Faktor IXa, zeigt.
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Fig. 5 zeigt die Wirkung eines synthetischen Faktor IX-Bindungspeptids auf das
hämostatische System. Die Verbindung KNFVKPNETKTYFWK wurde in Standardtests
bezüglich des intrinsischen (APTT)- und extrinsischen (PT)-Blutgerinnungsweges untersucht,
wie dies in Beispiel VII beschrieben wird. Tests wurden unter Verwendung von menschlichem
(Figur A)- und Kaninchen (Figur B)-Plasma durchgeführt. Die Daten zeigen, dass die Faktor
IX-bindende Verbindung KNFVKPNETKTYFWK den intrinsischen Gerinnungsweg hemmt,
während der extrinsische Gerinnungsweg nicht angegriffen wird.
DETAILLIERTE BESCHREIBUNG BEVORZUGTER AUSFÜHRUNGSFORMEN
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Die vorliegende Erfindung betrifft biologisch aktive Peptide, die in spezifischer Weise
den Faktor IX-abhängigen Blutgerinnungsweg hemmen. Diese Peptide üben Inhibitorfunktion
aus, da sie ein Motiv umfassen, das bei der Bindung von aktiviertem Faktor IX oder seiner
nicht aktivierten Vorstufe involviert ist, wodurch eine Konkurrenz mit Faktor VIII entsteht.
Diese Peptide basieren auf einem spezifischen Motiv, das aus einer oder mehreren Exosites
innerhalb der Aminosäuresequenz von Faktor VIII stammt.
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Der Ausdruck "Exosite" wird hier in einem breiten Sinn verwendet und bezieht sich auf
relativ hydrophile Teile des Proteins, die leicht zur Oberfläche des Faktor VIII-Moleküls
orientiert werden können. Der Ausdruck "Motiv" bezieht sich her auf ein typisches Sequenzmuster
aus hydrophilen und hydrophoben Aminosäuren, einschließlich natürlicher und synthetischer
Analoge davon, die die Minimalanforderungen zur Bindung von aktiviertem oder
nichtaktiviertem Faktor IX umfassen. Der Ausdruck "Faktor IX" wird hier zur Benennung des
Blutgerinnungsfaktors IX verwendet, wobei sowohl die aktivierte wie auch die nicht-aktivierte
Form eingeschlossen sind.
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Der Ausdruck "abgeleitet von" wird hier verwendet, um in erster Linie eine Sequenz zu
bezeichnen, die in der Faktor VIII-Sequenz auftritt, die aber auch modifizierte Sequenzen mit
ähnlichen oder sogar verbesserten Merkmalen bezüglich der Bindung von aktiviertem und/oder
nicht-aktiviertem Faktor IX umfassen kann. Üblicherweise wird diese Modifikation aus einer
Substitution einer begrenzten Anzahl von Aminosäureresten, höchstens 20%, vorzugsweise
höchstens 10% der Aminosäurereste durch andere Aminosäurereste, normalerweise derselben
Kategorie (hydrophobe Aminosäuren werden durch andere hydrophobe Aminosäuren ersetzt,
basische Aminosäuren werden durch andere basische Aminosäuren ersetzt, usw.) bestehen.
Aminosäurezusätze und -deletionen sollen allerdings mit dem Ausdruck "Modifikation"
mitumfasst werden. Dieser Ausdruck umfasst darüberhinaus multimere Formen des Peptids,
wie z. B. Tandemwiederholungen. Chemische Modifikationen besonderer Aminosäuren sind
ebenfalls eingeschlossen, speziell chemische Modifikationen der N-terminalen und/oder
Cterminalen Aminosäurereste wie z. B. die Blockierung der terminalen Amino- und/oder
Carboxy-Gruppen oder die Anfügung eines Moleküls oder einer Gruppierung mit einer
Funktion, z. B. mit einer Trägerfunktion, einer Zielfunktion, usw.. Der Ausdruck "Modifikation"
umfasst weiter die Anfügung oder Entfernung von Glykosyl-Resten, die das Freilegen des
Faktor IX-Bindungsmotivs modulieren können.
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In einem ersten Satz besonders bevorzugter Ausführungsformen des Gegenstands der
Erfindung ist das Peptid von einer oder mehreren der Exosites innerhalb der Sequenz des Faktor
VIII-Moleküls, vorzugsweise von der Faktor VIII-leichten Kette und noch bevorzugter von der
Faktor VIII-A3-Domäne abgeleitet. Obgleich die Erfindung Peptide, die auf den Exosites von
Faktor VIII aus einer Säugerspezies basieren, abdeckt, sind die Peptide vorzugsweise von der
Sequenz von humanem Faktor VIII abgeleitet. Nach einem weiteren Satz besonders bevorzugter
Ausführungsformen umfassen die Peptide der vorliegenden Erfindung ein Motiv, das aus einer
Repetiereinheit aus mindestens zwei basischen Aminosäureresten (Lys, Arg, oder Analoge
davon), getrennt durch einen Aminosäurecluster, der relativ reich an hydrophoben oder
aromatischen Aminosäuren ist, oder Analogen davon besteht. Bevorzugter besteht das Motiv
aus zwei basischen Aminosäureresten, die durch 3 bis 6 andere Reste getrennt sind, wobei die
Mehrheit von diesen hydrophob oder aromatisch ist. Am günstigsten umfasst das Peptid das
Motiv ETKTYFWK (Glu-Thr-Lys-Thr-Tyr-Phe-Trp-Lys), das den Resten 1811 bis 1818 der
humanen Faktor VIII-A3-Domäne entspricht.
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In einer weiteren besonders bevorzugten Ausführungsform stellt das Peptid, das das
Faktor IX-Bindungsmotiv umfasst, ein Fragment der Faktor VIII-leichten Kette dar. Dieses
kann aus dem intakten Faktor VIII-Heterodimer durch Dissoziation der schweren und leichten
Kette und Isolieren der leichten Kette nach auf dem Gebiet bekannten Verfahren, z. B. durch
Immunaffinitätschromatographie, die einen Antikörper gegen eine der Exosites an der Faktor
VIII-A3-Domäne verwendet, erhalten werden. Das Peptid kann insbesondere aus einem
proteolytischen Fragment der Faktor VIII-leichten Kette, bevorzugter der Faktor VIII-A3-Domäne
bestehen. Solche Fragmente können durch Verfahren, die dem Durchschnittsfachmann auf
diesem Gebiet bekannt sind, z. B. Abbau mit proteolytischen Enzymen wie Chymotrypsin,
Trypsin und dergleichen, produziert werden. Der enzymatische Abbau kann außerdem die
Inkubation mit geeigneten Glykosidasen zur spezifischen Entfernung von Oligosacchariden aus
den Glykosylierungsstellen, einschließlich der am Rest 1810 in der A3-Domäne, umfassen.
Peptide, die das Faktor IX-Bindungsmotiv enthalten, können dann durch
Standardimmunaffinitätschromatographie-Techniken, die einen Antikörper mit seinem Epitop nahe oder am
Faktor IX-Bindungsmotiv verwenden, isoliert werden.
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In einer anderen besonders bevorzugten Ausführungsform wird das Faktor
IX-Bindungsmotiv-enthaltende Peptid durch Rekombinations-DNA-Techniken erhalten, wobei DNA,
die für einen Teil der Faktor VIII-leichten Kette oder bevorzugter der Faktor VIII-A3-Domäne
oder einen Teil davon kodiert, in ein geeignetes Plasmid zur in-vitro-Translation oder zur
Expression in prokaryotische oder eukaryotische Wirtszellen oder zur Expression in
biologischen Flüssigkeiten einschließlich Milch von transgenen Tieren eingeführt. Ein Fachmann auf
diesem Gebiet wird leicht geeignete Verfahren bestimmen, um dies durchzuführen. Die DNA,
die für das Faktor IX-Bindungspeptid kodiert, kann verschiedene Mutationen innerhalb des
Faktor IX-Bindungsmotivs (siehe oben) oder in der Nachbarschaft davon, z. B. am Asn-Rest,
der die Glykosylierungsstelle innerhalb der Faktor VIII-A3-Domäne darstellt (siehe Fig. 2)
enthalten. Die exprimierten Peptide können außerdem nach denselben enzymatischen Methoden,
wie sie oben zum Erhalt von Fragmenten der Faktor VIII-leichten Kette beschrieben wurden,
modifiziert werden. Die exprimierten Peptide können nach denselben
Immunaffinitätschromatographie-Verfahren, wie es oben für Proteinfragmente, die durch limitierte Proteolyse
erzeugt werden, spezifiziert ist, gereinigt werden.
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Verbindungen der vorliegenden Erfindung können auch durch
Standardpeptid-Synthesetechniken produziert werden. Oligopeptide, die das Faktor IX-Bindungsmotiv umfassen,
können an Trägerproteine, einschließlich Albumin oder andere Plasmaproteine gebunden werden,
um die Halbwertszeit des Peptids im Kreislauf des Empfängers zu verlängern. Die in der
vorliegenden Erfindung offenbarten Verbindungen können zur Verabreichung in beliebiger
zweckdienlicher Weise formuliert werden und die Erfindung umfasst in ihrem Schutzumfang
pharmazeutische Zusammensetzungen, die eine therapeutisch wirksame Menge mindestens
eines Peptids, das das Faktor IX-Bindungsmotiv umfasst, enthalten. Solche Zusammensetzungen
können in herkömmlicher Weise unter Verwendung eines oder mehrerer pharmazeutisch
annehmbarer Träger oder Arzneimittelträger (Excipientien) formuliert sein. Geeignete Träger
umfassen, sind aber nicht beschränkt auf, Verdünnungsmittel oder Füllstoffe, sterile wässrige
Medien und verschiedene nicht-toxische organische Lösungsmittel. Die Zusammensetzungen
können in Form von Tabletten, Kapseln, Pulvern, wässrigen Suspensionen oder Lösungen,
injizierbaren Lösungen und dergleichen formuliert sein. Geeignete Dosierungsformen können in
einfacher Weise von einem Fachmann auf diesem Gebiet bestimmt werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren sollte vorzugsweise so durchgeführt werden, dass eine
Dosierungsvorschrift angewendet wird, die eine maximale therapeutische Resonanz
gewährleistet, bis eine Verbesserung erreicht ist und die danach die geringste wirksame Konzentration
bereitstellt, die einen geeigneten Schutz gegen Thrombose bietet. Im Allgemeinen wird die
Dosis von der Molekülgröße des verwendeten Peptids abhängen. Für ein Oligopeptid mit etwa
15 Aminosäuren kann die Dosierung für eine intravenöse Verabreichung zwischen etwa 0,1 und
1000 mg/kg, vorzugsweise zwischen 1 und 500 mg/kg und am günstigsten zwischen 10 und 100
mg/kg variieren. Für größere Peptide kann die Dosis entsprechend erhöht werden. Zur oralen
Verabreichung kann die Dosis wesentlich höher sein, wobei man sich natürlich denken kann,
dass die geeignete Dosierung auch von der allgemeinen Gesundheit des Patienten, dem Alter
und anderen Faktoren, die die Reaktion auf das Arzneimittel beeinflussen können, abhängt. Das
Arzneimittel kann durch kontinuierliche Infusion oder in regelmäßigen Intervallen von etwa 4
bis 50 Stunden verabreicht werden, um die therapeutische Wirkung auf dem gewünschten
Niveau zu halten.
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Die Erfindung wird in den nachfolgend beschriebenen Beispielen näher erläutert.
Obgleich Beispiele der vorliegenden Erfindung sich auf die Identifizierung, Herstellung und
Verwendung von Antikoagulans-Peptiden, die von der Faktor VIII-leichten Kette abgeleitet
sind, beziehen, ist die Erfindung so aufgebaut, dass sie ebenso auf die Faktor VIII-schwere
Kette anwendbar ist. Variationen innerhalb des Wissens eines Fachmanns auf diesem Gebiet
werden als im Schutzumfang der vorliegenden Erfindung angesehen. Wenn nichts anderes
angegeben ist, haben alle technischen und wissenschaftlichen Ausdrücke, die hier verwendet
werden, dieselbe Bedeutung, wie die, die einem Fachmann auf diesem Gebiet geläufig ist.
Obgleich Verfahren und Materialien, die den hier beschriebenen gleich oder äquivalent sind, bei
der Durchführung oder Untersuchung der vorliegenden Erfindung verwendet werden können,
werden die bevorzugten Verfahren und Materialien im Folgenden beschrieben.
BEISPIEL I: Identifizierung von potentiellen Faktor IXa-bindenden Exosites innerhalb
der Faktor VIII-A3-Domäne
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Ein einfaches Verfahren zur Identifizierung von Exosites, die potentiell bei der Protein-
Protein-Wechselwirkung involviert sind, wurde bereits früher eingeführt (J. Kyte und R. F.
Doolittle, J. Mol. Biol. Bd. 157, 1982, S. 105-132). Dieses Verfahren stellt ein Programm
bereit, das progressiv die Hydrophilie und Hydrophobie eines Proteins entlang seiner
Aminosäuresequenz beurteilt. Dieses Verfahren verwendet eine Hydropathie-Skala, die die
Durchschnittshydropathie innerhalb von Segmenten vorherbestimmter Größe entlang der
Aminosäuresequenz wiedergibt. Hydrophile Abschnitte werden durch negative Hydropathie-Werte
charakterisiert und können Kandidaten für eine Orientierung zur Außenseite eines Proteins, das
in wässriger Lösung ist, sein. Wir haben dieses Verfahren auf die bekannten Sequenzen von
humanem Faktor VIII (G. A. Vehar et al., Nature Bd. 312, 1984, S. 337-342; J. J. Toole et al.,
Nature Bd. 312, 1984, 342-347) unter Verwendung einer Segmentsgröße ("Fenster") aus 19
Resten angewendet. Aus der kompletten Sequenz von Faktor VIII wurde die Region 1689-2019,
die mit der Faktor VIII-A3-Domäne übereinstimmt, für diese Analyse ausgewählt und das
resultierende Hydropathie-Diagramm ist in Fig. 2 gezeigt. Dieses Verfahren zeigte drei
diskrete Regionen mit niedrigen Hydropathie-Werten, die die hydrophile Natur wiedergeben,
die mit potentiellen Exosites verbunden ist. Diese werden als Exosite I, II und III in Fig. 2
bezeichnet und umfassen die Faktor VIII-Aminosäurereste 1785-1839, 1887-1923 bzw. 1957-
1979. Die Primärstruktur dieser Exosites ist auch in Fig. 2 angegeben. Obgleich dieses
Verfahren Prinzipien anwendet, die auf diesem Gebiet lange anerkannt waren, und es auf der vorher
veröffentlichten Faktor VIII-Sequenz basiert, wurde diesen hydrophilen Exosites vorher
tatsächlich keine Aufmerksamkeit geschenkt. Unter den potentiellen wechselwirkenden Stellen
ist Exosite I durch ihren extrem niedrigen Hydropathie-Index besonders eindrucksvoll.
BEISPIEL II: Synthese von Peptiden, die eine Haupt-Exosite der Faktor VIII-A3-
Domäne darstellen
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Aus den drei Haupt-Exosites der Faktor VIII-A3-Domäne wurde Exosite I für eine
detailliertere Beurteilung der Faktor IXa- und Faktor IX-Bindung ausgewählt. Diese Exosite
umfasst die Faktor VIII-Reste 1785-1839, deren Sequenz in Fig. 2 zusammengefasst ist. Aus
dieser Sequenz wurden eine Reihe partiell überlappender Peptide ausgewählt, die eine
ungefähre Länge von 10 bis 20 Aminosäuren haben. Solche Oligopeptide können nach einer
Vielzahl von Verfahren synthetisiert werden, die auf dem Fachgebiet bekannt sind. Wir
verwendeten ein eingeführtes Verfahren, die sogenannte "T-bag-Method" (R. A. Houghton, Proc. Natl.
Acad. Sci. U. S. A. Bd. 82, 1985, S. 5131-5135) und Standard-N-9-Fluorenylmethoxycarbonyl
(Fmoc)-Chemie (W. von 't Hof et al., Mol. Immunol. Bd. 28, 1991, S. 1225-1232). Kurz gesagt,
die erste Fmoc-geschützte Aminosäure wurde an ein p-Benzyloxybenzylalkoholharz (S. S.
Wang, J. Am. Chem. Soc. Bd. 95, 1973, S. 1328-1333) gebunden und in einem 64 um mesh-
Polypropylen-T-bag eingeschweißt. Kupplungsreaktionen wurden in N,N-Dimethylformamid
durchgeführt, wobei ein 10-facher berschuss an N-Fmoc-geschützter Aminosäure gegenüber
der ersten immobilisierten Aminosäure, ein 10-facher Überschuss an 1-Hydroxybenzotriazol
zur Unterdrückung einer Racemisierung und ein 13-facher Überschuss an
N,N-Diisopropylethylamin verwendet wurden. Die Entfernung der Schutzgruppen erfolgte mit 30% Piperidin in
N, N-Dimethylformamid. Harze und Aminosäuren wurden von Novablochem (Läufelfingen,
Schweiz) erhalten und Lösungsmittel wurden von Merck (Darmstadt, Deutschland) erhalten.
Ein semipermanenter Seitenkettenschutz von Arg, His und Cys wurde durch geeignete
Reagenzien erreicht, was z. B. in W. von 't Hof et al., Mol. Immunol. Bd. 28, 1991, S. 1225-1232
beschrieben ist. Nach der endgültigen Kupplung wurde Trifluoressigsäure, die 5% Thioanisol
enthielt, zur Entfernung der Schutzgruppen an der Seitenkette und gleichzeitige Freisetzung der
Peptide vom festen Träger verwendet. Schließlich wurden die Peptide extrahiert und
lyophilisiert. Durch Verwendung dieser Methode wurde eine Reihe von überlappenden Peptiden
synthetisiert, die die Sequenz von Exosite I der Faktor VIII-A3-Domäne abdecken (siehe Fig. 2).
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Eine Selektion dieser Peptide wird nachfolgend weiter charakterisiert (siehe Beispiel
III). Dies beinhaltet die Verbindungen YSSLISYEEDQGAE, GAEPRKNFVKPNETK,
KNFVKPNETKTYFWK, ETKTYFWKVQ; YFWKVQHHMAPTDKDEFDCKA und
HMAPTDKDEFDCKA, die den Faktor VIII-A3-Domänen-Regionen 1786-1801, 1799-1813,
1804-1818, 1811-1820, 1815-1834 bzw. 1822-1834 entsprechen.
BEISPIEL III: Identifizierung eines Faktor IXa-Bindungsmotivs an der Faktor VIII-A3-
Domäne
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Die in Beispiel II beschriebenen synthetischen Peptide wurden auf Faktor IXa-Bindung
untersucht, indem eine von Standard-ELISA abgeleitete Technik angewendet wurde. Peptide
wurden an normalen Mikrotiterplatten (Immulon, Dynatech, Plockingen, Deutschland) in einer
Menge von 0,8 nmol Peptid pro Vertiefung immobilisiert. Verbleibende Bindungsstellen
wurden unter Verwendung von 2% (G/V) humanes Serumalbumin in einem Puffer, der 0,1% (V/V)
Tween-20, 0,1 M NaCl und 25 mM Tris tu 7,4) enthielt, blockiert. Nach Waschen wurden die
immobilisierten Peptide 1 Stunde bei 37ºC mit 100 ul desselben Puffers, der 50 nM gereinigten
humanen Faktor IXa enthielt, inkubiert (K. Mertens und R. M. Bertina, Thromb. Haemostasis
Bd. 47, 1982, S. 96-100). Nach dem Waschen wurden die Vertiefungen mit einer geeigneten
Menge Antikörper gegen humanen Faktor IX, der an Meerrettichperoxidase nach dem
Verfahren von Nakane et al. (J. Histochem. Cytochem. Bd. 22, 1974, S. 1084-1091) konjugiert war,
inkubiert. Schließlich wurde gebundener Faktor IXa unter Verwendung des Substrats 3-3'-5-5'-
Tetramethylbenzidin durch Ablesen der Extinktion bei 450 nm nachgewiesen. Fig. 3 zeigt die
Resultate, die unter Verwendung der ausgewählten Oligopeptide aus der Faktor VIII-leichten
Kette erhalten wurden. Die Resultate zeigen, dass die Strategie der Verwendung überlappender
synthetischer Segmente entlang der Aminosäuresequenz erfolgreich eine Faktor
IXa-Bindungsstelle innerhalb der Exosite I der A3-Domäne identifizierte. Zwei Peptide erwiesen sich als
besonders effektiv bei der Faktor IXa-Bindung: KNFVKPNETKTYFWK und
ETKTYFWKVQ, die den Faktor VIII-Resten 1804-1818 bzw. 1811-1820 entsprechen. Die
Feststellung, dass diese zwei Verbindungen dieselben Faktor IXa = Bindungseigenschaften teilen,
deutet darauf hin, dass die überlappende Sequenz ETKTYFWK die Mindestanforderungen für
eine Faktor IXa-Bindung erfüllt und als solche als Faktor IXa-Bindungsmotiv betrachtet werden
kann.
BEISPIEL IV: Wechselwirkung von Peptiden, die das Faktor IXa-Bindungsmotiv
umfassen, mit aktiviertem und nicht-aktiviertem Faktor IX
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Dieselben immobilisierten synthetischen Oligopeptide können eher zur Untersuchung
der Wechselwirkung mit dem nicht aktivierten Faktor IX-Zymogen als mit Faktor IXa
verwendet werden (siehe Beispiel III). Zu diesem Zweck wählten wir die Verbindung
KNFVKPNETKTYFWK als Beispiel für ein Oligopeptid, das das Faktor IXa-Bindungsmotiv
ETKTYFWK enthält, und verglichen diese Verbindung mit der kompletten Faktor VIII-leichten
Kette, die dieses Motiv ebenfalls enthält. Die experimentellen Bedingungen waren so, wie sie
für die Faktor IXa-Bindung an Oligopeptide (siehe Beispiel III) oder das komplette Faktor
VIIIleichte Kette Polypeptid beschrieben ist (siehe P.J. Lenting et al., J. Biol. Chem. Bd. 269, 1994,
S. 7150-7155). Faktor IXa wurde mit einer Herstellung von nicht-aktiviertem Faktor IX
verglichen, der vollständig ohne Faktor IXa war (K. Mertens und J.A. von Mourik, International
Patent Application, WO 94/05692, veröffentlicht am 17. März 1994). Die Resultate dieser
Experimente sind in Fig. 4 dargestellt. Eine überraschende Parallele wurde zwischen Faktor
IX und Faktor IXa bezüglich der Bindung an das ETKTYFWK-Motiv-enthaltende Oligopeptid
(Fig. 4A) nicht aber an die vollständige Faktor VIII-leichte Kette (Fig. 4B) beobachtet. Die
Dissoziationskonstante (Kd) des Komplexes zwischen Faktor IXa und der kompletten Faktor
VIII-leichten Ketten-Region 1649-2332 oder ihren gespaltenen Derivaten, die Reste 1690-2332
oder 1722-2332 umfassen, ist früher mit lSnM festgestellt worden (siehe M. J. S. H. Donath et
al., J: Biol. Chem. Bd. 270, 1995, S. 3648-3655); aus Fig. 4B wird deutlich, dass für
nichtaktivierten Faktor IX Kd deutlich höher ist. Für die Verbindung KNFVKPNETKTYFWK wurde
die Bindung von Faktor IX und Faktor IXa detailliert durch
Gleichgewichtsbindungsuntersuchungen verglichen. Zu diesem Zweck wurden die Faktoren IX oder IXa (30 nM) mit
unterschiedlichen Konzentrationen (0,2-0,6 uM) der Verbindung KNFVKPNETKTYFWK in
einem Puffer, der 2% (G/V) humanes Serumalbumin, 0,1% (V/V) Tween-20, 0,1 M NaCl und
25 mM Tris (pH 7,4) enthielt, inkubiert. Nach 16-stündiger Inkubation bei Raumtemperatur
wurde die Menge an nicht-gebundenem Faktor IXa oder Faktor IX bestimmt, indem Proben in
Mikrotiter-Vertiefungen, die die immobilisierte Peptidverbindung enthielten, inkubiert wurden.
Nicht-gebundener Faktor IX oder Faktor IXa wurde dann an das in-imobilisierte Peptid binden
gelassen und anschließend unter Verwendung eines Peroxidase-konjugierten Antikörpers gegen
Faktor IX quantitativ bestimmt, wie es detailliert in Beispiel III beschrieben ist. Dieses
Verfahren wurde auf dem Fachgebiet gut eingeführt (B. Friguet et al., J. Immunol. Methods Bd. 77,
1985, 305-319) und liefert die Dissoziationskonstante Kd durch den Ausdruck:
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A&sub0;/(A&sub0;-A) = 1 + Kd/c
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worin A&sub0; die Extinktion in Abwesenheit von Peptid in der ursprünglichen Lösung darstellt, A
die Extinktion in Gegenwart von Peptid ist und c die verwendete Peptidkonzentration ist. Nach
diesem Verfahren wurden Kd-Werte zur Bindung von Verbindung KNFVKPNETKTYFWK an
Faktor IXa und Faktor IX als 0,20 ± 0,02 mM bzw. 0,23 ± 0,02 mM (Mittelwert ±
Standardabweichung) errechnet. Dies demonstriert, dass im Gegensatz zu der vollständigen Faktor
VIIIleichten Kette Fragmente davon, die das Faktor IXa-Bindungsmotiv der A3-Domäne umfassen,
nicht länger zwischen aktiviertem und nicht-aktiviertem Faktor IX unterscheiden können.
BEISPIEL V: Herstellung von Peptiden, die das Faktor IX-Bindungsmotiv umfassen,
durch enzymatischen Abbau der Faktor VIII-leichten Kette
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Die komplette Faktor VIII-leichte Kette (Reste 1648-2332, siehe G. A. Vehar et al.,
Nature Bd. 312, 1984, S. 337-342) kann einem enzymatischen Abbau unterworfen werden, um
Fragmente zu erzeugen, die das Faktor IX-Bindungsmotiv umfassen. Zu diesem Zweck kann
eine Vielzahl von Enzymen verwendbar sein, wie es aus der folgenden Beschreibung deutlich
wird.
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Zuerst kann der Amino-terminale Teil der Faktor VIII-leichten Kette unter Verwendung
von Thrombin oder Faktor Xa gespalten werden. Diese Enzyme spalten zwischen den Resten
1689 und 1690 oder 1721 und 1722 (siehe G. A. Vehar et al., Nature Bd. 312, 1984, S. 337-
342). Verfahren, um dies zu erreichen, wurden bereits früher detailliert beschrieben (Donath et
al., J. Biol. Chem. Bd. 270, 1995, S. 3648-365) und werden von einem Durchschnittsfachmann
auf diesem Gebiet in einfacher Weise reproduziert. Kurz, gereinigte Faktor VIII-leichte Kette
(310 nM) wurde entweder mit Thrombin (20 nM) oder mit einer Kombination aus Faktor Xa
(20 nM) und Phospholipiden (25 uM) in einem Puffer, der 100 mM NaCl, 10 mM CaCl&sub2;, 50
mM Tris (pH 7,4) enthielt, inkubiert. Nach einer Inkubation für 45 min bei 37ºC wurde die
Reaktion durch Zugabe eines synthetischen Chlormethylketon-Inhibitors für Thrombin oder
Faktor Xa in einer Endkonzentration von 30 nM beendet und die gespaltene Faktor VIII-leichte
Kette wurde durch Immunafflnitätschromatographie wie beschrieben gereinigt (siehe Donath et
al., J. Biol. Chem. Bd. 270, 1995, S. 3648-3655).
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Zweitens, gereinigte Faktor VIII-leichte Kette (siehe Lenting et al., J. Biol. Chem. Bd.
269, 1994, S. 7150-7155) wurde einem enzymatischen Abbau durch eine Glykosidase
unterworfen, um N-gebundene Glykosylreste, insbesondere solche am Asn-Rest in Position 1810 zu
entfernen (siehe G. A. Vehar et al., Nature Bd. 312, 1984, S. 337-342). Um dies zu erreichen,
wurde Faktor VIII-leichte Kette (0,4 mg/ml) mit dem Enzym
Peptid-N4-(N-Acetyl-β-Glucosaminyl)-Asparaginamidase (EC 3.5.1.52, erhalten als N-Glycanase von Sanbio BV, Uden,
Niederlande) bei einer Endkonzentration von 10 E/ml in 3 mM EDTA, 0,1 M Phosphat (pH 7, 8) für
16 Stunden bei 37ºC inkubiert. Nach der Inkubation wurde das Reaktionsgemisch durch SDS-
Polyacrylamid-Gelelektrophorese analysiert, wie es bereits früher detailliert beschrieben wurde
(siehe Donath et al., J. Biol. Chem. Bd. 270, 1995, S. 3648-3655). Die enzymatische
Deglycosylierung wurde aus einer Abnahme der Molekülgröße um etwa 8 kDa deutlich.
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Drittens, die gereinigte Faktor VIII-leichte Kette wurde unter Verwendung des Enzyms
Lysylendopeptidase (EC 4.21.50, erhalten von Sopar Biochem, Lunteren, Niederlande) in
kleinere Fragmente umgewandelt. Faktor VIII-leichte Kette (100 ugg/ml) wurde mit
Lysylendopeptidase (6,6 ug/ml) in einem Puffer, der 4, 5% (VW) Glycerin, 150 mM NaCl, 50 mM Tris (pH
7, 8) enthielt, bei 37ºC inkubiert. Nach verschiedenen Inkubationszeiten wurden Proben des
Reaktionsgemisches zur Analyse durch SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese abgezogen.
Während der Anfangsphase der Reaktion wurde die 80 kDa-Faktor VIII-leichte Kette in
Komponenten von 30 bis 40 kDa umgewandelt. Bei längerer Inkubation wurden diese Fragmente
weiter abgebaut, bis nach 1-stündiger Inkubation sich eine Hauptkomponente mit 17 kDa
anhäufte. Die Bedingungen dienten zum Abbau von Faktor VilI-leichte Kette im präparativen
Maßstab. Nach 1 Stunde Inkubation wurde die Reaktion durch Zugabe des synthetischen
Endopeptidase-Inhibitors Pefabloc SC (Pentapharm, Basel, Schweiz) zu einer Endkonzentration von
1 mM beendet. Faktor VIII-Peptide, die das Faktor IX-Bindungsmotiv enthielten, wurden dann
durch Immunaffinitätschromatographie unter Verwendung des monoklonalen Antikörpers
CLB-CAg A, der gegen die Reste 1801-1823 innerhalb der Faktor VIII-A3-Domäne gerichtet
ist, isoliert (J. W. von de Loö et al., Annual Report 1992, Dr. Karl Landsteiner Foundation,
Amsterdam, S. 1); das Faktor IX-Bindungsmotiv ETKTYFWK war innerhalb Exosite I
enthalten (Fig. 2). Der Antikörper CLB-CAg A wurde an CNBr-aktivierter Sepharose 4B
(Pharmacia, Stockholm, Schweden) mit einer Dichte von 1 mg/ml Gel immobilisiert. Die Säule
wurde mit einem Puffer, enthaltend 2% (V/V) Glycerin, 100 mM NaCl, 50 mM Tris (pH 7, 8),
äquilibriert. Nach der Äquilibrierung wurde das Abbauprodukt der Faktor VIII-leichten Kette
aufgebracht und die Säule wurde ausgiebig mit Äquilibrierungspuffer gewaschen. Anschließend
wurde gebundenes Protein in 55% (VW) Ethylenglycol, 100 mM NaCl, 25 mM Lysin (pH
11,0) eluiert und das Eluat wurde unverzüglich durch Sammeln in 1/5 Volumen 1 M Imidazol
(pH 7,0) neutralisiert. Eine Analyse des eluierten Proteins durch SDS-Polyacrylamid-
Gelelektrophorese zeigte, dass es vornehmlich aus dem 17 kDa-Fragment bestand. Dieses A3-
Domänen-Fragment, das das Antikörperepitop in Exosite I (Reste 1801-1823, siehe oben)
umfasst, wurde weiterhin sichtlich seiner Antikoagulanseigenschaften wie unten beschrieben
charakterisiert (siehe Beispiel VII).
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Zusammen beweisen diese Abbauexperimente, dass eine Vielzahl von Verfahren
angewendet werden kann, um die Faktor VIII-leichte Kette in kleinere Peptide umzuwandeln, die
noch Exosite I der A3-Domäne umfassen, während sie von anderen Teilen der Faktor
VIIIleichten Kette oder von darin enthaltenen glycosylierten Gruppierungen abgetrennt sind.
BEISPIEL VI: Herstellung von rekombinanten Peptiden, die das Faktor
IX-Bindungsmotiv umfassen
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Peptide, die das Faktor IX-Bindungsmotiv umfassen, können auch nach einer Reihe von
DNA-Rekombinationstechniken hergestellt werden, wobei DNA, die für das gewünschte Peptid
kodiert, in ein geeignetes Expressionsplasmid eingeführt wird. Das vorliegende Beispiel
beschreibt eine in-vitro-Expression von rekombinanten Peptiden in einem Retikulozytenlysat;
aber ähnliche Techniken zur Expression derselben Peptide in anderen
in-vitro-Expressionssystemen oder in prokaryotischen oder eukaryotischen Wirtszellen werden von dem Fachmann
auf diesem Gebiet in einfacher Weise bestimmt. Eine in-vitro-Transkription und -Translation
wurde unter Verwendung des SP6-Expressionssystems und des Plasmids pSP64 (Promega
Corporation, Leiden, Niederlande) durchgeführt. Das vorher beschriebene Plasmid pSP/F8-
80K1 (A. Leyte et al., Biochem. J. Bd. 263, 1989, S. 187-194) wurde als Matrize für den
Aufbau eines gestutzten Faktor VIII-Fragments unter Verwendung der Polymerasekettenreaktion
(PCR) verwendet. Das DNA-Fragment wurde unter Verwendung des Sense-Prirners 5-ACG
ATT TAG GTG ACA CTA TAG-3' (enthaltend einen Teil des SP6-Promotors) in Kombination
mit dem Anti-Sense-Primer 5'-TTA GGA TCC TCA CAT ATG ATG TTG CAC TTT-3'
hergestellt. PCR-Reaktionen dieser Primerkombination führten zu der Faktor VIII-DNA-Sequenz
zwischen den Basenpaaren 4744 und 5526, die für die Faktor VIII-Reste von 1563 bis 1823
kodiert. Der Anti-Sense-Primer umfasste eine BamHI-Restriktionsstelle (unterstrichen) und ein
Stop-Codon (fettgedruckt). Der Sense-Primer war so aufgebaut, dass er eine
HindIII-Restriktionsstelle am 5'-Ende nach PCR enthielt. Nach Abbau des PCR-Produktes und des Plasmids
pSP64 mit HindIII und BamHI wurde das Produkt in das Plasmid Iigasiert. Dieses Faktor VIII-
Konstrukt wurde dann transkribiert und translatiert, wobei das SP6-Expressionssystem nach
dem Standardprotokoll des Herstellers verwendet wurde. Nach der Translation wurden die
produzierten Peptide mit dem immobilisierten monoklonalen Antikörper CLB-CAg A, wie
detailliert in Beispiel V spezifiziert, inkubiert. Nach ausgiebigem Waschen wurde ein
Hauptpeptid mit etwa 30 kDa eluiert. Das eluierte rekombinante Peptid wurde in einen Puffer;
der 4, 5% (V/V) Glycerin, 100 mM NaCl, 10 mM CaCl&sub2;, 50 mM Tris (pH 7,4) enthielt,
dialysiert und einem proteolytischen Abbau an der Thrombinspaltstelle zwischen den Faktor
VIII-Resten 1689 und 1690 unterworfen (M. J. S. H. Donath et al., J. Biol. Chem. Bd. 270,
1995, S. 3648-3655). Das rekombinante Peptid wurde mit Thrombin unter denselben
Bedingungen, wie sie für die komplette Faktor VIII-leichte Kette in Beispiel V spezifiziert sind,
inkubiert. Nach 45-minütiger Inkubation bei 37ºC wurde die Reaktion wie oben beschrieben
beendet und das Reaktionsgemisch wurde einer zweiten Immunaffinitätschromatographie unter
Verwendung des immobilisierten Antikörpers CLB-CAg A, wie er in Beispiel V spezifiziert ist,
unterworfen. Nach Elution wurde ein Peptid mit etwa 17 kDa erhalten. Dies entspricht einem
Peptid, das die Faktor VIII-Reste 1690-1823 einschließlich des Epitops von Antikörper CLB-
CAg A in der Exosite der Faktor VIII-A3-Domäne umfasst.
BEISPIEL VII: Effekt der Faktor IX-Bindungspeptide auf das hämostatische System
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Wenn die Wechselwirkung von Faktor VIII-abgeleiteten Peptiden mit Faktor IX oder
Faktor IXa einen physiologisch signifikanten Prozess darstellen würde, sollten gleiche
Konzentrationen derselben Komponenten auch die Blutgerinnungskaskade als Ganzes wirksam
inhibieren. Wenn darüberhinaus eine Inhibierung auftreten würde, sollte sie spezifischerweise
auf den intrinsischen Gerinnungsweg begrenzt sein (siehe Fig. 1). Die eingeführte Praxis auf
dem Gebiet der Hämatologie stellt einfache Labortests bereit, um den physiologischen Status
des intrinsischen und extrinsischen Gerinnungswegs zu bestimmen. Der Erstgenannte ist auf
dem Fachgebiet als der APTT-Test ("Activated Partial Ihromboplastin Time") und der
Letztgenannte als der PT-Test ("Prothrornbin Time") bekannt. Um die Wirkung von Faktor
VIIIabgeleiteten Peptiden auf das Gerinnungssystem zu bestimmen, wurden diese Verbindungen auf
ihre Wirkung in den eingeführten PT- und APTT-Verfahren untersucht (R. Biggs, Human
Blood Coagulation, Haemostasis and Ihrombosis, 2. Ausgabe, Blackwell, Oxford, 1976, 5.
310-364). Der APTT-Test wurde wie folgt durchgeführt: in einem Kunststoffteströhrchen
wurden 400 ul humanes, mit Citrat versetztes, Thrombozyten-armes Plasma mit 40 ul einer Lösung
von Faktor VIII-leichte Kette oder Verbindung KNFVKPNETKTYFWK in einer Pufferlösung,
die 0,1 M NaCl und 25 mM Tris (pH 7,4) enthielt, vermischt. Nach Vorinkubation für 15 min
bei 37ºC wurden 100 ul dieses Gemisches mit 100 ul eines handelsüblichen APTT-Reagenzes
(Baxter-Dade, Düdingen, Schweiz), das Phospholipide und kolloidales Siliciumdioxid enthielt,
vermischt, um das Gerinnungskontaktsystem zu aktivieren (siehe Fig. 1). Nach 3 min wurden
dann 100 ul einer vorgewärmten 0,33 M CaCl&sub2;-Lösung zugesetzt und die Gerinnungszeit wurde
aufgezeichnet. Für den PT-Test wurden 400 ul Plasma und 40 ul Faktor VIII-Peptidlösung 15
min bei 37ºC inkubiert. Anschließend wurden 200 ul dieses Gemisches mit 200 ul eines
vorgewärmten handelsüblichen PT-Reagenzes (Thromborel-S. Behring, Marburg, Deutschland)
vermischt und die Gerinnungszeit wurde aufgezeichnet. Wie in Fig. 5A dargestellt ist, erwies
sich die Verbindung KNFVKPNETKTYFWK bei der Hemmung des APTT-Tests besonders
wirksam, wohingegen der PT-Test völlig unbeeinflusst blieb. Dies demonstriert, dass
Verbindung KNFVKPNETKTYFWK in spezifischer Weise den intrinsischen Gerinnungsweg hemmt
(siehe Fig. 1). Das Ausmaß der Inhibierung war sogar noch deutlicher, als Kaninchenplasma
anstelle von humanem Plasma verwendet wurde (Fig. 5B). In diesem Fall war die APTT auf
das 5-Fache verlängert, was mindestens so deutlich zu sein scheint wie die Wirkung anderer
thrombotischer Mittel, einschließlich Heparin und Hirudin, in einem anderen Nagetiermodell
(P. Klement et aL, Thromb. Haemostasis Bd. 68, 1992, S. 64-68). Die halbmaximale
Inhibierung trat bei ungefähr 0,3 mM auf (siehe Fig. 5). Wie erwartet gibt dieser Wert die Kd, die für
die Wechselwirkung dieser Verbindung mit Faktor IXa und Faktor IX beobachtet wurde, wieder
(siehe Beispiel IV). Dasselbe Assaysystem wurde zur Charakterisierung der Peptide, die durch
enzymatischen Abbau der Faktor VIII-leichte Kette, wie in Beispiel V beschrieben, erhalten
wurden, verwendet. Die Resultate dieser Experimente sind in Tabelle I zusammengefasst.
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Tabelle I: Eigenschaften verschiedener Faktor VIII-leichte Kette-Derivate.
Antikoagulans-Aktivität im APTT-Test wird durch Verlängerung der Gerinnungszeit in Sekunden
ausgedrückt.
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Diese Daten beweisen, dass ein enzymatischer Abbau der Faktor VIII-leichten Kette ihre
Autikoagulans-Aktivität in bedeutendem Ausmaß verstärkt. Peptide, die das Faktor IX-Bindungsmotiv
der Faktor VIII-A3-Domäne umfassen, stellen somit eine deutliche Verbesserung
gegenüber der intakten Faktor VIII-leichten Kette bezüglich der Inhibitoraktivität im
intrinsischen Gerinnungsweg bereit.
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Eine Beschränkung der intakten Faktor VIII-leichten Kette ist mit ihrer, verglichen mit
der Aktivität für Faktor IXa, geringen Affinität für das nicht-aktivierte Faktor IX-Zymogen
assoziiert (Fig. 4B). Diese Beschränkung wird durch kleinere Peptidderivate, wie z. B.
Verbindung KNFVKPNETKTYFWK (siehe Fig. 4A und 5) überwunden. Somit wird eine
wirksame Inhibierung des intrinsischen Gerinnungswegs vorzugsweise durch Verbindungen
erreicht, die das Faktor IXa-Bindungsmotiv der Faktor VIII-A3-Domäne umfassen, aber auch
eine substantielle Bindung an nicht ktivierten Faktor IX zeigen. Aufgrund ihrer einzigartigen
Spezifität für den intrinsischen Gerinnungsweg haben die Faktor IX-Bindungspeptide der
vorliegenden Erfindung besonderen Nutzen in pharmazeutischen Zusammensetzungen für die
Behandlung thrombotischer Erkrankungen.
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Ein Fachmann auf diesem Gebiet wird leicht verstehen, dass die vorliegende Erfindung
zur Durchführung der Aufgaben und zur Erreichung der Ziele und der erwähnten Vorzüge wie
auch den darin enthaltenen Vorzügen leicht angepasst wird. Die Verbindungen, Verfahren und
Zusammensetzungen, die hier beschrieben sind, werden als Beispiele bevorzugter
Ausführungsformen dargestellt. Diese sind beispielhaft und sollen den Schutzumfang der vorliegenden
Erfindung nicht beschränken. Modifikationen daran und andere Verwendungen werden dem
Fachmann auf diesem Gebiet einfallen und sollen im Schutzumfang der beigefügten Ansprüche
enthalten sein.