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Verfahren zur Druckhydrierung von Steinkohle Es ist bekannt, daß Steinkohle
unter hohem Wasserstoffdruck bei Temperaturen, welche über 400 ' liegen, aber bei
gewissen Kohlen bis nahezu 5oo° gesteigert werden müssen, zum Teil in flüssige oder
lösliche Produkte übergeführt wird. Es ist ferner bekannt, daß dieser Prozeß hinsichtlich
der Ausbeute günstig beeinflußt wird, wenn man der Kohle Öle zusetzt, welche die
Rolle eines Verteilungs- und Wärmeausgleichsmittels spielen, wobei sie in gewissen
Fällen gleichzeitig dem Vorgang der Druckhydrierung und Spaltung unterworfen sind.
Die für diesen Zweck vorgeschlagenen Teer-oder Mineralöle gehen hierbei teils in
niedriger, teils in höher siedende ölige Erzeugnisse über, ohne indessen auf die
Zusammensetzung der Hydrierungs- und Spaltprodukte der Kohle einen erkennbaren Einfluß
auszuüben.
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Es wurde gefunden, daß der Verlauf der Druckhydrierung der Kohle sowohl
qualitativ wie quantitativ sich wesentlich anders gestaltet, wenn man der mit Wasserstoff
unter hohem Druck und bei hoher Temperatur zu behandelnden Kohle Tetrahydronaphthalin
zusetzt, welches in diesem Falle nicht allein als Verteilungs-und Wärmeausgleichsmittel,
sondern auch innerhalb eines Temperaturbereiches, in welchem es selbst aufgespalten
zu werden beginnt, als Wasserstoffüberträger wirkt. Der auf diese Weise erzielte
technische Erfolg besteht einerseits in einer Herabsetzung der Reaktionstemperatur,
andererseits in einer wesentlichen Erhöhung der Ausbeute an flüssigen und löslichen
Produkten, endlich auch in einer Steigerung der relativen Mengen derjenigen Anteile,
welche vermöge ihres niedrigen Siedepunktes als Motorentreibstoffe besonders wertvoll
sind.
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Die Anwendung einer hydrierten organischen Verbindung als wirksame
Zusatzsubstanz bei Hydrierungen ist in der französischen Patentschrift 618 490 vorgeschlagen
worden. Es wird dort gezeigt, daß man die Hydrierung schwer hydrierbarer Ausgangsstoffe
dadurch fördern kann, daß man der beabsichtigten Reaktion organische Hydrüre zufügt.
Verwiesen ist nur auf die Anwendung von Hydrierungsprodukten des Anthracens bzw.
von Anthracen selber.
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Im Gegensatz hierzu sieht das angemeldete Verfahren der Druckhydrierung
von Steinkohle die Benutzung von Tetrahydronaphthalin als fördernde Zusatzsubstanz
vor, das seiner chemischen Zusammensetzung nach zwar auch eine Hydroverbindung eines
aromatischen Kohlenwasserstoffes ist, seinem Verhalten nach aber niemals als ein
organisches Hydrür im Sinne des französischen Patentes anzusehen ist.
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In den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft, Band 57, Seite
2olo (192q.), wird
ausgeführt, daß die Reduktion des- Anthracens
mit großer Geschwindigkeit vor sich ginge, sobald sie einmal in Gang gebracht sei.
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Von Naphthalin ist hinsichtlich seines Üb.w, ganges in Tetrahydronaphthalin
nirgends liches behauptet worden. Alles, was bekanntriä;y hebt die schwere Hydrierbarkeit
dieses Kohle r y wasserstoffes hervor.
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Während das- zugesetzte Anthracenhydrür zunächst noch einer Weiterhydrierung
unterliegt, wird die nachfolgende Wasserstoffabgabe zum Teil bis zum Anthracen selbst,
zum größten Teil nur zu den nächstniedrigeren Hydrierungsprodukten, etwa einem Gemisch
von Hexa- und Tetrahydroanthracen, führen. Durch diese recht mannigfach und in großer
Menge vor sich gehende fließende Bildung und Rückbildung labiler Hydrierungsprodukte
kann molekularer Wasserstoff übertragen werden.
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Bei der Verwendung von Tetrahydronaphthalin als Zusatzsubstanz tritt
weder eine Weiterhydrierung ein, noch findet unter den Bedingungen der Hydrierung
der Steinkohle eine nachweisbare Dehydrierung statt. Das Tetrahydronaphthalin spielt
demnach praktisch die Rolle eines echten Katalysators, dessen Wirksamkeit man -
wenigstens theoretisch - so charakterisieren kann, daß die Geschwindigkeit seiner
Wasserstoffabgabe gleich ist der Geschwindigkeit der Wasserstoffaufnahme des dehydrierten
Körpers.
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In der amerikanischen Patentschrift 1342 79o ist bereits vorgeschlagen
worden, die Druckhydrierung von Kohle in Gegenwart von Naphthalin, Anihracen, Teeröl,
Pech usw. als Verteilungsmittel (Seite i, Zeile 42) vorzunehmen. Nirgends findet
sich jedoch ein Vermerk darüber, daß hydrierte Stoffe eine Förderung der Reaktion
durch Wasserstoffübertragung bewirken sollen. In dieser Hinsicht wird von den Zusatzsubstanzen
nur erwartet; daß sie die Hydrierungsreaktion nicht beeinträchtigen, und sie dienen
lediglich zum Ableiten von Reaktionswärme, um Überhitzungen und Koksbildungen zu
vermeiden.
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Beispiel Erhitzt man Gasflammkohle nach Vorpressen von Wasserstoff
auf iio Atm. mehrere Stunden lang auf 42o bis 425 °, wobei der Druck im Innern des
mit einem Rührwerk versehenen Gefäßes auf 26o Atm. ansteigt, so erhält man nach
dem Erkalten und Ablassen des Druckgases eine dicke, mit festen, kokigen Anteilen
>f;ndchsetzte Paste, aus welcher 30% der ein- |
ten Kohle an flüssigen und löslichen An- |
zu isolieren sind. Neben diesen finden |
(;sich'` T 48% -unaufgeschlossene Restkohle vor, und 220/, der Füllung sind in gasförmigen
Zustand übergegangen.
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Wird unter genau den gleichen Arbeitsbedingungen dieselbe Kohle unter
Zusatz der gleichen Menge schweren Steinkohlenteeröls der Druckhydrierung unterworfen,
so besteht das Druckspältungsprodukt aus einer mit kokigen Anteilen durchsetzten,
halbflüssigen Masse, aus welcher 54% ölige und lösliche Anteile neben 36% Restkohle
erhalten werden. Der Vergasungsverlust beträgt =2%.
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Ersetzt man abermals unter den gleichen Versuchsbedingungen das Teeröl
durch Tetrahydronaphthalin, so erzielt man einen dünnflüssigen, nur noch geringe
Mengen fein verteilte, feste Bestandteile enthaltenden Aufguß, welcher bei der Aufarbeitung
neben io0/, Restkohle und io% Vergasungsverlust 8o0/, der eingesetzten Kohlenmenge
an löslichen und - flüssigen Bestandteilen-ergibt. Bei dem'zweiten und dritten der
beschriebenen Versuche wurden in der Berechnung der Ausbeute die durch Druckhydrierung
der zugesetzten Öle unter den gleichen Versuchsbedingungen entstehenden Anteile
in Abzug gebracht.
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Aus dem Vergleich der drei Versuche ergibt sich zunächst, daß im Falle
I und II die Reaktionstemperatur zu niedrig gewählt ist, daß diese dagegen im Falle
III bereits genügt, die Kohle fast vollständig aufzuspalten.
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Vergleicht man ferner die Siedegrenzen der flüchtigen Bestandteile
bei den drei Versuchen, so findet man, daß in Versuch I bis Zoo ° 160/0, in Versuch
II io%, in Versuch III 280/, übergehen. Andererseits beträgt der Gehalt an festen,
im Vakuum bis 300' nicht flüchtigen, pechartigen Bestandteilen bei Versuch
I 17%, bei Versuch 1I 16%, bei Versuch III 9,5%.