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Verfahren zum enzymatischen Aufschließen von genuinen Eiweißstoffen
der zur Herstellung von Maischen dienenden eiweißreichen pflanzlichen Rohstoffe
Für die Ernährung aller Gärungsorganismen ist die Stickstoffquelle von ganz besonderer
Wichtigkeit, da einerseits die Stickstoffquelle die Eiweißbildung in den Organismen
bedingt, anderseits das Ausmaß der Vergärung der in der Maische dargebotenen stärke-
oder zuckerhaltigen Bestandteile in erster Linie von der Ausgiebigkeit und Resorbierbarkeit
der als Stickstoffquelle gebotenen Eiweißstoffe abhängt.
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Eine Anzahl von stärke- oder zuckerhaltigen Maischstoffen enthalten
nur so geringe Mengen an Eiweißstoffen, daß der zu vergärenden Maische eiweißhaltige
Zusätze auch aus maischfremden Stoffen geboten * werden müssen. Hingegen gibt es
eine Reihe von Maischstoffen, wie insbesondere die bei der Verarbeitung pflanzlicher
Rohstoffe anfallenden Abfallprodukte, die nicht nur wegen ihres etwaigen Gehaltes
an Stärke und anderen Nährstoffen, sondern besonders wegen ihres hohen Gehaltes
an genuinem (nativem) Eiweiß einen wertvollen Rohstoff für Maischen darstellen.
Solche eiweißreiche pflanzliche Rohstoffe sind beispielsweise Sojabohnenschrot,
Weizenkleie, Roggenkleie, Reisfuttermehl, Malzkleie, Ölkuchen u. dgl.
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Es sind bereits eine Reihe von Verfahren vorgeschlagen worden, um
das in eiweißreichen pflanzlichen Rohstoffen enthaltene Eiweiß aufzuschließen und
auf diese Weise den Gärungsorganismen zugänglich zu machen. Denn die in den Rohmaterialien
enthaltenen genuinen (nativen) Eiweißstoffe können ja bekanntlich von den meisten
Gärungsorganismen nicht direkt resorbiert werden, sie müssen erst über die Albumosen
zu Peptonen, schließlich zu Amiden und leicht resorbierbaren Aminosäuren abgebaut
werden, um in den Stoffwechsel der Organismen eintreten zu können.
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Für den Aufschluß der Eiweißstoffe pflanzlicher Rohstoffe sind bisher
folgende Vorschläge gemacht worden: a) Abbau des Eiweiß durch Säuren oder Alkalien
bei gewöhnlichem oder bei erhöhtem Druck, b) Abbau durch Pilze oder Bakterien, welche
proteolytische Enzyme hervorbringen, c) Abbau durch pflanzliche proteolytische Enzyme,
z. B. Papain, oder proteolytische Enzyme des Malzes und schließlich d) Abbau durch
tierische Enzyme, z. B. Pepsin und Pankreatin.
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D ie Verarbeitung stickstoff reicher Rohstoffe zur Herstellung von
Hauptmaischen oder zur Herstellung stickstoffreicher Zusatzmaischen erfolgte bisher
in der gleichen Weise wie die Verarbeitung der vorerwähnten stärke- oder zuckerhaltigen
Stoffe, die an sich eine für den nachfolgenden Gärungsvorgang zu geringe Menge an
Eiweißstoffen besitzen. Bei der Verarbeitung jeglicher Rohstoffe für Maischzwecke
wurde bisher die Maische
durchwegs einer Erhitzung bei hohen Temperaturen
(über So bis i5o° C) unterworfen, wodurch vorhandene Stärke verkleistert und die
Maische zwecks Vermeidung von Fehlgärungen und wilden Gärungen von unerwünschten
Bakterien und Pilzen befreit,' wurde. Dann erst wurde gegebenenfalls eines der vorstehend
angeführten Verfahren zum" hydrolytischen oder enzymatischen. Aufschließen der Eiweißstoffe
in Anwendung gebracht.
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Eingehende Untersuchungen haben jedoch gezeigt, daß bei allen bisher
bekanntgewordenen Verfahren nur ein Teil der im Rohmaterial enthaltenen genuinen
tiweißstoffe in die Maische als resorbierbarer Stickstoff eingeht, während der restliche
Teil beim Abläutern der Würze mit den Trestern verlorengeht. Der Grund für diesen
in der Praxis sehr fühlbaren übelständ ist in folgendem zu suchen: Während das Eiweiß
im nativen Zustande in Wasser leicht in kolloidale Lösung übergeht und in dieser
Verteilungsform der Hydrolyse bzw. dem enzymatischen Abbau gar keine Hindernisse
entgegensetzt, läßt sich das in feste Klumpen zusammengeballte koagulierte Eiweiß
nur sehr schwer und sehr langsam aufschließen, da die hydrolytisch bzw. enzymatisch
wirkenden Stoffe -nur an der verhältnismäßig sehr geringen Oberfläche der geronnenen
Eiweißklumpen Angriffspunkte finden. Beim nativen Eiweiß ist naturgemäß das Eindringen
dieser Stoffe zwischen die lockeren, verschieblich gelagerten Moleküle des Eiweiß
und die Anlagerung von Wasser sehr leicht möglich, da das Eiweiß in dieser Form
eine sehr große Oberfläche besitzt.
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Da ferner der Koagulationspunkt der Eiweißstoffe bei 70° C liegt und
bisher bei der Verarbeitung pflanzlicher Rohstoffe für Maischzwecke die Maische
aus den vorgenannten Gründen immer vorerst einer Erhitzung weit über diesen Koagulationspunkt
unterworfen und dann erst der Eiweißabbau durchgeführt wurde, gelangten bei allen
bisher bekanntge-,vordenen Verfahren die eiweißabbauenden Stoffe nur auf ein koaguliertes
Eiweiß zur Einwirkung, wodurch ein vollständiger Aufschluß von vornherein unmöglich
ist.
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Säuren oder Alkalien können koaguliertes Eiweiß bekanntlich nur
'sehr langsam aufschließen. Es wäre sowohl aus fabrikationstechnischen Gründen
wie auch aus Gründen biochemischer Natur ganz unmöglich, diese Stoffe so lange einwirken
zu lassen, bis ein wesentlicher Teil der Eiweißstoffe abgebaut ist, ganz abgesehen
davon, daß auf diese Weise ein quantitativer Abbau überhaupt unmöglich wäre. Auch
der Abbau durch Pilze oder Bakterien, welche bei der Gärung proteolytische Enzyme
hervorbringen, geht außerordentlich langsam (tage- und wochenläiig) und unvollständig
vor sich und erford@rf eine sehr sorgfältige und langwierige 1$ehandlung. Außerdem
werden wertvolle Bestandteile der Maische nicht nur von den eingeimpften Pilzen
und Bakterien, sondern auch durch die bei dem tagelangen Stehen der Maische unvermeidlichen
wilden Gärungen aufgezehrt. Auch pflanzliche proteolytische Enzyme wirken nicht
nur viel zu langsam, sondern wären auch viel zu teuer, da unverhältnismäßig große
Malzmengen erforderlich wären, um das vorhandene geronnene Eiweiß aufzuschließen.
Selbst die sehr stark wirkenden tierischen Enzyme, wie Pepsin und Pankreatin, schließen
das koagulierte `Eiweiß nur sehr langsam auf, so daß auch hier durch allzu langes'
Stehen der Maische die Gefahr von Fehlgärungen und wilden Gärungen eintreten würde.
Daher kann mit Hilfe aller dieser bekannten Verfahren auch bei noch so sorgfältiger
Durchführung immer nur ein Teil der im Rohstoff enthaltenen -Und durch das Kochen
koagulierten Eiweißstoffe aufgeschlossen werden, während ein sehr großer Anteil
mit den Trestern verlorengeht.
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Die vorliegende Erfindung hat sich nun die Aufgabe gestellt, ein Verfahren
zu schaffen, das eine restlose Aufschließung der genuinen Eiweißstoffe pflanzlicher,
für Maischzwecke dienender Rohstoffe gestattet. Die Erfindung geht hierbei von der
Erkenntnis aus, daß die Lösung dieser Aufgabe nur gelingen kann, wenn das bisher
unbedingt eingehaltene hohe Erhitzen bz-,v. Kochen der Maische vor dem nachfolgenden
Aufschließen der Eiweißstoffe vermieden wird, also die genuinen Eiweißstoffe direkt
aufgeschlossen werden und. wenn das Aufschließen mit Mitteln durchgeführt wird,
die auch bei niederen Temperaturen sehr rasch und energisch wirken. Von allen bekannten
Mitteln haben sich für die Zwecke der vorliegenden Erfindung ausschließlich die
eiweißabbauenden pankreatischen Enzyme als brauchbar erwiesen. Das neue Verfahren
zum restlosen Aufschließen der in den eiweißreichen pflanzlichen Rohstoffen enthaltenen
genuinen Eiweißstoffe benutzt daher das an sich bekannte enzymatische Aufschließen
mit pankreatischen Enzymen und kennzeichnet sich im wesentlichen dadurch, daß die
eingemaischten pflanzlichen Rohstoffe, noch bevor sie Temperaturen vom Koagulationspunkt
der Eiweißstoffe (etwa 7o° C) oder darüber ausgesetzt worden sind, einer enzymatischen
Behandlung ihrer Eiweißstoffe mit eiweißabbauenden pankreatischen Enzymen unterworfen
werden, worauf dann erst die Behandlung
der Maischen in üblicher
Weise erfolgt. Da der optimale Wirkungsgrad der pankreatischen Enzyme bei Temperaturen
von ungefähr 4o° C und bei einer Wasserstoffionenkonzentration von PH 7-8 liegt,
werden vorzugsweise diese Bedingungen bei der Durchführung des vorliegenden Verfahrens
eingehalten.
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Es war nicht vorauszusehen, daß es trotz der gegen jegliche fachtechnische
übung unterlassenen hohen- Erhitzung der Maische (weit über den Koagulationspunkt
von Eiweiß) gelingen kann, die Eiweißstoffe bei niederen Temperaturen, also im genuinen
Zustande, restlos und in wenigen Stunden abzubauen, ohne daß eine Schädigung der
Maische eintritt. Etwaige doch vorkommende störende Fehlgärungen können gegebenenfalls
vor der erfindungsgemäßen enzymatischen Behandlung durch Pasteurisieren des Rohmaterials
(bei etwa 6o° C), durch Verwendung konzentrierter Maischen und Verwendung hoher
Aufschlußtemperaturen, der nur sehr wenige Organismen gewachsen sind, in an sich
bekannter Weise vermieden werden.
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Die durch das neue Verfahren erzielte überraschende Wirkung ist um
so höher zu werten, als die eiweißreichen pflanzlichen Rohstoffe gerade wegen ihres
hohen Eiweißgehaltes verhältnismäßig teuer sind, weshalb eine restlose Ausnutzung
gerade dieser Eiweißstoffe ein volkswirtschaftlich wichtiges Bedürfnis befriedigt.
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Es ist bereits mehrfach vorgeschlagen worden, verschiedene maischfremde
Eiweißstoffe enzymatisch aufzuschließen und als Zusätze zu Maischen zu verwenden.
Solche Stoffe bestehen entweder an sich schon aus koaguliertem Eiweiß oder werden
zwecks Sterilisierung so hoch erhitzt, daß das vorhandene Eiweiß koaguliert. Es
ist auch vorgeschlagen worden, der Maische Eiweißspaltungsprodukte, wie z. B. Aminosäuren,
zuzusetzen, die auf irgendwelchem Wege gesondert außerhalb der Maische hergestellt
wurden. Demgegenüber besteht das Wesen der vorliegenden Erfindung in dem bestimmten
Verfahren zum restlosen Aufschließen der genuinen Eiweißstoffe derjenigen eiweißreichen
pflanzlichen Rohstoffe, die, wie z. B. Kleie u. dgl., auch sonst für die Herstellung
von Maischen schon wegen ihres 'etwaigen Gehaltes an Kohlehydraten und sonstigen
Nährstoffen allgemein Verwendung finden und zu diesem Zwecke immer einer Erhitzung
weit über den Koagulationspunkt des Eiweiß unterworfen wurden, bevor man die Eiweißstoffe
aufschloß.
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Ein kleiner Zusatz pflanzlicher oder tierischer Kohlen, insbesondere
aber von Aktivkohlen, hat sich bei der enzvmatischen Behandlung der eiweißhaltigen
Rohstoffe gemäß der vorliegenden Erfindung als beschleunigendes.Mittel erwiesen;
auch bei der folgenden Vergärung wirkt die beigegebene Kohle bekanntermaßen als
willkommener Katalysator.
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Beispiel i ioo g Sojabohnenschrot werden in iooo ccm Wasser, welches
durch Zusatz von Södalösung alkalisch (PH = 7,5) gemacht wurde, etwa i Stunde auf
6o° C erwärmt, dann auf 4o° C abgekühlt und nach Hinzufügung von i g Pankreatin
so lange unter Umrühren auf dieser Temperatur belassen, bis der gewünschte Abbau
des Eiweiß erreicht ist. Die jeweilige Stufe desselben läßt sich durch die bekannten
Reaktionen prüfen. Diese Zusatzmaische wird nun der Hauptmaische als Stickstoffquelle
für die Vergärung zugegeben und wirkt überdies nach Einstellung der Maische auf
das erforderliche PH von 5 bis 6 infolge ihres Amylasegehaltes verzukkernd auf etwa
vorhandene stärkehaltige Bestandteile der Hauptmaische. Die Hauptmaische wird sodann
in üblicher Weise weiterbehandelt.
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Beispiel 2 ioo g Malzkeime werden fein gemahlen und in etwa iooo ccm
Wasser unter Erwärmung bis etwa 6o° eingemaischt. Durch Zusätze von Alkali wird
die Maische auf eine Wasserstoffionenkonzentration von pH etwa 7,2 bis 7,5 gebracht
und bei einer Temperatur von etwa q.o° unter Zusatz von i g Pankreatin so lange
digeriert, bis der erwünschte Abbau der in den Malzkeimen enthaltenen Proteine erfolgt
ist. Die Maische wird hierauf sterilisiert und kann als stickstoffreicher Zusatz
den Hauptmaischen zugefügt werden.
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Die beispielsweise aus der Bierbrauerei und verwandten Industrien
bekannte Einwirkung der im Malz enthaltenen Malzpeptase auf die Eiweißstoffe der
zu viermaischenden Rohmaterialien ist viel zu gering, um die vorgenannten Wirkungen
auch nur annähernd zu erzielen. Bei den in der Bierbrauerei in Betracht kommenden
Malzpeptasemengen und bei der sehr langsamen Einwirkung dieser Malzpeptase auf Eiweißstoffe
kann nur ein geringer Bruchteil der mit den Rohstoffen in die Maische eingebrachten
Eiweißstoffe durch die vorhandene Malzpeptase abgebaut werden. Der überwiegende
Teil der Eiweißstoffe wird in der Bierbrauerei durch das Erhitzen der Maische koaguliert
und bleibt beim Filtrieren zurück. Gegebenenfalls setzt man der klaren Würze noch
peptasereiche Malauszüge zu, um den geringen Anteil an bereits gelösten Eiweißstoffen-,
die Slie Würze noch enthält, weiter
abzubauen. Diese nachträgliche
Peptonisierung erfolgt jedoch nur zur,-Jelung völlig glutinfreier Biere.
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Obgleich es schon lange bekarif`war, daß eiweißreiche pflanzliche
Rohstoffe, insbesondere die bei der Verarbeitung pflanzlicher Rohstoffe anfallenden
pflanzlichen Abfallprodukte, wertvolle Eiweißstoffe und auch andere wertvolle Produkte,
wie z. B. Vitamine, enthalten und obgleich die Verwendung von Enzymen für den Aufschluß
von Eiweißstoffen in vielfacher Weise für Anreicherung einer Maische mit Stickstoff
vorgeschlagen wurde, ist bisher kein Verfahren bekanntgeworden, welches die restlose
Aufschließung und Äusnutzung der genannten Eiweißstoffe in ihrer genuinen Form in
der Weise ermöglicht, daß ohne vorhergehende Koagulation leicht und vollständig
resorbierbare Abbauprodukte erhalten werden. Das vorliegende Verfahren arbeitet
also im Gegensätze zu allen bisher bekanntgewordenen Verfahren unter vollständiger
Ausnutzung der genuinen Eiweißstoffe und unter Schonung aller für die Ernährung
der Gärungsorganismen wichtigen Bestandteile des Eiweiß und auch der anderen in
den pflanzlichen Abfallstoffen enthaltenen natürlichen Stoffe, wie z. B. der Vitamine.