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Schneff-Lackierverfahren Die Herstellung einer aus mehreren Einzellagen
bestehenden Anstrichschicht auf Basis von Ölprodukten ist deshalb ziemlich zeitraubend,
weil normalerweise ein neuer Auftrag immer erst dann vorgenommen werden kann, wenn
die vorhergehende Filmlage weitgehend genug durchgetrocknet ist, um die Gefahr einer
Vermischung der Anstrichstoffe auszuschalten. Von dieser Arbeitsregel kann man auch
schon deshalb nicht ohne weiteres abgehen, weil fast immer die einzelnen Filmlagen
aus verschiedenartig zusammengesetztem Material hergestellt werden bzw. vor allem
auch unterschiedliche Tönungen aufzuweisen pflegen. Tatsächlich ist man denn von
der angedeuteten Norm auch nur dann abgewichen, wenn bestimmte Sondereffekte, z.
B. keramische Imitationen usw., erzielt werden sollten.
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Es ist nun bekanntgeworden, daß unter gewissen Umständen Anstrichschichten
auf Ölbasis auch im feuchten Zustand übereinandergelegt werden können, ohne daß
die unter gewöhnlichen Verhältnissen bestehende Neigung zur gegenseitigen Vermischung
in Erscheinung tritt. Erforderlich ist dabei, daß die noch feuchte Anstrichschicht
bereits ein so gesteigertes Maß an Kolloidität aufweist, wie es sonst regulär erst
bei normaler Trocknung erworben wird. Als geeignetes Mittel zur entsprechenden Erhöhung
der Kolloidität hat sich dabei die Faktisierung erwiesen; weiterhin ist aber auch
vorgeschlagen, den Bindemitteln Zusätze an queilbaren Seifen zu machen.
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Die Möglichkeit, Produkte auf Ölbasis gegebenenfalls ohne Gefährdung
des Gesamteffektes feucht übereinanderlegen zu können, bedeutet vor allem deshalb
einen erheblichen' Zeitgewinn, weil die einzelnen Aufträge innerhalb verhältnismäßig
kurzer Zeit (etwa 2o bis 3o Minuten) erfolgen können. Herstellung und Trocknung
der Gesamtschicht erfordern also nicht wesentlich mehr Zeit, als man früher jeder
einzelnen Filmlage zubilligen mußte.
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Die volle Ausnutzung der hierin liegenden Vorteile setzt nun voraus,
daß die zwecks entsprechender Steigerung der Kolloidität anzuwendenden Maßnahmen
möglichst einfache sind und vor allem auch die Wähl der Bindemittel nicht beschränken.
Diesen Voraussetzungen entsprechen die bislang gemachten Vorschläge nur bedingt,
weshalb es zweifellos wichtig ist, daß man das angestrebte Ziel in völliger Unabhängigkeit
vom jeweiligen Bindemittel und ohne besondere Präparation oder spezielle Zusätze
einfach durch eine sinngemäße Variation der Verhältnisse zwischen Filmbildner und
Verdünnungsmittel bzw. Pigmentanteil erreichen kann. Als Maß für das jeweilige Mengenverhältnis
bzw. den. damit verbundenen und entsprechend gesteigerten Kolloiditätsgrad können
dabei die sogenannten
Verlauferscheinungen herangezogen werden.
Am einfachsten erfolZt die Beurteilung dabei durch Verstreichen mit dem Pinsel und
Beobachtung des Verlaufes des Aufstriches. Sobald das System sich eben noch verstreichen
läßt und die Pinselspuren gerade noch sichtbar bleiben bzw. nicht mehr unmittelbar
verschwinden, liegt eine so gesteigerte Kolloidität vor, wie sie für das übereinanderlegen
der Einzelschichten im feuchten Zustand und im Wege des Spritzauftrages erforderlich
ist.
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Die Herstellung von für einen Schnellauftrag auf dieser Basis verwendbaren
Produkten erfolgt im Grunde genommen in genau gleicher Weise, wie dies für normale
Anstrichmittel auf ölbasis bekannt und üblich ist. Denn der einzige, allerdings
auch. maßgebliche Unterschied besteht ja darin, daß sonst die Verlaufsfähigkeit
durch entsprechende Vermehrung von Bindemittelanteil bzw. Lösungsmittelanteil möglichst
gesteigert wurde, während sie jetzt eine bewußte Beschränkung erfährt. Wenn das
gleiche Prinzip hin und wieder unabsichtlich zwecks Herrichtung von Anstrichprodukten
für den Spritzauftrag befolgt sein mag, so war doch nicht zu erwarten, daß entsprechende
Systeme eine allen sonstigen Erfahrungen direkt zuwiderlaufende Art der Verarbeitung
beim Aufbau von Mehrschichtensystemen zulassen würden.
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Hinzuweisen ist darauf, daß' trotz der verminderten Verlauffähigkeit
der Produkte die im Wege des Spritzauftrages feucht übereinandergelegten Schichten
eine völlig glatte Fläche aufweisen. Die Ursache hierfür liegt darin, daß der Spritzdruck
die Kolloidität bzw. die davon abhängige Verlauffähigkeit vorübergehend mindert.
Im übrigen kann man die Verarbeitbarkeit der Produkte auch noch in anderer Weise
beeinflussen, z. B. durch Rühren, entsprechende Vorwärmung usw. Mit früheren Vorschlägen
haben solche Arbeitsvarianten nichts - zu tun, was schon daraus hervorgeht, daß
eine Verarbeitungsfähigkeit von Produkten der hier vorgeschlagenen Art im Wege eines
Schnellauftrages bzw. unter Übereinanderlegung der Einzelschichten im feuchten Zustand
nicht für möglich erachtet ist. Vielmehr hat man Vermischuligserscheinungen bzw:
auch schlechte Verbindung der Einzelschichten untereinander bzw. auch Unregelmäßigkeiten
der Oberfläche der fertigen Lackierung usw. als unvermeidliche Fehler angesehen,
was indes bei richtiger Ausführung alles gar nicht zutrifft.
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Als Bindemittel haben sich alle üblichen ölprodukte bzw. ölpräparate
als geeignet erwiesen, d. h. also Firnisse, Standöle, geblasene öle, Kombinationen
von fetten Ölen mit Harzprodukten bzw. auch Celluloseestern usw. Es sind also besondere
und aus dem Rahmen des Normalen herausfällende Präparationen der Bindemittel, wie
Faktisierung oder Quellung mittels Seifenzusätze, ;völlig entbehrlich, was nicht
nur die Herstellung der Produkte vereinfacht,. sondern auch andere Vorteile bietet,
wobei vor allem an die besonderen anstrichtechnischen Qualitäten der Standöle zu
denken ist.
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Was die im Einzelfall anzuwendenden Mengen der Komponenten . betrifft,
d. h. also das Verhältnis zwischen Filmbildner bzw. Pigmenten und Füllstoffen und
flüchtigen Lösungs- bzw. Verdünnungsmitteln; so lassen sich, darüber feststehende
ziffernmäßige Angaben nicht machen. Die Ursache hierfür ist die gleiche,- die auch
eine absolute Festlegung der, Ziffern von Rezepturen normaler Produkte verhindert
und die Einführung von Toleranzen erfordert. Sie beruht auf der ungleichmäßigen
physikalischen und vor allem auch kolloidalen Beschaffenheit der Rohstoffe bzw.
der daraus herstellbaren Systeme. Die in den folgenden Beispielen enthaltenen ziffernrnäBigen
Angaben sind also nur als ungefähre -anzusehen, - die' gegebenenfalls eine Änderung
erfahren müssen. Eilte besondere Erschwerung ist hierin selbstredend nicht zu erblicken,
da die sonst gegebenen Kriterien, wie Art des Verlaufes bzw. Verhalten beim Pinselauftrag,
jedem Fachmann geläufig sind. Beispiel i A) Grundfarbe 3o Teile Zinkweiß, 3o Teile
Ocker werden mit 35 Teilen eines Bindemittels aus 2o Teilen Leinölstandöl und 3o
Teilen Leinölfirnis zu einer Paste angerieben, welche mit 12 Teilen einer Mischung
von 3 Teilen Leinölfirnis und 9 Teilen Benzin fertiggemacht wird.
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B) Lackfarbe 3o Teile Eisenoxydrot werden mit 2o Teilen Leinölstandöl-Holzölstandöl-Firnis
zu einer Paste angerieben und hierauf mit weiteren 3o Teilen des gleichen gemischten
Firnisproduktes und 2oTeilen Benzin versetzt.
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Für den praktischen Gebrauch verspritzt man zunächst unter Anwendung
eines überdruckes von 2 bis 3 Atmosphären (Luftzerstäubung) die Grundfarbe A in
normal dicker Schicht auf Holz oder Eisen. Nach i o bis 2o Minuten legt man auf
diese noch völlig nasse Grundfarbschicht einen Auftrag der Farbe B, womit die Lackierung
beendet ist. Die Trocknung des kombinierten Systems erfolgt innerhalb weniger Stunden
unter einwandfreier Verbindung der Grundschicht mit dem Untergrund bzw. von Grund-
und -Deckschicht untereinander.
Ausdrücklich zu bemerken ist, daß
ein Querschnitt durch die Gesamtschicht nicht die geringste Neigung einer Vermischung
der gelben Grundschicht und der roten überzugsschicht erkennen läßt.
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Beispiel e A) Grundfarbe i oo Teile Zinkweiß werden mit 5 5 Teilen
Leinölfirnis und i o Teilen Benzin in an sich bekannter Weise vermischt.
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B) Zwischenfarbe 5o Teile Zinkweiß und ; o Teile eines an der Verlaufgrenze
befindlichen Kopal-Leinölstandöl-Lackes mit einem Verhältnis von Harz : Öl :Verdünnung
wie i : i : i werden in an sich bekannter Weise vermischt, worauf noch i o Teile
Benzin zugesetzt werden.
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C) Deckanstrich io Teile Nitrowolle (mittelviscos), 2o Teile präparierter
Dammar, 15 Teile geblasenes Holzöl, i o Teile Leinöl und i 5 Teile geblasenes Rizinusöl
werden unter Mitverwendung von 7o Teilen einer Mischung aus Essigester und Butylacetat
(2 : i) und 4o Teilen Toluol in an sich bekannter Weise zu einem Lack vereinigt,
der sich im entsprechend hochkolloidalen Zustand befindet, um ohne weiteres auf
die feuchte Vorschicht gespritzt werden zu können.
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Zur praktischen Anwendung `spritzt man zunächst das Grundprodukt A
z. B. auf Holz, läßt dann nach 10 bis 20 Minuten einen Spritzauftrag des
Zwischenproduktes B folgen und beendet den Lackierungsvorgang nach weiteren i o
bis 2o Minuten durch einen Spritzauftrag des transparenten Decklackes C.
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Das Ergebnis ist eine in sich vollkommen zusammenhängende und in normaler
Weise durchtrocknende Gesamtschicht von emailartigem Charakter, die fest am Untergrund
haftet.