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Verfahren zur photographischen Nachbildung von Strichzeichnungen,
Druckschriften u. dgl. durch Bildumkehrung. Bei der photographischen Wiedergabe
von Strichzeichnungen, Druckschriften u. dgl. hat man es von jeher, insbesondere,
wenn nur wenige Abzüge benötigt wurden, als einen großen Mangel empfunden, daß zur
Herstellung positiver Nachbildungen ein Zwischennegativ angefertigt werden mußte.
Es sind zwar Umkehrverfahren bekannt geworden, die es ermöglichen, unmittelbar,
d. h. ohne Benutzung eines Negativs, positive Bilder herzustellen; diese Methoden
sind jedoch häufig sehr umständlich und unzuverlässig.
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Wie gefunden wurde, gelingt es auf sehr einfache und sichere Weise,
unter Belichtung in der Kamera oder im Kopierrahmen unmittelbar Positive von Strichzeichnungen
usw. zu erhalten. Das Verfahren beruht auf der an sich bekannten härtenden Wirkung
gewisser Metallsalze auf die Gelatine. Läßt man z. B. Ferrichloridlösung auf ein
Negativ einwirken, das auf einer Bromsilbergelatineplatte erzeugt wurde, so dringt
sie in die silberfreien Stellen des Negativs ein und gerbt sie (vgl. Raph. Ed. Liesegang,
Collegium 1923, S. 353). An den silberhaltigen Stellen dringt, wie Liesegang ausführt,
das Ferrichlorid langsamer ein, weil hier durch Umsetzung mit dem Silber Ferrochlorid
entsteht.
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Der Unterschied der verschiedenen Eindringungsgeschwindigkeiten des
Ferrichlorids läßt sich nun durch Zusatz von Ferricyankalium zur Ferrichloridlösung
noch steigern. Um die Oxydation des Silbers zu erleichtern, kann man noch etwas
Bromkalium zufügen.
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Läßt man die Lösung auf ein frisch entwickeltes gewässertes Negativ,
erzeugt auf einer Bromsilbergelatineplatte, kurze Zeit, ohne zu bewegen, einwirken,
so b.ldet sich sofort an den silberhaltigen Stellen in bekannter Reaktion oberflächlich
ein Niederschlag von Berlinerblau, der für kurzepZeit die Barunterliegende Schicht
vor dem Eindringen des Ferrichlorids schützt, während an,, den silberfreien Stellen
das Ferrichlorid ungehindert eindringen und seine gerbende Wirkung entfalten kann.
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Spült man nun das oberflächlich haftende Berlinerblau mit kaltem Wasser
ab, so beobachtet man ein Haftenbleiben des Berlinerblaus an den unbelichteten Stellen.
Dies ist so zu erklären:; an den silberhaltigen Stellen nur ganz locker haftende
Berlinerblau lagert sich an die benachbarten unbelichteten
Schichtstellen an, wo es durch die Gerb- und Beizwirkung des Ferrichlorids
festgehalten wird. Auf diese Weise entsteht ein positives blaues Bild auf weißem
Grunde. Das ursprüngliche Silberbild wird durch die Behandlung rebleicht; die Silbersalze
können in bekannter Weise entfernt werden.
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Da das an den unbelichteten Stellen sich ablagernde Berlinerblau von
der Oberfläche der benachbarten silberhaltigen Stellen stammt, ist es schwer, auf
größeren unbelichteten Stellen genügend Blau aus der belichteten Umgebung abzulagern.
Wenn man jedoch auf das Ferrichlorid-Ferricyankaliumbad ein Bad von geeigneter Konzentration
von Ferrocyankalium folgen läßt, bildet sich an den unbel:chtetcn Stellen beliebiger
Ausdehnung, wo Ferrichlorid in die Tiefe der Schicht eingedrungen war, Berlinerblau.
An den ursprünglich silberhaltigen Stellen, die vom ersten Bade her mit einer ferrisalzhaltigen
oberflächlichen Niederschlagsschicht von Berlinerblau bedeckt sind, wird durch das
Ferrocyankaliumbad das überschüssi-e Ferrichlorid unter Vermehrung des Berlinerblauniederschlages
augenblicklich seiner härtenden Wirkung beraubt, wodurch eine nachträgliche Härtung
dieser Stellen, die eine Beeinträchtigung der Weißen veranlassen würde, unterbunden
wird.
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In Zusammensetzung und Wirkungsweise sind die Bäder nach vorliegender
Erfindung grundsätzlich verschieden von den bekannten Eisenblau-Tonungsbädern. Die
Tonungsbäder vermeiden gerade eine Niederschlagsbildung auf und in den silberfreien
Schichtstellen, indem sie außerordentlich verdünnt angesetzt sind. Dank diesem Umstande
vollzieht sich die Umsetzung sehr langsam und bildet sich Berlinerblau nur au den
silberhaltigen Stellen, während die Weißen klarbleiben. Abgesehen von einer schwachen
Allgemeinhärtung tritt - umgekehrt wie beim vorliegenden Verfahren -gerade eine
Härtung der silberhaltigen Stellen unter Ablagerung von Berlinerblau ein. Dieser
Vorgang ist deutlich an der Reliefbildung zu erkennen, bei der die Bildstellen tief
liegen. Im weiteren Gegensatz zu den Tonungsbädern weist das für das vorliegende
Verfahren geeignete Bad eine sehr hohe Ferriionenkonzentration auf, die ausschlaggebend
ist für das Gelingen des Verfahrens. Die üblichen Tonungsbäder besitzen eine ganz
geringe Ferriionenkonzentration, indem entweder durch Zug-be von organischen Säuren
das Ferriion in ein komplexes Ion übergeführt (vgl. Sedlaczek, Tonungsverfahren
[igo6]l und so die Ferriionenkonzentration und damit die Reaktionsgeschwindigkeit
bei der Umsetzung vermindert oder gegebenenfalls von vornherein nur äußerst geringe
Ferrisalzmengen genommen werden. i I Am besten eignen sich zu dem Verfahren hart
arbeitende, ungehärtete Emulsionen von mittlerer Schichtdicke. Bei Anwendung von
Filmen oder durchsichtigem Papier zeigt -sich die Schrift oder Zeichnung, durch
den Schichtträger gesehen, seitenrichtig; auf undurchsichtigen Trägern hergestellte
Bilder nimmt man zweckmäßig mit Hilfe eines Prismas auf oder man legt die einseitig
bedruckte Vorlage, nachdem man sie mit Öl o. dgl. durchsichtig gemacht hat, verkehrt
in den Kopierrahmen.
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Das Verfahren kann beispielsweise wie folgt ausgeführt werden Die
Schicht wird, nachdem die schleierfreie Entwicklung unterbrochen wurde, gut gewässrrt.
Dann taucht man sie unter möglichster Vermeidung von Bewegung für die Dauer von
2o Sekunden in eine Lösung von iooo Teilen Wasser, ioo Teilen Ferricyankalium, 2o
Teilen Ferrichlorid; i5 Teilen Haliumbromid. Dann wird sofort unter einer Brause
abgespült, gewässert, fixiert und wieder gewässert. Oder man bringt die Schicht
aus dem Eisenbade in ein 25prozentiges Ferricyankaliumbad, spült ab und behandelt
wie oben.
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Wenn die Schicht genügend dünn ist und die Gerbung bis auf den Grund
reicht, können in warmem Wasser die ungehärteten Stellen weggewaschen werden,` worauf
die gegerbten Stellen, das sind also die Schriftstellen, nach Bedarf mit Farbstoffen
o. dgl. behandelt werden können.
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An Stelle von Eisensalzen können auch andere 1Vletallsalze verwendet
werden, welche sich analog verhalten, z. B. die Salze des Urans.
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Zur Unterstützung der härtenden Wirkung können Zusätze benutzt werden,
wie z. B. Formaldehyd oder Chinon; auch ist ein Zusatz von anderen Metallsalzen,
z. B. Uransalzen, unter Umständen zweckmäßig. Die Bildlinien können eine größere
Deckkraft erlangen durch eine Nachbehandlung, indem man z. B. das oben näher erörterte
Blaubild einem bekannten Tonungsverfahren unterwirft, etwa durch Behandlung mit
Gerbsäure. Auch die Anwesenheit von Farbstoffen, besonders Beizenfarbstoffen, im
Härtungsbade wirkt in gleichem Sinne.