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Verfahren zur Herstellung und Ausbesserung von Straßendecken Bekanntlich
werden Fahrbahndecken für Straßen und Flugstart- und -landebahnen zum überwiegenden
Teil aus Beton unter Verwendung von Zement als hydraulischem Bindemittel hergestellt.
Daneben ist die Verwendung anderer Mittel zum Binden kleinstöckiger Straßenbaustücke
bekannt. Granitsplitt, Mischungen aus Kies und Sand u. dgl. werden mit Hilfe von
Goudron, Teer oder Biturnen zu einer festen Straßendecke verarbeitet. Auch flockige,
aus einer wäßrigen Dispersion ausgefällte Kautschukniederschläge werden zum Binden
feinstöckigen Straßenbaumaterials benutzt. Weiterhin ist vorgeschlagen worden, Kunststoffdispersionen
oder mit Weichmachern versetzte Polymerisate oder auch vorkondensierte Kunstharze
als Bindemittel für den genannten Zweck zu verwenden, ohne daß die zuletzt angeführten
Verfahren bisher größere praktische Bedeutung gewonnen haben. Auf ein weiteres bereits
vorgeschlagenes Mittel zum Überziehen und Ausbessern von Oberflächen hydraulisch
abgebundener Baustoffe wird noch einzugehen sein.
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Die Nachteile, die Straßendecken der gebräuchlichen Art anhaften,
sind bekannt. Fahrbahndecken aus Beton auf der Basis eines hydraulischen Bindemittels
müssen, um einer durch Kontraktion bedingten Rißbildung entgegenzuwirken, durch
Fugen unterbrochen werden. Bei der Beanspruchung solcher Straßen durch Befahren
verdichtet sieh der Untergrund, wobei sich unter der Decke hohle Stellen bilden
können, die zu Brüchen des Betons, meist von den Fugen ausgehend, führen. Schwankungen
der Feuchtigkeit und die Auswirkungen von Kälte und Wärme sowie das Streuen von
Salzen zur Vermeidung von Glatteis führen zusätzlich zu Korrosionsschäden. - Beim
Binden des stückigen Baumaterials mit Hilfe von Bitumen u. dgl. ist die Straßendecke
zwar elastischer und kann Niveauänderungen des Untergrundes bis zu einem gewissen
Grade folgen, jedoch sind solche Straßendecken gegen Temperaturschwankungen anfällig.
Die Viskosität der genannten, die Kohäsion sichernden Bindemittel ändert sich bekanntlich
stark mit der Temperatur. -Man hat sich bisher damit abfinden müssen, daß Reparaturen
stark befahrener Straßen in gewissen Zeiträumen unvermeidlich sind.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren, das sowohl
der raschen Ausbesserung beschädigter Straßendecken dient als auch zur Herstellung
von Fahr- und Rollbahnen geeignet ist. Es besteht grundsätzlich darin, körnige Gesteinmassen,
wie Splitt, Kies, Sand u. ä., mit Hilfe polymerisierenden Methacrylsäuremethylesters
zu einer betonähnlichen Masse zu verfestigen. Als erfinderisch wird dabei geltend
gemacht, daß dem Gesteinsmaterial ein in Methacrylsäuremethylester quellbares oder
lösliches Polymerisat, insbesondere Polymethylmethacrylat, in feinverteilter Form
zugesetzt und die Masse verarbeitet wird, ehe die Polymerisatteilchen vom Monomeren
homogen durchgequollen oder in diesem gelöst sind. Man geht dabei entweder so vor,
daß der Polymeriatanteil in feinverteilter Form, z. B. als Perlpolymerisat, in das
Monomere eingebracht und danach mit dem Straßenbaumaterial vermischt wird oder daß
man zunächst das stückige Straßenbaumaterial mit dem Polymerisat mischt und zu dem
erhaltenen Feststoff gemenge die polymerisierbare monomere Flüssigkeit hinzugibt.
In beiden Fällen erfolgt die Verarbeitung des erhaltenen »Kunststoffmörtels«, ehe
die Polymerisatteilchen vom Monomeren homogen durchgequollen oder gar in diesem
aufgelöst sind. Wenn auch grundsätzlich alle in Methacrylsäuremethylester quellbaren
oder löslichen Polymerisate, z. B. Polystroh Polyvinylchlorid, Polyvinylacetat u.
dgl., für die Durchführung des neuen Verfahrens brauchbar sind, hat sich die Verwendung
von Polymethylmethaerylat oder von zum überwiegenden Teil aus Methylmethacrylat
aufgebauten Mischpolymerisaten als vorteilhaft erwiesen. Die Erhärtung des genannten
Kunststoffmörtels erfolgt in an sich bekannter Weise unter Einwirkung eines bei
normaler Temperatur wirksamen Beschleunigers bzw. Beschleunigersystems. Als besonders
vorteilhaft haben sich dabei die aus einer Per-Verbindung und aus einem tertiären
Amin aufgebauten Redoxsysteme, wie sie z. B. in der deutschen Patentschrift 975
072 beschrieben sind, erwiesen. Bei der beschriebenen Technik der Herstellung der
erfindungsgemäßen Kunststoffmörtel bietet sich an, die Per-Verbindung dem Gemisch
der
Feststoffkomponenten (mineralische Straßenbaustoffe -;- Polymerisat)
einzuverleiben und die reduzierende Komponente im monomeren Methacrylsäuremethylester
aufzulösen.
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Nach einem älteren, bereits erwähnten Vorschlag werden anorganische
Feststoffe, wie Sand, Kies u. dgl., mit der Lösung von Polymethylmethacrylat in
monomerem Methylmethacrylat und mit einer geringen Menge Wachs oder Paraffin vermengt.
Mit dem Gemisch wird die Oberfläche eines hydraulisch abgebundenen Baustoffes, z.
B. Beton oder Naturgestein, überzogen. Die Erhärtung der Masse erfolgt unter Einwirkung
eines organischen Peroxydes und eines tertiären Amins. - Das früher vorgeschlagene
Verfahren unterscheidet sich vom Gegenstand dieser Anmeldung also darin, daß im
ersten Fall die Straßenbaustoffe mit eitlem in Polymerisation befindlichen »Kunststoffsirup«
vermengt werden, während nach dem neuen Verfahren die Verarbeitung des Kunststoffmörtels
zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem Polymerisat und Monomeres praktisch »nebeneinander«
in der zur Straßenbahndecke u. dgl. erhärtenden Masse vorliegen. Obwohl die ungewöhnlich
großen Schwierigkeiten, mit einer aus einem »Kunststoffkleber« und Gesteinsmaterial
bestehenden Masse umgehen zu können, auf der Hand liegen, schien die Notwendigkeit,
diesen Nachteil in Kauf nehmen zu müssen, aus folgendem Grund unumgänglich zu sein:
Aufgabe des durch Polymerisation erhärtenden Monomeren ist das Verbinden der körnigen
Gesteinsteile zu einer Straßendecke od. ä. hoher mechanischer Festigkeit einerseits
und die Schaffung einer festen Haftung dieses Körpers auf der beschichteten Oberfläche
andererseits. Um die Viskosität des flüssigen Monomeren zu erhöhen und damit das
rasche Durchsickern durch das zu verbindende Gesteinsmaterial zu verhindern, wird
nach dem älteren Vorschlag das Monomere entweder anpolymerisiert, oder es wird in
ihm Polymerisat aufgelöst. Bei beiden wahlweise vorgeschriebenen Methoden entsteht
bekanntlich eine homogene Lösung. Zur Erzielung des festen Verbunds erschien es
unerläßiich, daß die zwischen den Gesteinsteilchen befindliche dünne Kunststoffschicht
in sich homogen sei, um der Straßenbeschichtung jene Festigkeit zu verleihen, die
z. B. der rollende Verkehr auf einer Autobahn verlangt.
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Die das erfindungsgemäße Verfahren kennzeichnende Maßnahme, nämlich
den »Kunststoffmörtel« zu verarbeiten, ehe die Polymerisatteilchen vom Monomeren
homogen durchgequollen oder in diesem aufgelöst sind, ließ die Entstehung des geforderten
festen Verbands nicht erwarten. Mit dieser Maßnahme sind die Vorteile verbunden,
daß man nicht wie gemäß dem t älteren 1 Vorschlag Z= mit einem »Kleber« arbeiten
muß, d. h. daß die Handhabung des Mörtels, und zwar besonders bei maschinellem Auftragen,
einfacher ist und daß weiterhin der Kunststoffanteil und damit die Kosten des Mörtels
geringer gehalten werden können als im Fall des ältere, Vorschlags. - Es muß als
überraschend bezeichnet werden, daß einerseits der sich lediglich an der Oberfläche
des Kunststoffteilchens abspielende Lösevorgang ausreicht, um das Durchsickern des
Monomeren durch das Gesteinsmaterial zu verhindern, und andererseits trotz der Inhomogenität
der Kunststoffphase eine für alle praktischen Belastungen ausreichende Festigkeit
der Verbindung der Gesteinsteile untereinander erzielt wird. - Es verdient hervorgehoben
zu werden, daß nach dem erfindungsgemäßen Vorgehen die zu überziehende poröse Oberfläche
in einem ausreichenden Maße vom Monomeren benetzt wird und nach beendeter Polymerisation
eine feste Verankerung zwischen Straßenbaudecke und dem Untergrund bewirkt wird.
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Zur Beschreibung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird weiterhin ausgeführt:
Das Verhältnis, in dem Methylmethacrylat und Polymerisat zur Anwendun- kommen, wird
im allgemeinen zwischen 5: 1 und 1 : 1 betragen. Für die Ausbildung einer festen,
durch eine Polymerisatschicht vermittelten Bindung der Gesteinsteile ist eine erst
nach dem Aufbringen der Masse auf den Straßenuntergrund bzw. auf die auszubessernde
Stelle der Fahrbahndecke vor sich gehende teilweise Quellun g des Polymerisats im
Monomeren anzustreben. Die Viskosität, d. h. der Polymerisationsgrad des Polymerisats,
muß auf dieses Erfordernis abgestellt sein; weil der Quellungsvorgang vor Erhärtung
der Masse in einem bestimmten Maße abgelaufen sein muß, verbietet sich die Verwendung
von ausschließlich hochpolymerem Material, z. B. die alleinige Verwendung von nach
dem Blockpolymerisationsverfahren hergestelltem und mechanisch zerkleinertem Polymethylmethacrylat
(Molekulargewicht etwa 1000000 bis 5000000), jedoch ist eine anteilige Mitverwendung
eines solchen Polymerisats neben einer mindestens gleichen oder größeren Menge an
niedrigviskosem Polymerisat, z. B. von als Suspensionspolymerisat hergestelltem
Polymethylmethacrylat (Molekulargewicht etwa 100000 bis 200000), möglich. Die Verarbeitbarkeit
bzw. das Fließverhalten der erfindungsgemäßen Mischung kann weiterhin dadurch abgewandelt
werden, daß das Polymerisat in unterschiedlichen Korngrößen zur Anwendung kommt.
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Eine weitere, eine erhebliche Verbesserung des neuen Verfahrens bedingende
Maßnahme besteht darin, in die zu erhärtende Masse ein in Wasser schwerbis unlösliches,
pulverförmiges, mineralisches Produkt, wie Kreide, Gips oder Kaolin, einzubringen.
Dieses Vorgehen bewirkt einmal eine verbesserte Haftfestigkeit zwischen dem Kunstharzbinder
und dem Gesteinsmaterial und damit eine erhöhte Haltbarkeit der erfindungsgemäß
hergestellten Fahrbahndecken. Zum anderen hat sich gezeigt, daß diese im Betonstraßenbau
bisher nicht üblichen Zusätze an der Oberfläche die Ausbildung einer hautartigen
Schicht bewirken, die den Zutritt des Luftsauerstoffs zu der in Polymerisation befindlichen
Kunstharzkomponente verhindert. Sauerstoff wirkt bekanntlich polymerisationshemmend,
so daß die Abbindezeit bei Verwendung solcher »hautbildender« Zuschläge abgekürzt
wird. - Die Fließfähigkeit und damit die Verarbeitbarkeit des erfindungsgemäßen
Gemisches wird weiterhin verbessert, wenn an Stelle von z. B. gewöhnlicher Kreide
bzw. gewöhnlichem Gips oder Kaolin eine sogenannte »hydrophobierte« Kreide od. dgl.
verwendet wird. Für die Ausbildung eines festen Verbandes zwischen den Gesteinsteilchen
ist deren Benetzung mit Methylmethacrylat ebenso bedeutungsvoll wie die Benetzung
des pulverförmigen Zuschlags mit dem Monomeren. Durch Aufbringung einer dünnen Schicht
von z. B. Zinkstearat auf das mineralische Pulver wird die Grenzflächenspannung
zwischen diesem und dem Monomeren erniedrigt, so daß eine vollständige Benetzung
des pulverförmigen »Füllstoffs« eintritt. -Pulverförmige Zusatzstoffe der genannten
Art können in unterschiedlicher Menge mitverwendet werden. Bereits bei Zusätzen
von z. B. 10/0 einer »hydrophobierten« Kreide wird eine feststellbare Änderung
im
Fließverhalten der Masse beobachtet. Der Verwendung großer Mengen,
von z. B. über 20°/o, ist aus Kostengründen eine Grenze gesetzt.
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Aus der Technik der Verklebung mit Hilfe von in Polymerisation befindlichen
Kunststoffmassen ist die Erhöhung der Haftfestigkeit solcher Kleber durch den Einbau
polarer Gruppen bekannt. Die Mitverwendung von z. B. Acryl- oder Methacrylsäure
oder einem Amid dieser ungesättigten Säuren gehört deshalb auf dem Klebegebiet zum
Stand der Technik. Die gleiche Maßnahme hat sich auch bei der Durchführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens bewährt, wobei außer den eben genannten Comonomeren die Mitverwendung
von Glykolmonoacrylat oder -methacrylat vorteilhaft ist. Mit der Erhöhung der Haftfähigkeit
ist jedoch beim Einbringen solcher hydrophiler Substanzen eine Zunahme der Wasserempfindlichkeit
verbunden, so daß sich der Zusatz solcher Stoffe nur in geringen Mengen, von z.
B. unter 3 0/0, empfiehlt.
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Von den aus der Polymerisationstechnik bekannten Maßnahmen, die Eigenschaften
der herzustellenden Kunststoffe zu variieren, können bei dem vorliegenden Verfahren
zwei, und zwar einzeln oder auch gleichzeitig, angewendet werden. Durch die Mitverwendung
solcher monomeren Verbindungen, die mindestens zwei Kohlenstoffdoppelbindungen im
Molekül aufweisen, entstehen vernetzte Polymerisate, die sich gegenüber den nicht
vernetzten Produkten durch größere Härte, aber auch durch erhöhte Sprödigkeit auszeichnen.
Als Monomere dieser Art, die ebenso wie die hydrophilen Stoffe in geringer Menge,
von z. B. 0,01 bis 0,5°/0, mitverwendet werden, seien Divinylbenzol, Triallylcyanurat,
Glykoldimethacrylat und Methacrylsäurevinylester beispielhaft genannt. -Die in gewisser
Hinsicht gegenteilige Wirkung ist mit dem Zusatz sogenannter Weichmacher verbunden.
Als Beispiel solcher Stoffe seien Phthalsäure- und Phosphorsäureester genannt. Weichmacher
können in Mengen von z. B. 0,5 bis 2,5°/0, bezogen auf die Gesamtmenge der durch
Polymerisation zu verfestigenden Masse, zugesetzt werden.
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Eine weitere Verbesserung hinsichtlich Verarbeitbarkeit und Festigkeit
der Verbindung der Gesteinsteile untereinander wird mit dem Auflösen geringer, z.
B. 0,1 bis 2,50/a (bezogen auf die Gesamtmasse) ausmachender Mengen eines chlorhaltigen
Wachses erzielt.
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Als besonders nützlich hat sich bei dem neuen Verfahren das beim Bau
von Teerstraßen übliche Vorgehen, nämlich das Aufbringen von Splitt u. dgl. auf
die noch nicht erhärtete Oberfläche, bewährt. Der Nutzen dieser Maßnahme kann darin
gesehen werden, daß durch eine solche Beschichtung durch die in die poche weiche
Masse einsinkenden Splitteilchen die sich ausbildende harte Oberfläche an sehr vielen
Stellen unterbrochen wird und bei der Aushärtung auftretende Spannungen ausgeglichen
werden.
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Für die Bedeutung des neuen Verfahrens war es von großem Wert, daß
die Verarbeitung grundsätzlich mit Hilfe der vom Straßenbau her bekannten Maßnahmen
durchgeführt werden kann. Ebenso wie bei der Herstellung von Beton das gute Durchmischen
der Gesteinsmengen mit Zement und Wasser als selbstverständlich gilt, ist die Beachtung
der gleichen Sorgfalt bei der Durchführung des neuen Verfahrens erforderlich. -Daß
das neue Verfahren nicht nur im Tief-, sondern auch im Hochbau angewandt werden
kann, sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Beispiel Ein Feststoffgemisch, bestehend
aus 5,25 kg Polymethylmethacrylat in Pulverform, enthaltend 40/0 Benzoylperoxyd,
8,80 kg hydrophobierter Kreide und 71,00 kg Flußsand mit einem Korndurchmesser bis
zu 3 mm, wird mit einem Flüssigkeitsgemisch, bestehend aus 8,60 kg Methylmethacrylat,
enthaltend 3 0/0 Dimethyl-p-toluidin, 0,20 kg Glykoldimethacrylat, 1,75 kg chloriertem
Naphthalin und 0,90 kg Trichloräthylphosphat, vermischt. Der hierbei erhaltene leichtfließende
Kunststoffmörtel wird auf eine Betonfläche von 7,50 in= gegossen, mit einem Holzbrett
ausgegossen und mit 3,50 kg Flußsand (Korndurchmesser 2 bis 3 mm) überstreut. Der
auf diese Weise hergestellte Bezug härtet bei ---25°C nach etwa 30 Minuten und bei
-15°C in etwa 60 Minuten.