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Manöverpatrone für Maschinenwaffen Die Erfindung bezieht sich auf
ein Zerfallgeschoß für Manöverpatronen von Maschinenwaffen, welches aus einer gepreßten
oder gespritzten Kunststoffkapsel und aus entsprechenden Füllstoffen besteht.
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Neben Geschossen, die aus einem Kunststoffkörper mit mehr oder weniger
Füllmasse, insbesondere Holzmehl, Asbest od. dgl. bestehen, sind für Manöverpatronen
auch Geschosse bekannt, welche eine dünne äußere Kapsel aus Holz, Papier, Zellulose
und eine Füllung aus spezifisch schweren, insbesondere schnell abbrennenden Massen
aufweisen. Um bei Maschinenwaffen, bei denen die Verschlußbetätigung, Munitionsförderung
und dergleichen Arbeiten durch die Energie zurücklaufender Waffenteile auszuführen
ist, die dabei erforderliche Gewichts- und Verhaltensgleichheit der Manövermunition
mit scharfer Munition zu erhalten, wurde die Kapsel bisher meist aus Kunststoff
gespritzt und mit schwerem Metallpulver, z. B. Blei- oder Kupferpulver, gefüllt.
Auch ist es bekannt, statt losem Pulver einen Preßling aus Metallpulver in die Kapsel
einzubringen. Mit diesem Zerfallgeschoß wird etwa das Gewicht der scharfen Munition
erreicht. Allerdings bietet die Kapsel selbst immer noch Schwierigkeiten, da nicht
nur gefordert wird, daß die Patronenhülsen zum Verschießen der Manövermunition denen
der scharfen Munition gleich und darüber hinaus auch mehrmals verwendbar sein sollen,
sondern auch, daß die Manöverpatrone aus dem üblichen Lauf verschossen werden kann
und die Kapsel sowohl bei kaltem Lauf wie nach längerem Schießen bei stark erhitztem
Lauf weder schmiert noch klebt.
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Aufgabe der Erfindung ist es somit, eine Kapsel für Manöverpatronengeschosse
zu schaffen, die einerseits das einwandfreie Zerfallen des Geschosses nach dem Verlassen
des Laufs gewährleistet und die andererseits eine solche Oberflächenfestigkeit und
Wärmeunempfindlichkeit besitzt, daß das Geschoß weder im Rohr durch Erwärmung weich
noch sein Reibwiderstand dadurch größer wird.
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Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen, die Kapsel aus einer Mischung
eines Metallpulvers, vornehmlich eines Schwermetallpulvers, mit einem wärmebeständigen
Kunstharzbinder zu formen.
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Weitere Merkmale und Einzelheiten der Erfindung gehen aus den nachfolgenden
Erläuterungen hervor. Die weitgehende konstruktive Anpassungsfähigkeit der Kunststoffe
mit ihren Eigenschaften, insbesondere der Einfachheit der Formgebung mit dem Ziel
der Erzeugung von Massenartikeln bei entsprechenden Verfahren, steht beim Einsatz
der Kunststoffhülse für übungsmunition besonders die geringe Wärmebeständigkeit
der Kunststoffe entgegen. Die Tatsache, daß hochmolekulare organische Stoffe bereits
zwischen 60 und 100° C merkliche Erweichungen zeigen bzw. bei Temperaturen zwischen
100 und 300° C zu schmelzen beginnen (PoIyäthyIen bei 100 bis 110° C, Polyamide
zwischen 160 und 280° C) und im Temperaturbereich von 200 bis 250° C einer chemischen
Zersetzung unterliegen, zeigt, daß für diese sogenannten Thermoplaste bei einer
praktischen Anwendung nur Dauergebrauchstemperaturen bis zu 60° C möglich sind.
Die bisher als Geschoßhülse für übungsmunition eingesetzten Kunststoffe sind ausschließlich
Polymerisationsprodukte. Wenn auch der Mehrheit der Kunststoffe ein hochmolelarer
Aufbau eigen ist, ist zur Beurteilung des Verhaltens hochmolekularer organischer
Verbindungen der besonderen Natur der Grundbausteine die Art ihrer Verknüpfung zum
Makromolekül äußerst bedeutsam. Wichtig ist die Struktur der makromolekularen Atomverbände,
ob im einzelnen Fall freie eindimensionale Makromoleküle, mehr oder weniger stark
vernetzt, oder eigentlich als dreidimensionale Makromoleküle vorliegen. So fallen
in die Gruppe mit eindimensionalen Makromolekülen Polymerisate, wie beispielsweise
Polyäthylen, Polyterafluoräthylen (Teflon), Polyvenyle, wie Polyvenylchlorid, Polystyrol,
Polyacrylnitril, ungesättigte und gesättigte lineare Polyester, Polyamide und lineare
Polyurethane und lineare Silikone.
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In die Gruppe der dreidimensionalen Makromoleküle fallen dagegen die
Phenoplaste, Aminoplaste, dreidimensionale Polyester und vor allem die Epoxydharze.
Organische
Stoffe aus linearen Makromolekülen mit oder ohne Verzweigungen sind in gewissen
organischen Lösungsmitteln, wie Kohlenwasserstoffen, Estern, Ketonen und Alkoholen,
löslich, zerfallen in diesen unter Überwindung der intermolekularen Kraftwirkungen
in die einzelnen Makrofadenmoleküle, während bei mäßiger Vernetzung lediglich ein
Aufquellen stattfindet, sind dagegen bei stark vernetzten Makrofadenmolekülen völlig
unlöslich.
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Wichtig für die Geschoßhülse ist das Verhalten des Kunststoffes bei
der durch Hindurcheilen im Rohr beim Schuß auftretenden großen Reibungswärme. Während
die Polymerisate mit linearen und verzweigten Makromolekülen einer fortschreitenden
Erweichung oder einer mehr oder weniger scharfen Schmelze unterliegen, wodurch eine
enorme Bremswirkung bis zum .Festfressen am Rohr stattfinden kann, verhalten sich
demgegenüber dreidimensionale Makromoleküle so, daß sie chemisch zerfallen ohne
zuvor durch Erweichung oder Schmelzen ihre Starrheit einzubüßen.
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Demzufolge haben die Thermoplaste einen reversiblen Charakter, die
Dreidimensionalen oder nermoduren genannten einen irreversiblen Charakter, d. h.
anders ausgedrückt, daß sie bei Überhitzung vom festen unmittelbar in den Zerfallzustand
übergehen. Diese Eigenschaften der Kunststoffe spielen beim Einsatz für die Übungsmunition
eine besondere Rolle beim sogenannten Dauerfeuer. Dabei kann das Geschützrohr derart
erhitzt werden, daß es bereits an dem Erweichungspunkt bzw. der Fließgrenze der
Polymerisationsprodukte liegen kann. Die Bremswirkung des Geschoßkörpers wird höher,
je stärker die Rohrwärme wird, was zu einer funktionellen Störung des gesamten mechanischen
Schießablaufs führen muß. Der enorme Druck beim Abschuß eines Geschosses und die
dabei auftretende Reibung innerhalb des Rohres führen zu einer Trockenreibung zwischen
Rohr und der Hülse des Übungsgeschosses. Bei einer zu großen Reibung entsteht ein
enormer Verschleiß, verbunden mit einer starken Wärmeentwicklung (Bremswirkung).
Diese bei der übungsmunition auftretende direkte Gleitung zwischen Rohrinnenwand
und Geschoßhülse erfordert eine sogenannte Teil-(Grenz-)Schmierung, wie dies angesichts
der auch bei bearbeiteten Metalloberflächen stets auftretenden eigenen Rauhigkeiten
mindestens örtlich um so eher eintreten wird, je mehr die bewegten Teile beansprucht
werden und je größer der damit verbundene Temperaturanstieg ausfällt. Dementsprechend
soll das Schmier- oder Gleitmittel der an den Reibungsstellen vorhandenen Temperatur
zwar eine möglichst geringe, indes der Gleitgeschwindigkeit mit Flächenpressung
angepaßte Viskosität besitzen, welche sich mit der Temperatur unter der Wirkung
von Druck und Scherkräften möglichst wenig ändert und sowohl in der Wärme noch hinreichend
groß bleibt, als auch bei Abkühlung nicht zu hoch wird oder gar durch Erstarren
besonders stark ansteigt.
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Daß unter solchen Umständen ein Polymerisationsprodukt, wie beispielsweise
Polystyrol oder Polyäthylen, eine Gleit- oder Schmierwirkung aufweist, ist völlig
ausgeschlossen. Denn bei dieser Schmier-bzw. Gleitfähigkeit, welche ihrerseits vor
allem durch die chemische Natur, in diesem Fall bei Polystyrol oder Polyäthylen
bestimmt wird, kommt es in erster Linie auf die zwischen dem Gleitstoff (Kunstharzhülse)
und den Metallflächen (Rohr), aber auch auf die im Gleitstoff (Kunstharz) selber
bestehenden molekularen Kraftwirkungen an. So wird sich im Rohr eine gegen Druck
und Scherung in sich genügende widerstandsfähige Gleitung nur ergeben, falls die
Gleitstoffe auf der Metalloberfläche mindesteps kondensierte Adsorptionsschichten
bilden. Die Funktion solcher Gleitwirkung von polymolekularem Bau wird nur dann
erfüllt, je höher der Schmelzpunkt der Oberflächenverbindung, je besser das Adsorptionsvermögen
und je höher schließlich deren Zersetzungstemperatur ist. Da man bei der übungs-und
Manövermunition mit extrem hohen Bedingungen zu rechnen hat, beispielsweise von
Drücken um 4000kp/cm oder Anfangsgeschwindigkeiten von etwa 1000 m/sec, sind einzig
für eine Gleit- oder Schmierfunktion der Hülse des Übungsgeschosses sogenannte Hochdruckzusätze,
wie Phosphor-, Chlor- und Schwefelverbindungen geeignet, die mit der Rohrwand, und
zwar nach Überschreiten einer kritischen Temperatur, zu Phosphiden, Chloriden bzw.
Sulfiden, möglicherweise auch nach komplexen Verbindungen reagieren und damit in
letzteren Fällen Grenzgleitfilme besserer thermischer Stabilität bei guter mechanischer
Festigkeit und relativ kleinen Reibungskoeffizienten ergeben.
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Auf Grund dieser Ergebnisse wird das neue Verfahren so gehandhabt,
daß der äußere Geschoßmantel aus einem metallisch pulvrigen Stoff besteht, welcher
die Funktion der Grenzflächenschmierung übernimmt und durch ein dreidimensionales
vernetztes Kunstharz, beispielsweise Epoxydharz, dem Geschoßmantel eine gewisse
elastische Stabilität gibt.
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Als Grenzflächenschmiermittel können beispielsweise Blei, Molybdändisulfid,
Graphit oder gewisse Stearate dienen. Neben diesen Eigenschaften ergibt ein solcher
Geschoßmantel den Vorteil gegenüber Polyäthylen, daß die Dichte des Geschoßmantels
einem Vielfachen der Dichte eines verspritzten oder geblasenen Geschoßkörpers aus
einem Polymerisat entspricht. Diese Gegebenheit ist von ausschlaggebender Beurteilung
für die gesamte Übungsmunition, da sie dem Gewicht und der Größe eines echten und
scharfen Geschosses entsprechen soll. Das durch die Kunstharzhülse verdrängte Volumen
muß dann bei dem zuzufüllenden Schwerstoff eine entsprechend höhere Schüttdichte
aufweisen. Das bedeutet, daß man, um solche erforderlichen Schüttdichten zu erreichen,
Schwerstoff einsetzen muß, der preislich sehr hoch liegt.
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Eine wichtige Funktion ist der Ausziehwiderstand des Geschoßkörpers
aus der Kartusche, weil die Funktion des Knalls sowie die Anfangsgeschwindigkeit
des Geschoßkörpers unmittelbar davon abhängen.
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Während eine Klebung zwischen Polystyrol und Messing (Kartusche) schlecht
ist, eine Klebung zwischen Polyäthylen und Messing (Kartusche) praktisch überhaupt
nicht möglich ist, ist dagegen bei Geschoßkörpern mit epoxydharzgebundenem Pulver
und Metallen (Kartuschenhülse) eine Klebung als sehr gut zu bezeichnen.