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Verfahren zur Erzeugung von kupferhaltigem Temperguß hoher Zähigkeit
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Erzeugung von kupferhaltigem
Temperguß mit hoher Zähigkeit.
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Abhängig von der Art der Gießform (Grünsand, Kernsand, Metall) bzw.
von den Abmessungen der herzustellenden Gußstücke, ihrer Masse und ihrer Dichte
versucht man, dem Guß eine weiße oder eine graue Struktur zu verleihen. Hierfür
verwendet man Zusätze von Si, Mn und gegebenenfalls an Mo oder Cr. Die drei letztgenannten
Metalle begünstigen die Bildung einer weißen Struktur. Normalerweise wird 1-1n verwendet,
also der Mangangehalt erhöht, und gegebenenfalls werden Mo und Cr eingeführt. Andererseits
wird, um die Bildung der weißen Struktur zu begünstigen, auch der Si-Gehalt herabgesetzt.
Bei Grauguß scheidet sich beim Erstarren der Schmelze der Graphit in Form von Lamellen
mit scharfen Rändern aus, worauf die schlechten mechanischen Eigenschaften des Graugusses
zurückzuführen sind. Sollen die Gußstücke eine gewisse Deformierbarkeit besitzen,
versucht man eine weiße Struktur zu erhalten, wobei der gesamte Kohlenstoff in Form
von Eisencarbid vorliegt. Durch eine Glühbehandlung scheidet man den Kohlenstoff
in Form von Graphit aus, wobei dann der Graphit in Knötchenform vorliegt.
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Es ist bekannt, daß Kupfer und Nickel die Ausscheidung elementaren
Kohlenstoffs bei Gußeisen, und zwar sowohl im Verlauf der Erstarrung von Grauguß
als auch im Verlauf des Glühens von weißem Gußeisen, bei der Temperung erleichtern.
Bei hochwertigem Grauguß ist es allgemein üblich, bis zu 5 % Nickel zuzusetzen.,
das eine größere Wirkung zeigt als Kupfer. Dagegen ist es bisher nicht üblich, dem
weißen Gußeisen, das auf Temperguß verarbeitet wird, Kupfer oder Nickel zuzusetzen,
da die Wirkung dieser Elemente nicht ausreicht, um die damit verbundene Erhöhung
des Preises zu rechtfertigen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren, das die Herstellung von kupferhaltigem
Temperguß mit bedeutend besseren mechanischen Eigenschaften erlaubt, besteht darin,
daß zunächst ein Rohguß mit weißem Bruch hergestellt wird unter Verwendung einer
Schmelze, die neben Kupfer einen den graphitbildenden Einfluß von Kupfer ausgleichenden
Gehalt an Mangan und/ oder Silicium aufweist, und daß das erhaltene Gußstück folgenden
Maßnahmen unterworfen wird.
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(a) Die Gußstücke werden durch Erhitzen auf eine Temperatur wenig
oberhalb der Temperatur der eutektoiden Umwandlung einem Lösungsglühen und dann
von dieser Temperatur aus einer Abschreckung unterworfen, die entweder durch kurzfristiges
Eintauchen in ein Bad mit wenig oberhalb Ar' liegender Temperatur und anschließendes
weiteres Abkühlen mit sich hierbei vollziehender Umwandlung als Warmbadhärtung oder
als Warmbadbehandlung mit vollständiger Umwandlung in der Zwischenstufe oder als
Härtung bei der Bildungstemperatur von Keimen elementaren Kohlenstoffs durchgeführt
wird, wobei im letzteren Fall eine Zwischenabkühlung auch vor Eintreten in die nächstfolgende
Behandlungsstufe (b) entfällt; (b) dann werden die Gußstücke auf eine solche genau
einzuhaltende Temperatur, durch welche die Bildung von Keimen elementaren Kohlenstoffs
sichergestellt ist und die im allgemeinen zwischen 400 und 500° C, vorzugsweise
bei 450° C, liegt, angelassen, wobei die Anlaßdauer zwischen 24 und 100 Stunden.
insbesondere 36 bis 48 Stunden, beträgt, und (c) abschließend einer Graphitisierungsglühung
oberhalb der Temperatur der eutektoiden Umwandlung bis zur vollständigen Zersetzung
des primären Zementits unterworfen, z. B. 10 bis 14 Stunden zwischen 875 und 890°
C oder für kürzere Dauer bei noch höheren Temperaturen, wie 3 Stunden bei 900° C,
und umgekehrt, wobei die sich dieser Glühung anschließende Abkühlung häufig an ruhender
Luft vorgenommen wird.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird somit die graphitbildende
Wirkung von Kupfer durch die Erhöhung des Gehalts an Mn und/oder auch die Verringerung
des Gehaltes an Si ausgeglichen, so daß eine
weiße Struktur ohne
störende Wirkung hinsichtlich der Graphitisierung erzielt wird. Vorzugsweise enthält
die Schmelze neben Kupfer und gegebenenfalls Mangan auch einen Zusatz von Molybdän
und/oder Chrom. Obwohl die Eigenschaften der Zusätze eig8ntlich einander entgegenwirken,
hat sich gezeigt, 'däß in überraschender Weise die Maßnahmen, die bezüglich der
Zusammensetzung ergriffen wurden, um die Graphitisierung beim Gießen zu verhindern,
die Graphitisierung bei der späteren Wärmebehandlung nicht hemmen, Voraussetzung
ist allerdings die Verwendung von Kupfer und die -besondere Behandlung des Gußstückes.
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Um diese so zur Geltung kommende neuartige Wirkung des Kupfers ins
rechte Licht zu setzen, wird nachstehend durch Beispiele gezeigt werden, daß die
Wirkung des Kupfers größer ist als die einer gleichen Menge Nickel. Wenn man annimmt,
daß Nickel etwa fünfmal so teuer ist wie Kupfer, dann ist die Wirkung bei gleichem
Preis des Zusatzes von einer noch viel höheren Größenordung, was für die Technik
von ganz erheblicher Bedeutung ist.
Guß Nr. C Si , Mn - f Ni [ Cu 7" = 450 T = 500 |
. |
(in °/o) N je mm2 N je mm2 |
I |
1893 0,96 1,27 0,34 0 0 30000 3000 |
2064 0,92 1,55 0,39 0,64 0 30000 10000 |
2067 0;93 1,51 0,35 0 1,60 35000 16000 |
2063 0,95 1,70 0,40 0,58 1,68 35000 16000 |
Geht man jetzt zu einem Vergleich bei weißem Gußeisen über, dann sieht man, daß
die in der nachstehenden Tabelle angeführten Gußsorten in Sand in Stäben von 15
- 30 mm gegossen wurden und dabei eine weiße Struktur erhielten. Anschließend wurden
sie der folgenden Behandlung unterzogen: Austenisieren (Lösungsglühen) bei 810°
C auf die Dauer von 30 Minuten, Härtung im Salzbad bei 180° C auf die Dauer von
1 Minute, Abkühlen in ruhender Luft, Erhitzen auf T = 450° C auf die Dauer von 48
Stunden,
Guß Nr. Zusammensetzung (in °/o) |
C ` 8i I Mn I Cu I Ni I S I P |
je mm2 |
2050 2,40 1,02 0,40 0 2,08 0,108 0,094 2500 |
2045 2,39 1,08 0,38 0 2,13 0,094 0,097 2500 |
2040 2,32 ( 1,08 0,40 2,02 0 0 0,1070 0,094 90500 |
Man sieht, daß bei gleicher Konzentration das Kupfer eine um 3,7- bis 4fach größere
Anzahl von Graphitknötchen herbeiführt. Wenn man annimmt, daß das Nickel 5mal so
teuer ist wie das Kupfer, dann ist die Wirkung des Kupfers bei gleichem Preise des
Zusatzes um etwa 20mal größer als diejenige des Nickels.
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Zieht man jetzt einen Vergleich mit den von Nickel und Kupfer freien
Gußstücken, die unter den gleichen Bedingungen wie oben gegossen wurden, und führt
Guß Nr. Zusammensetzung (in o/o) N Fes C |
C I Si I Mn I Cu I Ni , S I P je mm 2 o/' |
2145-1 2,32 1,46 0,67 0 0,11 0,095 2500 1 |
2145-11 2,22 1,42 0,66 0 1,83 0,10 0,095 2770 0,5 |
2147 2,33 1,53 0,71 2,2 0,10 0 0,120 6550 0 |
Man kann sich von dieser unterschiedlichen Wirkung der Elemente Kupfer und Nickel
überzeugen, wenn man dieselben bei eutektoiden Stählen von ähnlicher Zusammensetzung
wie diejenige des weißen Gußeisens verwendet, d. h. deren Zusammensetzung erhalten
wird durch Entzug des ledeburitischen oder voreutektoiden Zementits.
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Es wurden vier Stähle gegossen, dann im Verlauf von 30 Minuten bei
810° C austenisiert (lösungsgeglüht), in Öl gehärtet, auf die Dauer von 48 Stunden
bei T° C erhitzt, in ruhender Luft gekühlt, auf die Dauer von 150 Stunden wieder
bei 700° C erhitzt und schließlich in ruhender Luft abgekühlt. Die durchschnittliche
Anzahl N der je Quadratmillimeter Querschnitt gebildeten Graphitkügelchen ist unten
neben der chemischen Zusammensetzung und für zwei Werte von T angegeben. Bei dem
optimalen Wert von T = 450° C bringt das Nickel gegenüber den gegossenen Stählen
sonst gleicher Zusammensetzung keine Verbesserung hervor, während im Gegensatz dazu
das Kupfer die Anzahl der Graphitkeime je Querschnittseinheit um 5000 erhöht. Abkühlen
in ruhender Luft, Erhitzen auf die Dauer von 10 Stunden bei 885° C und Abkühlen
in ruhender Luft. In allen Fällen ist die Ausscheidung des elementaren Kohlenstoffs
aus dem primären Zementit vollständig. Die chemische Zusammensetzung und die durchschnittliche
Anzahl N der Graphitkörnchen (feine Knötchen oder überfeine Kügelchen, je nach den
Umständen) je Quadratmillimeter sind in der nachstehenden Tabelle angegeben. man
die gleiche Vorhärtung und die gleiche Keimbehandlung wie oben durch, während die
Zeitdauer der Graphitbildung auf 14 Stunden bei 895° C festgesetzt wird, dann wird
durch das leichte Zusammenfließen der Graphitknötchen deren Anzahl etwas vermindert.
Die Anzahl der Knötchen N je Querschnittseinheit und die prozentuale Menge des dabei
festgestellten Restzementits Fe. C sind in der nachstehenden Tabelle angegeben:
Die
Erhöhung der Anzahl der Graphitknötchen bzw. -kügelchen, bezogen auf die gleiche
Menge des Zusatzes, ist bei Kupfer um 12,3mal höher als bei Nikkel. Wenn man annimmt,
daß das Nickel 5mal so teuer ist wie das Kupfer, dann ist die Wirkung des Kupfers
bei gleichem Preise des Zusatzes 60mal größer.
Zusammensetzung (in °/o) |
Guß Nr. |
C si I Mn Cu I Ni S p je mm- |
I |
1995 2,36 |
1.15 0,36 0 0 0,12 |
0,10 1000 |
2045 2,39 1,08 0,38 ' 0 2,13 0,094 0.097 1350 |
I |
2041 2,28 1,43 0.66 2,90 0 0,10 , 0,09 6900 |
Die Zunahme der Anzahl der Knötchen, auf die gleiche Konzentration des Zusatzes
bezogen, ist bei Kupfer 18mal größer als bei Nickel. Bei gleichem Preise des Zusatzes
ist die Wirkung des Kupfers 90mal größer als diejenige des Nickels.
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Bekanntlich muß bei schmiedbarem Guß (Temperguß) ohne besonderen Zusatz
die vor der Graphitisierungsbehandlung gegebenenfalls durchzuführende Vorhärtung
notwendigerweise martensitisch sein; dieses Verfahren wurde bei den vorerwähnten
Beispielen durchgeführt. Man hat nun aber diese andere bemerkenswerte Eigenschaft
des Kupfers entdeckt, nämlich, daß es gestattet, durch Warmbadvorhärtung eine große
Anzahl feiner Knötchen zu erzielen. Die Untersuchung der isothermischen Umwandlungen
hat erlaubt, genau festzulegen, daß die untersuchten Gußeisensorten, welche bei
810° C im Verlauf von 30 Minuten lösungsgeglüht (austenisiert), dann im Salzbad
3 Stunden lang bei 400° C gehärtet wurden, eine völlige Wartnbadumwandlung erfahren.
Nach der unter diesen Verhältnissen im Warmbad bewirkten Vorhärtung erfolgt die
Bildung der Keime elementaren Kohlenstoffs durch 48stündigesGlühen bei 450° C und
die Bildung des elementaren Kohlenstoffs durch Erhitzen bei 895° C auf die Dauer
von 14 Stunden,
Feg C, '/o N je mm2 |
Nr. des Gusses |
1995 21454 1 2145-11 1 2041 1 1995 ' 2145-1
1 2145-11 @ 2041 |
Zusammensetzung |
vgl. vgl. 'Ni = 1,83f Cu = 2,00, vgl' i vgl' f Ni =1,83I
Cu = 2,00 |
Muster Muster Muster Muster |
Härten 540° C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . |
48stündiges Halten bei 540° C . . . . . . . . 12 - 5 unter
1 0 - 60 250 |
Erhitzen bei 895° C auf 14 Stunden ... |
Vorhärten 400° C auf 3 Stunden . . . . . . |
Keimen bei 450° C auf 48 Stunden .... 6 4 0 25 I 50
400 |
Graphitisierung bei 895° C |
auf 14 Stunden .............. . . . . . |
Man sieht, daß das Kupfer wirksamer ist als das Nickel und daß die letztere Behandlung
besser ist als die erstere. Die Zunahme der Anzahl der Keime bei gleichem Zusatz
ist beim Kupfer 3,8mal größer als für das Nickel bei der ersten Behandlung und 12,3mal
größer bei der zweiten Behandlung. Bezieht man alles auf den gleichen Preis des
Zusatzes, dann würde das Kupfer 60mal wirksamer sein als das Nickel.
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Man glaubt, sich diese Wirkung des Kupfers dadurch erklären zu können,
daß es in der Nähe des Dreistoffeutektikums ist, so daß es in ganzem Um-Zieht man
denselben Vergleich bei etwas verschiedenartiger Behandlung - gleiche Vorhärtung.
Keimung von 48 Stunden Dauer bei einer Temperatur von 500° C, Graphitisierung auf
die Dauer von 10 Stunden bei 885°C -, dann erhält man die folgenden Resultate: woran
sich ein Abkühlen in ruhender Luft anschließt. Zwischen diesen Behandlungsphasen
kehrt man wieder zu der Temperatur der umgebenden Luft zurück, aber es versteht
sich von selbst, daß der Übergang von 400 auf 450° C und dann auf 895° C auch ohne
Zwischenkühlung bei gleichem Ergebnis erfolgen könnte. Überdies hat man diese bemerkenswerte
Eigenschaft des Kupfers hervorkehren wollen, indem man die Vorhärtung bei der gleichen
Temperatur wie bei der Bildung von Keimen elementaren Kohlenstoffs vornahm. Zu diesem
Zweck wurden die Gußstücke bei 810° C 30 Minuten lang austenisiert, bei 450° C gehärtet
und 48 Stunden auf dieser Temperatur gehalten, dann auf 895° C gebracht und auf
dieser Temperatur 14 Stunden lang gehalten, schließlich in ruhender Luft abgekühlt.
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Die nachstehende Tabelle gibt für diese beiden Behandlungsverfahren
und für die Gußsorten bereits erwähnter Zusammensetzung (stets in Stäben von 15
- 30 mm in Sand gegossen und von vollkommen weißer Gußstruktur) die Ergebnisse,
bezogen auf die prozentuale Menge des eventuell verbleibenden primären Restzementits
(-Fe" C-), und die Anzahl X
der Graphitknötchen oder -kügelchen je Ouadratmillimeter
Ouerschnitt an. fange an der Vorhärtung teilnimmt und im Ferrit in Übersättigung
bleibt. Bei der Keimungsbehandlung bei 450° C findet vor der Ausscheidung eine Diffusion
des Kupfers an bevorzugte Stellen im Eisen statt. Daraus ergeben sich örtliche,
sehr erhebliche Zunahmen der Kupferkonzentration, so daß in diesen Zonen eine vermehrte
Instabilität des Zementits einsetzt, welcher sich unter Bildung sehr feinen und
sehr fein verteilten elementaren Kohlenstoffs zersetzt, der sich aber wegen seiner
Stabilität bei dem darauffolgenden Arbeitsgang bei hoher Temperatur auf Kosten des
primären
Zementits entwickelt. Dagegen zeigt Nickel wegen seiner erhöhten Löslichkeit im
Ferrit überall die durchschnittliche Zusammensetzung, und seine Wirkung bleibt gering.
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Bei diesen Behandlungen kupferhaltigen Gusses ist es wesentlich, die
Aufeinanderfolge der drei Arbeitsgänge zu beachten, nämlich Vorhärten (Abschrecken),
Keimbildung bei etwa 450' C und anschließend Graphitisierung bei hoher Temperatur.
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Ein Beispiel wird gegeben durch .den Vergleich- des richtigen Verfahrens
mit zwei anderen Verfahren, bei welchen entweder die Vorhärtung oder aber das Anlassen
zwecks Keimbildung fortgelassen wurden. Bei diesem Versuch war der nichtkupferhaltige
Vergleichsguß der bereits genannte Guß Nr. 1995. Der kupferhaltige Guß Nr. 1996
weist die folgenden Analysenwerte (in 1/o) auf: C=2,45, Si=1,14, Mn=0,48, S=0,12,
P=0,10, Cu =2,00.
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Die Ergebnisse sind in der nachstehenden Tabelle angegeben:
Behandlungsverfahren Rest-Feg C, °/o N je mm2 |
Anlassen zwecks Graphitisierung vgl. Muster Schmelze Schmelze
Muster |
Vorhärten Keimbildung des ledeburiti- 1995 = Q 1995 - o |
sehen Zementits Cu V /o Cu 2/o |
Keines 450o C 875o C 18 5 0 80 |
48 Stunden 10, Stunden |
810' C - 30 Minuten; Keines 875o C 15 1 110 300 |
Salzbad 180' C-1 Minute 10 Stunden |
810' C-30 Minuten; 450o C 875o C 5 0 200 6500 |
Salzbad 180' C-1 Minute 48 Stunden 10 Stunden |
Man sieht, daß allein die dreistufige Behandlung und der Zusatz von Kupfer gestatten,
den gesamten primären Zementit aufzulösen oder umzuwandeln und eine hohe Zahl von
Knötchen bzw. Kügelchen elementaren Kohlenstoffs zu erhalten. Das ist ein wesentlicher
Punkt der vorliegenden Erfindung.
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Eine andere Eigentümlichkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens ist
die Sorgfalt, mit welcher diese Temperatur von 450' C eingehalten werden muß, um
zu einem guten Ergebnis zu gelangen. Das ergibt sich aus dem Studium der Kurven
der Fig. 1 und 2, welche einer Dauer von 48 bzw. 96 Stunden für die Aufrechterhaltung
der Keimungstemperatur entsprechen. Die Kurven beziehen sich auf den gleichen Temperguß
von der Zusammensetzung (in %): C = 2,22, Si = 1,34, Mn = 0,65, Cu = 2, S = 0,12,
P = 0,10, A1 = 0,03, Ti = 0,06. Der Einfluß der Keimungstemperatur auf die Zeitdauer
(in Stunden) für die Aufrechterhaltung dieser Temperatur ist in Fig. 3 dargestellt.
Man sieht wohl, daß man eine ausreichende Zeitdauer einhalten muß, um eine hohe
Anzahl von Keimen elementaren Kohlenstoffs zu erhalten, aber auch daß es wirtschaftlich
unzweckmäßig wäre, diese Zeit übermäßig zu verlängern. Obwohl das beste Resultat
nach Verlauf von 192 Stunden bei -150o C erhalten wird, gibt eine Behandlungsdauer
von 48 Stunden praktisch das gleiche Resultat bei niedrigerem Preise. Dagegen würden
Zeiten von weniger als 30 Stunden die Qualität unnötigerweise verschlechtern.
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Bei diesen Gußeisensorten mit 2 1/9 Kupfer, in Sandformen gegossen
und richtig behandelt, beläuft sich die Anzahl der Knötchen bzw. Kügelchen elementaren
Kohlenstoffs je Quadratmillimeter im allgemeinen auf 3000 bis 15000 je nach den
Zonen und den Wandstärken, wobei der mittlere Durchmesser dieser Kügelchen sich
im allgemeinen auf 1 bis 10 Mikron, hauptsächlich auf 4 Mikron, beläuft.
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Die kupferhaltigen Gußeisensorten für Temperguß gemäß der vorliegenden
Erfindung und die neuartigen, genau einzuhaltenden Verfahren der Wärmebehandlung
haben eine weitere neue Eigenschaft im Gefolge, insofern, als die Verwendung von
weißem Gußeisen für Temperguß auf größere Wandstärken des Gußstückes ausgedehnt
werden kann, als es bei den klassischen Verfahren möglich war, wobei man gleichzeitig
beim erstarrten Rohguß eine weiße Struktur und die Fähigkeit zur Ausscheidung elementaren
Kohlenstoffs erhält, was im allgemeinen sich widersprechende Eigenschaften sind.
Gemäß der vorliegenden Erfindung werden diese Eigenschaften zur übereinstimmung
gebracht durch die Tatsache, daß bei der Erstarrung die graphitbildende Wirkung
der 2 II/o Kupfer durch die zur weißen Struktur führende Wirkung einer entsprechenden
Zunahme des Mangans oder durch die Einführung des Molybdäns, des Chroms oder durch
die wechselbezügliche Senkung des Siliciumgehaltes ausgeglichen wird, während im
Moment der Bildung von Keimen elementaren Kohlenstoffs bei 450' C dieser Ausgleich
nicht mehr stattfindet, und zwar wegen der seiner Ausfällung vorhergehenden Diffusion
des Kupfers an bevorzugte Stellen und der sich daraus ergebenden örtlichen, sehr
hohen Zunahme der Konzentration.
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Eine bemerkenswerte Folge dieser neuartigen Eigenschaften ist die
Möglichkeit, durch Schmelzen im Gießereischachtofen (Kupolofen), Fertigmachen im
Flammofen und Gießen in Sandformen Gußstücke von weißer Struktur zu erhalten, welche
nach der dreistufigen Behandlung der Vorhärtung, des Keirnungsanlassens und des
Glühens zwecks Bildung elementaren Kohlenstoffs bemerkenswerte mechanische Eigenschaften
zeigen, die bisher an fabrikmäßig erzeugten getemperten weißen Gußeisensorten noch
nicht erzielt werden konnten, und dies wurde erreicht bei sehr großer Regelmäßigkeit
der Fabrikation als ein Ergebnis der gleichzeitigen Wirkung des Kupfers und der
eingehaltenen Wärmebehandlung, ohne die Gefahr von Härterissen, und zwar infolge
der ununterbrochenen Härtung, und ohne Verziehen, infolge der Begrenzung der höchsten,
während des Verlaufes der Behandlung erreichten Temperatur.
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Die günstigste Wirkung des Kupfers kann mit derjenigen der Zusätze
von Aluminium, Titan und Zirkon verbunden werden, da diese drei Elemente gleichfalls
eine günstige Wirkung auf den Erhalt einer hohen Anzahl von Keimen ausüben, wenn
man das rationelle Verfahren der Ausscheidung elementaren Kohlenstoffs
bei
gesteuerter Keimung anwendet. Das nachstehende Beispiel bezieht sich auf drei Güsse
aus weiß erstarrendem Gußeisen in Sandform, welche der folgenden Behandlung unterzogen
wurden: 30minütiges Erhitzen bei 810° C. 1 minütiges Härten im Salzbad bei 180°
C. Abkühlen in ruhender Luft. 48stündiges Erhitzen bei 450° C, Abkühlen in ruhender
Luft.
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14stündiges Erhitzen bei 895° C, Abkühlen in ruhender Luft.
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Die nachstehende Tabelle gibt die prozentuale Menge des restlichen
primären Zementits und die Anzahl der Graphitknötchen an:
Guß Nr. Zusammensetzung (in °/o) N je mmE |
C ` Si f Mn S P f Cu I Al ' Ti I Zr I Fei C |
2203 2,49 I 1,19 0,65 0,07 0,08 0 ` 0 0 1,5 1200 |
2205 2,53 1,25 0,61 0,07 0,08 2 0 0 0 6500 |
2206 2,41 1,20 0,70 0,07 0,07 2 I 0,05 0,10 6500 |
2207 2,41 1,20 0,07 0,07 0,07 2 0,03 0 0,12 8000 |
Die mechanischen Eigenschaften, welche man mit diesen Gußstücken leicht erzielen
kann, sind im allgemeinen mindestens gleichwertig den folgenden Werten für die durch
Bearbeitung an den Stäben entnommenen Probestäbchen, die nach der 14stündigen Graphitisierung
bei 895° C in ruhender Luft abgekühlt wurden, so daß die Grundmasse perlitisch-lamellar
war.
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Vickershärte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 kg/mm2 Streckgrenze
. . . .. . . . . . . . . . . . . . . 67 kg/min2 Bruchbelastung . . . . . . . . .
. . . . . . . . 82 Izg/mm2 Dehnung ...................... 4% Jedoch können diese
Gußstücke nach der beschriebenen dreistufigen Warmbehandlung ergänzend noch eine
Härtungs- und Anlaßbehandlung erfahren. Man kann auf diese Weise durch Erhitzen
auf 825° C, Härten in C51 und Anlassen bei 650° C die Streckgrenze hinaufsetzen
und die folgenden Werte erhalten: V ickershärte . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 350 kg/mm2 Streckgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 kg/mm2 Bruchbelastung
. . . ...... .. .. .... 102 l:g/mm2 Dehnung ...................... 2,40/a Gegebenenfalls
kann man die Wärmemenge sowie die Temperatur des Glühens zur Graphitisierung dazu
benutzen, die Ergänzungsbehandlung, sei es durch isothermische Umwandlung, sei es
durch Härten und Anlassen, durchzuführen.
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Die günstige Wirkung des Kupfers als Zusatzelement zum Guß bei der
Behandlung in drei Stufen bleibt auch dann erhalten, wenn die dieser Behandlung
zu unterwerfenden Gußstücke in Metallkokille gegossen werden. Die Wirkung des Kupfers
wird durch das nachstehende Beispiel, bei welchem man zwei in Kokille gegossene
Gußstücke miteinander verglichen hat, deren Gehalte an sämtlichen Grundstoffen -
Kupfer und Eisen ausgenommen - gleich sind, nämlich (in 1/o): C = 2,40, Si = 1,55,
Mn = 0,60, S = 0,10,P = 0,10, ins rechte Licht gesetzt.
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Die Behandlungsbedingungen für jede der beiden Gußsorten nach dem
Vorhärten und die dabei erhaltenen Ergebnisse (Anzahl der bei der Keimung gebildeten
Graphitknötchen und mechanische Eigenschaften) sind nachstehend dargestellt:
Kupfer im Guß Keimungszeit Anzahl der Keime Graphitisierungszeit
Streckgrenze Bruchlast Dehnung |
und Temperatur je mm2 und Temperatur kg/mm2 |
kg/mm2 |
°/o |
Keines 15 Stunden 18000 2 Stunden 60 85 4 |
500° C 875 °C |
1,20% 15 Stunden 38000 1 Stunde 67 105 6,1 |
450° C 875 °C |
Wenn, wie man bemerkt, die Keimbildungstemperatur und die Dauer der Graphitisierungsbehandlung
für den vom Kupfer freien Guß höher sind als für denjenigen, welcher Kupfer enthält,
dann deshalb, weil es nötig ist, sich lästigeren Verfahrensbedingungen zu unterwerfen,
um das beste aus dem von Kupfer freien Guß herauszuholen. Bei diesem letztgenannten
Guß wären die Ergebnisse deutlich weniger gut als die in der Tabelle angeführten
Werte, wenn die Keimung bei einer so niedrigen Temperatur wie 450° C erfolgen und
wenn die Zeitdauer für die Graphitbildung sich auf nur 1 Stunde belaufen würde.
Gegenüber dem Guß in Sandform besitzt der Guß in Kokille den Vorteil, daß die Zeitdauer
für die Graphitbildung bei einer bestimmten Temperatur ganz erheblich verkürzt werden
kann. Gemäß dem oben angeführten Beispiel ist das Verschwinden des primären Zementits
bei einer Temperatur von 875° C in einer Stunde vollendet.
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Bei in Kokille gegossenem kupferhaltigem Guß kann man sehr zufriedenstellende
Ergebnisse bei sehr viel kürzeren Keimbildungszeiten, als sie in dem Beispiel angegeben
wurden, erhalten; so z. B. können 3 bis 6 Stunden für die Aufrechterhaltung der
Temperatur zweckmäßig sein.
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Verfahrensgemäß zu behandelnde Gußstücke von weißer Struktur kann
man auch in Formen erhalten, deren Masse aus Elementen von verhältnismäßig geringer
Stärke besteht und die man durch Agglomerieren von Sand oder sonstigen feuerfesten
Stoffen mittels eines organischen, beispielsweise hitzehärtbaren Bindemittels erhält.