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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Assistenzsystem für ein Fahrzeug, ein Verfahren zum Betrieb eines Fahrzeuges bzw. eines solchen Assistenzsystems für ein Fahrzeug und ein Fahrzeug, welches ein erfindungsgemäßes Assistenzsystem umfasst.
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Technologischer Hintergrund
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Gattungsgemäße Fahrzeuge, wie z. B. Personenkraftfahrzeuge (PKW), Lastkraftwägen (LKW) oder Motorräder, werden zunehmend mit Fahrerassistenzsystemen ausgerüstet, welche mit Hilfe von Sensorsystemen die Umgebung erfassen, Verkehrssituation erkennen und den Fahrer unterstützen können, z. B. durch einen Brems- oder Lenkeingriff oder durch die Ausgabe einer optischen oder akustischen Warnung. Als Sensorsysteme zur Umfeld- bzw. Umgebungserfassung werden regelmäßig Radarsensoren, Lidarsensoren, Kamerasensoren oder dergleichen eingesetzt. Aus den durch die Sensoren ermittelten SensorSensordaten können anschließend Rückschlüsse auf die Umgebung gezogen werden.
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Unter den Begriff Fahrfunktion wird insbesondere das (teil-)automatisierte, fahrererlebbare Fahrzeugverhalten bei Fahrerassistenzsystemen subsummiert. Dabei werden die verarbeiteten Sensorinformationen zur Umfelderkennung verwendet, um darauf basierend Anweisungen zur Fahrerwarnung/-Information oder zum geregelten Lenken, Bremsen und Beschleunigen zu geben. Dadurch können gattungsgemäße Fahrfunktionen helfen, Unfälle mit anderen Verkehrsteilnehmern zu vermeiden oder komplizierte Fahrmanöver zu erleichtern, indem sie die Fahraufgabe bzw. die Fahrzeugführung unterstützen oder sogar komplett übernehmen. Beispielsweise kann das Fahrzeug z. B. durch einen Notbremsassistenten (EBA, Emergency Brake Assist) eine automatische Notbremsung (AEB, Automatic Emergency Brake), durch einen Notlenkassistenten (ESA, Emergency Steer Assist) eine automatische Ausweich- bzw. Notlenkung (AES, Automatic Emergency Steer) oder durch einen aktiven Spurhalteassistenten mit Lenkunterstützung in der Spur gehalten werden (LKA, Lane Keeping Assist). Neben der Notbremsung in Gefahrensituationen ist insbesondere beim (voll-) automatisierten Führen eines Fahrzeuges der automatisierte Bremseneingriff von großer Bedeutung. Eine automatisierte Bremsung wird dabei in einer kritischen Umfeldsituation bzw. Szene insbesondere bei einer drohenden Kollision eingeleitet.
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Gattungsgemäße Notbremssysteme reagieren beispielsweise auf im Front- und Heckbereich befindliche, bremsende Fahrzeuge oder andere Verkehrsteilnehmer, wie Fußgänger oder Radfahrer und sind derart konzipiert, dass Unfälle durch optische/akustische Warnsignale des Fahrers sowie durch automatische Teilbremsungen und Vollbremsungen vermieden werden. Das System kaskadiert dabei die verschiedenen Warn- und Bremsstufen sowie die verschiedenen Verzögerungsstufen. Das Ziel der automatischen Notbremsung besteht in der Regel darin, Unfälle mit einem anderen Verkehrsteilnehmer zu vermeiden, ohne den Fahrgast im Auto zu berücksichtigen.
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Die Sicherheitsmaßnahmen von aktiven Sicherheitssystemen (Notbremsassistent, Notsteuerassistent) sind in der Regel für schwere Eingriffe mit hoher Beschleunigung ausgelegt. Obwohl derartige Sicherheitssysteme als Kollisionen vor dem Fahrzeug verhindern können, gibt es mehrere Situationen, in denen eine Kollision nicht verhindert werden kann, wie z. B. bei Fahrzeugen ohne EBA oder bei kritischen Systemausfällen, wobei die Notbremsung nicht aktiviert werden kann, oder durch einen Fehlgebrauch des Fahrers (z. B. durch kurzes Betätigen des Bremspedals). In solchen Fällen kann es zu einem Zusammenstoß bzw. einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug kommen. In viele Fällen kann es bei derartigen Kollisionen zu einer Gefährdung oder Verletzung der Fahrgäste kommen, insbesondere wenn die Fahrzeuge nicht optimal (d. h. beispielsweise nur im Bereich einer kleinen Kollisionsfläche und/oder schräg) aufeinander auftreffen. Aufgrund derartiger nicht-optimaler Kollisionen, werden die betreffenden Fahrzeuge in unvorteilhafter Weise geschädigt, da z. B. nicht der gesamte zu verformende Bereich („Knautschzone“) beider beteiligten Fahrzeuge genutzt wird, um die Schadenauswirkung zu reduzieren, wodurch das Risiko für eine Schädigung der Insassen erhöht wird.
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Druckschriftlicher Stand der Technik
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Aus der
DE 20 2013 006 010 U1 ist eine Vorrichtung zur Optimierung einer bevorstehenden Kollision eines eigenen Kraftfahrzeugs mit einem Hindernis bekannt, wobei die Kollision eines Kraftfahrzeugs mit dem Heck eines vorrausfahrenden und gegebenenfalls seitlich zur eigenen Fahrtrajektorie versetzten Fahrzeugs, wenn sie schon unvermeidlich ist, abmildert wird, indem das eigene Kraftfahrzeug so gelenkt wird, das ein optimaler Aufprallbereich am Hindernis (vorrausfahrendes Fahrzeug) und/oder ein optimaler Kollisionsbereich am eigenen Kraftfahrzeug betroffen ist, wodurch sowohl das Gefahrenpotential für die Insassen des eigenen Kraftfahrzeugs als auch dasjenige für die Insassen des das Hindernis darstellenden Kraftfahrzeugs verringert.
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Aus der
EP 3 317 155 A1 ist ein System zum automatischen Betrieb eines Ego-Fahrzeuges bekannt, wobei das System eine Objektdetektion umfasst, welche eine Heckkollision mit einem von hinten herannahenden Fahrzeug erfassen kann. Sofern eine Heckkollision erfasst wird, werden seitens des Ego-Fahrzeuges Aktionen eingeleitet, die zur Minderung des Verletzungsrisikos bzw. der Verletzungsfolgen bei einem nicht zu verhindernden Aufprall mit dem Folgefahrzeug dienen. Dies kann beispielsweise erfolgen, indem die Trennstrecke bzw. die Distanz zwischen Ego-Fahrzeug und herannahenden Fahrzeug noch vor dem Aufprall durch gezieltes Bremsen verringert wird oder indem die Geschwindigkeit des Ego-Fahrzeuges möglichst nah auf die Geschwindigkeit des von hinten herannahenden Fahrzeuges erhöht wird, wodurch die entstehende Kollisionsenergie verringert und die Kollisionsauswirkungen bzw. das Verletzungsrisikos oder die Verletzungsfolgen für die Insassen verringert wird.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung
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Ausgehend vom Stand der Technik besteht die Aufgabe der vorliegenden Erfindung nunmehr darin, ein Fahrerassistenzsystem bzw. Assistenzsystem zur Verfügung zu stellen, mit dem die Sicherheit für die Fahrzeuginsassen verbessert werden kann.
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Lösung der Aufgabe
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Die vorstehende Aufgabe wird durch die gesamte Lehre des Anspruchs 1 sowie den nebengeordneten Ansprüchen gelöst. Zweckmäßige Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen beansprucht.
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Das erfindungsgemäße Assistenzsystem für ein Fahrzeug bzw. Ego-Fahrzeug dient insbesondere dazu, die Unfallauswirkungen bzw. Kollisionsauswirkungen bei einem Heckaufprall oder einer Kollision mit rückwärtig bzw. von hinten herannahenden Fahrzeugen abzumildern. Das Assistenzsystem umfasst hierzu eine Steuereinrichtung zum Ansteuern von Aktoren (z. B. Lenkung, Motor, Getriebe, Bremse oder dergleichen) und Sensoren des Ego-Fahrzeuges, mindestens einen Umgebungssensor zur Erfassung der rückwärtigen Fahrzeugumgebung und Objekten darin, wobei die Steuereinrichtung konfiguriert ist, eine Kollision mit einem rückwärtig herannahenden Verkehrsteilnehmer bzw. Fahrzeug anhand von Sensordaten des Umgebungssensors festzustellen. Das Ego-Fahrzeug kann sich dabei entweder in Bewegung oder in Stillstand befinden. Anhand von Sensordaten des Umgebungssensors werden Fahrzeugparameter des herannahenden Fahrzeuges ermittelt. Wenn anhand der Fahrzeugparameter des herannahenden Fahrzeuges dann ermittelt wird, dass eine Kollision mit dem herannahenden Fahrzeug bevorsteht und z. B. nicht mehr durch eine entsprechende Aktion des Ego-Fahrzeuges (beispielsweise durch ein Lenk-/Bremsmanöver eingeleitet durch die Steuereinrichtung) verhindert werden kann, wird ein Fahrmanöver des Ego-Fahrzeuges durchgeführt, bei dem das Ego-Fahrzeug derart ausgerichtet werden soll, dass eine Kollisionsfläche und/oder ein Kollisionswinkel zwischen dem Ego-Fahrzeug und dem herannahenden Fahrzeug verändert wird, um bei der Kollision auftretende Kollisionsenergie und/oder die Kollisionsauswirkungen abzuschwächen. Die Sicherheit für die Fahrzeuginsassen kann dadurch in besonderem Maße verbessert werden.
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Zweckmäßigerweise kann als Sensor zur Erfassung des rückwärtigen Fahrzeugumfelds mindestens ein Radarsensor und/oder ein Lidarsensor und/oder ein Kamerasensor und/oder ein Ultraschallsensor oder ein anderer aus dem Stand der Technik bekannter Umgebungssensor vorgesehen sein. Darüber hinaus kann das Ego-Fahrzeug auch andere z. B. nach vorne oder zur Seite gerichtete Umgebungssensoren zur Umgebungserfassung aufweisen.
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Vorzugsweise wird durch das Fahrmanöver die Kollisionsfläche zwischen dem Ego-Fahrzeug und dem herannahenden Fahrzeug vergrößert und/oder der Kollisionswinkel zwischen dem Ego-Fahrzeug und dem herannahenden Fahrzeug verkleinert. Dadurch kann die Aufprallenergie bzw. die auftretenden Kollisionskräfte in besonders vorteilhafter Weise verteilt bzw. abgeleitet werden, wobei diese insbesondere in Verformungsarbeit umgewandelt werden, so dass sich die Karosserie der kollidierenden Fahrzeuge verformt. Dadurch kann die Sicherheit für die Fahrzeuginsassen noch weiter verbessert werden.
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Ferner kann als Fahrzeugparameter des Fahrzeuges mindestens einer folgenden Fahrzeugparameter vorgesehen sein: Geschwindigkeit, Beschleunigung, Fahrtrichtung, Fahrttrajektorie, Fahrzeuggröße, Fahrzeugart, Lenkwinkel oder ein anderer Fahrdynamikparameter.
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Zweckmäßigerweise kann die Steuereinrichtung auch Fahrzeugparameter des Ego-Fahrzeuges anhand der Sensoren und Aktoren des Fahrzeuges ermitteln oder auf Fahrzeugparameter des Ego-Fahrzeuges zugreifen, die z. B. in einem Speicher hinterlegt sind (z. B. das Fahrzeuggewicht und die Fahrzeugabmessungen in Breite, Länge und Höhe). Der Begriff „Fahrdynamikparameter“ oder „Vehicle Dynamics“ (VDY) umfasst im Sinne der Erfindung dabei die Bewegung von Fahrzeugen und die Ermittlung von deren Parametern, wie z. B. Weg, Zeit, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Energieaufwand, Erwärmung von Motoren, Antriebskräfte, Leistungen, Bewegungswiderstände, zu befördernde Anhängelasten sowie Wirkungsgrade. Hierbei handelt es sich ausdrücklich um eine nicht abschließende Aufzählung, wobei die Erfindung die Verwendung sämtlicher aus dem Stand der Technik bekannter VDY-Parameter bzw. Fahrdynamikparameter umfasst. Die Ermittlung derartiger Parameter basiert dabei auf technische, mechanische, physikalische, mathematische und statistische Grundlagen. Die Erfassung derartiger VDY-Parameter bzw. VDY-Daten oder VDY-Informationen ist aus dem Stand der Technik hinreichend bekannt. Beispielsweise kann die Erfassung mittels geeigneter Sensorik erfolgen, wie z. B. anhand von Lenkradwinkelsensor, Beschleunigungssensoren, Gierratensensor, Geschwindigkeitsmesser, Schwimmwinkelsensoren, Optische Abstandssensoren, GPS / DGPS basierte Messsysteme (Positionsmessung) oder Trägheitsnavigationssysteme, um z. B. die Längs-, Quer- oder Hubbewegung, das Gieren, Nicken oder Wanken oder Schwingungen (Translations- und Rotationsschwingung) zu erfassen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung kann die Steuereinrichtung derart konfiguriert sein, dass diese Kollisionsauswirkungen der Kollision anhand der Fahrzeugparameter des Ego-Fahrzeuges und/oder der Fahrzeugparameter des herannahenden Fahrzeuges ermittelt.
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Vorzugsweise ist die Steuereinrichtung derart konfiguriert, dass diese anhand der Fahrzeugparameter des Ego-Fahrzeuges und/oder der Fahrzeugparameter des Fahrzeuges verschiedene mögliche Fahrmanöver berechnet.
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Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung kann die Steuereinrichtung konfiguriert sein, für die verschiedenen Fahrmanöver jeweils die Kollisionsauswirkungen anhand der Fahrzeugparameter des Ego-Fahrzeuges und/oder der Fahrzeugparameter des herannahenden Fahrzeuges zu prädizieren und das durchzuführende Fahrmanöver aus den verschiedenen möglichen Fahrmanövern unter Berücksichtigung der prädizierten Kollisionsauswirkungen auszuwählen. Die Sicherheit der Insassen kann dadurch in besonderem Maße verbessert werden, da hierbei das Fahrmanöver mit der größtmöglichen Sicherheit (d. h. insbesondere mit der wahrscheinlich größtmöglichen Fahrzeugüberlappung von Ego-Fahrzeug und herannahenden Fahrzeug) ausgewählt werden kann.
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Nebengeordnet beansprucht die Erfindung zudem ein Verfahren zum Betrieb eines Assistenzsystems für ein Fahrzeug, insbesondere eines erfindungsgemäßen Assistenzsystems, das eine Steuereinrichtung zum Ansteuern von Aktoren und Sensoren des Fahrzeuges und mindestens einen Umgebungssensor zur Erfassung der rückwärtigen Fahrzeugumgebung und Objekten darin, wobei eine Kollision mit einem rückwärtig herannahenden Fahrzeug anhand von Sensordaten des Umgebungssensors feststellbar ist und anhand von Sensordaten des Umgebungssensor Fahrzeugparameter des herannahenden Fahrzeuges ermittelt werden. Ferner wird ein Fahrmanöver des Ego-Fahrzeuges durchgeführt, wenn anhand der Fahrzeugparameter des herannahenden Fahrzeuges ermittelt wird, dass eine Kollision mit dem herannahenden Fahrzeug bevorsteht (und nicht mehr abwendbar oder mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr abwendbar ist), wobei das Ego-Fahrzeug durch das Fahrmanöver derart ausgerichtet werden soll, dass eine Kollisionsfläche und/oder ein Kollisionswinkel zwischen dem Ego-Fahrzeug und dem herannahenden Fahrzeug verändert wird, um bei der Kollision auftretende Kollisionsenergie bzw. Kollisionsauswirkungen abzuschwächen.
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Ferner umfasst die vorliegende Erfindung ein Fahrzeug, das ein erfindungsgemäßes Assistenzsystem umfasst.
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Beschreibung der Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand von zweckmäßigen Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
- 1: eine vereinfachte Darstellung einer Ausgestaltung eines Fahrzeuges mit erfindungsgemäßem Assistenzsystem;
- 2A: eine vereinfachte schematische Darstellung einer Verkehrssituation, bei der ein Ego-Fahrzeug ein herannahendes Fahrzeug detektiert, mit dem eine Kollision nicht mehr vermeidbar ist, so dass es zu einer Kollision kommt, bei der das herannahende Fahrzeug auf eine Seite des Ego-Fahrzeuges auftrifft;
- 2B: eine vereinfachte schematische, vergrößerte Darstellung der Verkehrssituation aus 2A in detaillierter Form, bei der das herannahende Fahrzeug mit dem Ego-Fahrzeug kollidiert ist;
- 3A: eine vereinfachte schematische Darstellung einer Verkehrssituation, bei der ein Ego-Fahrzeug ein herannahendes Fahrzeug detektiert, mit dem eine Kollision nicht mehr vermeidbar ist, wobei das Ego-Fahrzeug ein erfindungsgemäßes Manöver zur Ausrichtung des Ego-Fahrzeuges vollzieht, so dass es zu einer Kollision kommt, bei der das herannahende Fahrzeug auf das Heck des Ego-Fahrzeuges auftrifft;
- 3B: eine vereinfachte schematische, vergrößerte Darstellung der Verkehrssituation aus 3A, bei der das herannahende Fahrzeug mit dem Ego-Fahrzeug kollidiert ist, und
- 4: eine vereinfachte schematische Darstellung einer Verkehrssituation, bei der ein Ego-Fahrzeug ein herannahendes Fahrzeug detektiert, mit dem eine Kollision nicht mehr vermeidbar ist, wobei das Ego-Fahrzeug ein erfindungsgemäßes Manöver zur Ausrichtung des Ego-Fahrzeuges vollzieht, wodurch der Kollisionswinkel verändert wird.
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Bezugsziffer 1 in 1 beschreibt ein Fahrzeug bzw. Ego-Fahrzeug, welches das erfindungsgemäße Assistenzsystem umfasst und hierzu eine Steuereinrichtung 2 aufweist, bei der es sich z. B. um eine zentrale Steuereinheit (ECU - Electronic Control Unit, ADCU Assisted & Automated Driving Control Unit) handeln kann, welche anhand von geeigneten Sensoren bzw. Sensorvorrichtungen zur Umfelderfassung die Umgebung bzw. das Fahrzeugumfeld sowie die darin befindlichen Objekte erkennen und klassifizieren kann. Die Steuerung hat zur Steuerung des Fahrzeuges zudem Zugriff auf Aktoren (Steuerung 3, Motor 4, Bremse 5) des Fahrzeuges 1, um das Fahrzeug 1 (teil-) autonom zu steuern oder um den Fahrer im Rahmen einer Assistenzfunktion durch Fahreingriffe zu unterstützen. Als Sensorvorrichtung zur Umfelderfassung besitzt das Fahrzeug 1 einen im Frontbereich angeordneten Radarsensor 6, eine hinter der Frontscheibe des Fahrzeuges 1 angeordnete Kamera 7 sowie einen Lidarsensor 8, sowie mehrere im front- und Heckbereich angeordnete Radarsensoren 9a-9d. Die Radarsensoren 9c, 9d sind hierbei derart angeordnet, dass deren Sichtfeld nach hinten gerichtet ist, wodurch diese geeignet sind, das Umfeld hinter dem Fahrzeug 1 zu erfassen und Objekte darin zu detektieren. Das erfindungsgemäße Verfahren kann in praktischer Weise z. B. über die Steuereinrichtung 2 ausgeführt werden.
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Das erfindungsgemäße Assistenzsystem zur Verringerung bzw. Milderung der Unfallauswirkungen bei einem insbesondere nicht zu vermeidenden Heckaufprall erkennt dabei ein von hinten bzw. heckseitig herannahendes Fahrzeug durch nach hinten gerichtete und vornehmlich heckseitig angeordnete Sensoren (z. B. Radar, Kamera, Lidar) und orientiert das Ego-Fahrzeug z. B. durch Lenk- und Längsverdrängung mit Lenkung und Beschleunigung derart, dass die Kollisionskräfte bzw. die Kollisionsenergie optimal abgespalten und verteilt werden können/kann. Beispielsweise kann das Ego-Fahrzeug 1 derart ausgerichtet werden, dass zum Unfallzeitpunkt bzw. Kollisionszeitpunkt eine größtmögliche Überlappung der Front- und Heckflügel der Fahrzeuge vorliegt. Durch eine optimale bzw. größtmögliche Überlappung werden die Kräfte bestmöglich kompensiert und die Kollisionsauswirkungen auf die Fahrgäste verringert, z. B. indem die Kollisionskräfte bzw. die Kollisionsenergie durch eine Verformung der Karosserie bzw. der Knautschzone bestmöglich verteilt oder abgeleitet wird.
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Als Knautschzone oder Deformationszone eines Fahrzeuges werden Bereiche des Fahrzeugs bezeichnet, die sich im Falle einer Kollision verformen und so Energie durch Verformungsarbeit absorbieren, wobei im Kollisionsfall die im Fahrzeug enthaltene kinetische Energie in Verformungsenergie umgewandelt wird. Im Heckbereich des Fahrzeuges handelt es sich hierbei insbesondere um die Heckflügel und der Bereich des Kofferraumes bzw. des eckseitigen Stauraumes.
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In 2A ist eine Verkehrssituation gezeigt, bei der ein Fahrzeug 10 und ein von hinten herannahendes, schnelleres Fahrzeug 11 miteinander kollidieren. Eine Kollision der beiden Fahrzeuge 10, 11 ist in dieser Verkehrssituation nicht mehr vermeidbar, z. B. aufgrund der hohen Relativgeschwindigkeit des herannahenden Fahrzeuges 11. Dadurch, dass die beiden Fahrzeuge 10, 11 lateral versetzt fahren, trifft das herannahende Fahrzeug 11 nur auf eine Seite des Fahrzeuges 10 auf bzw. die Fahrzeuge 10, 11 kollidieren an zwei Ecken miteinander (wie auch in 2B gezeigt). Eine derartige Kollision hat jedoch den Nachteil, dass die Fahrzeuge 10, 11 mit einer relativ geringen Kollisionsfläche aufeinandertreffen. Dadurch wird die Kollisionsenergie, die durch den Aufprall der beiden Fahrzeuge 10,11 entsteht, über eine vergleichsweise kleine Fläche aufgenommen (d. h. die Kollisionsenergie kann nur in einem geringen Maße z. B. in Verformungsenergie umgewandelt werden, durch die die Karosserie der Fahrzeuge 10,11 verformt wird). Aufgrund dessen entstehen in der Regel größere Schäden an der Karosserie im Vergleich zu Unfällen, bei denen eine größere Kollisionsfläche vorliegt und mehr Kollisionsenergie z. B. in Verformungsenergie umgewandelt werden kann. Darüber hinaus erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass unkontrollierte Bewegungen der Fahrzeuge 10,11 durch die freiwerdende Energie erfolgen (z. B. ein Abdriften bzw. Ausbrechen eines der Fahrzeuge 10, 11 aus ihrer bisherigen Fahrspur).
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In 3A ist eine Verkehrssituation gezeigt, bei der das Fahrzeug 1 ein von hinten herannahendes, schnelleres Fahrzeug 11 detektiert, z. B. über die nach hinten gerichteten Radarsensoren 9c, 9d (der Übersichtlichkeit halber in 3A, 3B nicht dargestellt). Ferner werden zum von hinten herannahenden Objekt bzw. Fahrzeug 11 Fahrzeugparameter erfasst, anhand derer feststellbar ist, ob eine Kollision des Ego-Fahrzeuges 1 und des von hinten herannahenden Fahrzeuges 11 vermeidbar ist oder nicht. Für den Fall, dass eine derartige Kollision vermeidbar ist, kann das Ego-Fahrzeug 1 bzw. das Assistenzsystem über die Steuereinrichtung 2 ein Fahrmanöver einleiten, mittels dem ein Unfall bzw. eine Kollision vermieden wird (z. B. ein Lenkmanöver, durch das das Ego-Fahrzeug 1 aus der prädizierten Trajektorie des herannahenden Fahrzeugs 11 heraus bewegt wird).
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Sofern festgestellt wird, dass der vorliegenden Verkehrssituation eine Kollision nicht mehr vermeidbar ist, z. B. aufgrund der hohen Relativgeschwindigkeit des herannahenden Fahrzeuges 11, wird durch das Assistenzsystem bzw. die Steuereinrichtung 2 ein Fahrmanöver des Ego-Fahrzeuges 1 eingeleitet, durch das die Folgen bzw. die Wirkung der Kollision vermindert wird. Dadurch, dass die beiden Fahrzeuge 1, 11 zunächst lateral versetzt fahren, würde das herannahende Fahrzeug 11 nur auf eine Seite des Fahrzeuges 10 auftreffen, wie in 2A bzw. 2B gezeigt. Um eine derartige Kollision abzumildern, wird das Fahrzeug 1 durch entsprechende laterale und oder longitudinale Lenkmanöver derart zum Fahrzeug 11 ausgerichtet (dargestellt durch den schwarzen Pfeil), dass die Fahrzeuge 1, 11 mit einer größeren Kollisionsfläche aufeinandertreffen, wie auch in 3B gezeigt. Dadurch wird die Kollisionsenergie, die durch den Aufprall der beiden Fahrzeuge 1,11 entsteht, über eine größere Fläche aufgenommen (d. h. die Kollisionsenergie kann über eine größere Fläche z. B. in Verformungsenergie umgewandelt werden, wodurch die Karosserien der Fahrzeuge 1,11 über die gesamte Breite der Fahrzeuge 1, 11 verformt wird). Aufgrund dessen werden größere Schäden an den Karosserien verringert im Vergleich zu Unfällen, bei denen eine kleinere Kollisionsfläche vorliegen. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit verringert, dass unkontrollierte Bewegungen der Fahrzeuge 1,11 durch die freiwerdende Energie erfolgen, und die Sicherheit der Insassen erhöht.
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Ferner kann auch der Kollisionswinkel verändert werden, so dass die Fahrzeuge möglichst „gerade“ aufeinandertreffen, wodurch auch die Kollisionsfläche vergrößert werden kann. Beispielsweise kann, wie in 4 gezeigt, eine Veränderung des Kollisionswinkels 12 erfolgen, wenn das schräg von hinten herannahende Fahrzeug 11 (z. B. in Kurvenfahrten, bei Überholmanövern oder in Kreuzungssituationen) droht, auf das Ego-Fahrzeug 1 aufzufahren, kann das Ego-Fahrzeug 1 derart ausgerichtet werden, dass der Kollisionswinkel 12 entsprechend verkleinert wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Ego-Fahrzeug
- 2
- Steuereinrichtung
- 3
- Steuerung
- 4
- Motor
- 5
- Bremse
- 6
- Radarsensor
- 7
- Kamera
- 8
- Lidarsensor
- 9a
- Radarsensor
- 9b
- Radarsensor
- 9c
- Radarsensor
- 9d
- Radarsensor
- 10
- Fahrzeug
- 11
- Fahrzeug
- 12
- Kollisionswinkel
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 202013006010 U1 [0006]
- EP 3317155 A1 [0007]