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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Brake-by-Wire Bremssystems eines Kraftfahrzeugs zum Bremsen des Kraftfahrzeugs. Ferner betrifft die Erfindung ein Bremssystem für ein Kraftfahrzeug sowie ein Kraftfahrzeug mit einem gattungsgemäßen Bremssystem.
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Es sind Bremssysteme bekannt, bei welchen ein Bremspedal von einer Bremsvorrichtung zum gezielten Bremsen eines Rads des Kraftfahrzeugs mechanisch entkoppelt ist. Derartige Bremssysteme werden auch als „Brake-by-Wire Bremssysteme“ bezeichnet und weisen einen mit dem Bremspedal mechanisch gekoppelten Weggeber zum Erfassen einer Pedalstellung des Bremspedals, einen Bremsaktutator zum Erzeugen eines Bremsfluiddrucks zum Betätigen der Bremsvorrichtung sowie eine Steuerungsvorrichtung zum Steuern des Bremsaktuators in Abhängigkeit der Pedalstellung auf. Beispiele unterschiedlicher Brake-by-Wire Bremssysteme sind aus den Dokumenten
DE 10 2013 203 594 A1 und
DE 10 2013 203 672 A1 bekannt.
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Als Bremsaktuatoren werden beispielsweise Bremsfluidzylinder verwendet, in welchen ein Kolben bewegbar geführt ist. In dem Bremsfluidzylinder ist ein Bremsfluid angeordnet, welches über eine Bewegung des Kolbens zu den Radbremsen drückbar ist. Die Bewegung des Kolbens ist über die Steuerungsvorrichtung steuerbar und beispielsweise elektrisch, insbesondere über einen Elektromotor, bewirkbar. Derartige Bremsaktuatoren werden mitunter auch als „Plunger“ bezeichnet und bilden einen wesentlichen Bestandteil eines Primärsystems des Bremssystems.
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Während bei konventionellen mechanischen Bremssystemen ein Ausfall eines Bremskraftverstärkers, einer ESC-Pumpe oder dergleichen aufgrund der mechanischen Kopplung des Bremspedals mit der Bremsvorrichtung zumindest ein eingeschränktes Betätigen der Bremsvorrichtung über das Bremspedal zulässt, ist eine solche Möglichkeit bei Brake-by-Wire Bremssystemen nicht gegeben. Aus diesem Grund benötigen Brake-by-Wire Bremssysteme neben dem Primärsystem eine Rückfallebene, um ein Bremsen auch bei einem Ausfall des Primärsystems zu ermöglichen. Hierfür werden Sekundärsysteme bereitgestellt, welche beispielsweise eine Bremsfluidpumpe aufweisen, über welche das Bremsfluid von einem Bremsfluidspeicher über eine Saugleitung zu den Bremsvorrichtungen pumpbar ist.
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Das Befüllen der Bremsvorrichtung mit Bremsfluid kann dabei in drei Phasen unterteilt werden. In der ersten Phase nimmt die Bremsvorrichtung Volumen auf, es kommt zu einer Verschiebung des Hydraulikkolbens in der Bremsvorrichtung, welcher damit einen Bremsbelag der Bremsvorrichtung auf eine Bremsscheibe der Bremsvorrichtung zubewegt. Der Gegendruck aus der Bremsvorrichtung ist hierbei sehr gering, da keine große Kraft gegen den Bremsbelag drückt. Diese Phase endet, sobald der Bremsbelag an der Bremsscheibe anliegt. Dabei entstehen erste Bremsmomente und eine erste Fahrzeugverzögerung.
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In der nachfolgenden zweiten Phase wird weiteres Volumen in die Bremsvorrichtung verschoben. Dabei steigt der Bremsdruck in dieser stetig an. Eine geringe Volumenaufnahme in der Bremsvorrichtung resultiert hier aus Bauteilelastizitäten und einer minimalen Kompressibilität der Bremsflüssigkeit. Dabei nehmen Bremsdruck, Bremsmoment und Fahrzeugverzögerung gemeinsam zu.
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In der dritten Phase ist die Haftgrenze des Rades erreicht. Hier ist ein weiterer Bremsdruckaufbau Kontraproduktiv, da dieser nur zum blockieren des Rades führen würde. Eine Verschiebung von Hydraulikflüssigkeit in die Bremsvorrichtung führt hier also nicht weiter zu einer deutlich höheren Fahrzeugverzögerung.
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Bei einer Vollbremsung unter Normalbedingungen werden die ersten beiden Phasen im Normalbetrieb des Bremssystems in etwa 200 ms durchlaufen, sodass sich hier keine für den Fahrer spürbare Bremslatenz bis zur Vollbremsung einstellt. Unter einer Bremslatenz wird in diesem Rahmen eine Verzögerung zwischen einer Pedalbetätigung des Bremspedals und einem Verzögerungsaufbau des Fahrzeugs verstanden.
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Bekannte Brake-by-Wire Bremssysteme haben den Nachteil, dass bei einem Ausfall des Primärsystems die Bremskraft vom Sekundärsystem bereitgestellt werden muss, wobei sich eine Viskosität des Bremsfluids mit sinkenden Temperaturen erhöht. Dies führt bei besonders niedrigen Temperaturen, beispielsweise unterhalb von -20 °C, dazu, dass sich bei gleicher Pumpenleistung der Bremsfluidpumpe die Dauer bis zum Erreichen der vollen Fahrzeugverzögerung wesentlich erhöht. Eine Erhöhung einer Förderleistung der Bremsfluidpumpe kann diesen Effekt mindern. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Plunger und der Bremsfluidpumpe. Der Plunger arbeitet hierbei nur mit Überdruck, da er ein eigenes Reservoir hat und kann demzufolge durch eine Druckerhöhung den nachteiligen Effekt der höheren Bremslatenz durch höhere Betätigungskräfte nahezu vollständig kompensieren. Die Bremsfluidpumpe arbeitet nicht mit einem eigenen Reservoir, sondern bedient sich über eine Saugleitung aus dem Bremsfluidspeicher. In dieser Saugleitung herrscht maximal eine Druckdifferenz von einem Bar. Hierdurch ist das maximale Fördervolumen der Hydraulikpumpe limitiert. Im Ergebnis dauert der Druckaufbau über eine Pumpe unter Extrembedingungen, beispielsweise unterhalb von -20 °C, länger als eine Sekunde, was eine merkliche Erhöhung der Bremslatenz nach sich zieht.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die voranstehend beschriebenen Nachteile bei einem Verfahren zum Betreiben eines Brake-by-Wire Bremssystems zu beheben oder zumindest teilweise zu beheben. Insbesondere ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren, ein Bremssystem und ein Kraftfahrzeug zu schaffen, die auf eine einfache und kostengünstige Art und Weise eine Bremslatenz bei Ausfall des Primärsystems, insbesondere bei sehr niedrigen Außentemperaturen unterhalb des Gefrierpunkts, reduzieren und somit einen Bremsweg verkürzen.
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Die voranstehende Aufgabe wird durch die Patentansprüche gelöst. Demnach wird die Aufgabe durch ein Verfahren zum Betreiben eines Brake-by-Wire Bremssystems eines Kraftfahrzeugs zum Bremsen des Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen des unabhängigen Anspruchs 1, durch ein Bremssystem für ein Kraftfahrzeug mit den Merkmalen des nebengeordneten Anspruchs 9 sowie durch ein Kraftfahrzeug mit den Merkmalen des nebengeordneten Anspruchs 10 gelöst. Weitere Merkmale und Details der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen. Dabei gelten Merkmale und Details, die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben sind, selbstverständlich auch im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Bremssystem sowie dem erfindungsgemäßen Kraftfahrzeug und jeweils umgekehrt, sodass bezüglich der Offenbarung zu den einzelnen Erfindungsaspekten stets wechselseitig Bezug genommen wird beziehungsweise werden kann.
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Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung wird die Aufgabe durch ein Verfahren zum Betreiben eines Brake-by-Wire Bremssystems eines Kraftfahrzeugs zum Bremsen des Kraftfahrzeugs gelöst. Das Bremssystem weist einen Bremsfluidspeicher zum Bereitstellen eines Bremsfluids, eine Bremsfluidpumpe zum Ansaugen des Bremsfluids aus dem Bremsfluidspeicher zum Erzeugen eines Bremsdrucks, eine Mehrzahl über jeweils ein Bremsbefüllventil separat ansteuerbarer Bremsvorrichtungen zum gezielten Bremsen jeweils eines Rads des Kraftfahrzeugs und eine Steuerungsvorrichtung zum Steuern der Bremsfluidpumpe sowie der Bremsbefüllventile auf. Das Verfahren weist auf:
- - Erstellen einer Priorisierung der zu bremsenden Räder in Abhängigkeit mindestens eines vordefinierten Priorisierungskriteriums durch die Steuerungsvorrichtung,
- - Ermitteln einer Bremsanforderung zum Bremsen des Kraftfahrzeugs durch die Steuerungsvorrichtung,
- - Betreiben der Bremsfluidpumpe durch die Steuerungsvorrichtung zum Erzeugen eines IST-Bremsfluiddrucks des Bremsfluids,
- - Vergleichen einer zur Verfügung stehenden IST-Bremsfluidfördernmenge mit einer zum Umsetzen der Bremsanforderung erforderlichen SOLL-Bremsfluidförermenge durch die Steuerungsvorrichtung,
- - Gezieltes Beaufschlagen der Bremsvorrichtungen mit dem Bremsfluid durch die Steuerungsvorrichtung in Abhängigkeit der Priorisierung derart, dass ein Bremsbefüllventil des am höchsten priorisierten Rads geöffnet und ein Bremsbefüllventil des am niedrigsten priorisierten Rads geschlossen ist, wenn die SOLL-Bremsfluidfördermenge größer ist als die IST-Bremsfluidfördermenge.
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Das für die Durchführung des Verfahrens verwendete Bremssystem ist als Brake-by-Wire Bremssystem ausgebildet. Zum Speichern des Bremsfluids weist das Bremssystem den Bremsfluidspeicher auf. Der Bremsfluidspeicher ist vorzugsweise als geschlossener Fluidtank ausgebildet, in welchen die Saugleitung hineingeführt ist. Ferner sind vorzugsweise von den Bremsvorrichtungen geführte Bremsfluidleitungen zum Abführen des Bremsfluids aus den Bremsvorrichtungen in den Bremsfluidspeicher geführt. Zwischen den Bremsvorrichtungen und dem Bremsfluidspeicher ist vorzugsweise jeweils ein durch die Steuerungsvorrichtung steuerbares Bremsentleerventil angeordnet, um das Ableiten des Bremsfluids aus den Bremsvorrichtungen zu kontrollieren.
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Die Bremsfluidpumpe ist zum Ansaugen des Bremsfluids aus dem Bremsfluidspeicher zum Erzeugen einer Bremsfluidfördermenge und eines Bremsdrucks ausgebildet. Vorzugsweise ist die Bremsfluidpumpe als ESC-Pumpe des Bremssystems ausgebildet. Weiter bevorzugt ist die Bremsfluidpumpe einem Sekundärsystem des Bremssystems zugeordnet, wobei das Bremssystem zum Erzeugen des Bremsdrucks vorzugsweise einen Plunger aufweist, welcher vorzugsweise einem Primärsystem des Bremssystems zugeordnet ist. Demnach ist es bevorzugt, dass das Bremssystem in einem Normalbetrieb über den Plunger den erforderlichen Bremsdruck erzeugt und bei Ausfall des Primärsystems, beispielsweise bei einem Platinenbruch, das erfindungsgemäße Verfahren zum Bremsen des Kraftfahrzeugs durchführt. Die Bremsfluidpumpe ist durch die Steuerungsvorrichtung ansteuerbar.
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Die Bremsvorrichtungen sind vorzugsweise als Scheibenbremsvorrichtungen oder Trommelbremsvorrichtungen ausgebildet und sind ausgebildet, durch definiertes Beaufschlagen mit dem Bremsfluid bei einem drehenden Rad, beispielsweise bei einem fahrenden Kraftfahrzeug, ein Bremsmoment zu erzeugen. Zum gezielten Befüllen der Bremsvorrichtungen weist das Bremssystem die Bremsbefüllventile auf. Die Bremsbefüllventile sind durch die Steuerungsvorrichtung verstellbar ausgebildet. Vorzugsweise sind die Bremsbefüllventile in eine Öffnungsstellung, in welcher das Bremsfluid zu der jeweiligen Bremsvorrichtung leitbar ist, und einer Verschlussstellung, in welcher eine Bremsfluidleitung zur Bremsvorrichtung gesperrt ist, verstellbar. Weiter bevorzugt sind die Bremsbefüllventile in eine weitere Überströmstellung verstellbar ausgebildet. In der Überströmstellung sperrt das Bremsbefüllventil die Bremsfluidleitung bis zu einem Auslösedruck des Bremsfluids. Bei Bremsfluiddrücken oberhalb des Auslösedrucks ist das Bremsbefüllventil vorzugsweise überströmbar, sodass die dem Bremsbefüllventil zugeordnete Bremsvorrichtung mit Bremsfluid beaufschlagbar ist. Der Auslösedruck ist vorzugsweise ein Bremsfluiddruck, welcher in der zweiten Phase, insbesondere direkt nach dem Übergang von der ersten Phase in die zweite Phase, auftritt. Vorzugsweise sind die Bremsbefüllventile derart ausgebildet, dass unterschiedliche Auslösedrücke einstellbar sind.
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Im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens erstellt die Steuerungsvorrichtung die Priorisierung der zu bremsenden Räder des Kraftfahrzeugs. Hierfür verwendet die Steuerungsvorrichtung ein oder mehrere vordefinierte Priorisierungskriterien. Ein Priorisierungskriterium kann beispielsweise von einer Fahrsituation oder einem Zustand von Komponenten des Kraftfahrzeugs abhängig sein. Das Priorisierungskriterium kann demnach beispielsweise eine Geschwindigkeit, Längs- und/oder Querbeschleunigung, Fahrbelagsbeschaffenheit, Bremsvorrichtungsbeschaffenheit, Reifenbeschaffenheit, Temperatur, Feuchtigkeit oder dergleichen berücksichtigen. Bei trockener Fahrbahn sind mit Vorderrädern des Kraftfahrzeugs beispielsweise höhere Bremsleistungen bewirkbar als mit Hinterrädern und erhalten daher vorzugsweise eine höhere Priorisierung. Bei besonders glatter Fahrbahn können die Bremsleitungen gleich groß sein, sodass hieraus vorzugsweise keine oder lediglich eine geringfügige Priorisierung herleitbar ist. Bei Kurvenfahrten sind mit vom Kurvenmittelpunkt weiter entfernteren Rädern eine höhere Bremsleitung erzielbar als mit den zum Kurvenmittelpunkt weisenden Rädern, sodass die vom Kurvenmittelpunkt weiter entfernteren Räder vorzugsweise eine höhere Priorisierung erhalten. Bremsvorrichtungen und Reifen mit einem geringeren Verschleiß werden vorzugsweise höher priorisiert als Bremsvorrichtungen und Reifen mit einem höheren Verschleiß. Bei Verwendung mehrerer Priorisierungskriterien wird vorzugsweise eine Gewichtung der einzelnen Priorisierungskriterien durchgeführt. Die einzelnen, vorzugsweise gewichteten, Priorisierungen werden dann vorzugsweise miteinander verglichen, um die gesamte Priorisierung der zu bremsenden Räder zu erstellen. Eine Priorisierung kann beispielsweise als Reihenfolge der zu bremsenden Räder ermittelt werden. Alternativ kann jedem Rad eine Prozentzahl zugeordnet werden, welche einen bevorzugten Anteil des jeweiligen Rads am Bremsvorgang widerspiegelt. Die Priorisierung wird vorzugsweise im Laufe des Bremsvorgangs wiederholt durchgeführt, sodass die Priorisierung veränderbar ist. Vorzugsweise erfolgt dies unter Verwendung einer Hysterese, um ein zu häufiges Ansteuern der Bremsvorrichtungen zu vermeiden.
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Ferner wird durch die Steuerungsvorrichtung die Bremsanforderung zum Bremsen des Kraftfahrzeugs ermittelt. Dies erfolgt beispielsweise durch Auswerten einer Stellung eines Bremspedals des Kraftfahrzeugs. Wenn das Bremspedal durch den Fahrer betätigt wird, wird hierdurch die Bremsanforderung generiert und an die Steuerungsvorrichtung übermittelt.
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Die Steuerungsvorrichtung betreibt in Abhängigkeit der Bremsanforderung die Bremsfluidpumpe zum Erzeugen des IST-Bremsfluiddrucks des Bremsfluids. Hierbei versucht die Steuerungsvorrichtung vorzugsweise die zum Umsetzen der Bremsanforderung erforderlichen SOLL-Bremsfluidfördermenge zu erreichen. Bei einer Vollbremsung, insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten, beispielsweise über 100 km/h, betreibt die Steuerungsvorrichtung die Bremsfluidpumpe somit vorzugsweise mit maximaler Leistung. Die IST-Bremsfluidfördermenge kann durch die Steuerungsvorrichtung beispielsweise durch Messen oder unter Verwendung eines Modells ermittelt werden.
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Die Steuerungsvorrichtung vergleicht die erzeugte IST-Bremsfluidfördermenge mit der SOLL-Bremsfluidfördermenge. Wenn die IST-Bremsfluidfördermenge kleiner als die SOLL-Bremsfluidfördermenge ist, steuert die Steuerungsvorrichtung die Bremsbefüllventile gemäß der Priorisierung gezielt an. Hierdurch werden die Bremsvorrichtungen mit dem Bremsfluid gezielt beaufschlagt, wobei die am niedrigsten priorisierte Bremsvorrichtung nicht mit dem Bremsfluid beaufschlagt wird, sodass hierdurch eingespartes Bremsfluid den höher priorisierten Bremsvorrichtungen zur Verfügung steht.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Betreiben eines Brake-by-Wire Bremssystems eines Kraftfahrzeugs zum Bremsen des Kraftfahrzeugs hat gegenüber herkömmlichen Verfahren den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise ein Bremsweg bei einem Ausfall des Primärsystems, insbesondere bei Temperaturen unter -20 °C, erheblich verkürzbar ist. Durch das gezielte Beaufschlagen der priorisierten Bremsvorrichtungen mit dem Bremsfluid ist ein Wirkungsgrad des Bremssystems verbessert, sodass selbst bei verzögertem Beaufschlagen der niedriger priorisierten Bremsvorrichtungen eine Gesamtwirkung des Bremssystems verbessert ist.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterentwicklung der Erfindung kann bei einem Verfahren vorgesehen sein, dass vor dem Ermitteln der Bremsanforderung ein Prädizieren einer potenziell bevorstehenden Bremsanforderung zum Bremsen des Kraftfahrzeugs durch die Steuerungsvorrichtung durchgeführt wird, wobei die Bremsfluidpumpe zum Erzeugen eines VOR-Bremsfluiddrucks betrieben wird, wenn eine potenziell bevorstehende Bremsanforderung ermittelt wird, wobei der VOR-Bremsfluiddruck kleiner ist als ein zum Betätigen der Bremsvorrichtung zum Bremsen des Rads erforderlicher MIN-Bremsfluiddruck. Demnach ist es bevorzugt, dass bereits frühzeitig die Bremsfluidpumpe zum Druckaufbau des Bremsfluids betrieben wird, wenn die Steuerungsvorrichtung den bevorstehenden Bremsvorgang prädiziert. Vorzugsweise führt die Steuerungsvorrichtung das Prädizieren derart durch, dass eine Bremswahrscheinlichkeit ermittelt wird. Weiter bevorzugt wird der VOR-Bremsfluiddruck in Abhängigkeit der Bremswahrscheinlichkeit von der Steuerungsvorrichtung festgelegt, sodass bei hoher Bremswahrscheinlichkeit ein relativ hoher VOR-Bremsfluiddruck aufgebaut wird. Ferner ist der VOR-Bremsfluiddruck kleiner als der MIN-Bremsfluiddruck, welcher zum Bremsen des Rads erforderlich ist. Gleichwohl kann der VOR-Bremsfluiddruck derart ausgebildet sein, dass hierdurch eine minimale Bremswirkung, wie beispielsweise ein leichtes Schleifen des Bremsbelags an der Bremsscheibe, bewirkt wird. Es ist bevorzugt, dass der VOR-Bremsfluiddruck ein Bremsfluiddruck der ersten Phase des Bremsvorgangs vor dem ersten Kontaktieren von Bremsbelag und Bremsscheibe bzw. Bremstrommel ist. Der MIN-Bremsfluiddruck ist vorzugsweise ein Bremsfluiddruck am Ende der ersten Phase oder am Anfang der zweiten Phase des Bremsvorgangs. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise ein Teil des Druckaufbaus des Bremsfluids zum Betreiben der Bremsvorrichtungen bereits vor dem Ermitteln der Bremsanforderungen durchführbar ist, sodass eine Bremslatenz weiter reduzierbar ist.
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Es ist erfindungsgemäß bevorzugt, dass der VOR-Bremsfluiddruck derart erzeugt wird, dass der VOR-Bremsfluiddruck zu einem prädizierten Zeitpunkt zum Eintreten der potenziellen Bremsanforderungen bereitgestellt ist. Bei der Prädiktion der potenziellen Bremsanforderung wird vorzugsweise ein Zeitpunkt ermittelt, zu welchem die Bremsanforderung erwartet wird. Alternativ kann die Prädiktion eine Vielzahl solcher Zeitpunkte aufweisen, welchen jeweils eine Bremswahrscheinlichkeit zugeordnet wird. Der VOR-Bremsfluiddruck kann demnach erfindungsgemäß den Bremswahrscheinlichkeiten angepasst oder gezielt aufgebaut werden, sodass dieser zu einem von der Steuerungsvorrichtung ermittelten Zeitpunkt vorliegt. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise die Bremslatenz weiter reduzierbar ist.
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Weiter bevorzugt erfolgt das Prädizieren der potenziell bevorstehenden Bremsanforderung in Abhängigkeit einer aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit und/oder Streckeninformationen eines Navigationssystems und/oder Sensordaten eines Fahrerassistenzsystems. Je höher die Fahrzeuggeschwindigkeit, desto größer ist die erforderliche Verzögerung zum Anhalten des Kraftfahrzeugs. Die Bremswahrscheinlichkeit tritt aufgrund des längeren Bremswegs bei höheren Geschwindigkeiten bei einem erforderlichen Fahrmanöver wesentlich früher ein als bei relativ niedrigen Geschwindigkeiten. Fährt das Kraftfahrzeug beispielsweise mit hoher Geschwindigkeit auf eine Kurve zu, ist eine Bremswahrscheinlichkeit größer als bei einer niedrigeren Geschwindigkeit. Die Streckeninformationen weisen beispielsweise Informationen über Kurven, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Fahrbahnunebenheiten, Steigungen, Gefälle oder dergleichen auf. Dem Navigationssystem ist beispielsweise eine Route des Kraftfahrzeugs bereits bekannt, sodass ein Vorbereiten auf ein bevorstehendes Abbiegen frühzeitig erfolgen kann. Die Sensordaten des Fahrerassistenzsystems können beispielsweise Sensordaten eines Abstandsassistenten, eines Kollisionsassistenten, eines Kurvenassistenten, eines Verkehrsschildassistenten, eines Lichtassistenten oder dergleichen sein. Aus derartigen Sensordaten sind Bremswahrscheinlichkeiten zuverlässig ermittelbar, sodass der VOR-Bremsfluiddruck rechtzeitig sowie bedarfsgerecht aufbaubar ist. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise die Bremslatenz weiter reduzierbar ist.
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In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung kann bei einem Verfahren vorgesehen sein, dass der VOR-Bremsfluiddruck derart eingestellt wird, dass zunächst ein höherer Bremsfluiddruck eingestellt wird, bei welchem die Bremsvorrichtung ein Bremsmoment erzeugt, und anschließend der Bremsfluiddruck gezielt auf den VOR-Bremsfluiddruck reduziert wird. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn ein möglichst hoher VOR-Bremsfluiddruck bereitgestellt werden soll, um bei einer nachfolgenden konkreten Bremsanforderungen eine möglichst hohe Bremsleitung zu erzielen. In diesem Rahmen ist es bevorzugt, dass der höhere Bremsfluiddruck durch Erfassen einer Bremswirkung, wie beispielsweise eines Bremsmoments, eines Bremsgegendrucks oder dergleichen, durch die Steuerungsvorrichtung ermittelt wird. Der Bremsfluiddruck wird anschließend auf den VOR-Bremsfluiddruck reduziert. Somit ist gewährleistet, dass der VOR-Bremsfluiddruck verhältnismäßig groß einstellbar ist, sodass zum Betätigen der Bremsvorrichtungen weniger zusätzliche Arbeit durch die Bremsfluidpumpe erforderlich ist. Das Reduzieren auf den VOR-Bremsfluiddruck erfolgt vorzugsweise ohne zusätzliche Verzögerung, um die Bremsbeläge der Bremsvorrichtungen zu schonen und keine frühzeitigen Bremsmanöver durchzuführen. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise ein Verschleiß der Bremsvorrichtung sowie die Bremslatenz weiter reduzierbar sind.
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Vorzugsweise beträgt der höhere Bremsfluiddruck 20 bar. Alternativ oder zusätzlich ist es bevorzugt, dass das Reduzieren des Bremsfluiddrucks durch das Ablassen von 1 ml Bremsfluid aus der Bremsvorrichtung erfolgt. Ein Bremsfluiddruck von um die 20 bar entspricht etwa einem Bremsfluiddruck bei herkömmlichen Bremsvorrichtungen beim Übergang in die zweite Phase des Bremsvorgangs. Wird in einem solchen Zustand etwa 1 ml Bremsfluid abgelassen, sind herkömmliche Bremsvorrichtungen für PKW in einen Zustand bringbar, in welchem die Bremsvorrichtungen keine Reibung erzeugen und somit kein Bremsmoment bereitstellen. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise das Einstellen des VOR-Bremsfluiddrucks weiter verbessert und somit die Bremslatenz weiter reduzierbar ist.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung erfolgt das Erstellen der Priorisierung der Räder in Abhängigkeit eines Aufwand-Nutzen-Verhältnisses zum Bremsen des Kraftfahrzeugs. In diesem Rahmen wird beispielsweise durch die Steuerungsvorrichtung ermittelt, mit welcher Bremsstrategie mit dem zur Verfügung stehenden IST-Bremsdruck eine maximale Verzögerung des Kraftfahrzeugs erreicht werden kann. Hierbei kann beispielsweise ermittelt werden, welches Ansteuern einer konkreten Bremsvorrichtung welche Auswirkungen auf das Bremsverhalten des Kraftfahrzeugs haben wird. Dies erfolgt vorzugsweise unter Berücksichtigung bekannter Kennfelder der Bremsvorrichtungen, Fahrdynamikdaten des Kraftfahrzeugs oder dergleichen. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise die Bremslatenz weiter reduzierbar ist.
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Besonders bevorzugt erfolgt zusätzlich zum gezielten Beaufschlagen der Bremsvorrichtungen ein Bremsen der Räder über einen oder mehrere Elektromotoren. Das zusätzliche Bremsen erfolgt vorzugsweise über Rekuperation. In diesem Rahmen ist es bevorzugt, dass das zusätzliche Bremsen derart erfolgt, dass hierdurch eine Fahrstabilität des Kraftfahrzeugs verbessert wird. Ein stärkeres Beaufschlagen der vorderen Bremsvorrichtungen aufgrund einer höheren Priorisierung bewirkt beispielsweise bei einer Kurvenfahrt ein leichtes Untersteuern des Kraftfahrzeugs. Durch entsprechendes Hinzuschalten von Elektromotoren zum Bremsen des Kraftfahrzeugs an Hinterrädern ist ein Übersteuerungsverhalten des Kraftfahrzeugs bewirkbar, welches das Untersteuern zumindest teilweise kompensieren kann. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine Gesamtbremsleitung des Bremssystems zum Bremsen des Kraftfahrzeugs erhöhbar und somit der Bremsweg weiter verkürzbar ist. Zudem ist eine Fahrstabilität des Kraftfahrzeugs weiter verbesserbar.
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Gemäß einem zweiten Aspekt der Erfindung wird die Aufgabe durch ein Bremssystem für ein Kraftfahrzeug gelöst. Das Bremssystem weist einen Bremsfluidspeicher zum Bereitstellen eines Bremsfluids, eine Bremsfluidpumpe zum Ansaugen des Bremsfluids aus dem Bremsfluidspeicher zum Erzeugen eines Bremsdrucks, eine Mehrzahl über jeweils ein Bremsbefüllventil separat ansteuerbarer Bremsvorrichtungen zum gezielten Bremsen jeweils eines Rads des Kraftfahrzeugs und eine Steuerungsvorrichtung zum Steuern der Bremsfluidpumpe sowie der Bremsbefüllventile auf. Erfindungsgemäß ist das Bremssystem zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens zum Betreiben eines Brake-by-Wire Bremssystems eines Kraftfahrzeugs zum Bremsen des Kraftfahrzeugs ausgebildet.
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Das Bremssystem ist als Brake-by-Wire Bremssystem ausgebildet. Zum Speichern des Bremsfluids weist das Bremssystem den Bremsfluidspeicher auf. Der Bremsfluidspeicher ist vorzugsweise als geschlossener Fluidtank ausgebildet, in welchen die Saugleitung hineingeführt ist. Ferner sind vorzugsweise von den Bremsvorrichtungen geführte Bremsfluidleitungen zum Abführen des Bremsfluids aus den Bremsvorrichtungen in den Bremsfluidspeicher geführt. Zwischen den Bremsvorrichtungen und dem Bremsfluidspeicher ist vorzugsweise jeweils ein durch die Steuerungsvorrichtung steuerbares Bremsentleerventil angeordnet, um das Ableiten des Bremsfluids aus den Bremsvorrichtungen zu kontrollieren.
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Die Bremsfluidpumpe ist zum Ansaugen des Bremsfluids aus dem Bremsfluidspeicher zum Erzeugen eines Bremsdrucks ausgebildet. Vorzugsweise ist die Bremsfluidpumpe als ESC-Pumpe des Bremssystems ausgebildet. Weiter bevorzugt ist die Bremsfluidpumpe einem Sekundärsystem des Bremssystems zugeordnet, wobei das Bremssystem zum Erzeugen des Bremsdrucks vorzugsweise einen Plunger aufweist, welcher vorzugsweise einem Primärsystem des Bremssystems zugeordnet ist. Demnach ist es bevorzugt, dass das Bremssystem ausgebildet ist, den erforderlichen Bremsdruck in einem Normalbetrieb über den Plunger und bei Ausfall des Primärsystems, beispielsweise bei einem Platinenbruch, über die Bremsfluidpumpe zu erzeugen. Die Bremsfluidpumpe ist durch die Steuerungsvorrichtung ansteuerbar.
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Die Bremsvorrichtungen sind vorzugsweise als Scheibenbremsvorrichtungen oder Trommelbremsvorrichtungen ausgebildet und sind vorzugsweise weiter ausgebildet, durch definiertes Beaufschlagen mit dem Bremsfluid bei einem drehenden Rad, beispielsweise bei einem fahrenden Kraftfahrzeug, ein Bremsmoment zu erzeugen. Zum gezielten Befüllen der Bremsvorrichtungen weist das Bremssystem die Bremsbefüllventile auf. Die Bremsbefüllventile sind durch die Steuerungsvorrichtung verstellbar ausgebildet. Vorzugsweise sind die Bremsbefüllventile in eine Öffnungsstellung, in welcher das Bremsfluid zu der jeweiligen Bremsvorrichtung leitbar ist, und einer Verschlussstellung, in welcher eine Bremsfluidleitung zur Bremsvorrichtung gesperrt ist, verstellbar. Weiter bevorzugt sind die Bremsbefüllventile in eine weitere Überströmstellung verstellbar ausgebildet. In der Überströmstellung sperrt das Bremsbefüllventil die Bremsfluidleitung bis zu einem Auslösedruck des Bremsfluids. Bei Bremsfluiddrücken oberhalb des Auslösedrucks ist das Bremsbefüllventil vorzugsweise überströmbar, sodass die dem Bremsbefüllventil zugeordnete Bremsvorrichtung mit Bremsfluid beaufschlagbar ist. Der Auslösedruck ist vorzugsweise ein Bremsfluiddruck, welcher in der zweiten Phase, insbesondere direkt nach dem Übergang von der ersten Phase in die zweite Phase, auftritt. Vorzugsweise sind die Bremsbefüllventile derart ausgebildet, dass unterschiedliche Auslösedrücke einstellbar sind.
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Bei dem erfindungsgemäßen Bremssystem für ein Kraftfahrzeug ergeben sich sämtliche Vorteile, die bereits zu einem Verfahren zum Betreiben eines Brake-by-Wire Bremssystems eines Kraftfahrzeugs zum Bremsen des Kraftfahrzeugs gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung beschrieben worden sind. Demnach hat das erfindungsgemäße Bremssystem gegenüber herkömmlichen Bremssystemen den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise ein Bremsweg bei einem Ausfall des Primärsystems, insbesondere bei Temperaturen unter -20 °C, erheblich verkürzbar ist. Durch das gezielte Beaufschlagen der priorisierten Bremsvorrichtungen mit dem Bremsfluid ist ein Wirkungsgrad des Bremssystems verbesserbar, sodass selbst bei verzögertem Beaufschlagen der niedriger priorisierten Bremsvorrichtungen eine Gesamtwirkung des Bremssystems verbesserbar und ein Bremsweg des Kraftfahrzeugs reduzierbar sind.
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Gemäß einem dritten Aspekt der Erfindung wird die Aufgabe durch ein Kraftfahrzeug gelöst. Das Kraftfahrzeug weist ein Antriebssystem auf. Erfindungsgemäß weist das Kraftfahrzeug ein erfindungsgemäßes Bremssystem auf.
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Bei dem erfindungsgemäßen Kraftfahrzeug ergeben sich sämtliche Vorteile, die bereits zu einem Verfahren zum Betreiben eines Brake-by-Wire Bremssystems eines Kraftfahrzeugs zum Bremsen des Kraftfahrzeugs gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung sowie zu einem Bremssystem für ein Kraftfahrzeug gemäß dem zweiten Aspekt der Erfindung beschrieben worden sind. Demnach hat das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug gegenüber herkömmlichen Kraftfahrzeugen den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise ein Bremsweg bei einem Ausfall des Primärsystems, insbesondere bei Temperaturen unter -20 °C, erheblich verkürzbar ist. Durch das gezielte Beaufschlagen der priorisierten Bremsvorrichtungen mit dem Bremsfluid ist ein Wirkungsgrad des Bremssystems verbesserbar, sodass selbst bei verzögertem Beaufschlagen der niedriger priorisierten Bremsvorrichtungen eine Gesamtwirkung des Bremssystems verbesserbar und ein Bremsweg des Kraftfahrzeugs verkürzbar sind.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren, ein erfindungsgemäßes Bremssystem sowie ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug werden nachfolgend anhand von Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen jeweils schematisch:
- 1 in einer Prinzipskizze ein erfindungsgemäßes Bremssystem gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung,
- 2 in einem Ablaufdiagramm eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens, und
- 3 in einer Seitenansicht eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs.
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Elemente mit gleicher Funktion und Wirkungsweise sind in den 1 bis 3 jeweils mit denselben Bezugszeichen versehen.
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In 1 ist ein erfindungsgemäßes Bremssystem 1 gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung schematisch in einer Prinzipskizze abgebildet. Das Bremssystem 1 weist einen Bremsfluidspeicher 3 zur Aufnahme und Abgabe eines Bremsfluids auf. Der Bremsfluidspeicher 3 ist mit einem Primärsystem 11 des Bremssystems zum Bereitstellen eines Bremsfluiddrucks fluidkommunizierend gekoppelt. Das Primärsystem 11 weist vorzugsweise einen nicht abgebildeten Plunger auf.
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Als Sekundärsystem weist das Bremssystem 1 eine Bremsfluidpumpe 4 auf, die über eine als Saugleitung 13 ausgebildete Bremsfluidleitung 12 mit dem Bremsfluidspeicher 3 fluidkommunizierend gekoppelt ist. Das Primärsystem 11 und die Bremsfluidpumpe 4 sind über Bremsfluidleitungen 12 sowie steuerbare Bremsbefüllventile 5 mit mehreren Bremsvorrichtungen 6 zum Bremsen von Rädern 7 (vgl. 3) eines Kraftfahrzeugs 2 (vgl. 3) fluidkommunizierend gekoppelt. Zum Steuern des Primärsystems 11, der Bremsfluidpumpe 4 sowie der Bremsbefüllventile 5 weist das Bremssystem 1 eine Steuerungsvorrichtung 8 auf, die hierfür über Steuerleitungen 14 mit dem Primärsystem 11, der Bremsfluidpumpe 4 und den Bremsbefüllventilen 5 elektrisch gekoppelt ist.
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2 zeigt eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens schematisch in einem Ablaufdiagramm. In einer ersten Verfahrensaktion 100 erstellt die Steuerungsvorrichtung 8 eine Priorisierung der zu bremsenden Räder 7 des Kraftfahrzeugs 2. Dies erfolgt vorzugsweise unter Berücksichtigung eines Aufwand-Nutzen-Verhältnisses, sodass eine effektive Bremsleitung zum Bremsen des Kraftfahrzeugs 2 maximiert ist. In einer zweiten Verfahrensaktion 200 ermittelt die Steuerungsvorrichtung 8 eine Bremsanforderung zum Bremsen des Kraftfahrzeugs 2, beispielsweise durch Ermitteln einer Bremspedalstellung oder eines Signals eines Bremsassistenzsystems. In einer dritten Verfahrensaktion 300 betreibt die Steuerungsvorrichtung 8 die Bremsfluidpumpe 4, sodass ein IST-Bremsfluiddruck des Bremsfluids erzeugt wird.
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In einer vierten Verfahrensaktion 400 vergleicht die Steuerungsvorrichtung 8 eine durch die Bremsfluidpumpe 4 bereitgestellte IST-Bremsfluidfördermenge mit einer zum Umsetzen der Bremsanforderung erforderlichen SOLL-Bremsfluidfördermenge. Wenn der Vergleich ergibt, dass die SOLL-Bremsfluidfördermenge größer ist als die IST-Bremsfluidfördermenge, steuert die Steuerungsvorrichtung 8 die Bremsbefüllventile 5 derart an, dass ein Bremsbefüllventil 5 des am höchsten priorisierten Rads 7 geöffnet und ein Bremsbefüllventil 5 des am niedrigsten priorisierten Rads 7 geschlossen ist. In diesem Rahmen werden die Bremsbefüllventile 5 der dazwischen priorisierten Räder 7 entweder geschlossen oder geöffnet. Als Kriterien hierfür können beispielsweise eine Höhe der Priorisierung, beispielsweise bei prozentualer Bestimmung der Priorisierung, sowie eine Höhe des Verhältnisses von SOLL Bremsfluidfördermenge und IST-Bremsfluidfördermenge zugrunde gelegt werden. Je höher der prozentuale Anteil der Priorisierung, desto eher wird das Bremsbefüllventil 5 geöffnet. Je kleiner das Verhältnis von SOLL-Bremsfluidfördermenge und IST-Bremsfluidfördermenge desto eher wird das Bremsbefüllventil 5 geöffnet.
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In 3 ist eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs 2 schematisch in einer Seitenansicht dargestellt. Das Kraftfahrzeug 2 weist ein Antriebssystem 10 mit einem Elektromotor 9 und einer Traktionsbatterie 15 sowie mehreren Rädern 7 auf. Ferner weist das Kraftfahrzeug 2 ein erfindungsgemäßes Bremssystem 1 mit mehreren Bremsvorrichtungen 6 auf, welche jeweils zum Bremsen eines der Räder 7 ausgebildet sind. Eine Steuerungsvorrichtung 8 des Kraftfahrzeugs 2 ist zum Steuern des Elektromotors 9 sowie der nicht dargestellten Komponenten des Bremssystems 1, wie beispielsweise der Bremsfluidpumpe 4, der Bremsbefüllventile 5 und des Primärsystems 11 (vgl. 1), ausgebildet.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Bremssystem
- 2
- Kraftfahrzeug
- 3
- Bremsfluidspeicher
- 4
- Bremsfluidpumpe
- 5
- Bremsbefüllventil
- 6
- Bremsvorrichtung
- 7
- Rad
- 8
- Steuerungsvorrichtung
- 9
- Elektromotor
- 10
- Antriebssystem
- 11
- Primärsystem
- 12
- Bremsfluidleitung
- 13
- Saugleitung
- 14
- Steuerleitung
- 15
- Traktionsbatterie
- 100
- erste Verfahrensaktion
- 200
- zweite Verfahrensaktion
- 300
- dritte Verfahrensaktion
- 400
- vierte Verfahrensaktion