-
Die Erfindung betrifft ein Bremssystem für ein Kraftfahrzeug. Insbesondere betrifft die Erfindung die Steuerung von Bremssystemen mit Multiplex-Betrieb.
-
Derzeit werden Bremssysteme untersucht, die eine Entkopplung zwischen Pedalstößel eines Bremspedals und Plunger eines Hauptbremszylinders ermöglichen, um so eine Brake-by-Wire Funktionalität bereitzustellen. Dies ist insbesondere vorteilhaft, um in effizienter Weise intelligente Bremsfunktionen wie z. B. ABS (Antiblockiersystem), ASR (Antriebsschlupfregelung), ASC (Automatic Stability Control), und/oder ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm) zu implementieren.
-
Trotz Entkopplung zwischen Bremspedal und Hauptbremszylinder sollte jedoch weiterhin eine verlässliche Bereitstellung der grundsätzlichen und nach Möglichkeit auch der intelligenten Bremsfunktionen gewährleistet sein. Dem vorliegenden Dokument liegt das technische Problem zugrunde, die Verlässlichkeit von Brake-By-Wire Bremssystemen zu erhöhen.
-
Gemäß einem Aspekt wird ein Steuergerät für ein Bremssystem eines Fahrzeugs beschrieben. Bei dem Fahrzeug kann es sich z. B. um ein Kraftfahrzeug (wie z. B. ein Automobil) handeln. Das Bremssystem kann einen Plunger umfassen, der mit einem Kolben in einem Zylinder fest gekoppelt ist. Der Plunger kann durch einen Elektromotor bewegt werden. Durch die Bewegung des Plungers kann ein Druck auf- bzw. abgebaut werden. Bei dem Zylinder kann es sich um einen Hauptbremszylinder oder um einen speziellen Plunger-Zylinder handeln. Das Steuergerät kann eingerichtet sein, Steuersignale für den Elektromotor zu generieren, um eine Bewegung des Plungers zu veranlassen. Insbesondere kann das Steuergerät eingerichtet sein, durch geeignete Ansteuerung des Elektromotors, in sequentieller Weise eine Vielzahl von Solldrücke in einer entsprechenden Vielzahl von Radbremsen des Fahrzeugs einzustellen. Der Vielzahl von Radbremsen sind dabei typischerweise eine entsprechende Vielzahl von Bremsventilen zugeordnet.
-
Das Steuergerät kann eingerichtet sein, ein Öffnen eines ersten Bremsventils der Vielzahl von Bremsventilen zu veranlassen, während die anderen Bremsventile der Vielzahl von Bremsventilen geschlossen sind. Durch das Öffnen des ersten Bremsventils kann der erste Solldruck in der ersten Radbremse eingestellt werden. Dazu kann das Steuergerät eingerichtet sein, ein Bewegen des Plungers zu veranlassen (z. B. anhand des Elektromotors), um den ersten Solldruck aus der Vielzahl von Solldrücke für die erste Radbremse aus der Vielzahl von Radbremsen einzustellen. Dabei ist die erste Radbremse dem ersten Bremsventil zugeordnet. Durch das Öffnen des ersten Bremsventils kann eine hydraulische Verbindung zwischen Hauptbremszylinder und erster Radbremse erzeugt werden, über die der Druck in der ersten Radbremse angepasst werden kann.
-
Durch sequentielles Öffnen jeweils eines Bremsventils kann das Steuergerät eingerichtet sein, in sequentieller Weise die Vielzahl von Solldrücke in der Vielzahl von Bremsventilen einzustellen. Diese Vorgehensweise kann als Multiplex-Betrieb des Bremssystems bezeichnet werden. Insbesondere kann das Steuergerät eingerichtet sein, das Öffnen jeweils eines der Bremsventile der Vielzahl von Bremsventilen zu veranlassen, während die anderen Bremsventile der Vielzahl von Bremsventilen geschlossen sind. Desweiteren kann das Steuergerät eingerichtet sein, ein Bewegen des Plungers zu veranlassen, um den Solldruck aus der Vielzahl von Solldrücke für die Radbremse aus der Vielzahl von Radbremsen einzustellen, die dem jeweils geöffneten Bremsventil zugeordnet ist.
-
Desweitere kann das Steuergerät eingerichtet sein, zu überprüfen, ob es der Plunger schafft, in einer vorbestimmten Zeitscheibe den ersten Solldruck einzustellen. Mit anderen Worten kann das Steuergerät eingerichtet sein, zu überprüfen ob unmittelbar nach Ablauf der vorbestimmten Zeitscheibe der Druck in der ersten Radbremse dem ersten Solldruck entspricht. Dazu kann das Steuergerät eingerichtet sein, Signale von einem ersten Drucksensor zu empfangen, der eingerichtet ist, den Druck in der ersten Radbremse zu messen. Das Bremssystem kann eine Vielzahl von Drucksensoren für die entsprechende Vielzahl von Radbremsen umfassen. Alternativ oder ergänzend kann das Steuergerät eingerichtet sein, den Druck einer Radbremse anhand der Position des Plungers und anhand eines Hydraulikmodells zu ermitteln. Somit kann die Überprüfung des Erreichen des Solldrucks in einer Radbremse auch ohne explizite Druckmessung durch einen Drucksensor erfolgen.
-
Das Überprüfen des Drucks in der ersten Radbremse bei Ablauf der ersten Zeitscheibe ermöglicht es dem Steuergerät festzustellen, ob die Dynamik des Plungers (insbesondere des Elektromotors) ausreicht, um das Bremssystem im Multiplex zu beitreiben. Wenn erkannt wird, dass die Dynamik nicht ausreicht, kann das Steuergerät eingerichtet sein, um Maßnahmen zu ergreifen, die einen weiteren verlässlichen Betrieb des Bremssystems gewährleisten.
-
Beispielsweise kann das Steuergerät eingerichtet sein, eine erste Zeitscheibe zu ermitteln, die der Plunger benötigt, um den ersten Solldruck einzustellen. Die erste Zeitscheibe kann länger oder kürzer als die vorbestimmte Zeitscheibe sein. Desweiteren kann das Steuergerät eingerichtet sein, das erste Bremsventil nach Ablauf der ersten Zeitscheibe zu schließen. Daraufhin kann das Steuergerät das Öffnen eines nächsten Bremsventils zur Einstellung des Solldrucks einer nächsten Radbremse veranlassen. Das nächste Bremsventil kann für eine Zeitscheibe geöffnet sein, die ausreicht, um den Solldruck für die nächste Radbremse einzustellen. Dieser Prozess kann in sequentieller Weise fortgeführt werden. Folglich kann das Steuergerät eingerichtet sein, unterschiedliche Zeitscheiben für die Einstellung der Drücke der unterschiedlichen Radbremsen zu verwenden. Insbesondere kann das Steuergerät eingerichtet sein, das Bremssystem in einem „Handshake” Betrieb zu betreiben, bei dem die Einstellung einer nächsten Radbremse direkt nach Einstellung des Solldrucks einer vorhergehenden Radbremse erfolgt.
-
Das Steuergerät kann eingerichtet sein, zu ermitteln, ob die erste Zeitscheibe eine Länge hat, die einem vorbestimmten Zeitscheiben-Schwellwert entspricht oder überschreitet. Desweiteren kann das Steuergerät eingerichtet sein, das sequentielle Einstellen der Vielzahl von Solldrücke in der Vielzahl von Radbremsen zu degradieren, wenn die Länge der ersten Zeitscheibe dem vorbestimmten Zeitscheiben-Schwellwert entspricht oder den vorbestimmten Zeitscheiben-Schwellwert überschreitet. Das Degradieren des sequentiellen Einstellens oder des Multiplex-Betriebs kann z. B. dazu führen, dass der Druck in zwei oder mehreren Radbremsen gleichzeitig eingestellt wird (wie weiter unten beschrieben).
-
Wenn es der Plunger nicht schafft in der vorbestimmten Zeitscheibe den ersten Solldruck einzustellen, kann das Steuergerät eingerichtet sein, das sequentielle Einstellen der Vielzahl von Solldrücke in der Vielzahl von Radbremsen zu degradieren. Dies kann durch das Veranlassen erfolgen, dass mindestens zwei der Vielzahl von Radbremsen gleichzeitig auf einen gemeinsamen Solldruck eingestellt werden. Dazu kann das Steuergerät eingerichtet sein, ein Öffnen des ersten und eines zweiten Bremsventils der Vielzahl von Bremsventile zu veranlassen, während die anderen Bremsventile der Vielzahl von Bremsventile geschlossen sind. Darüber hinaus kann das Steuergerät eingerichtet sein, ein Bewegen des Plungers zu veranlassen, um den gemeinsamen Solldruck für die erste und einer zweiten Radbremse aus der Vielzahl von Radbremsen einzustellen, wobei die zweite Radbremse dem zweiten Bremsventil zugeordnet ist.
-
Durch Zusammenfassen der Einstellung der Radbremsen, kann der Multiplex-Betrieb nach und nach degradiert werden, bis schließlich alle Radbremsen zeitgleich eingestellt werden. Durch die stufenweise Degradierung des Multiplex-Betriebs kann eine erhöhte Verfügbarkeit von Bremsfunktionen gewährleistet werden.
-
Die Vielzahl von Radbremsen kann zwei oder mehr Vorderbremsen und zwei oder mehr Hinterbremsen umfassen. Als Zwischenstufe der Degradierung, kann das Steuergerät eingerichtet sein, zu Veranlassen, dass die Vorderbremsen gleichzeitig auf einen ersten gemeinsamen Solldruck eingestellt werden, und dass die Hinterbremsen gleichzeitig auf einen zweiten gemeinsamen Solldruck eingestellt werden. Durch die getrennte Einstellung von Hinterbremsen und Vorderbremsen kann ein Überbremsen der Hinterachse vermieden werden.
-
Desweiteren kann das Steuergerät eingerichtet sein, ein Öffnen aller Bremsventile der Vielzahl von Bremsventile zu veranlassen, und ein Bewegen des Plungers zu veranlassen, um den gemeinsamen Solldruck für alle Radbremsen aus der Vielzahl von Radbremsen einzustellen.
-
Das Steuergerät kann eingerichtet sein, eine Länge der vorbestimmten Zeitscheibe zu erhöhen. Dabei kann die Länge der vorbestimmten Zeitscheibe von einem Grad der Degradierung des sequentiellen Einstellens abhängen. Insbesondere kann bei einer Reduzierung der Anzahl von Gruppen von Radbremsen die sequentiell eingestellt werden müssen, die Länge der Zeitscheibe, die für die Einstellung einer jeweiligen Gruppe von Radbremsen zu Verfügung steht, erhöht werden.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Bremssystem beschrieben, dass das in diesem Dokument beschriebene Steuergerät umfasst.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Verfahren zur sequentiellen Einstellung einer Vielzahl von Solldrücke in einer entsprechenden Vielzahl von Radbremsen beschrieben. Das Verfahren umfasst das Öffnen eines ersten Bremsventils einer Vielzahl von Bremsventilen, die der entsprechenden Vielzahl von Radbremsen zugeordnet ist, während die anderen Bremsventile der Vielzahl von Bremsventilen geschlossen sind. Desweiteren umfasst das Verfahren das Bewegen eines Plungers in einem Zylinder (z. B. einem Hauptbremszylinder oder einem Plunger-Zylinder), um einen ersten Solldruck aus der Vielzahl von Solldrücke für eine erste Radbremse aus der Vielzahl von Radbremsen einzustellen, die dem ersten Bremsventil zugeordnet ist. Darüber hinaus umfasst das Verfahren, das Überprüfen, ob der erste Solldruck in einer vorbestimmten Zeitscheibe eingestellt werden kann. Wie bereits oben dargelegt, kann die Überprüfung des Drucks auch mithilfe eines Hydraulikmodells durch Überprüfen der Plungerposition geschehen. Folglich kann das Verfahren umfassen, das Überprüfen, ob der Plunger in der vorbestimmten Zeitscheibe ausreichend weit bewegt werden kann, um den ersten Solldruck einzustellen. Mit anderen Worten, der erste Solldruck kann einem ersten Sollweg des Plungers entsprechen (über ein vorbestimmtes Hydraulikmodell) und das Verfahren kann umfassen, das Überprüfen, ob der Plunger in der vorbestimmten Zeitscheibe den ersten Sollweg zurücklegen kann. Dies gilt entsprechend für die Vielzahl von Radbremsen für die eine entsprechende Vielzahl von Sollwegen vorliegen kann.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Software (SW) Programm beschrieben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Speichermedium beschrieben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
-
Es ist zu beachten, dass die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme sowohl alleine, als auch in Kombination mit anderen in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen verwendet werden können. Desweiteren können jegliche Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtung und Systemen in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die Merkmale der Ansprüche in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden.
-
Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigt
-
1 ein beispielhaftes Bremssystem für ein Kraftfahrzeug; und
-
2 ein weiteres beispielhaftes Bremssystem für ein Kraftfahrzeug.
-
1 zeigt ein beispielhaftes Bremssystem 100 für ein Kraftfahrzeug (z. B. für ein einspuriges Kraftfahrzeug wie ein Motorrad oder für ein zweispuriges Kraftfahrzeug wie ein Automobil). Das Bremssystem 100 umfasst ein Bremspedal 101 mit dem ein Fahrer des Fahrzeugs Radbremsen 114 des Fahrzeugs betätigen kann. In 1 sind beispielhaft vier Radbremsen 114 für vier Räder des Fahrzeugs dargestellt. Über das Bremspedal 101 wird ein Hilfskolben 102 bewegt. Die Auslenkung des Bremspedals 101 und/oder die Kraft mit der das Bremspedal 101 betätigt wird, kann über einen Pedalkraftsimulator 106 erfasst werden. Der Hilfskolben 102 ist von dem Plunger 104 und dem Hauptbremszylinder 111 über einen Spalt 103 getrennt, so dass im Normalbetrieb der Plunger 104 nicht direkt durch das Bremspedal 101 betätigt wird, sondern anhand eines Plunger-Motors 105 bewegt wird. Andererseits ist der Spalt 103 derart ausgelegt, dass im Not-Betrieb (z. B. bei Stromausfall oder Defekt des Plunger-Motors 105) das Bremspedal 101 direkt über den Hilfskolben 102 den Plunger 104 bewegen kann. Im Normalbetrieb wird der Pedalkraftsimulator 106 auch dazu verwendet, eine geeignete Gegenkraft für das Bremspedal 101 aufzubauen, um dem Fahrer ein typisches Bremspedal-Gefühl zu vermitteln.
-
Der Plunger-Motor 105 kann auf Basis der von dem Pedalkraftsimulator 106 erfassten Informationen (z. B. Auslenkung des Bremspedals 101 und/oder die Kraft mit der das Bremspedal 101 betätigt wird) gesteuert werden. Bei dem Plunger-Motor 105 kann es sich z. B. um einen Elektromotor mit Spindelantrieb und/oder um einen bürstenlosen Elektromotor handeln. Über den Plunger 104 werden Kolben 109, 110 im Hauptbremszylinder 111 bewegt. In dem dargestellten Beispiel handelt es sich um einen Tandem-Hauptbremszylinder (THZ) 111 mit einem Druckstangenkolben 109 (der mit dem Plunger 104 gekoppelt ist) und einem Schwimmkolben 110.
-
Durch die Entkopplung von Plunger 104 und Bremspedal 101 wird es ermöglicht, dass die einzelnen Radbremsen 114 des Fahrzeugs separat (insbesondere sequentiell) durch den Plunger 104 und den Hauptbremszylinder 111 angesteuert werden können. Die verschiedenen Radbremsen 114 sind jeweils einem Radbremsventil 113 zugeordnet (z. B. einem 2/2-Wege-Radbremsventil). Die Radbremsventile 113 können derart angesteuert werden, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. Zeitraum (oder Zeitscheibe) ein Radbremsventil 113 geöffnet ist, während alle anderen Radbremsventile 113 geschlossen sind. In diesem Zeitraum kann dann über den Hauptbremszylinder 111 anhand einer geeigneten Verschiebung des Plungers 104 der Druck für die dem geöffneten Radbremsventil 113 zugeordnete Radbremse 114 eingestellt werden.
-
Durch Öffnen eines jeweils anderen Radbremsventils 113 können so nacheinander die Drücke für die verschiedenen Radbremsen 114 des Fahrzeugs eingestellt werden. Zur Bewegung des Plungers 104 kann ein hochdynamischer Plunger-Motor 105 verwendet werden. Die sequentielle Einstellung der Drücke in den verschiedenen Radbremsen 114 kann als Multiplex-Betrieb bezeichnet werden. Der Multiplex-Betrieb ermöglicht eine effiziente Bereitstellung von intelligenten Bremsfunktionen wie ABS (Antiblockiersystem), ASR (Antriebsschlupfregelung), ASC (Automatic Stability Control), und/oder ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm).
-
1 zeigt weiter ein Simulator-Abschaltventil 107 (z. B. ein 2/2-Wege-Radbremsventil) über das der Zufluss von Bremsflüssigkeit vom Pedalkraftsimulator 106 auf das Reservoir 108 umgeleitet werden kann. Bei geöffnetem Simulator-Abschaltventil 107 wird durch den Hilfskolben 102 kein hydraulischer Druck auf den Pedalkraftsimulator 106 aufgebaut, da die Bremsflüssigkeit annähernd drucklos zum Reservoir 108 abströmen kann. Im stromlosen Zustand ist das Simulator-Abschaltventil 107 typischerweise geöffnet.
-
Mit anderen Worten, 1 zeigt ein elektrohydraulisches Bremssystem 100, das eine Brake-by-Wire Funktionalität bereitstellt und eine Multiplex-Regelung der Radbremsen 114 des Fahrzeugs ermöglicht. Das dargestellte System 100 umfasst ein Simulator-Abschaltventil 107 und vier Radventile 113 für die vier Radbremsen 114 des Fahrzeugs. Das Bremssystem 100 kann noch zusätzliche Ventile umfassen, die spezielle weitere Aufgaben übernehmen können, wie z. B. Leerwegfreischaltung für Bremsrekuperation (bei Hybrid-Fahrzeug) und/oder Einspeiseventile (Flüssigkeitstransfer vom Simulatorkreis zum Vorderachskreis). Diese sind aber für eine reine Multiplex-Regelung typischerweise nicht erforderlich.
-
Das in 1 gezeigte Bremssystem 100 umfasst typischerweise ein Steuergerät 120, welches eingerichtet ist, verschiedene Sensorsignale 121 zu empfangen und auf Basis der empfangenen Sensorsignale 121 Steuersignale 122 zu generieren. Beispielsweise kann das Steuergerät 120 Sensorsignale 121 von dem Pedalkraftsimulator 106 empfangen (z. B. Informationen bzgl. der Kraft mit der das Bremspedal 101 betätigt wird und/oder bzgl. der Auslenkung des Bremspedals 101). Desweiteren kann das Steuergerät 120 eingerichtet sein, Steuersignale 122 zur Ansteuerung des Plunger-Motors 105 zu generieren (z. B. in Abhängigkeit von den vom Pedalkraftsimulator 106 empfangenen Sensorsignalen 121). Dabei können ein oder mehrere Sensoren, die die Bewegung des Bremspedals 101 messen, an der Betätigung angebracht sein. Dies ist z. B. in 2 durch den Pedalwegsensor 201 gezeigt. Der Pedalwegsensor 201 ist eingerichtet, die Auslenkung des Bremspedals 101 zu messen.
-
Bei dem in 1 gezeigten Bremssystem 100 wird der Pedalkraftsimulator 106 mittels Hilfskolben 102 gespeist. Der Plunger-Motor 105 greift an dem mit dem Plunger 104 fest gekoppelten Primärkolben 109 des THZ 111 an. Alternativ kann auch ein „paralleles Bremssystem” verwendet werden, bei dem der Motor 105 einen eigenen Plunger in einem eigenen Zylinder betätigt. In diesem Fall würden dann der Hilfskolben 102 und der Spalt 103 entfallen. Die Flüssigkeit aus dem THZ 111 würde dann durch Umschaltventile auf den Simulator 106 geschaltet, oder auf die Radkreise 113, 114.
-
2 zeigt ein beispielhaftes paralleles Bremssystem 200 bei dem der Motor 105 einen Plunger in einem Plunger-Zylinder 204 bewegt bzw. betätigt. Das Bremssystem 200 umfasst Trennventile 202 und Zuschaltventile 203, um zwischen dem Hauptbremszylinderkreis (der den THZ 111 umfasst) und dem Plungerkreis (der den Plunger-Zylinder 204 umfasst) zu schalten. Im stromlosen Zustand sind die Ventile 202, 203 so geschaltet, dass die Radbremsen 114 aus dem THZ 111 betätigt werden. Der Plungerkreis (insbesondere der Plunger-Zylinder 204) und der Pedalkraft-Simulator 106 sind dann abgeschaltet.
-
Im Brake-By-Wire-Modus wird die Flüssigkeit aus dem THZ 111 durch die Trennventile 202 von den Radkreisen abgesperrt. Die Flüssigkeit aus dem Primärkreis (des Druckstangenkolben 109) wird durch das Simulator-Abschaltventil 107 auf den Zylinder des Pedalkraftsimulators 106 geleitet. Dadurch kann der Pedalkraftsimulator 106 die Kraft ermitteln, mit der das Bremspedal 101 betätigt wurde. Desweiteren wird durch den Pedalkraftsimulator 106 bei Betätigung des Bremspedals 101 die Bremsflüssigkeit aus dem THZ 111 aufgenommen und eine passende Gegenkraft erzeugt, um ein gewohntes Bremspedal-Gefühl zu erzeugen. Ohne eine derartige Aufnahme der Bremsflüssigkeit durch den Pedalkraftsimulator 106 könnte das Bremspedal 101 nicht bewegt werden, was zu einer Verunsicherung des Fahrers führen würde (auch wenn der Plunger-Motor 105 in Antwort auf die Betätigung des Bremspedals 101 und anhand einer Messung der Kraft der Betätigung des Bremspedals 101 eine Bremsung der Radbremsen 114 vornehmen würde).
-
Die Flüssigkeit aus dem Plungerkreis (d. h. insbesondere aus dem Plunger-Zylinder 204) wird durch die Zuschaltventile 203 auf die Radbremsen 114 geleitet. Das selektive Auswählen einzelner Radbremsen 114 im Multiplex-Betrieb kann wie oben beschrieben durch die Radventile 113 erfolgen.
-
2 zeigt desweiteren einen beispielhaften Pedalwegsensor 201, der eingerichtet ist, die Auslenkung des Bremspedals 101 zu erfassen. Außerdem zeigt 2 ein Zuflussventil 205 über das Bremsflüssigkeit aus dem Reservoir 108 in den Plunger-Zylinder 204 gelangen kann. Außerdem sei angemerkt, dass das Bremssystem 200 noch weitere Ventile umfassen kann, die z. B. zur Durchführung von speziellen Diagnosen genutzt werden können. Diese sind aber typischerweise für die Multiplex-Regelung nicht erforderlich.
-
Wie oben dargelegt, wird im Multiplex-Betrieb bei Eingriffen des Bremsregelsystems jede Radbremse 114 zyklisch nacheinander einzeln hydraulisch angesteuert. Dazu wird der Druck in (n – 1) von (n) Radbremsen 114 durch die Ventile 113 eingesperrt und das Ventil 113 nur einer Radbremse 114 wird geöffnet und der Solldruck dieser Radbremse wird durch den hydraulischen Plunger 104 eingestellt (z. B. n = 4).
-
Im Multiplex-Betrieb wird typischerweise jeder Radbremse 114 eine bestimmte Zeitscheibe oder ein bestimmter Zeitraum zur Einstellung des Solldrucks reserviert. Dies kann problematisch sein, wenn aufgrund von Dynamikeinbußen die Zeitscheibe, die für eine Radbremse 114 reserviert ist, nicht ausreicht, um diese Radbremse 114 auf den Solldruck zu bringen. Derartige Dynamikeinbußen können z. B. von einer Degradation der Dynamik, beispielsweise aufgrund einer spannungsabhängigen Absenkung der Stromaufnahme, herrühren. Beispielsweise kann das Energiemanagementsystem des Fahrzeugs die für die verschiedenen elektrischen Verbraucher des Fahrzeugs zu Verfügung stehende elektrische Energie reduzieren, wenn die Bordnetzspannung unter einen vorgegebenen Schwellwert sinkt. Dies kann zur Folge haben, dass der Plunger-Motor 105 an Dynamik verliert, und daher den Solldruck einer Radbremse 114 nicht mehr innerhalb der vorgegebenen oder vorbestimmten Zeitscheibe einstellen kann.
-
Das Steuergerät 120 kann eingerichtet sein, Sensorsignale 121 von Drucksensoren zu empfangen, die eingerichtet sind, den Druck an den zugeordneten Radbremsen 114 zu messen. Der Drucksensor für eine Radbremse 114 kann zwischen dem Radventil 113 und der Radbremse 114 angeordnet sein. Desweiteren kann das Steuergerät 120 eingerichtet sein, zu überwachen, ob es der Plunger 104 schafft, in der vorgegebenen Zeitscheibe den Sollweg zurückzulegen bzw. den Solldruck für die jeweilige Radbremse 114 einzustellen. Folglich kann das Steuergerät 120 eingerichtet sein, zu überwachen, ob der Plunger-Motor 105 den Plunger 104 ausreichend schnell bewegen kann, um die Radbremsen 114 im Multiplex-Betrieb anzusteuern.
-
Wenn festgestellt wird, dass es der Plunger 104 nicht schafft, die Radbremsen 114 im Multiplex-Betrieb anzusteuern, so kann das Steuergerät 120 eingerichtet sein, den Multiplex-Betrieb (zumindest teilweise) zu deaktivieren, und die Radbremsen (zumindest teilweise) gleichzeitig anzusteuern. Das führt typischerweise dazu, dass auch Regelfunktionen (z. B. intelligente Bremsfunktionen wie ABS, etc.), die den Multiplex-Betrieb nutzen, zumindest teilweise deaktiviert werden.
-
Beispielsweise kann das Steuergerät 120 eingerichtet sein, den vollen Multiplex-Betrieb, bei dem alle Radbremsen 114 separat angesteuert werden, auf einen reduzierten Multiplex-Betrieb zu degradieren, bei dem z. B. die Vorderradbremsen 114 und die Hinterradbremsen 114 jeweils gemeinsam angesteuert werden. Dadurch kann die Zeitscheibe, die für die Ansteuerung des jeweiligen Radbremsenpaars zur Verfügung steht, verdoppelt werden. Außerdem ermöglicht die separate Ansteuerung von Vorderradbremsen 114 und Hinterradbremsen 114 weiterhin eine gezielte Bremskraftverteilung zwischen Vorderachse und Hinterachse. Insbesondere kann sichergestellt werden, dass die Hinterachse nicht überbremst wird.
-
Alternativ oder ergänzend kann das Steuergerät 120 eingerichtet sein, das Multiplex der Radbremsen-Ansteuerung mit einem „Handshake” zwischen Plungeraktuatorik (z. B. dem Motor 105) und Multiplex-Zeitsteuerung zu betreiben. Insbesondere kann der Multiplex-Betrieb derart erfolgen, dass die Steuerung des Drucks an einer Radbremse 114 erst dann auf die nächste Radbremse 114 umgeschaltet wird, wenn der Plunger 104 die aktuelle Radbremse 114 korrekt bedient hat, und den korrekten Solldruck eingestellt hat. Durch einen derartigen „Handshake”-Betrieb kann die Länge einer Zeitscheibe zur Einstellung des Solldrucks einer Radbremse 114 an die Dynamik des Plungers 104 (und des Motors 105) angepasst werden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass der Druck in den jeweiligen Radbremsen 114 korrekt eingestellt wird.
-
Andererseits führt eine Verlängerung der Zeitscheiben für die Einstellung des Solldrucks zu einer reduzierten Dynamik für die Steuerung/Regelung von Bremsfunktionen wie z. B. den oben genannten intelligenten Bremsfunktionen. Um sicherzustellen, dass eine ausreichende Dynamik für die Steuerung/Regelung von derartigen Bremsfunktionen vorliegt, kann ein Zeitscheiben-Schwellwert festgelegt werden. Wenn der „Handshake”-Betrieb zu einer Zeitscheibe führt, die gleich ist oder länger ist als der Zeitscheiben-Schwellwert, so kann der Multiplex-Betrieb, wie oben dargelegt, reduziert oder ganz deaktiviert werden. Dies hat dann typischerweise zur Folge, dass einige Bremsfunktionen eingeschränkt oder deaktiviert werden.
-
Das Steuergerät 120 kann eingerichtet sein, den Fahrer des Fahrzeugs darüber zu informieren (z. B. über eine Anzeige), dass der Multiplex-Betrieb und/oder bestimmte Bremsfunktionen eingeschränkt oder deaktiviert wurden.
-
Durch die Verwendung eines „Handshake”-Betriebs kann die Verfügbarkeit von Bremsfunktionen erhöht werden, da die Bremsfunktionen mit langsamerem Multiplex weiterbetrieben werden können (bis der Zeitscheiben-Schwellwert erreicht bzw. überschritten wird). Desweiteren kann durch die teilweise bzw. vollständige Deaktivierung des Multiplex-Betriebs erreicht werden, dass durch eine inkorrekte hydraulische Ansteuerung der Radbremsen 114 bei der Bremsregelung keine unerwünschten Effekte eintreten.
-
Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere ist zu beachten, dass die Beschreibung und die Figuren nur das Prinzip der vorgeschlagenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme veranschaulichen sollen.