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Die Erfindung betrifft den Bereich des schienengebundenen Verkehrs und im Besonderen ein System und ein Verfahren zur Diagnose von Gleisanlagen.
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Um eine besonders hohe Verfügbarkeit einer Bahnanlage sowie einen effizienten Bahnbetrieb zu gewährleisten, ist es bekannt, Mittel der Bahnautomatisierung einzusetzen. Grundlage für die Bahnautomatisierung bei schienengebundenem Verkehr, beispielsweise bei Fernbahnen, Untergrund-, Stadt- und Vorortbahnen, bilden Gleisfreimeldesysteme.
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Ein wesentliches Leistungsmerkmal von Gleisfreimeldesystemen besteht in der Überwachung einzelner Gleisfreimeldeabschnitte und deren Auswertung zu einer signaltechnisch sicheren Frei- und Besetztmeldung. Mit anderen Worten stellen Gleisfreimeldesysteme fest, ob Streckenabschnitte frei oder besetzt sind. Sie geben die betreffende Information weiter und schaffen mit dieser Funktion eine wichtige Grundlage für einen sicheren Bahnbetrieb und eine kontrollierte Gleisbelegung. Durch zuverlässige Informationen über freie und besetzte Gleisfreimeldeabschnitte kann eine sichere, störungsfreie und effiziente Betriebsführung und damit ein sicherer Personen- und Güterverkehr realisiert werden.
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Die Hauptkomponente eines Gleisfreimeldesystems ist das Track Circuit Module (TCM). Das TCM dient zur Ausgabe einer Frei-, Besetzt- oder Störmeldung und bildet die Innenanlage des Gleisfreimeldesystems. Es umfasst dabei die gesamte Elektronik, einschließlich der Anschluss-, Bedien- und Anzeigeelemente. Mehrere TCMs können mit einer gemeinsamen Stromversorgungsbaugruppe und einem gemeinsamen Übergabebaustein zur Datenübergabe an das Stellwerk versehen werden. Die Zustandsmeldungen werden über eine Schnittstelle des TCM an beliebige Stellwerke oder Subsysteme übertragen.
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Ein TCM ermöglicht den gleisseitigen direkten Anschluss von Sende- und Empfangseinrichtungen. Diese Sender und Empfänger am Gleisfreimeldeabschnitt bilden die Außenanlage des Gleisfreimeldesystems. Moderne Gleisfreimeldesysteme, wie die Gleisfreimeldesysteme Clearguard TCM 100 oder Clearguard FTGS der Siemens AG, verwenden ferngespeiste Tonfrequenz-Gleisstromkreise, die zur lückenlosen Frei- und Besetztmeldung von Gleisabschnitten ausgebildet sind. Der Gleisabschnitt wird dabei mit einer frequenzmodulierten Spannung ferngespeist, indem durch die Sender Sendesignale in die Fahrschienen der Gleisabschnitte eingespeist und durch die Empfänger Empfangssignale empfangen werden, die durch eine Übertragung der Sendesignale über die Fahrschienen der Gleisabschnitte bewirkt werden.
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Die Qualität der Zustandsmeldungen hängt bei Gleisstromkreisen von der Beschaffenheit der Gleisanlage ab. Diese wird von verschiedenen Parametern beeinflusst, wie beispielsweise dem Wetter, den Vermaschungen der Schienen untereinander, und dem zum Einsatz kommenden Erdungskonzept. Trotzdem Gleisstromkreise stets initial auf die lokalen Verhältnisse vor Ort optimal eingestellt werden, können die Gleisanlage verändernde Ereignisse zu sich ändernden Gleisstromkreisdaten sowie zu ungenauen oder falschen Zustandmeldungen führen. So kann es durch eine Wetterveränderung zu einer unzeitige Belegtmeldung kommen, wodurch sich Verfügbarkeitsprobleme ergeben können. Die Zustandsmeldungen können insbesondere auch durch einen Defekt in der Gleisanlage beeinflusst werden. Beispielsweise kann ein Schienenbruch eine unzeitige Freimeldung zur Folge haben. Eine fehlerhafte Zustandsmeldung kann darüber hinaus auch durch einen Zug hervorgerufen werden.
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Mit den aus dem Stand der Technik bekannten Systemen ist es bisher nicht möglich, sicher festzustellen, ob sich gegenüber den Initialeinstellungen ändernde Gleisstromkreisdaten bzw. fehlerhafte oder von zu erwartenden Meldungen abweichende Zustandsmeldungen durch eine schleichende Änderung an der Gleisanlagenkonstruktion oder aber durch einen Zug, eine Überschwemmung, einen Schienenbruch oder ein defektes Kabel usw. verursacht werden.
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die Diagnose von Gleisanlagen zu ermöglichen, d.h. die Feststellung des technischen Zustandes von Gleisanlagen.
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Diese Aufgabe wird durch ein System nach Anspruch 1 bzw. durch ein Verfahren nach Anspruch 2 gelöst. Vorteilhafte Ausführungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben. Die im Folgenden im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erläuterten Vorteile und Ausgestaltungen gelten sinngemäß auch für das erfindungsgemäße System und umgekehrt.
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Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, dass ein einzelner Gleisstromkreis für sich nicht zwischen einzelnen Ursachen fehlerhafter oder abweichender Daten oder Zustandsmeldungen unterscheiden kann.
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Eine vollständige Diagnose sowohl einzelner Gleisstromkreise als auch der Gleisanlage insgesamt ist nur möglich, wenn man die Daten der benachbarten Gleisstromkreise mit einbezieht. Der Zustand eines einzelnen Gleisstromkreises muss also mit Blick auf seine Nachbarn ausgewertet werden. Nur dann, wenn Daten benachbarter Gleisstromkreise gemeinsam ausgewertet werden, können unterschiedliche Fehlerfälle festgestellt werden.
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Die Erfindung schlägt daher vor, die zur Erkennung von relevanten Problemen benötigten Daten aus mehreren direkt oder indirekt benachbarten Gleisstromkreisen zu erfassen und zusammenzuführen. Anders ausgedrückt werden Daten direkt oder indirekt benachbarter Gleisabschnitte, erfasst mit Hilfe der jeweiligen Gleisstromkreise und geliefert über die jeweiligen Gleisfreimeldesysteme, in einer zusätzlich zu den vorhandenen Auswerteelementen der Gleisfreimeldesysteme vorgesehenen Auswerte-/Diagnoseeinheit zusammengetragen und von dieser miteinander in Verbindung gebracht. Dabei werden von der Auswerteeinheit Daten mehrerer Gleisfreimeldesysteme zueinander in Verbindung gesetzt, d.h. zusammengeführt und miteinander interpretiert und ausgewertet. Dies erfolgt vorzugweise durch die Auswerteeinheit vollautomatisch, d.h. ohne manuelle Einflussnahme.
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Vorteilhafterweise werden sowohl die erhaltenen und verarbeiteten Daten als auch die Ergebnisse der Datenverarbeitung von der Auswerteeinheit, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme weiterer Mittel, wie Anzeige-, Datenspeicher- und Kommunikationseinrichtungen, auf geeignete Weise angezeigt, gespeichert und dokumentiert und/oder an nachgelagerte Mittel, Anlagen oder Systeme der Bahnautomatisierung zur weiteren, vorzugsweise automatisierten Verarbeitung weitergeleitet.
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Voraussetzung für die Bewertung der Daten und die nachfolgende Diagnose ist dabei insbesondere die Möglichkeit, mit Hilfe der Auswerteeinheit Abweichungen aktuell erhaltener Daten der Gleisstromkreise einerseits gegenüber den Daten derselben Gleisstromkreise gemäß deren Initialeinstellungen andererseits zu erkennen, insbesondere aufgrund der Berücksichtigung von Drittdaten. Dabei kann es sich bei diesen Drittdaten nicht nur um interne Daten, insbesondere Diagnosedaten, der Gleisfreimeldesysteme bzw. Gleisstromkreise handeln. Vor allem handelt es sich dabei um Daten weiterer, insbesondere benachbarter Gleisfreimeldesysteme. Aber auch externe Daten, wie beispielsweise Wetterdaten, können zur Auswertung, insbesondere zu Vergleichs- und Plausibilitätsprüfungen herangezogen werden. Ebenfalls zur Auswertung herangezogen werden können von der Auswerteeinheit gespeicherte Daten und Ergebnisse früherer Zeitpunkte.
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Wenn hier und nachfolgend von benachbarten Gleisstromkreisen die Rede ist, wird davon ausgegangen, dass diese Gleisstromkreise auch zueinander benachbarten Gleisabschnitten zugeordnet sind. Die Daten benachbarter Gleisstromkreise geben daher in der Regel auch Eigenschaften benachbarter Gleisabschnitte wider. Diese Gleisabschnitte können dabei direkt oder indirekt benachbart zueinander sein. Unter direkt benachbarten Gleisabschnitten werden dabei Gleisabschnitte verstanden, die elektrisch direkt miteinander verbunden sind, beispielsweise unmittelbar benachbarte Gleisabschnitte mit einem durchgehenden Schienenstrang. Indirekt benachbarten Gleisabschnitten sind hingegen lediglich örtlich benachbart zueinander angeordnet, wie beispielsweise parallel verlaufende Gleise, aber nicht elektrisch miteinander verbunden. Benachbarte Gleisstromkreise im Sinne der Erfindung sind also in der Regel auch unmittelbar örtlich zueinander benachbart. Es ist aber auch möglich, zum Zweck der Erfindung Daten von Gleisstromkreisen miteinander in Beziehung zu setzen, die nicht unmittelbar örtlich zueinander benachbart sind, beispielsweise weil sie elektrisch durch anderen Gleisstromkreise und/oder örtlich durch Weichen oder andere Teile von Bahnanlagen voneinander getrennt sind.
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Da nach dem Zusammenführen der Daten benachbarter Gleisabschnitte diese Daten erstmalig gemeinsam vorliegen, können diese Daten mit dem Ziel einer Plausibilitätsprüfung zueinander in Beziehung gesetzt werden. Derartige Plausibilitätsbetrachtungen waren bisher nicht möglich. Insbesondere können jetzt Eigenschaften bzw. das Verhalten benachbarter Gleisabschnitte herangezogen werden, um aufgrund der Daten des betrachteten Gleisabschnitts einen Defekt in der Gleisanlage zu erkennen, z.B. einen Schienenbruch, bzw. einen solchen Defekt von anderen Störungen zu unterscheiden. Beispielsweise können durch Zugfahrt hervorgerufene Störungen ebenso ermittelt werden wie Veränderungen des Gleiswiderstandes. Auf diese Weise können nicht nur Eigenschaften des betrachteten Gleisabschnitts, sondern auch Eigenschaften der gesamten Gleisanlage ermittelt werden.
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Mit anderen Worten wird ein konkreter Gleisstromkreis und damit der diesem Gleisstromkreis zugeordnetet Gleisabschnitt mit Hilfe der Daten benachbarter Gleisstromkreise bewertet. In der Folge ist es möglich, eine Vielzahl von Gleisstromkreisen zu bewerten und damit die aus der Vielzahl der Gleisabschnitte zusammengesetzte Gleisanlage. In diesem Zusammenhang kann auch die Funktionstüchtigkeit einzelner Gleisfreimeldesysteme überprüft werden.
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Erfindungsgemäß wird nicht mehr der Gleisstromkreis als einzelne abgeschlossene Einheit betrachtet, sondern als Teil eines komplexen Netzwerkes. Alle verfügbaren Daten dieses Netzwerkes, insbesondere die räumlich und zeitlich miteinander in Beziehung gebrachten Daten der einzelnen Gleisstromkreise, bilden gemeinsam den Zustand des Netzes ab. Daten und deren Interpretation zu Veränderungen in dem betrachteten aktuellen Gleisabschnitt werden beispielsweise nur dann als korrekt erkannt, wenn die erhaltenen Daten zu benachbarten Gleisabschnitten, insbesondere zu unmittelbaren Nachbarn, zur gleichen Interpretation führen.
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Zur Betrachtung des Gleisnetzwerkes als Ganzes, über die Systemgrenzen eines einzelnen Gleisstromkreises hinaus, dient, zusätzlich zu den zur Erfassung der Daten verwendeten Gleisfreimeldesystemen, die Auswerte-/Diagnoseeinheit, die das Gleisnetz diagnostiziert und damit bewertbar macht und die zu diesem Zweck die erhaltenen Daten automatisch interpretiert und vorteilhafterweise zugleich auf geeignete Weise dokumentiert. Die Auswerteeinheit ist in diesem Zusammenhang ausgebildet zur Betrachtung der verschiedenen räumlichen und zeitlichen Abhängigkeiten der von den verschiedenen Gleisstromkreisen erhaltenen Daten untereinander und zur Verwendung dieser Abhängigkeiten für Diagnosezwecke, insbesondere zur Feststellung und zur Angabe der verschiedenen Fehlerfälle. Zur Verarbeitung der erhaltenen Daten verfügt die Auswerteeinheit vorteilhafterweise über geeignete Datenverarbeitungsmittel, insbesondere Hardware- und Softwaremittel. Das erfindungsgemäße Verfahren kann somit, zumindest was die Arbeit der Auswerteeinheit anbelangt, rechnergestützt durchgeführt werden. Die Funktionalität der Auswerteeinheit lässt sich in einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung im Wesentlichen durch die Bereitstellung eines geeigneten Computerprogramms realisieren. Eine Integration der Erfindung in bestehende Anlagen der Bahnautomatisierung einerseits sowie eine Anbindung an bestehende Gleisfreimeldesysteme, wie TCM, FTGS, GLS und dergleichen, andererseits ist daher vergleichsweise einfach möglich. Die Erfindung ist insbesondere mit WechselstromGleisstromkreisen verwendbar.
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Ein sich aus der Erfindung ergebener Vorteil ist, dass Veränderungen in der Gleisanlage erkannt werden können, bevor es zu einem ungewollten Ereignis kommt. So ist es durch den Betreiber der Gleisanlage möglich, nicht nur Defekte sondern auch schleichende Veränderungen in der Gleisanlage frühzeitig und automatisch zu erkennen und zu einem geeigneten Zeitpunkt, z.B. während einer Betriebsruhe, zu reparieren. Durch Einbeziehung und Interpretation benachbarter Gleisstromkreis kann eine wesentlich genauere, vorbeugende Wartung der Gleisanlage erfolgen.
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Bisher benutzte Diagnosemethoden, wie die manuelle Erstellung von Störstatistiken zu einzelnen Gleisstromkreisen, werden überflüssig, zumal derartige Statistiken keinen Beitrag zur Benennung des ursächlichen Problems leisten konnten.
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Darüber hinaus ist es mit Hilfe der Erfindung möglich, ortsfeste Störquellen von sich bewegenden Störquellen zu unterscheiden. Es ist ebenfalls möglich, Züge, die als bewegliche Störquellen dienen, zu identifizieren. Somit kann einem Gleisfreimeldesystem eine weitere, neue Funktionalität zugewiesen werden, nämlich als Datenlieferant oder Messgerät für die Diagnose von Zügen sowie der Stromversorgung. In der Zusammenschau wird somit eine auf diese Art und Weise bisher nicht mögliche qualitative Bewertung des Gleisnetzes und der eingesetzten Fahrzeugflotte möglich.
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Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels, das im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert wird. Dabei zeigt die einzige Figur einen Teil einer Gleisanlage mit einem dazugehörigen Diagnosesystem.
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Die Figur zeigt die Erfindung lediglich schematisch und mit ihren wesentlichen Bestandteilen. Gleiche Bezugszeichen entsprechen dabei Elementen gleicher oder vergleichbarer Funktion.
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Ein System 100 zur Diagnose einer Gleisanlage 20 umfasst beispielhaft drei Gleisfreimeldesysteme 11, 12, 13, die jeweils mit Hilfe eines Tonfrequenz-Gleisstromkreises 14, 15, 16 Daten ermitteln, die einen bis zu mehrere Kilometer langen Gleisabschnitt 17, 18, 19 der Gleisanlage 20 betreffen. Jedem der drei Wechselstrom-Gleisfreimeldesysteme 11, 12, 13 ist dabei genau ein Gleisabschnitt 17, 18, 19 zugeordnet. Das Diagnosesystem 100 umfasst weiterhin eine Auswerteeinheit 10, die zur Übertragung solcher Daten mit den Gleisfreimeldesystemen 11, 12, 13 dauerhaft verbunden oder zeitweise verbindbar ist. Die Auswerteeinheit 10 umfasst Datenverarbeitungsmittel 21 in Form von Hard- und/oder Software. Diese Mittel 21 sind ausgebildet zur Auswertung der Daten mehrerer Gleisstromkreise 14, 15, 16, insbesondere solcher Gleisstromkreise, die direkt oder indirekt zueinander benachbarten Gleisabschnitten 17, 18, 19 der Gleisanlage 20 zugeordnet sind. Diese Mittel 21 sind außerdem ausgebildet zur Erzeugung wenigstens eines Ergebniswertes 22, 23, insbesondere einer Meldung, auf der Grundlage bzw. unter Verwendung dieser ausgewerteten Daten mehrerer Gleisstromkreise 14, 15, 16.
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Ein Verfahren zur Diagnose der Gleisanlage 20 zeichnet sich durch folgende Schritte aus. Mehrere Gleisfreimeldesysteme 11, 12, 13 ermitteln jeweils mit Hilfe eines Tonfrequenz-Gleisstromkreises 14, 15, 16 Daten, einen der Gleisabschnitte 17, 18, 19 der Gleisanlage 20 betreffend. Diese Daten werden von den Gleisfreimeldesystemen 11, 12, 13 an ein und dieselbe Auswerteeinheit 10 übertragen. Die Auswerteeinheit 10 wertet die Daten mehrerer Gleisstromkreise 14, 15, 16 aus, insbesondere solcher Gleisstromkreise, die direkt oder indirekt zueinander benachbarten Gleisabschnitten 17, 18, 19 der Gleisanlage 20 zugeordnet sind. Die Auswerteeinheit 10 erzeugt wenigstens einen Ergebniswert 22, 23, beispielsweise in Form einer Meldung, auf der Grundlage bzw. unter Verwendung dieser ausgewerteten Daten der mehreren Gleisstromkreise 14, 15, 16.
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Zur Erzeugung der Daten werden mittels der Gleisstromkreise 14, 15, 16 Gleisabschnitte 17, 18, 19 mit einer frequenzmodulierten Spannung ferngespeist, indem durch Sender 24 Sendesignale in die Fahrschienen der Gleisabschnitte 17, 18, 19 eingespeist und durch Empfänger 25 Empfangssignale empfangen werden, die durch eine Übertragung der Sendesignale über die Fahrschienen der Gleisabschnitte 17, 18, 19 bewirkt werden. Die an die Auswerteeinheit 10 übertragenen Daten umfassen diese Empfangssignale und die Auswerteeinheit 10 wertet diese Empfangssignale aus und erzeugt auf der Grundlage bzw. unter Verwendung dieser ausgewerteten Empfangssignale einen Ergebniswert 22, 23. Bei den Empfangssignalen der Empfänger 25 der Gleisstromkreise 14, 15, 16 handelt es sich vorzugsweise um Spannungs- und/oder Stromwerte, wobei bei der Auswertung der Daten insbesondere die Werte der Spannung und deren Phasenlage zum Strom ausgewertet werden.
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Die Datenverarbeitungsmittel 21 sind insbesondere ausgebildet zur Auswertung der Daten eines einzelnen ersten Gleisstromkreises 14 der Mehrzahl der Gleisstromkreise 14, 15, 16 einerseits sowie zur Auswertung der Daten wenigstens eines weiteren Gleisstromkreises 15, 16, welcher weiterer Gleisstromkreis 15, 16 einem Gleisabschnitt 18, 19 zugeordnet ist, der zu dem Gleisabschnitt 17 des ersten Gleisstromkreises 14 direkt oder indirekt benachbart ist, andererseits.
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Die Datenverarbeitungsmittel 21 sind insbesondere ausgebildet zur Erzeugung wenigstens eines ersten Ergebniswertes 22, nämlich einen Gleisabschnitt-Ergebniswert, insbesondere in Form einer Gleisabschnitt-Meldung, auf der Grundlage bzw. unter Verwendung der ausgewerteten Daten des ersten Gleisstromkreises 14 sowie des wenigstens einen weiteren Gleisstromkreises 15, 16, welcher erste Ergebniswert 22 eine Eigenschaft des Gleisabschnittes 17 des ersten Gleisstromkreises 14 widerspiegelt und/oder der qualitativen Bewertung dieses Gleisabschnittes 17 dient.
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Die Datenverarbeitungsmittel 21 sind insbesondere ausgebildet zur Erzeugung wenigstens eines zweiten Ergebniswertes 23, nämlich einen Gleisanlagen-Ergebniswert, insbesondere in Form einer Gleisanlagen-Meldung, auf der Grundlage bzw. unter Verwendung der ausgewerteten Daten mehrerer, d.h. von wenigstens zwei dieser Gleisstromkreise 14, 15, 16, welcher zweite Ergebniswert 23 eine Eigenschaft der durch die Gleisabschnitte 17, 18, 19 gebildeten Gleisanlage 20 widerspiegelt und/oder der qualitativen Bewertung dieser Gleisanlage 20 dient.
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Nachfolgend wird die Arbeitsweise des Diagnosesystems 100 anhand von drei Beispielfällen beschrieben, wobei die Gleisabschnitte 17, 18, 19 nachfolgend auch mit A, B, C bezeichnet werden.
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Jedem der Gleisabschnitte A, B und C ist ein Gleisfreimeldesystem 11, 12, 13, hier jeweils in Form eines TCM, zugeordnet. Jedes TCM ermittelt Daten des jeweiligen Gleisabschnittes 17, 18, 19 mit Hilfe eines Gleisstromkreises 14, 15, 16. Damit überwacht jeweils ein TCM mit Sender 24 und Empfänger 25 in der Außenanlage die Gleisabschnitte A, B und C. Jedes Gleisfreimeldesystem 11, 12, 13 wird während seiner Inbetriebnahmephase physikalisch auf die äußere Umgebung eingestellt. Die elektrischen Werte (Strom, Spannung) jedes Gleisfreimeldesystems 11, 12, 13 werden dabei als Initialwerte gespeichert.
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Beispiel 1: Veränderung des Gleiswiderstandes
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Während einer Beobachtung des mittleren Gleisabschnitts B über einen längeren Zeitraum erhält die Auswerteeinheit 10 von dem Gleisfreimeldesystem 12 Daten, aus denen sich ergibt, dass sich die Strom-/Spannungswerte kontinuierlich mit der Zeit verändern, ohne dass eine Schaltschwelle des Gleisabschnittes B erreicht wird. Mit den aus dem Stand der Technik bekannten Methoden würde sich eine solche schleichende Veränderung, wenn überhaupt, lediglich feststellen lassen, ohne dass aus den Daten die Ursache für diese Veränderung ermittelbar wäre.
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Wird nun, wie es die Erfindung vorschlägt, aufgrund der Zusammenführung der Daten des Gleisstromkreises 15 mit den Daten der benachbarten Gleisstromkreise 14, 16 festgestellt, dass parallel zu den Veränderungen des Stromflusses in dem Gleisabschnitt B die gleichen Veränderungen des Stromflusses auch in den benachbarten Gleisabschnitten A und C stattfinden, kann daraus geschlussfolgert werden, dass als Ursache für diese Abweichung von den Initialwerten eine Veränderung des Bettungswiderstandes (Widerstandes des Gleisbettes) oder aber eine Verschlechterung der Isolation zwischen Schiene und Schienenbett in Frage kommt.
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Beispiel 2: Schienenbruch
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Nach einer längeren Beobachtung des mittleren Gleisabschnitts B erhält die Auswerteeinheit 10 von dem Gleisfreimeldesystem 12 Daten, aus denen sich eine abrupte Veränderung der Stromwerte für den Gleisabschnitt B ergibt. Das dem Gleisabschnitt B zugeordnete Gleisfreimeldesystem 12 gibt eine Belegtmeldung aus. Mit den aus dem Stand der Technik bekannten Methoden könnte nicht festgestellt werden, was diese Belegtmeldung verursacht hat; dass es sich um eine Fehlmeldung handelt, würde nicht erkannt werden.
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Aufgrund der Zusammenführung der Daten des Gleisstromkreises 15 mit den Daten der benachbarten Gleisstromkreise 14, 16 kann jedoch geprüft werden, ob vor oder nach der Belegtmeldung des Gleisabschnittes B eine Belegung der Gleisabschnitte A oder C vorlag. Ist dies nicht der Fall, kann es sich bei der Belegtmeldung nur um ein Fehlverhalten des betreffenden Gleisfreimeldesystem 12 handeln. Kann dies jedoch durch die Gleisfreimeldesystem-eigenen Diagnosedaten ausgeschlossen werden, liegt entweder ein Kabelproblem im Gleisstromkreis 15 oder aber ein Schienenbruch im Gleisabschnitt 18 vor.
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Beispiel 3: Störungen während Zugfahrt
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Die drei Gleisfreimeldesysteme 11, 12, 13 betrachten die Gleisabschnitte A, B und C während einer Zugfahrt, bei welcher ein Zug (nicht dargestellt) von A nach C fährt. Wird nun von dem Gleisfreimeldesystem 11 des Gleisabschnittes A für diesen Gleisabschnitt A eine Besetztmeldung ausgegeben, obwohl sich der Zug noch nicht in dem Gleisabschnitt A befindet, liegt eine fehlerhafte Meldung vor. Ein Grund für eine solche fehlerhafte Meldung kann es sein, dass der Zug sehr hohe Störemissionen aussendet, die bereits eine Besetztmeldung für den Gleisabschnitt A auslöst, obwohl sich der Zug selbst noch gar nicht in dem Gleisabschnitt A befindet. Im Ergebnis würde der Zug sich selbst und andere Züge von einer Befahrung des Gleisabschnittes A aussperren. Allerdings könnte der Grund für eine solche fehlerhafte Meldung auch sein, dass die Schaltschwelle des betreffenden Gleisfreimeldesystems 11 zu niedrig eingestellt ist oder aber dass das Gleisfreimeldesystem 11 fehlerhaft detektiert, beispielsweise aufgrund anderer Umgebungsemissionen.
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Mit Hilfe der Zusammenführung der Daten, wie von der Erfindung vorgeschlagen, kann die wirkliche Ursache ermittelt werden. Ergibt nämlich die Zusammenschau der Daten aus den benachbarten Gleisabschnitten, dass immer dann, wenn sich der Zug in einem ersten Gleisabschnitt (z.B. in Gleisabschnitt A oder B) befindet, nicht nur dieser erste Gleisabschnitt, sondern auch der jeweils in Fahrtrichtung benachbarte nächste Gleisabschnitt (hier Gleisabschnitt B oder C) als belegt angezeigt wird, kann davon ausgegangen werden, dass der Zug diese fehlerhafte Belegung in dem jeweils nächsten Gleisabschnitt (hier B oder C) verursacht und er die Störemission bestimmter Frequenz quasi „vor sich herschiebt“, obwohl er sich noch immer in dem ersten Gleitabschnitt (hier A oder B) befindet.
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Außerdem kann durch die erfindungsgemäße Zusammenschau und die gemeinsame Auswertung der Daten benachbarter Gleisabschnitte 17, 18, 19 zwischen ortsfesten Störquellen und sich bewegenden Störquellen unterschieden werden. Verringert sich beispielsweise die Amplitude einer Störgröße von Gleisabschnitt zu Gleisabschnitt, befindet sich die ortsfeste Ursache der Störung voraussichtlich in demjenigen Gleisabschnitt, in dem die Störgröße maximal ist. Bewegt sich hingegen die Störung mit gleicher Amplitude von Gleisabschnitt zu Gleisabschnitt, liegt eine mobile Störquelle vor. Sehr wahrscheinlich handelt es sich dann bei der Störquelle um einen Zug.
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Darüber hinaus können mit Hilfe der Erfindung auch Störungen an der Stromversorgung (Versorgung mit Bahnstrom über die Oberleitungen) diagnostiziert werden. Wird beispielsweise in einem Gleisabschnitt B eine Störung gemessen, die nur dann auftritt, wenn ein Zug diesen Gleisabschnitt B befährt, und tritt diese Störung in benachbarten Gleisabschnitten A, C nicht auf, wenn dieser Zug diese Gleisabschnitte A, C befährt, kommt als Ursache für diese immer gleiche oder zumindest gleichartige Störung ein Fehler in der Stromversorgung in Betracht, insbesondere dann, wenn nach einer Auswertung aller verfügbarer Daten andere Fehlerquellen als Ursache ausgeschlossen werden können. Auch bei der Erkennung derartiger Störungen aus den erhaltenen Daten kann die Auswerteeinheit 10 einen Ergebniswert, insbesondere in Form einer Meldung, erzeugen und ausgeben bzw. weiterleiten.
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Zur Ausgabe der erzeugten Ergebniswerte ist die Auswerteeinheit 10 mit einer Anzeigeeinrichtung 26 verbunden. Außerdem weist die Anzeigeeinheit 10 einen internen Datenspeicher 27 zur Speicherung der erhaltenen und verarbeiteten Daten sowie der erzeugten Ergebniswerte 22, 23 auf. Zur Weiterleitung der Ergebniswerte 22, 23 an nachgeordnete Empfänger (nicht dargestellt), insbesondere Mittel, Anlagen und Systeme der Bahnautomatisierung 29, verfügt die Auswerteeinheit 10 über eine geeignete Schnittstelle 28 zu einer Kommunikationseinrichtung. Dabei kann es sich um dieselbe Schnittstelle 28 handeln, die zum Erhalt der Daten von den Gleisfreimeldesystemen 11, 12, 13 verwendet wird.
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Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Auswerteeinheit 10 einen Computer als Datenverarbeitungsmittel 21 umfaßt und die Mittel zur Auswertung der Daten mehrerer Gleisstromkreise 14, 15, 16 und/oder die Mittel zur Erzeugung wenigstens eines Ergebniswertes 22, 23 als Computerprogramm zur Ausführung in der Recheneinheit dieses Computers ausgeführt ist.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht auf die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Auswerteeinheit
- 11
- erstes Gleisfreimeldesystem
- 12
- zweites Gleisfreimeldesystem
- 13
- drittes Gleisfreimeldesystem
- 14
- erster Gleisstromkreis
- 15
- zweiter Gleisstromkreis
- 16
- dritter Gleisstromkreis
- 17
- Gleisabschnitt A
- 18
- Gleisabschnitt B
- 19
- Gleisabschnitt C
- 20
- Gleisanlage
- 21
- Datenverarbeitungsmittel
- 22
- erster Ergebniswert
- 23
- zweiter Ergebniswert
- 24
- Sender
- 25
- Empfänger
- 26
- Anzeigeeinrichtung
- 27
- Datenspeicher
- 28
- Sende-/Empfangsschnittstelle
- 29
- Mittel der Bahnautomatisierung
- 100
- Diagnosesystem