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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Plausibilisierung von Messwerten eines Mobilgeräts, ein Steuergerät für ein Fahrzeug, ein Fahrzeug mit Steuergerät sowie ein Mobilgerät.
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Sensorsysteme von mobilen Geräten, wie zum Beispiel Fahrzeugen, Mobilfunkgeräten, Navigationsgeräten etc. generieren Daten, die von Systemen des mobilen Geräts weiter verarbeitet werden. Es sind Verfahren bekannt, welche die von einer Fahrzeugsensorik generierten Informationen an ein Backend des Fahrzeugherstellers senden und diese dort weiter verarbeiten (XFCD). Zur Plausibilisierung von Fahrzeugsensordaten sind verschiedene Verfahren bekannt, beispielsweise eine Prüfung, ob ein definierter Wertebereich verlassen wurde oder ob es Sprünge in den Werten gibt. Bisher stehen im Fahrzeug keine für den aktuellen Ort und die aktuelle Zeit gültigen Referenzdaten zur Verfügung.
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Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, die Plausibilisierung von Messwerten von Mobilgeräten zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1, ein Steuergerät gemäß Anspruch 13, ein Fahrzeug gemäß Anspruch 14 beziehungsweise ein Mobilgerät gemäß Anspruch 14.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Plausibilisierung von Messwerten eines Mobilgeräts umfasst, dass Sensorik des Mobilgeräts mindestens einen Messwert erzeugt, dass von dem Mobilgerät über einen Kommunikationsdienst mindestens zwei Informationen betreffend den mindestens einen Messwert empfangen werden und dass der mindestens eine Messwert anhand der mindestens zwei Informationen plausibilisiert wird.
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Das erfindungsgemäße Verfahren hat den Vorteil, dass ein Mobilgerät von anderen Geräten stammende externe Informationen nutzt, um die Messwerte oder Messergebnisse der eigenen Sensorik auf Plausibilität zu überprüfen. Dies erlaubt eine Erhöhung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Sensorik und des ganzen Betriebs des Mobilgeräts. Die Idee der Erfindung ist zum Beispiel im Fahrzeugbereich, dass ein mit V2X-Technologie (V2X bedeutet eine Fahrzeug zu Fahrzeug Kommunikation, bzw. Fahrzeug zu Infrastruktur oder Fahrzeug zu einer anderen empfangsseitigen Einheit-Kommunikation) ausgestattetes Ego-Fahrzeug die V2X-Informationen der V2X-Fahrzeuge im lokalen Umfeld nicht nur für Sicherheits- und Assistenzfunktionen sowie zur Generierung neuer Informationen nutzt, sondern auch zur Plausibilisierung der eigenen Sensordaten. V2X-Fahrzeuge senden regelmäßig Informationen, zum Beispiel entsprechend Standards von ETSI und SAE Statusinformationen bis zu zehn Mal pro Sekunde und Informationen zu Events (Ereignissen), welche von anderen Fahrzeugen, Roadside Stations und entsprechend ausgestatteten Mobilgeräten empfangen werden können.
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Allgemein ist es möglich, dass V2X-Fahrzeuge ihre eigenen Sensorinformationen um V2X-Informationen anderer Fahrzeuge ergänzen, diese Informationen verarbeiten und an ein Backend senden. Ein Telematikdienstbetreiber wie zum Beispiel ein Fahrzeughersteller kann über diesen Weg seine Fahrzeugflotte virtuell vergrößern, was gewissermaßen als V2X-Schwarmdaten bezeichnet werden kann, und auch Fahrzeuge anderer Flotten mit berücksichtigen. Auch die im Backend verfügbaren Daten von V2X-Fahrzeugen können bei ausreichender Genauigkeit und Aktualität zur Plausibilisierung herangezogen werden. Das Backend kann zusätzlich weitere Werte zum Plausibilisieren liefern, die von mehreren Quellen stammen und gegebenenfalls aufbereitet und/oder zusammengefasst wurden, zum Beispiel von Fahrzeugen, Mobilgeräten und straßenseitiger Sensorik. Ergänzend können auch die von einer ITS Roadside Station (IRS) gesendeten Informationen bei ausreichender Genauigkeit und Aktualität zur Plausibilisierung herangezogen werden.
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Das Mobilgerät kann zum Empfangen der mindestens zwei Informationen mittels des Kommunikationsdienstes mit anderen Mobilgeräten, ortsfesten Infrastruktureinheiten und/oder einer Rechnereinheit des Mobilgerätherstellers kommunizieren. Die Rechnereinheit des Mobilgerätherstellers kann zum Beispiel ein Backend eines Fahrzeugherstellers oder Telematikdienstbetreibers beziehungsweise ein Rechner und/oder eine Datenbank in dem Backend sein. Die Einbindung dieser unterschiedlichen Teilnehmer oder Datenquellen erlaubt eine große Skalierbarkeit und Flexibilität des Verfahrens.
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Der Messwert kann als plausibel bewertet werden, wenn eine Abweichung des Messwerts zu den mindestens zwei Informationen innerhalb vorgegebener Grenzen liegt. Durch einfachen Vergleich des Messwerts mit den mindestens zwei Informationen beziehungsweise Vergleiche des Messwerts und der mindestens zwei Informationen mit einem oder mehreren Grenzwerten lässt sich die Plausibilitätsprüfung einfach und schnell durchführen.
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Die mindestens zwei Informationen können dieselbe Messgröße des Messwerts betreffen und/oder es können aus den mindestens zwei Informationen Größen abgeleitet werden, welche die Messgröße des Messwerts betreffen. Die Informationen können zum Beispiel aus identischen Sensoriken anderer Mobilgeräte stammen oder aus unterschiedlichen Sensoriken, aber die dieselben Messgrößen oder physikalischen Größen betreffen. Andererseits ist es möglich, dass aus den Informationen, die andere Größen betreffen, Messgrößen abgeleitet werden, zum Beispiel weil diese anderen Größen verlässlicher sind oder in größerer oder einfach zu handhabender Anzahl vorliegen. Zum Beispiel kann aus der Geschwindigkeit die Beschleunigung abgeleitet werden. Der Begriff Ableitung ist hier nicht ausschließlich im streng mathematischen Sinn zu verstehen.
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Es können nur Informationen von anderen Mobilgeräten und/oder ortsfesten Infrastruktureinheiten verwendet werden, wenn die anderen Mobilgeräte und/oder ortsfesten Infrastruktureinheiten als relevant eingestuft werden. Damit kann die Robustheit des Verfahrens erhöht werden, da nur Informationen zur Plausibilisierung zugelassen werden, die tatsächlich dazu beitragen können. Zum Beispiel können Informationen von Geräten, die eine bestimmte Entfernung zu dem Mobilgerät überschreiten, als nicht relevant eingestuft werden. Für unterschiedliche Messwerte können unterschiedliche Relevanzkriterien angelegt werden.
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Wenn bei der Prüfung von anderen Mobilgeräten und/oder ortsfesten Infrastruktureinheiten mehrere Gruppen von Messgrößen identifiziert werden, kann die räumliche Situation der anderen Mobilgeräte und/oder ortsfesten Infrastruktureinheiten untersucht werden und es können nur Messgrößen derjenigen Gruppe verwendet werden, deren räumliche Situation dem Mobilgerät entspricht. Dies erlaubt auch sich teilweise widersprechende Informationen oder Messgrößen zu verwenden, indem der räumliche Bezug zu dem Mobilgerät als Kriterium gewählt wird. Dies können zum Beispiel Straßen oder Fahrstreifen sein, auf denen sich die Mobilgeräte befinden.
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Die Informationen können einen Zeitstempel enthalten, was eine erweiterte Steuerung der Informationsverarbeitung, wie zum Beispiel eine zeitliche Steuerung der Plausibilisierung, erlaubt.
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Die Häufigkeit der Plausibilisierung kann festgelegt werden, was zum Beispiel pro Messgröße geschehen kann. Über die Festlegung der Häufigkeit kann die Genauigkeit erhöht oder andererseits Rechenleistung eingespart werden.
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Die Informationen können synchronisiert gesendet werden, zum Beispiel auf Basis eines globalen Navigationssatellitensystems (GNSS). Auf diese Weise können Kollisionen zwischen Informationen beziehungsweise Nachrichten vermieden werden. Auch eine nicht synchronisierte Kommunikation ist möglich.
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Es kann vorgesehen sein, dass Informationen nur verwendet werden, wenn sie vorbestimmte Kriterien erfüllen. So kann zum Beispiel eine Beschränkung auf gewisse Messgrößen angewandt werden, die sich im näheren Umfeld des Fahrzeugs nicht oder kaum ändern, wie zum Beispiel Temperatur, oder die umgerechnet werden können, wie zum Beispiel der Luftdruck.
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Der Kommunikationsdienst kann einen Mobilfunkdienst, eine Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation und/oder eine Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation umfassen. Insbesondere für derartige Dienste für Mobilgeräte ist das Verfahren vorteilhaft, da sowohl Mobilfunkgeräte als auch Fahrzeuge, beziehungsweise dessen Komponenten oder Steuergeräte, wie zum Beispiel Navigationssysteme, oftmals vielfältige Sensorsysteme umfassen, deren Messwerte plausibilisiert werden können.
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Bei einer erfolgreichen Plausibilisierung eines Messwertes kann der Mobilgerätbetrieb fortgeführt werden und bei einer erfolglosen Plausibilisierung eines Messwertes kann eine Fehlermeldung erzeugt und/oder in den Mobilgerätbetrieb eingegriffen werden. Vorteilhafterweise läuft das Verfahren so lange im Hintergrund, das heißt unbemerkt von dem Benutzer des Mobilgeräts, bis ein Messwert nicht plausibilisiert werden kann. Auch dann kann noch zwischen sicherheitsrelevanten Funktionen, bei denen informiert und/oder eingegriffen wird, und Komfortfunktionen, bei denen nicht informiert und/oder eingegriffen wird, unterschieden werden.
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Das erfindungsgemäße Steuergerät für ein Fahrzeug ist eingerichtet, ein zuvor beschriebenes Verfahren auszuführen. Es gelten die gleichen Vorteile und Modifikationen wie zuvor beschrieben.
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Das erfindungsgemäße Fahrzeug mit einer Sensorik zur Erzeugung mindestens eines Messwerts umfasst ein Steuergerät wie zuvor beschrieben. Es gelten die gleichen Vorteile und Modifikationen wie zuvor beschrieben.
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Das erfindungsgemäße Mobilgerät ist eingerichtet zur Durchführung eines zuvor beschriebenen Verfahrens, wobei das Mobilgerät ein Mobilfunkgerät, Navigationsgerät, mobiler Computer und/oder Fahrzeug sein kann. Es gelten die gleichen Vorteile und Modifikationen wie zuvor beschrieben.
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Die verschiedenen in dieser Anmeldung genannten Ausführungsformen der Erfindung sind, sofern im Einzelfall nicht anders ausgeführt, mit Vorteil miteinander kombinierbar.
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Die Erfindung wird nachfolgend in Ausführungsbeispielen anhand der zugehörigen Zeichnungen erläutert. Es zeigen:
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1 eine schematische Darstellung mehrerer, miteinander kommunizierender Mobilgeräte; und
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2 ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zur Plausibilisierung von Messwerten eines Mobilgeräts.
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1 zeigt ein Mobilgerät, hier in diesem Beispiel in Form eines Fahrzeugs 10, wie zum Beispiel einem PKW, LKW, Motorrad, Bus oder Bahn. Als Fahrzeug werden hier sämtliche Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge angesehen. Das Fahrzeug 10 enthält eine Sensorik 12, wie zum Beispiel einen Radarsensor oder eine Kamera. Die Sensorik kann ein fester Bestandteil des Fahrzeugs 10 sein oder in dem Fahrzeug 10 mitgeführt und mit diesem gekoppelt sein, wie zum Beispiel ein Mobilfunk- oder Navigationsgerät. Die Sensorik 12 erzeugt für bestimmte Messgrößen wie zum Beispiel Geschwindigkeit Messwerte. Diese Messwerte werden an eine Recheneinheit oder ein Steuergerät 14 des Fahrzeugs 10 übertragen. Dazu sind das Steuergerät 14 und die Sensorik 12 kabelgebunden oder kabellos miteinander verbunden. Die Recheneinheit oder das Steuergerät 14 kann auch extern zu dem Fahrzeug 10 angeordnet sein, so dass die Sensordaten von dem Fahrzeug 10 an eine entsprechende externe Einheit übertragen werden.
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Ferner enthält das Fahrzeug 10 eine Kommunikationseinheit 16, die in Kommunikation mit dem Steuergerät 14 steht, und dem Fahrzeug 10 und weiteren Fahrzeugen 18, die identisch oder ähnlich zu dem Fahrzeug 10 sind, die Teilnahme an einem Kommunikationsdienst 20 ermöglichen. Die weiteren Fahrzeuge 18 enthalten ebenfalls eine oder mehrere Sensoriken, die identisch oder ähnlich sein können, ein oder mehrere Steuergeräte sowie eine Kommunikationseinheit. Der Kommunikationsdienst 20 ist zum Beispiel ein V2X oder Vehicle-to-X Dienst oder ein Mobilfunkdienst. Derartige Dienste werden zum Beispiel als Car-to-Car-Systeme, Car-to-Infrastructure-Systeme oder Car-to-X-Systeme bezeichnet, wobei das X als Platzhalter für beliebige Infrastruktureinrichtungen, andere Fahrzeuge und andere Verkehrsteilnehmer steht. Weitere übliche Bezeichnungen sind Car2C-, Car2X-, C2C- bzw. C2X-Systeme, Vehicle-to-Vehicle-Systeme (V2V), Vehicle-to-Infrastructure-Systeme (V2I) oder Vehicle-to-X-Systeme (V2X).
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Die Fahrzeuge 18 kommunizieren direkt mit dem Fahrzeug 10, das auch als Ego-Fahrzeug bezeichnet werden kann, da das Verfahren im Folgenden aus Sicht dieses Fahrzeuges 10 beschrieben wird. Ebenso ist es möglich das weitere Fahrzeuge, wie zum Beispiel das Fahrzeug 22, indirekt über zum Beispiel ein Backend 24 des Fahrzeugherstellers kommunizieren. Das Backend kann zusätzlich weitere Werte zum Plausibilisieren liefern, die von mehreren Quellen stammen und gegebenenfalls aufbereitet wurden, zum Beispiel von Fahrzeugen, Mobilgeräten und straßenseitiger Sensorik.
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Die Kommunikation zwischen dem Backend 24 und dem Fahrzeug 10 läuft über einen Kommunikationsdienst 26, der identisch zu dem Kommunikationsdienst 20 sein kann. Alternativ kann ein anderer Kommunikationsdienst, wie zum Beispiel ein Mobilfunkdienst verwendet werden. Statt des hier gezeigten Backend 24 kann auch eine andere stationäre Einrichtung, wie ein Infrastruktureinheit, zum Beispiel eine Ampel oder ein Sendemast, mit dem Fahrzeug 10 kommunizieren.
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Nachdem zuerst der Aufbau des Kommunikationssystems aus 1 beschrieben wurde, wird im Folgenden die Handhabung und insbesondere Plausibilisierung von Messwerten der Sensorik 12 beschrieben.
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Gemäß der Erfindung erfolgt die Verwendung der V2X-Informationen anderer Fahrzeuge 18, 22 zur Plausibilisierung eigener Sensordaten. Anhand von 2 wird ein Ausführungsbeispiel eines Verfahrens zur Plausibilisierung von Messwerten eines Mobilgeräts, hier eines Fahrzeugs 10 beschrieben.
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In einem ersten Schritt 100 werden V2X-Informationen entweder unmittelbar von den V2X-Fahrzeugen 18 in der Umgebung bezogen (V2V, Fahrzeug zu Fahrzeug) oder mittelbar über ein Backend 24 oder einen andern Dienst wie zum Beispiel einen Telematik- oder Mobilfunkdienst. Ferner umfasst ist die Verwendung der V2X-Informationen einer ITS Roadside Station (IRS) zur Plausibilisierung eigener Sensordaten. Die IRS-Informationen können dann auf Messungen einer straßenseitigen Sensorik basieren, wie zum Beispiel der Temperatur, oder auf den von V2X-Fahrzeugen ausgesendeten und von der IRS gespeicherten bzw. weiterverarbeiteten Informationen. Daraus ergibt sich der Vorteil der Plausibilisierung der Messergebnisse der Sensorsysteme 12 des Ego-Fahrzeugs 10 und dadurch eine Verbesserung der Qualität der Sensorinformationen unter Zuhilfenahme aktueller V2X-Informationen, bevorzugt unmittelbar von anderen V2X-Fahrzeugen 18.
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Messgrößen sind in diesem Kontext die physikalischen oder organisatorischen Größen, von denen Sensoren Messwerte liefern. Anders ausgedrückt sind die Messgrößen Kategorien, zu denen die Messwerte gehören.
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Für folgende Messgrößen soll beispielhaft eine Plausibilisierung auf Basis von V2X-Informationen erfolgen. Messgrößen, über die Informationen aus anderen Fahrzeugen vorliegen, z. B. aus Statusnachrichten (z. Zt. CAM (EU), BSM1 (USA)), aus Eventnachrichten (z. Zt. DEMN (EU), BSM1 + 2 (USA)), weitere in Zukunft zu erwartende Nachrichtentypen (z. B. Umfeldinformationen, Intention des Fahrzeugs, usw.). Messgrößen, die aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften geeignet sind, z. B. skalare Größen, welche sich im nahen Umfeld des Ego-Fahrzeugs kaum ändern (z. B. Temperatur, Luftdruck, Feuchte, Niederschlag, etc.). Messgrößen, die aufgrund bekannter physikalischer Zusammenhänge auf den Ort des Ego-Fahrzeugs umgerechnet werden können, wie zum Beispiel beim Luftdruck Anwendung der barometrischen Höhenformel bei Kenntnis des Höhenprofils der Straße oder die Geschwindigkeit eines vorausfahrenden Fahrzeugs bei bekanntem Abstand und Heading. Es können bei Anwendung entsprechender mathematischer Operationen auch abgeleitete physikalische Größen plausibilisiert werden.
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In einem zweiten Schritt 200 werden die für die Plausibilisierung heranzuziehenden anderen V2X-Fahrzeuge beziehungsweise Informationsquellen ausgewählt, was auch als Relevanzfilterung bezeichnet werden kann. V2X-Nachrichten lassen sich je nach örtlichen Gegebenheiten über eine Distanz von mehreren hundert Metern bis zu mehr als einem Kilometer empfangen. Die Nachrichten sehr weit entfernter Sender sind aber für die Plausibilisierung von Ego-Daten meist nicht geeignet. Es muss also festgelegt werden, welche V2X-Fahrzeuge für die Plausibilisierung relevant sind. Die Informationen nicht-relevanter Fahrzeuge werden für die Plausibilisierung der Ego-Daten nicht betrachtet.
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Berücksichtigt werden die Nachrichten von Fahrzeugen innerhalb einer zum Ego-Fahrzeug 10 befindlichen maximalen Distanz, die auch als Relevanzbereich bezeichnet werden kann. Dieser Relevanzbereich kann für jede Messgröße separat, vordefiniert und statisch im Fahrzeug abgelegt, zum Beispiel in einer Tabelle, durch einen Algorithmus bestimmt und/oder durch eine Fahrzeugfunktion vorgegeben (funktionsspezifisch) festgelegt werden.
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Der Relevanzbereich kann nicht nur durch einen Abstand zum Ego-Fahrzeug definiert werden, sondern zusätzlich räumlich auch noch weiter eingeschränkt werden. Es sind Anwendungen vorstellbar bei denen die Raumrichtung, zum Beispiel nur Fahrzeuge in Fahrtrichtung vor dem Ego-Fahrzeug, der Fahrstreifen, zum Beispiel nur Fahrzeuge auf demselben Fahrstreifen, und/oder ein Straßensegment, zum Beispiel Fahrzeuge, welche sich nur auf der hinter dem Ego-Fahrzeug befindlichen Brücke befinden, festgelegt werden.
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In einem weiteren Schritt 300 wird die Häufigkeit der Plausibilisierung festgelegt oder definiert. Informationen zum Beispiel in Form von V2X-Status-Nachrichten werden während des Betriebs des Fahrzeugs mehrfach pro Sekunde ausgesendet. Dadurch stehen ständig aktuelle Informationen zur Verfügung, deren Alter bekannt ist, weil die V2X-Nachricht einen Zeitstempel enthält. Entsprechendes ist auch für zukünftig neu zu entwickelnde Nachrichtentypen zu erwarten. Somit besteht die Möglichkeit, eine quasi "kontinuierliche" Plausibilisierung der Ego-Daten durchzuführen oder aber auch nur zu bestimmten Zeitpunkten zu plausibilisieren. Allgemein wird die Häufigkeit der Plausibilisierung für jede Messgröße einzeln festgelegt und folgt dann nach einem messwertspezifischen Algorithmus.
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Die Plausibilisierungszeitpunkte können nach Regeln festgelegt werden, wie zum Beispiel zu Beginn jeder Fahrt oder nach vorgegebenen Zeitintervallen, z. B. in definierten Zeitintervallen ab dem Beginn einer Fahrt (z. B. alle 15 Minuten), zu definierten Zeitpunkten in Abhängigkeit der Fahrzeugbetriebsdauer (z. B. alle 30 Minuten Betriebsdauer) oder zu definierten Zeitpunkten in Abhängigkeit der Betriebsdauer einer Fahrzeugfunktion (z. B. alle 5 Minuten Betriebsdauer des kooperativen ACC).
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Die Plausibilisierungszeitpunkte können auch von einer Fahrzeugfunktion initiiert werden, zum Beispiel bei Inbetriebnahme einer Fahrerassistenzfunktion und/oder von einem Backend initiiert werden, zum Beispiel zu Beginn eines XFCD-Messauftrags. Mischformen der Zeitpunkte oder Intervalle sind ebenfalls möglich.
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Eine "kontinuierliche" Plausibilisierung kann auch permanent während des Betriebs des Fahrzeugs erfolgen.
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In einem weiteren Schritt 400 werden Messintervalle festgelegt. V2X-Fahrzeuge senden ihre V2X-Informationen entweder unsynchronisiert, was Konzepten in Standards von ETSI und SAE entspricht, oder synchronisiert, was dem Konzept bei LTE-V entspricht.
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Die Synchronisierung der Fahrzeuguhren erfolgt in allen Fällen auf Basis der GNSS-Signale. Bei den EU- und USA-Standards wird dies dann für die Zeitstempel der V2X-Nachrichten benutzt, bei LTE-V zusätzlich auch für ein Zeitschlitzverfahren für den Zugriff auf den Funkkanal. Der Zugriff der V2X-Fahrzeuge auf den Funkkanal ist in den V2X-Technologien geregelt mit dem Ziel, Kollisionen von Nachrichten zu vermeiden. Die Nachrichten verschiedener Fahrzeuge werden dadurch nacheinander empfangen. Um bei einer Messung die V2X-Nachrichten verschiedener Fahrzeuge zu berücksichtigen, wird ein Messintervall eingeführt.
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Die Länge des Messintervalls für die empfangenen V2X-Nachrichten wird für jede Messgröße einzeln und nach einem messwertspezifischen Algorithmus festgelegt. Der Algorithmus berücksichtigt den zu erwartenden Änderungsgradienten der Messgröße, bei einer schnellen Änderung wird ein kleines Messintervall gewählt. Die Anzahl der verfügbaren V2X-Fahrzeuge wird berücksichtigt, so ist eine ausreichende, von der Messgröße abhängige Stichprobengröße gewährleistbar. Bei wenigen Fahrzeugen wird ein großes Intervall gewählt. Der Algorithmus berücksichtigt ferner Anforderungen durch die mit den V2X-Informationen auszuführenden mathematischen oder statistischen Operationen.
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Die Länge des Messintervalls für die Ego-Daten, das heißt der Sensordaten des Fahrzeugs 10, wird für jede Messgröße einzeln und nach einem messwertspezifischen Algorithmus, der die Länge des Messintervalls der V2X-Daten und die Anforderungen der mit den Ego-Daten auszuführenden mathematischen oder statistischen Operationen berücksichtigt, festgelegt.
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Die Messintervalle der empfangenen V2X-Nachrichten und der Ego-Daten werden zeitlich synchronisiert. Bei einer quasi kontinuierlichen Plausibilisierung folgen die Messintervalle aufeinander, in kurzen Abständen, ohne Abstand und schließen aneinander an oder überlappen sich. Im letzten Fall wird das folgende Messintervall schon gestartet, bevor sein Vorgängerintervall abgeschlossen ist. In diesem Fall werden ein Teil der V2X-Informationen und auch der Ego-Daten in beiden Messintervallen verarbeitet.
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Die Festlegungen in den Schritten 300 und 400, nämlich die Häufigkeit der Plausibilisierung und die Messintervalle können auch bereits vor der Gewinnung der Messwerte (Schritt 100) und der Relevanzfilterung (Schritt 200) durchgeführt werden.
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In einem weiteren Schritt 500 werden die Ego-Daten mit den V2X-Daten verglichen. Die Plausibilisierung der Ego-Daten erfolgt durch einen Vergleich der Ego-Daten mit den V2X-Daten. Voraussetzung ist, dass die V2X-Daten definierte Kriterien erfüllen. Diese umfassen insbesondere Mindestanforderungen an die Stichprobengröße und Mindestanforderungen an die Genauigkeitsklasse der V2X-Daten. Die Stichprobengröße ist im Kontext der jeweiligen Plausibilisierung zu sehen, sollte aber mindestens zwei oder drei betragen.
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Sind diese Kriterien nicht erfüllt, so kann eine Plausibilisierung nicht erfolgen. Für diesen Fall ist festzulegen, wie weiter verfahren werden soll, beispielsweise durch Wiederholung der Messungen von Ego-Daten und V2X-Daten nach einer Wartezeit, zum Beispiel eine unmittelbare Wiederholung, eine Wiederholung nach statisch vorgegebener Wartezeit oder eine Wiederholung nach einer Zufallszeit. Auch kann keine automatische Wiederholung der Messungen von Ego-Daten und V2X-Daten vorgesehen sein, sondern ein Warten bis ein neuer Messauftrag erfolgt, zum Beispiel zu einem festgelegten Plausibilisierungszeitpunkt, von einer Fahrzeugfunktion initiiert, wie zum Beispiel bei Inbetriebnahme einer Fahrerassistenzfunktion, oder von einem Backend initiiert, wie zum Beispiel zu Beginn eines XFCD-Messauftrags.
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Außerdem ist vorgesehen, dass die Daten in einer geeigneten Form vorliegen und eventuell entsprechend aufzubereiten sind, zum Beispiel bezüglich ihrer Dimension, Genauigkeit und/oder durchzuführender mathematischer Operationen, wie zum Beispiel einer Mittelwertbildung innerhalb des Messintervalls.
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Ein Vergleich erfordert die Festlegung eines Bewertungsmaßes und die Definition, wann Daten plausibel sind und wann nicht. Dieses Bewertungsmaß ist festzulegen für jede Messgröße einzeln und in Abhängigkeit von den durchgeführten mathematischen Operationen vor dem Vergleich, zum Beispiel Mittelwertbildung, Varianzbestimmung, Min-/Max-Wertbestimmung.
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Es erfolgt eine Prüfung, ob die Abweichung der mithilfe mathematischer Algorithmen aufbereiteten V2X-Daten sowie Ego-Daten innerhalb vorgegebener Grenzen liegt oder nicht. Liegt die Abweichung innerhalb der Grenzen, so sind die Ego-Daten plausibel, ansonsten nicht.
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Als Ergebnis des Vergleichs der Ego-Daten mit den V2X-Daten anderer Fahrzeuge kommen zwei Aussagen in Betracht. Zum einen ist die Aussage möglich, dass die Sensordaten des Ego-Fahrzeugs plausibel sind, weil die dazu definierten Bedingungen erfüllt sind. Der Fahrzeugbetrieb kann wie geplant weiter erfolgen. Zum anderen ist die Aussage möglich, dass die Sensordaten des Ego-Fahrzeugs nicht plausibel sind, weil die dazu definierten Bedingungen erfüllt sind, beziehungsweise die für die Plausibilität definierten Bedingungen nicht erfüllt sind. Für diesen Fall ist festzulegen, wie weiter zu verfahren ist. Ursachen für das Ergebnis "Nichtplausible Sensordaten" können zum Beispiel sein Fehler bei den Sensordaten des Ego-Fahrzeugs, Fehler bei einem oder mehreren V2X-Fahrzeugen im Relevanzbereich, Informationen von einem oder mehreren V2X-Fahrzeugen im Relevanzbereich sind für die Plausibilisierung ungeeignet, weil der Relevanzbereich ungünstig gewählt ist, oder die örtliche Situation ergibt kein eindeutiges Bild, sondern zum Beispiel zwei Gruppen von V2X-Daten. Dies könnte beispielsweise bei einer Temperaturmessung der Fall sein, bei dem die Fahrzeuge auf einem Fahrstreifen in der Sonne fahren und die Fahrzeuge eines anderen Fahrstreifen im Schatten, der z. B. durch eine Randbebauung oder eine Lärmschutzwand geworfen wird.
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Die nun folgende Strategie kann sein, die Analyse der im Messintervall verarbeiteten V2X-Informationen und/oder eine Wiederholung der Plausibilisierung für ein späteres Messintervall.
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In einem weiteren Schritt 600 erfolgt die Analyse der im Messintervall verarbeiteten V2X-Informationen. Die Analyse der im Messintervall verarbeiteten V2X-Informationen kann grundsätzlich vor der Plausibilisierung durchgeführt werden, um schon im Vorfeld Fehler auszuschließen, oder nur bei Bedarf, das heißt bei dem Ergebnis "Nichtplausible Sensordaten", erfolgen.
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Die Analyse besteht zum Beispiel in einer Analyse der Verteilung der Messwerte der V2X-Daten. Dabei werden mathematische Operationen durchgeführt, die "Ausreißer" identifizieren oder auch Gruppen von Fahrzeugen mit ähnlichen Daten. Hierbei ist die zu erwartende Streuung der Messwerte zu berücksichtigen. Bei einer Stichprobe aus zum Beispiel zehn V2X-Fahrzeugen könnte sich beispielweise eine Verteilung ergeben von neun Fahrzeugen, deren Messwerte mit einer geringen Streuung eng zusammen liegen und einem Fahrzeug, dessen Wert deutlich abweicht. Dieses Fahrzeug könnte dann für die Auswertung im Sinne der Erfindung verworfen werden.
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Es könnten sich aber beispielweise auch zwei Gruppen von Fahrzeugen ergeben, bei denen die Werte der Fahrzeuge innerhalb einer Gruppe eng zusammen liegen, die Gruppen sich aber deutlich unterscheiden, entsprechend dem Beispiel mit der Messgröße Temperatur wie bereits beschrieben.
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In diesem Fall wird ein weiterer Analyseschritt ausgeführt, nämlich die Analyse von Fahrzeuggruppen. Die Ursache für die Bildung von Fahrzeuggruppen mit jeweils unterschiedlichen V2X-Daten liegt oftmals in Unterschieden in der spezifischen räumlichen Situation, obwohl alle diese Fahrzeuge im Relevanzbereich liegen. Wenn die Gründe für die unterschiedliche räumliche Situation erkannt werden können, kann eine erweiterte Strategie angewandt werden. Diese kann bestehen in der Beurteilung, ob sich das Ego-Fahrzeug in derselben Situation befindet wie die Fahrzeuge in einer der Gruppen, und der Beschränkung der Auswertung auf die Daten der Fahrzeuge dieser Gruppe.
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Hinsichtlich der Beurteilung, ob sich das Ego-Fahrzeug in derselben Situation befindet wie die Fahrzeuge in einer der Gruppen erfolgt eine Analyse der räumlichen Situation, welche betrachtet, ob die Fahrzeuge einer Gruppe auf demselben Fahrstreifen fahren, die Fahrzeuge einer Gruppe räumlich dicht zusammen fahren, die Gruppen räumlich getrennt sind, die Gruppen auf unterschiedlichen Fahrstreifen fahren und/oder die Gruppen auf unterschiedlichen Straßensegmenten fahren, zum Beispiel eine Gruppe auf einer Brücke und die andere davor oder dahinter. Für diese Analyse könnte auf Daten des Backend zurückgegriffen werden, wie zum Beispiel auf hochgenaue Kartendaten. Diese können dann vom Ego-Fahrzeug aktiv angefragt werden.
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Es soll ausgeschlossen werden, dass kein einmaliges, zufälliges Ergebnis "Nichtplausible Sensordaten" vorliegt. Daher soll nach dem Ausschluss der oben beschriebenen äußeren Einflüsse das Ergebnis mehrfach hintereinander vorliegen, damit es als wahr angesehen werden kann. Die geforderte Häufigkeit des Ergebnisses hängt von der jeweiligen Plausibilisierung ab, sollte jedoch mindestens zwei oder drei betragen. Anstatt das Ergebnis einer gleichen Berechnung mehrfach zu betrachten, kann es auch möglich sein, das Ergebnis aus anderen, auch zeitgleich stattfindenden Messungen zu betrachten. Dies kann auch die Ableitung aus anderen Messgrößen, wie zum Beispiel eine Beschleunigung aus einer Geschwindigkeit, inkludieren.
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Soll das Ergebnis mehrfach hintereinander vorliegen, wird hierzu die Anzahl von Wiederholungen, der Zeitabstand der Wiederholungen, die Anzahl der Ergebnisse "Nichtplausible Sensordaten" und/oder inwieweit die Ergebnisse aufeinander folgen müssen festgelegt.
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Wenn das Ergebnis "Nichtplausible Sensordaten" bestätigt wird, erfolgt eine Weiterverarbeitung mit der Bereitstellung einer entsprechenden Information für die Fahrzeugfunktionen, zum Beispiel in einem Fehlerspeicher, das Einleiten einer eventuellen Notlaufstrategie der Fahrzeugfunktionen, dies ist abhängig von der Funktion und der Messgröße, und/oder eine Fehleranzeige in einer Benutzerschnittstelle (Human-Machine-Interface, HMI), wie zum Beispiel einer Warn- oder Informationsanzeige.
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Das erfinderische Verfahren wird beispielsweise in Mobilgeräten und/oder Fahrzeugen angewendet.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Fahrzeug
- 12
- Sensorik
- 14
- Steuergerät
- 16
- Kommunikationseinheit
- 18
- Fahrzeug
- 20
- Kommunikationsdienst
- 22
- Fahrzeug
- 24
- Backend
- 26
- Kommunikationsdienst
- 100
- Schritt
- 200
- Schritt
- 300
- Schritt
- 400
- Schritt
- 500
- Schritt
- 600
- Schritt