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Die vorliegende Erfindung betrifft ein forensisches Verfahren zur Identifizierung eines durch einen Corpus Delicti penetrierten Organs.
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In der forensischen Untersuchung von Verbrechensopfern ist es von zentraler Wichtigkeit, mit hoher Sicherheit nachweisen zu können, welche Verletzungen durch ein Objekt, wie bspw. Hieb-, Stich- oder Schusswaffen, verursacht wurden, insbesondere wenn diese Verletzung zum Tode des Opfers führte. Dies gilt insbesondere für die Rekonstruktion des Tatherganges in dem Fall, in dem das Verbrechensopfer durch mehrere Objekte verletzt und ggf. getötet wurde. Hier gilt es nachzuweisen, durch welches Objekt die tödliche Verletzung verursacht wurde.
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Durch moderne molekularbiologische Methoden ist es möglich, genetisches Material, das auf einem Objekt verblieben ist, der verletzten oder getöteten Person zuzuordnen. Es ist jedoch nicht oder nur schwerlich möglich, dieses Material akkurat einem bestimmten Organ zuzuordnen.
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Bei den im Stand der Technik beschriebenen forensischen Verfahren handelt es sich in der Regel um immuncytochemische Untersuchungen. So beschreiben Wehner et al. (2008), Immunocytochemical examinations of biological traces an expanding bullets (QD-PEP), Forensic Science International 182, Seiten 66–70, dass auf einem Projektil anhaftendes Gewebes aus einem Schwein, erfolgreich dem Herzen und der Leber zugeordnet werden konnte. Der Nachweis erfolgte durch die Verwendung eines für Hepatocytenmitochondrien spezifischen Antikörpers mit der Bezeichnung HepPar 1 und eines für Herztroponin 1 spezifischen Antikörpers mit der Bezeichnung DAKO. Dieses Verfahren hat jedoch den grundsätzlichen Nachteil, dass es von der Verfügbarkeit von hochselektiven Antikörpern abhängt. Außerdem muss für jede organspezifische Analyse auf das biologische Material zurückgegriffen werden. Dies erfordert größeren experimentellen Aufwand und bereitet dann Schwierigkeiten, wenn nur geringe Mengen des biologischen Materials zur Verfügung stehen. Ferner hat sich herausgestellt, dass das bekannte Verfahren fehleranfällig ist und eine sichere Zuordnung des auf dem Projektil anhaftenden Gewebes zu einem penetrierten Organ häufig nicht mit ausreichender Sicherheit möglich ist. Dadurch wird die kriminalistische Aufklärungsarbeit erschwert und kann letztlich dazu führen, dass eine Täteridentifizierung nicht möglich ist.
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Aus den Dokumenten
WO 2011/163627 A2 ,
DE 695 30 915 T2 ,
US 2005/0032040 A1 und
DE 601 16 882 T2 ist die Bestimmung von Gesamtproteinprofilen zu unterschiedlichen Zwecken bekannt.
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Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein forensisches Verfahren zur Identifizierung eines durch einen Corpus Delicti penetrierten Organs bereitzustellen, mit dem die Nachteile aus dem Stand der Technik zumindest teilweise vermieden werden. Insbesondere soll ein solches forensisches Verfahren bereitgestellt werden, das sich durch hohe Spezifität und analytische Sicherheit auszeichnet.
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Diese Aufgabe wird durch ein forensisches Verfahren gelöst, das folgende Schritte aufweist:
- 1) Bereitstellung von sich mit dem Corpus Delicti in Kontakt befundenem biologischem Material,
- 2) Erstellung eines Gesamtproteinprofils des biologischen Materials,
- 3) Analyse des Gesamtproteinprofils auf eine organspezifische Proteinsignatur,
- 4) Identifizierung des durch den Corpus Delicti penetrierten Organs bei Vorhandensein eines organspezifischen Proteinprofils.
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Erfindungsgemäß wird unter einem Corpus Delicti ein Gegenstand bzw. Objekt des Verbrechens verstanden. Beispiele hierfür sind Hieb-, Stich- oder Schusswaffen bzw. Schusswaffenprojektile etc.
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Unter ”Gesamtproteinprofil” wird erfindungsgemäß ein sämtliche Proteine des biologischen Materials repräsentierendes Muster verstanden.
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Erfindungsgemäß wird unter ”organspezifischer Proteinsignatur” ein solches Muster verstanden, das zumindest ein oder mehrere Proteine repräsentiert, die einem bestimmten Organ zugewiesen werden können. Derartige Proteine werden erfindungsgemäß als ”organspezifische Proteine” bezeichnet.
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Organspezifische Proteine sind dem Fachmann bekannt und werden bspw. in der
WO 2008/021290 A2 beschrieben. Dieses Dokument beschreibt ferner Verfahren zur Ermittlung derartiger organspezifischer Proteine. Der Inhalt dieser Publikation ist durch Inbezugnahme Bestandteil der vorliegenden Offenbarung.
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Es versteht sich, dass mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens nicht nur ein Organ sondern mehrere durch einen Corpus Delicti penetrierte Organe identifiziert werden können. Die singuläre Form wird lediglich aus Gründen der besseren Lesbarkeit gewählt.
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Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird hiermit vollkommen gelöst.
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Das erfindungsgemäße Verfahren hat den Vorteil, dass mit hoher Genauigkeit nach einer Vielzahl von verschiedenen organspezifischen Proteinsignaturen gesucht werden kann, ohne dass die Verfügbarkeit von Antikörpern erforderlich ist. Die Untersuchung geht dabei von einem Gesamtproteinprofil des biologischen Materials aus. Dieses kann systematisch auf eine Vielzahl von verschiedenen Organen analysiert werden, ohne dass ein Rückgriff auf das biologische Material erforderlich ist. Dadurch kommt das erfindungsgemäße Verfahren mit relativ geringen Mengen von biologischem Material aus. Die Ermittlung einer organspezifischen Proteinsignatur führt zu einer höheren Spezifität und größeren analytischen Sicherheit als bei der Verwendung immuncytochemischer Verfahren.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es bevorzugt, wenn es sich bei der organspezifischen Proteinsignatur um eine gehirnspezifische, herzspezifische, leberspezifische, lungenspezifische, nierenspezifische und/oder skelettmuskelspezifische Proteinsignatur handelt. Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass mittels der genannten Proteinsignaturen eine Zuordnung des biologischen Materials zu den aus forensischer Sicht wichtigsten Organen ermöglicht wird.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es bevorzugt, wenn die organspezifische Proteinsignatur zumindest 2, vorzugsweise 3, weiter bevorzugt 4, weiter bevorzugt 5, weiter bevorzugt 6, weiter bevorzugt 7, weiter bevorzugt 8, weiter bevorzugt 9, weiter bevorzugt 10, oder mehr organspezifische Proteine umfasst.
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Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass mit zunehmender Anzahl von organspezifischen Proteinen der Proteinsignatur eine zunehmende Spezifität erreicht wird. Das erfindungsgemäße Verfahren führt damit zu noch größerer analytischer Sicherheit.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es weiter bevorzugt, wenn die
- a. gehirnspezifische Proteinsignatur gehirnspezifische Proteine umfasst, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus: Myelin-Basisches Protein (MBP), Myelin-Oligodendrocyt-Glycoprotein (MOG), Myelin-assoziiertes Oligodendrocyt-Basisches Glycoprotein (MOBP) und der AT1A3-Na/K-ATPase-Alpha-3-Untereinheit, und/oder die
- b. herzspezifische Proteinsignatur herzspezifische Proteine umfasst, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus: Myosin-Bindeprotein C (MYBPC3), Troponin C (TNNC1), Ventrikuläre/Herzmuskelisoform der Myosin-Regulatorischen Leichten Kette 2 (MYL2), Troponin I (TNNI3), AT1A1-Na/K-ATPase-Alpha-1-Untereinheit (AT1A1), Kreatinkinase S-Typ (KCRS), Citratsynthase (CISY) und Isocitratdehydrogenase (IDHP), und/oder die
- c. leberspezifische Proteinsignatur leberspezifische Proteine umfasst, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus: Aspartataminotransferase (AATM), 4-Aminobutyrataminotransferase (GABT), Serinpyruvataminotransferase (SPYA), Alkoholdehydrogenase (ADH), Carbamoylphosphatsynthase (CPSM), Glycogenphosphorylase (PYGL), Kupfertransportprotein (ATOX1), Phospholysin-Phosphohistidine anorganische Pyrophosphatphosphatase (LHPP), Proteasom-Untereinheit-Alpha Typ 2 (PSMA2), Proteasom-Untereinheit-Alpha Typ 6 (PSMA6), Glycin-N-Acyltransferase (GLYAT), Glycinamidinotransferase (GATM), Arginase 1 (ARGI1), Prostaglandin-F-synthase (PGFS), Prostaglandinreduktase (PTGR1) und Argininosuccinatlyase (ARLY), und/oder die
- d. lungenspezifische Proteinsignatur lungenspezifische Proteine umfasst, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus: Lungensurfactantassoziiertes Protein A1 (SFPA1), Lungensurfactantassoziiertes Protein A2 (SFPA2), Lungensurfactantassoziiertes Protein B (PSPB), Cathelicidin-antimikrobielles Peptid (CAMP), Annexin A1/A3/A2 (ANXA), Transgelin-2 (TAGLN), Histone H1, H2b, H4 (H2, H4), 14-3-3 beta/alpha/delta (1433B), und/oder die
- e. skelettmuskelspezifische Proteinsignatur skelettmuskelspezifische Proteine umfasst, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus: Actin/alpha Skelettmuskel (ACTA), Troponin C/Skelettmuskel (TNNC), Troponin T/schneller Skelettmuskel (TNNT), Myosin-leichte-Kette-1/3-Skelettmuskelisoform (MLC), Myosin-regulatorische-leichte-Kette-2-Skelettmuskelisoform (MLRS), Myosin-1 (MYH1), Myosin-2 (MYH2), Fructose-Eiphosphat-Aldolase C (ALDOC), Fructose-Biphosphat-Aldolase A (ALDO), Myoglobin (MYG), und/oder die
- f. nierenspezifische Proteinsignatur nierenspezifische Proteine umfasst, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus: Acidceramidase (ASAH1), Glycinamidinotransferase (GATM), Chlorid-intrazelluläres Kanalprotein (CLIC4), Transketolase (TKT), Spannungsabhängiger anionenselektiver Kanal (VDAC), Aquaporin 1 (AQP1).
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Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass je nach Organ solche Proteine analysiert werden, die eine hochspezifische Zuordnung des biologischen Materials ermöglichen.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es bevorzugt, wenn die Schritte 2 und 3 mittels massenspektrometrischer Analyse durchgeführt werden.
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Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass ein in der Proteinanalytik etabliertes Verfahren zum Einsatz kommt, mit dem sich mit hoher Spezifität und weitgehend automatisiert eine Vielzahl von organspezifischen Proteinsignaturen ermitteln lässt.
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Nach einer bevorzugten Weiterentwicklung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Gesamtproteinprofil des biologischen Materials in Schritt 2 wie folgt erstellt:
- – Massenspektrometrische Analyse des Gesamtproteins des biologischen Materials zum Erhalt von Massenspektren, und
- - Abgleich der erhaltenen Massenspektren mit einer Proteindatenbank zum Erhalt des Gesamtproteinprofils in Form eines einzelne Proteine identifizierenden Musters.
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Mit dieser Maßnahme wird der umfangreiche Datenbestand etablierter bioinformatischer Datenbanken genutzt, um anhand der generierten Massenspektren die in dem biologischen Material enthaltenen Proteine zu bestimmen. Die Erstellung eines einzelne Proteine identifizierenden Musters erfolgt automatisiert unter Verwendung geeigneter Software wie z. B. Mascot (Matrix Sciences). Durch den Erhalt eines einzelne Proteine identifizierenden Musters wird die Ausgangssituation für die anschließende Bestimmung der organspezifischen Proteinsignatur geschaffen. Beispiele für geeignete Proteindatenbanken sind UniProt, Swiss-Prot, TrEMBL und Protein Information Resource (PIR).
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Dabei ist es ferner bevorzugt, wenn bei dem erfindungsgemäßen Verfahren das einzelne Proteine identifizierende Muster auf das Vorhandensein der organspezifischen Proteinsignatur analysiert wird.
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Mit dieser Maßnahme wird auf vorteilhafte Art und Weise die Ermittlung der organspezifischen Proteinsignatur realisiert. Die Identifizierung erfolgt erneut automatisiert, bspw. unter Verwendung der Mascot-Software.
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Vor diesem Hintergrund wird auch die Verwendung einer organspezifischen Proteinsignatur eines sich mit einem Corpus Delicti in Kontakt befundenem biologischem Materials zur Identifizierung eines durch den Corpus Delicti penetrierten Organs offenbart.
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Die Merkmale, Vorteile und bevorzugten Weiterentwicklungen des erfindungsgemäßen Verfahrens gelten für die erfindungsgemäße Verwendung entsprechend.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert, aus denen sich weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben. Die Ausführungsbeispiele dienen der Illustrierung der Erfindung und schränken den Schutzbereich nicht ein.
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In den Ausführungsbeispielen wird Bezug auf die beigefügten Figuren genommen, in denen Folgendes dargestellt ist:
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1 zeigt die Organ- und gewebsspezifischen mRNA-Expressionsprofile der Marker aus Affymetrix-Experimenten;
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2 zeigt das Ergebnis eines Vorversuches, in dem eine Projektilprobe, die zuvor menschliches Herzgewebe durchdrungen hat, mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens analysiert wurde.
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3 zeigt das Ergebnis eines Versuches, in dem verblindete Projektilproben, die zuvor verschiedene Gewebe durchdrungen hatten, mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens analysiert wurden.
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Beispiel 1: Organspezifische Proteine
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In den nachfolgenden Tabellen sind die wichtigsten organspezifischen Proteine mit Spezifitäten bzw. Primärspezifitäten für die Organe Herz, Leber, Lunge, Skelettmuskel und Niere aufgelistet. Angegeben werden auch Referenzen, in denen die jeweilige Organspezifität beschrieben ist. Ferner wird zu dem jeweiligen organspezifischen Protein die in den Datenbanken verwendete Kurzbezeichnung (”accession number”) sowie eine ggf. in der Literatur beschriebene Sekundärspezifität angegeben. Tabelle 1: Proteine mit Organspezifität ”Gehirn”
* laut Literatur Tabelle 2: Proteine mit Organspezifität ”Herz”
* laut Literatur Tabelle 3: Proteine mit Organspezifität ”Leber”
* laut Literatur Tabelle 4: Proteine mit Organspezifität ”Lunge”
* laut Literatur Tabelle 5: Proteine mit Organspezifität ”(Skelett-)Muskel”
* laut Literatur Tabelle 6: Proteine mit Organspezifität ”Niere”
* laut Literatur
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Beispiel 2: Vorversuch
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In einem Vorversuch sollte geklärt werden, ob sich organspezifische Proteine des Herzens auf einem Projektil, das zuvor ein menschliches Herz durchdrungen hatte, nachweisen lassen.
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Proben isolierung/-aufbereitung
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Ein Projektil einer Schusswaffe wurde im Rahmen einer Autopsie mechanisch durch ein menschliches Herz hindurchgedrückt. Das Projektil wurde in einem Probenbeutel asserviert und bis zur Weiterbearbeitung bei –20°C gelagert. Zur Analyse wurde die Metallkugel entnommen und in einem passenden Plastikröhrchen einer proteolytischen Spaltung mit Hilfe der Protease Trypsin unterzogen. Dazu wurden zunächst in Lösung eine Reduktion mit Dithiothreitol und anschließend eine Alkylierung mit Jodacetamid durchgeführt, bevor die Protease hinzugegeben und bei 37°C über Nacht inkubiert wurde. Aufgrund von anhaftenden Geweberesten wurde das Innere des Probenbeutels ebenfalls mit den Reagenzien zur tryptischen Spaltung versetzt und wie die Metallkugel behandelt. Die Reaktion wurde durch Ansäuern mit Trifluoressigsäure (Endkonzentration: 5%) abgestoppt und die resultierenden Peptidlösungen abzentrifugiert. Ein Teil der Überstände wurde nach Anreicherung über Stage Tips (Proxeon) über eine Acclaim PepMap RSLC 75 μm × 25 cm C18 2 μm 100 A chromatographisch auf einer UltiMate 3000 Nano-HPLC-Anlage (Dionex) getrennt.
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Erstellung eines Gesamtproteinprofils mittels Massenspektrometrie
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Die angereicherten und chromatographisch getrennten Überstände der Peptidlösungen wurden online in einem LTQ Orbitrap Massenspektrometer (Thermo Fischer Scientific) vermessen. Dabei wurden jeweils die 10 intensivsten Massen eines Füllzyklus automatisch zur Fragmentierung ausgewählt. Die Fragmentierung wurde mittels CID-Verfahren (collision induced decay) durchgeführt. Die in den Fragmentspektren aufgetretenen Massen wurden in Kombination mit den jeweils dazugehörenden Muttermassen durch die Anwendung des Mascot-Suchalgorithmus (Matrix Science) mit den theoretischen Protein- und Peptidmassenparametern aus der SwissProt-Datenbank abgeglichen und die Ergebnisse mit Hilfe der Scaffold Software (Proteome Software Inc.) visualisiert. Das Ergebnis ist ein Gesamtproteinprofil in Form von sogenannten Hit- oder Trefferlisten, in denen die Proteinidentifizierungen gemäß Ihrer Zuverlässigkeit, bzw. ihres nicht zufälligen Auftretens gewichtet werden.
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Analyse des Gesamtproteinprofils auf eine herzspezifische Proteinsignatur
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Die erhaltenen Proteinidentifizierungen wurden nach herzspezifischen Proteinen durchsucht. Diese sind entweder aus physiologischer Lehrbuchliteratur bekannt, z. B. durch Berücksichtigung der besonderen Muskelfunktionalität des Herzens, oder wurden durch Abgleich mit Expressionsdatenbanken, z. B. dem Gene Expression Atlas, unterhalten vom Europäischen Institut für Bioinformatik und zugänglich via UniProt, herausgefiltert. In den in 1 dargestellten Diagrammen werden die mRNA-Expressionsmuster der vier Proteine, die hauptsächlich für die herzspezifische Signatur verantwortlich sind, gezeigt. Dabei ist festzustellen, dass die spezifische Signatur aus Proteinen, die nahezu ausschließlich in Herzgeweben vorkommen wie Myosin-Bindeprotein C (MYPC3, 1A) und Troponin I (TNNI3, 1D), und aus solchen Proteinen, die Sekundärspezifitäten aufweisen können wie Troponin C (TNNC1, 1B) und Myosin-regulatorische leichte Kette 2 (MLRV, 1C), gebildet wird.
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Das Ergebnis des Vorversuches ist in 2 gezeigt. Dargestellt ist die analysierte herzspezifische Proteinsignatur, bestehend aus den vier Proteinen Myosin-Bindeprotein C (MYPC3), Troponin C (TNNC1), Myosin-regulatorische leichte Kette 2 (MLRV) und Troponin I (TNNI3). Der Nachweis dieser 4 herzspezifischen Proteine in der biologischen Probe lässt eine sehr spezifische Zuordnung des Projektils zu dem Organ Herz zu.
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Im Rahmen dieses Vorversuches konnte nachgewiesen werden, dass anhand der Bestimmung einer herzspezifischen Proteinsignatur des biologischen Materials auf der Oberfläche eines Projektils, die organspezifische Penetration, im Speziellen des Herzens, zugeordnet werden kann.
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Beispiel 3: Hauptversuch
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In einem verblindeten Versuchsansatz wurden verschiedene Projektile untersucht, die zuvor verschiedene menschliche Organe durchdrungen hatten.
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Probenisolierung/-aufbereitung
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Acht verschiedene Projektile, die zuvor acht verschiedene menschliche Organe durchdrungen hatten, wurden jeweils in Reagenzgläsern asserviert und bis zur weiteren Bearbeitung bei –20°C gelagert. Zur Analyse wurden die Metallkugeln entnommen und in passenden Plastikröhrchen einer Proteolyse mit Hilfe der Protease Trypsin unterzogen. Dazu wurde zunächst in Lösung mit Dithiothreitol reduziert und mit Jodacetamid alkyliert, bevor jeweils die Protease hinzugegeben und bei 37°C über Nacht inkubiert wurde. Die Reaktionen wurden durch Ansäuern mit Trifluoressigsäure (Endkonzentration: 5%) abgestoppt und die resultierenden Peptidlösungen abzentrifugiert. Ein kleiner Teil vom Überstand wurde nach Anreicherung über Stage Tips (Proxeon) über eine Acclaim PepMap RSLC 75 μm × 25 cm C18 2 μm 100 A chromatographisch auf einer UltiMate 3000 Nano HPLC-Anlage (Dionex) getrennt.
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Erstellung eines Gesamtproteinprofils mittels Massenspektrometrie
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Die angereicherten und chromatographisch getrennten Überstände der Peptidlösungen wurden online in einem LTQ Orbitrap Massenspektrometer (Thermo Fischer Scientific) vermessen. Dabei wurden jeweils die 10 intensivsten Massen eines Füllzyklus automatisch zur Fragmentierung ausgewählt. Die Fragmentierung wurde mittels CID-Verfahren (collision induced decay) durchgeführt. Die in den Fragmentspektren aufgetretenen Massen wurden in Kombination mit den jeweils dazugehörenden Muttermassen durch die Anwendung des Mascot-Suchalgorithmus (Matrix Science) mit den theoretischen Protein- und Peptidmassenparametern aus der SwissProt-Datenbank abgeglichen und die Ergebnisse mit Hilfe der Scaffold Software (Proteome Software Inc.) visualisiert. Das Ergebnis ist ein Gesamtproteinprofil in Form von sogenannten Hit- oder Trefferlisten, in denen die Proteinidentifizierungen gemäß Ihrer Zuverlässigkeit, bzw. ihres nicht zufälligen Auftretens gewichtet werden.
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Analyse des Gesamtproteinprofils auf organspezifische Proteinsignaturen
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Das Ergebnis des Hauptversuches ist in der 3 dargestellt. Fettgedruckt sind diejenigen Identifizierungen, die richtig zugeordnet wurden (wahre Identitäten in der rechten Spalte). Die mit einem * (Stern) markierten Proben wurden nicht einwandfrei asserviert, hier gab es in erster Linie starke Kontaminationen mit Blut.
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Hieraus ergibt sich, dass sechs von acht Projektilen korrekt den Organen zugeordnet werden konnten, die diese wirklich durchdrungen hatten. Konkret gelangen die Zuordnungen zu den Organen Gehirn (Projektil Nr. 1), Herz (Nr. 2), Leber (Nr. 3), Lunge (Nr. 4), Skelettmuskel (Nr. 7) und Niere (Nr. 8). Projektil Nr. 5 war stark durch Blut verunreinigt und konnte nicht korrekt zugeordnet werden. Projektil Nr. 6 konnte ebenfalls nicht korrekt zugeordnet werden. Dies bedeutet unter Einschluss der stark kontaminierten Projektile eine Trefferquote von 75%, bei Berücksichtigung von ausschließlich einwandfrei asservierten Projektilen von über 83%.
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Fazit
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Den Erfindern ist es gelungen, ein forensisches Verfahren zur Identifizierung eines durch einen Corpus Delicti penetrierten Organs bereitzustellen, das sich durch hohe Spezifität, einfache Handhabung und eine sehr hohe Trefferquote auszeichnet.