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Gegenstand der Erfindung ist ein Biomaterial vorwiegend aus Siliziumdioxid (SiO2), das in der Medizin für therapeutische Zwecke eingesetzt wird und dabei einen unmittelbaren Kontakt mit biologischem Gewebe des Körpers eingeht. Dieses Material tritt dabei in chemische, physikalische und biologische Wechselwirkungen mit den entsprechenden biologischen Systemen. Es wird dabei abgebaut und wirkt als Lieferant für die im Stoffwechsel benötigte Kieselsäure. Es kann darüber hinaus eine stützende oder abschirmende Wirkung haben und liegt als Granulat, Mikropartikel, Faser und daraus hergestellten Gewebe oder Vliese oder als Schicht auf Implantaten oder Wundverbänden vor. Weiterhin dient das Material als Nahrungsergänzung. Gegenstand der Erfindung ist ebenfalls ein Verfahren zur Herstellung des vorwiegend aus Siliziumdioxid bestehenden Materials in den oben beschrieben Modifikationen. Seit den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts ist bekannt, dass Silizium ein wichtiges Spurenelement für den Aufbau von Knochen und Kollagen ist. (siehe z. B. M. Carlisle; Silicon: An Essential Element for the Chick; Science 10 November 1972: Vol. 178. no. 4061, pp. 619–621). Die genauen biochemischen Prozesse sind nach wie vor nicht bekannt. Im Stoffwechsel kommt Silizium in erster Linie als Silizumdioxid vor. Auch ist nicht bekannt, in welcher Struktur das Siliziumdioxid am besten am Stoffwechsel teilnimmt. Siliziumdioxid kommt als kristalline Verbindung (z. B. Quarz, Cristobalit), als Glas und als amorphe Substanz vor. Im Kristall und im Glas ist das Siliziumdioxid durch eine nahezu vollständige Vernetzung der SiO4/2 Tetraeder bestimmt. Das amorphe Siliziumdioxid mit dem wesentlichen Vertreter Kieselgel hat dagegen ein Netzwerk, das nicht kontinuierlich ist und durch mehr oder weniger innere Oberfläche mit offenen Bindungen (meist SiOH) gekennzeichnet ist. In Bezug auf eine Degradation von Siliziumdioxid ist die Löslichkeit von Silziumdioxid in Wasser im Bereich des physiologischen pH-Wertes interessant. Sie liegt für amorphes SiO2 bei pH 7 bei ca. 150 ppm. Im Kontakt mit lebendem Gewebe erfolgt eine schnellere Lösung als in Pufferlösung pH 7,4. Der Grund hierfür ist unbekannt (IIer, The Chemistry of Silica, 1979 John Wiley &SWons).
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Für Wundauflagen wird im Patent
US005741509A eine Mischung von Silikonmedium mit „fumed silica” beschrieben. „Fumed silica” besteht aus nichtporösen SiO
2 Partikeln mit einer Dichte von 2.2 g/cm
3 und einer Größe zwischen 5 und 50 nm (Wikipedia). Die Dichte, die identisch mit der des Kieselglases ist, zeigt ebenso wie die fehlende Porosität, dass es sich um vollständig vernetzte SiO
2 Strukturen handelt.
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Im Patent
US2004/0235574A1 wird ebenfall eine Mischung von Silikonmedium mit „fumed silica” beschrieben, wobei zusätzlich antibakteriell wirkende Substanzen hinzugegeben werden.
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Das Patent
US 7,074,981 B2 beschreibt eine Wundauflage, in der ein Absorbens oder ein Adsorbens in Form von Kieselgel verwendet wird. Ein Absorbens oder ein Adsorbens aus Kieselgel ist nach Stand der Technik ein Xerogel, das im Allgemeinen aus Natriumwasserglaslösung hergestellt wird, wobei eine für ein Xerogel typische Vernetzung der SiO
2 Strukturen erfolgt. (Unter Wikipedia „Adsorption”: Silica qel is a chemically inert, nontoxic, polar and dimensionally stable (< 400°C or 750°F) amorphous form of SiO
2. It is prepared by the reaction between sodium silicate and acetic acid, which is followed by a series of after-treatment processes such as aging, pickling, etc. These after treatment methods results in various Pore size distributions.) Mit biologisch degradierbaren Fasern unter anderem aus SiO
2, deren Herstellung und deren Verwendung als Verstärkungsfasern, beschäftigt sich das Patent
DE 196 09 551 C1 .
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Hier wird die Herstellung eines spinnbaren Sols beschrieben. Das beschriebene Verfahren und die beschriebenen Anwendung basieren auf der Diplomarbeit von Monika Kursawe von 1995, also einer Veröffentlichung, die vor der Patentanmeldung liegt. Die Diplomarbeit basiert wiederum auf den ursprünglichen Synthesevorschriften von Sakka von 1982 (S. Saaka, K.Kamiya; J.Non-Cryst.Solids 48, 1982 31). Sakka beschreibt ein Verfahren, bei dem Gelfäden gesponnen werden, aus denen dann in einem späteren Schritt Glasfasern hergestellt werden. Ausgangsmaterial ist Tetraethylorthosilikat (TEOS), wobei durch Hydrolyse und Kondensation ein spinnfähiges Sol erzeugt wird. Schon Saaka zeigt, dass durch die thixotropen Eigenschaften der Sole nur ein begrenzter Bereich in der Zusammensetzung (TEOS, H2O, Lösungsmittel (im Allgemeinen Ethanol) und Katalysator) zu spinnbaren Solen führt. Insbesondere das Molverhältnis von Wasser zu TEOS muss um pH 2 liegen.
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In der Dissertation „Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung degradierbarer Kieselgelfasern für die Medizintechnik" (Monika Kursawe 1999), einer Weiterentwicklung der Diplomarbeit von 1995 von Kursawe, steht, dass der wichtigste Unterschied zwischen dem in ihrer Diplomarbeit beschriebenen und dem Verfahren von Saaka der ist, dass nach der Kondensation eine Solreifung eingeführt wurde und das als Katalysator Salpetersäure anstatt Salzsäure verwendet wurde.
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In der Dissertation wird dann das Verfahren so optimiert, dass die Herstellung hochwertiger Kieselgelfasern in größeren Mengen erfolgen kann. Der Prozess basiert auf der leicht modifizierten, in der Diplomarbeit beschriebenen Synthesevorschrift von Saaka.
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Das Patent
DE 37 80 954 T2 beschreibt ein Verfahren von Siliziumdioxid-Glasfasern, wobei auch hier das Grundverfahren von Saaka modifiziert wurde.
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Das Patent
DE 10 2007 061 873 A1 beschreibt die Herstellung eines Kieselsolmaterials und die Verwendung als biologisch resorbierbares Material. Als Stand der Technik wird das Patent
DE 19609551C1 herangezogen. Als Abgrenzung zu diesem Patent wird aufgeführt, dass hier die Fasern nach dem Spinnen keine optimale Ergebnisse bei Zytotoxizitätstests erreichen, wobei die Ursachen hierfür vielfältig sein können und nicht mit den wesentlichen Verfahrensschritten zusammenhängen. Auch die zweite Abgrenzung, dass es nach
DE 10 2007 061 873 A1 zur Bildung einer „festen Phase” kommt, die ein Filtern des Sols erzwingt, wird nicht mit den wesentlichen Verfahrensschritten in Bezug gesetzt.
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Der Hauptanspruch 1 des Patentes
DE 10 2007 061 873 A1 gibt im Wesentlichen die Herstellanweisung wieder, die M. Kusawe in ihrer Dissertation (1999) beschreibt und die auch in ihrer Diplomarbeit 1995 veröffentlich ist. M. Kusawe teilt die Herstellung des spinnbaren Sols in „ Hydrolyse”, „Kondensation” und „Reifung” ein. Die „Kondensation” ist nach Kusawe dadurch geprägt, dass dem Sol Ethanol entzogen wird. Das entspricht Anspruch 1b) des Patentes
DE 10 2007 061 873 A1 . Die „Reifung” bei Kusawe erfolgt bei ihrem Standardansatz bei 5°C. Das wiederum entspricht dem Anspruch 1c) und 1d). Im Beispiel des Patentes
DE 10 2007 061 873 A1 wird die Reifung bei 4°C durchgeführt. Auch in den anderen wesentlichen Parametern entspricht das Beispiel dem Standardansatz von Kusawe (z. B. Molverhältnis Wasser/TEOS 1.75, bei Kusawe 1.8). Die Verfahren zur Herstellung spinnbarer Sole der Patente
DE 196 09 551 C1 und
DE 10 2007 061 873 A1 gehen in ihren wesentlichen Schritten nicht über den Kenntnisstand der Diplomarbeit von Kusawe von 1995 hinaus. Auch die Diplomarbeit basiert stark auf dem Kenntnisstand von Saaka von 1982 (
S. Saaka, K. Kamiya; J. Non-Cryst. Solids 48, 1982 31).
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die Struktur von Kieselsäurekondensationsprodukten so zu optimieren, dass eine gesteuerte Degradation bei in vivo Anwendung erfolgt und dass diese Kieselsäure-kondensationsprodukte in bestimmten Applikationsformen wie Granulat, Mikroteilchen, Fasern oder als Schichten auf Implantaten oder Wundauflagen vorliegen. Hierzu sind Herstellungsverfahren bereitzustellen.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass die Kondensation der Kieselsäure in wässriger bzw. in alkoholischer Lösung so gesteuert wird, dass definierte Polyederstrukturen entstehen und dass diese Polyederstrukturen bei den folgenden Verfahrensschritten wie z. B. dem Entfernen des Lösungsmittels erhalten bleiben. Ziel ist, gering vernetzte Kieselsäurestrukturen zu erzeugen, die dadurch gekennzeichnet sind, das sie nicht in einem kontinuierlichen Netzwerk, wie es das Kieselglasnetzwerk ist, eingebaut sind. Der geringste Vernetzungsgrad stellt dabei ein Polyeder aus SiO2 Tetraedern dar, wobei Fünfer-, Sechs- bzw Siebenerringe eine räumliche Struktur von ca 0.5 nm Durchmesser bilden. Solche Strukturen sind beschrieben in: B. Himmel, Th. Gerber and H. Bürger: WAXS- and SAXS-investigations of structure formation in alcoholic SiO2 solutions, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 119 (1990) 1–13; B. Himmel, Th. Gerber and H. Bürger: X-ray diffraction investigations of silica gel structures, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 91 (1987) 122–136; B. Himmel, Th. Gerber, W. Heyer and W. Blau: X-ray diffraction analysis of SiO2 structure, Journal of Material Science, Chapman and Hall Ltd., London, 22 (1987) 1374–1378; Th. Gerber and B. Himmel: The structure of silica glass in dependence an the fictive temperature, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 92 (1987) 407–417; Th. Gerber and B. Himmel: The structure of silica glass, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 83 (1986) 324–334; B. Himmel, Th. Gerber and H.-G. Neumann: X-ray diffraction investigations of differently prepared amorphous silicas, Physica Status Solidi (a), 88 (1985) K127–K130).
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Ein Ausgangsmaterial für die Herstellung von Kieselsäurekondensationprodukten ist Tetraethylorthosilikat (TEOS). Mit Wasser bei Anwesenheit von einem Katalysator entsteht Kieselsäure, wobei das Molverhältnis von Wasser/TEOS mindestens 4 sein muss, um zum Startpunkt eine vollständige Hydrolyse zu erreichen. Die entstandene Monokieselsäure kondensiert und bildet Polyederstrukturen von ca. 0.5 nm–1 nm heraus, sogenannte Primärteilchen, die dann in einer Cluster-Cluster Aggregation fraktale Cluster herausbilden. Diese Cluster wachsen durch den Aggregationsprozess und bei einer bestimmten Größe der Cluster kommt es zur Gelbildung. D. h., die Cluster füllen durch ihre Packung bzw. durch das entstandene Perculationsnetzwerk das Gefäß aus (Th. Gerber, B. Himmel and C. Hubert: WAXS and SAXS investigation of structure formation of gels from sodium water glass, Journal of Non-Crystalline Solids, (1994) vol. 175, p. 160–168 und B. Knoblich, Th. Gerber.
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Auf der Basis von Natriumwasserglaslösung können analoge Strukturen erzeugt werden. Hierbei werden die Natriumionen bevorzugt mit einem Ionenaustauscher aus der Lösung entfernt. Die verbleibende Kieselsäure liegt hier dann schon als Kondensationsprodukt vor. Es handelt sich um Polyederstrukturen von ca. 0.5 nm Größe, wiederum Primärteilchen genannt, die dann in Anhängigkeit vom pH-Wert durch Aggregation fraktale Cluster bilden, die wiederum zur Gelbildung führen (B. Knoblich, Th. Gerber: Aggregation in SiO2 sols from sodium silicate solutions, Journal of Non-Crystalline Solids 283 (2001) 109–113).
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Die Aggregationscluster (Feststoffgerüst, Metalloxid) des Alkogels (Lösungsmittel, Alkohol) bzw. des Hydrogels (Lösungsmittel, Wasser) werden beim Trocknen aufgrund der wirkenden Kapillarkräfte und der ablaufenden Kondensation der inneren Oberfläche (2Sisurface-OH + Sibulk-O-Mbulk + H2O) zerstört. Es entsteht ein Xerogel, deren innere Oberfläche z. B. in dem Fall SiO2 im Bereich von 25–700 m2/g und deren Dichte im Bereich über 1.0 g/cm3 liegt. Die definierten Polyederstrukturen in den Primärteilchen vernetzen sich beim Trocknen. Es entsteht ein kontinuierliches Netzwerk mit der oben beschriebenen hohen inneren Oberfläche. Die Vernetzung des Siliziumdioxides wird erhöht.
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Bei der Herstellung von Aerogelen wird dieser Prozess verhindert. Hierfür gibt es nach dem Stand der Technik zwei grundlegend verschiedene Wege.
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Zum einen werden überkritische Trocknungsverfahren angewandt. Hierdurch wird die Wirkung der Kapillarkräfte verhindert, da der Phasenübergang Flüssig/Gas durch ein entsprechendes Temperatur-Druck-Regime umgangen wird. Als Lösungsmittel werden hierbei Alkohole (Methanol, Ethanol, Propanol) oder flüssiges CO
2 verwendet, die durch Austauschverfahren das ursprüngliche Lösungsmittel, meist H
2O, ersetzen müssen (
S. S. Kistler, Phys. Chem. 36 (1932) 52–64,
EP 171722 ;
DE 1811353 ;
US 3672833 ;
DE 39 24 244 A1 ;
PCT/EP94/02822 ). Durch die verwendeten Autoklaven sind die Verfahren sehr kostenaufwändig.
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Andererseits existieren nach dem Stand der Technik Verfahren, die eine unterkritische Trocknung von Aerogelen erlauben.
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Kernpunkt des Verfahrens nach
PCT/US94/05105 ist eine Modifikation des Kontaktwinkels zwischen Lösungsmittel und Feststoffgerüst. Hierdurch wird der Kapillardruck verringert und die Struktur des feuchten Gels nahezu erhalten. Der Kontaktwinkel wird durch eine Modifikation der inneren Oberfläche des Feststoffgerüstes im feuchten Gel erreicht.
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Hierzu erfolgt eine Reaktion der inneren Oberfläche mit RxSiXy. R ist eine organische Gruppe und X ist ein Halogen.
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Bei diesem Verfahren ist ein mehrfacher Lösungsmittelaustausch notwendig. Im Patent
DE 19538333 A1 wird eine Modifikation der inneren Oberfläche des feuchten Gels mit Si
surfaceO-Z realisiert, wobei Z eine beliebige Gruppe ist, die die Kondensation der inneren Oberfläche beim Trocknen verhindern soll.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, definierte Vernetzungen der Kieselsäure herzustellen und daraus Produkte wie Mikroteilchen, Fasern oder Schichten herzustellen.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass eine weitere Kondensation verhindert wird, wenn bestimmte Vernetzungen der Kieselsäure erreicht werden. Im Gegensatz zur Aerogelherstellung ist das noch vor der Gelbildung.
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Eine sehr geringe Vernetzung haben die oben beschriebenen Polyeder in den Primärteilchen. Diese werden konserviert, indem nach ihrer Entstehung das vorhandene Wasser durch ein organisches Lösungsmittel ersetzt wird. In den an der Oberfläche der Primärteilchen vorhandenen SiPrimarteilchen-OH Gruppen wird das Proton durch eine organische Gruppe, z. B. der Ethylgruppe ersetzt. Es wird also eine Veresterung durchgeführt. Die Hydrolyse/Veresterung ist eine Gleichgewichtsreaktion, die in Richtung Veresterung verschoben wird, indem bei Anwesenheit eines Katalysators das Wasser entzogen wird. Das Wasser kann beseitigt werden, indem das Wasser Ethanol Gemisch ab destilliert und durch ein Molekularsieb das Wasser im Destillat entzogen und das Ethanol zurückgeführt wird.
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Die veresterten Primärteilchen in alkoholischer Lösung ohne Wasser sind nun stabil. Sie können weiterverarbeitet werden. Werden sie nun z. B. sprühgetrocknet, so entweicht der Alkohol aus den Tröpfchen und es entsteht in den Mikroteilchen (ursprüngliche Tröpfchen) eine dichte Packung der Primärteilchen ohne eine weitere Vernetzung.
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Sollen aus den veresterten Primärteilchen sekundäre Strukturen wie Mikropartikel oder Fasern erzeugt werden, sollte der Veresterungsgrad zwischen 60 und 95% liegen, damit eine Verbindung der Primärteichen über Silanolbrücken erfolgen kann, eine Vernetzung der SiO2 Struktur aber verhindert wird.
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Für eine medizinische Anwendung können die Ethylgruppen anschließend durch eine Hydrolyse oder durch eine Behandlung im Sauerstoffplasma wieder entfernt werden. Benachbarte SiOH Gruppen können dann auch kondensieren. Es entsteht aber keine kontinuierlich vernetzte Struktur wie beim Xerogel.
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Mit Hilfe von Small Angle X-ray Scattering (SAXS) und Wide Small Angle X-ray Scattering (WAXS) kann die Vernetzung der SiO2-Strukturen dokumentiert werden (B. Himmel, Th. Gerber and H. Bürger: WAXS- and SAXS-investigations of structure formation in alcoholic SiO2 solutions, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 119 (1990) 1–13; B. Himmel, Th. Gerber and H. Bürger: X-ray diffraction investigations of silica gel structures, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 91 (1987) 122–136; B. Himmel, Th. Gerber, W. Heyer and W. Blau: X-ray diffraction analysis of SiO2 structure, Journal of Material Science, Chapman and Hall Ltd., London, 22 (1987) 1374–1378; Th. Gerber and B. Himmel: The structure of silica glass in dependence an the fictive temperature, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 92 (1987) 407–417; Th. Gerber and B. Himmel: The structure of silica glass, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 83 (1986) 324–334; B. Himmel, Th. Gerber and H. -G. Neumann: X-ray diffraction investigations of differently prepared amorphous silicas, Physica Status Solidi (a), 88 (1985) K127–K130).
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Eine wesentliche Erkenntnis, die zur Kontrolle der Herstellungsprozesse genutzt wird, ist es, dass die Position des Hauptmaximums der WAXS Streukurve von unterschiedlichen SiO2 Strukturen ein Maß des Vernetzungsgrades ist. Die geringste Vernetzung (eines vollständigen Polyeders) hat ein Maximum bei ca. 16.4 nm–1. Eine Vollständige Vernetzung, wie sie im Kieselglas vorliegt, hat ein Maximum bei ca. 14.7 nm–1. In den Beispielen wird das genutzt.
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Aus den veresterten Primärteilchen kann nun eine spinnfähige Lösung hergestellt werden. Hierzu wird soviel Alkohol entfernt, dass die Viskosität im Bereich von 0.7 Pas liegt.
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Die Lösung wird nun mit einem Druck von 10 bar durch Düsen gedrückt. In einem Spinnturm trocknen die Fäden im temperierten Luftstrom und werden auf einem Gitter aufgefangen. Ähnlich wie in den Mikroteilchen liegen die veresterten Primärteilchen als dichte Packung in den Fäden vor. Auch hier können die Ethylgruppen wieder entfernt werden.
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Die veresterten Primärteilchen in alkoholischer Lösung können zur Herstellung von Schichten auf Implantaten oder Wundauflagen genutzt werden. Hierzu werden bekannte Beschichtungsverfahren wie dip coating, sein coating oder spray coating genutzt. Entscheidend ist nun wieder, dass die Schicht durch eine Packung der Primärteilchen aufgebaut wird, wobei beim Trocknen kein kontinuierliches Netzwerk wie in einem Xerogel entsteht.
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Bei den hier beschriebenen Prozessschritten ist der Katalysator am Ende des Verfahrens noch im entstandenen Biomaterial, was gegebenenfalls die biologische Wirksamkeit beeinflussen könnte. Zum Einen kann das verhindert werden, indem organische Säuren als Katalysator sowohl für die Hydrolyse als auch für die Veresterung verwendet werden. Da Essigsäure und Ameisensäure selbst leicht verestern, wird hier Oxalsäure bevorzugt. Durch eine Sauerstoffplasmabehandlung kann die Säure leicht entfernt werden.
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Zum Anderen kann ein Ionenaustauscher z. B. sulfoniertes Polystyrol als Katalysator verwendet werden. Der Vorteil ist, dass der Ionenaustauscher (Polystyrolkügelchen) leicht aus der fertigen Lösung entfernt werden kann.
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Der hier beschriebene Prozess kann auch durchgeführt werden, wenn die Aggregation der Primärteilchen begonnen hat. Sind einige Primärteilchen durch eine Kondensationsreaktion verbunden und werden dann die Veresterung und die oben beschriebenen Trocknungsverfahren durchgeführt, kommt es zur dichten Packung dieser Aggregate, die nicht weiter vernetzen.
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Der Vernetzungsgrad der Kieselsäure kann in wässriger Lösung vor der Veresterung kontrolliert erhöht werden. Das Sol mit den Primärteilchen wird auf einen pH-Wert zwischen 7 und 9 eingestellt. Da der isoelektrische Punkt der Kieselsäure bei ca. pH 2 liegt, sind die Teilchen stark negativ geladen und können daher nicht aggregieren. Es kommt jedoch zu einem Wachsen der Nanoteilchen durch Ostwaldreifung. Da in den Nanoteilchen die Kieselsäure ein Netzwerk bildet, wird der Vernetzungsgrad mit dem Teilchenwachstum größer. Durch Austausch des Lösungsmittels Wasser und durch eine Veresterung wird der Prozess gestoppt und konserviert. Anschließend können die verschiedenen Darreichungsformen (Granulat, Mikroteilchen, Fäden, Schicht) mit den nun größeren, in sich mehr vernetzten Primarteilchen, hergestellt werden.
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Eine Silylierung der inneren Oberfläche der oben beschriebenen Kieselsäurekondensate ist eine weitere Möglichkeit, die weitere Vernetzung der Kieselsäure zu verhindern. Bevorzugt wird die folgende Reaktion durchgeführt: SisurffaceOH + (C2H5)3SiCI → SisurfaceOSi (C2H5)3 + HCl,
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Als organisches Lösungsmittel bietet sich hierbei Aceton an.
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Auch hier können anschließend die Herstellungsverfahren für die oben beschriebenen unterschiedlichen Darreichungsformen (Granulat, Mikroteilchen, Fäden, Schicht) angewandt werden.
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Bei der Verwendung der beschriebenen gering vernetzten Kieselsäurestrukturen zur Verbesserung der Wundheilung ist es von Vorteil, ein geeignetes Trägermaterial zu nutzen. Hierbei bieten sich Wundauflagen nach dem Stand der Technik an. Bevorzugt sollten resorbierbare Materialien verwendet werden, da mit der Resorption des Trägers das SiO2 freigesetzt wird.
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Beispiel 1:
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100 g TEOS, 35 g H2O, 3 g Oxalsäure und 800 g Ethanol werden in einem Gefäß 20 Minuten mit einem Magnetrührer vermischt. Während dieser Zeit findet die Hydrolyse des TEOS statt. Anschließend wird über eine azeotrope Destillation das Wasser entfernt, wobei Ethanol, nachdem über ein Molekularsieb das Wasser entzogen wurde, in das Gefäß zurückgeführt wird. Der Prozess wird 2 Stunden durchgeführt.
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Danach wird die Rückführung des Ethanols unterbunden und soweit Lösungsmittel durch Destillation entfernt, bis die in situ ermittelte Viskosität im Bereich zwischen 0.5 und 0.7 Pas ist.
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Das so veresterte Sol wird mit 11 bar durch ein Düsensystem mit 7 Düsen gedrückt, wobei die Düsen einen Durchmesser von 0.2 mm haben.
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Das Spinnen erfolgt in einem 3 m hohen Turm (Edelstahlrohr von 30 cm Durchmesser) in einem Strom von Luft von einer Temperatur von 60°C. Durch einen verwirbelten Luftstrom quer zur Spinnrichtung mit einer Temperatur von 150°C werden die Gelfäden auf einem Sieb aufgefangen, so dass ein vliesartiges Gewebe entsteht. zeigt eine fotografische Abbildung des Gelvlies. In der rasterelektronenmikroskopischen Abbildung ( ) erscheint das Innere der Faser homogen. Die Röntgenbeugungsuntersuchungen ( ) dokumentiert jedoch, dass die Faser durch eine Packung von ca. 0.5 bis mm großen Teilchen bestimmt ist. Das zeigt der Peak bei ca 5 nm–1. Der Peak bei 16.4 nm–1 der unhehandelten Probe (Hauptmaximums der WAXS Streukurve) dokumentiert eine geringe Vernetzung der SiO2 Polyederstrukturen. Erst die Temperaturbehandlung führt zur besseren Vernetzung, bis ab ca. 650°C ein für Kieselglas typisches vollständiges Netzwerk entstanden ist. Der Peak bei ca. 5 nm–1 ist dann verschwunden.
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Das Beispiel dokumentiert, dass nach dem beschriebenen Verfahren Gelfäden entstanden sind, die SiO2 Polyederstrukturen mit dem geringst möglichen Vernetzungsgrad enthalten.
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Beispiel 2:
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100 g TEOS, 35 g H2O, 3 g Oxalsäure und 800 g Ethanol werden in einem Gefäß 20 Minuten mit einem Magnetrührer vermischt. Während dieser Zeit findet die Hydrolyse des TEOS statt. Anschließend wird über eine azeotrope Destillation das Wasser entfernt, wobei Ethanol, nachdem über ein Molekularsieb das Wasser entzogen wurde, in das Gefäß zurückgeführt wird. Der Prozess wird 1 Stunden durchgeführt.
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Danach wird die Rückführung des Ethanols unterbunden und soweit Lösungsmittel durch Destillation entfernt, bis 220 g des Ansatzes übrigbleiben (Der SiO2 Anteil beträgt hierbei ca. 28 g).
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Es erfolgt ein Sprühtrocknen mit einem Büchli 290 mit Inert Loop.
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Die zeigt die entstandenen Mikroteilchen im Rasterelektronenmikroskop. Die Röntgenbeugung in der (Kurve mit Veresterungsgrad von ca. 50%, bestimmt mit IR-Spektroskopie) zeigt den typischen Peak bei ca 5 nm–1.
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Beispiel 3:
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100 g TEOS, 35 g H2O, 3 g Oxalsäure und 800 g Ethanol werden in einem Gefäß 20 Minuten mit einem Magnetrührer vermischt. Während dieser Zeit findet die Hydrolyse des TEOS statt. Anschließend wird über eine azeotrope Destillation das Wasser entfernt, wobei Ethanol, nachdem über ein Molekularsieb das Wasser entzogen wurde, in das Gefäß zurückgeführt wird. Der Prozess wird 2 Stunden durchgeführt.
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Danach wird die Rückführung des Ethanols unterbunden und soweit Lösungsmittel durch Destillation entfernt, bis 220 g des Ansatzes übrigbleiben (Der SiO2 Anteil beträgt hierbei ca. 28 g).
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Es erfolgt ein Sprühtrocknen mit einem Büchli 290 mit Inert Loop.
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Die Röntgenbeugung der entstandenen Mikroteilchen ist in der (Kurve mit Veresterungsgrad von ca. 75%, bestimmt mit IR-Spektroskopie) dargestellt.
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Beispiel 4:
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100 g TEOS, 35 g H2O, 3 g Oxalsäure und 800 g Ethanol werden in einem Gefäß 20 Minuten mit einem Magnetrührer vermischt. Während dieser Zeit findet die Hydrolyse des TEOS statt. Anschließend wird über eine azeotrope Destillation das Wasser entfernt, wobei Ethanol, nachdem über ein Molekularsieb das Wasser entzogen wurde, in das Gefäß zurückgeführt wird. Der Prozess wird 4 Stunden durchgeführt.
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Danach wird die Rückführung des Ethanols unterbunden und soweit Lösungsmittel durch Destillation entfernt bis 220 g des Ansatzes übrigbleiben (Der SiO2 Anteil beträgt hierbei ca. 28 g).
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Es erfolgt ein Sprühtrocknen mit einem Büchli 290 mit Inert Loop.
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Die Röntgenbeugung der entstandenen Mikroteilchen ist in der (Kurve mit Veresterungsgrad von ca. 90%, bestimmt mit IR-Spektroskopie) dargestellt.
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Beispiel 5.
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In 100 g H2O werden 7 g Polyvinylpyrrolidon gelöst. Die im Beispiel 4 hergestellten Mikropartikel werden für eine Stunde im Sauerstoffplasma behandelt, wodurch die Ethylgruppen und Reste des Katalysators (Oxalsäure) entfernt werden. Anschließend werden 3 g dieser Mikropartikel in die Lösung gegeben und homogen verteilt. Anschließend wird das Material in Schalen gegeben, sodass die Flüssigkeitshöhe 5 mm beträgt. Das Gemisch aus H2O, Polyvinylpyrrolidon und den Mikroteilchen wird gefroren und gefriergetrocknet. Es entsteht ein Polyvinylpyrrolidonschwamm mit eingebundenen Mikropartikeln, wie es in der rasterelektronenmikroskopischen A und B zu erkennen ist.
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Beispiel 6.
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In 100 g H2O werden 7 g Gelatine gelöst. Die im Beispiel 4 hergestellten Mikropartikel werden für eine Stunde im Sauerstoffplasma behandelt, wodurch die Ethylgruppen und Reste des Katalysators (Oxalsäure) entfernt werden. Anschließend werden 3 g dieser Mikropartikel in die Lösung gegeben und homogen verteilt. Anschließend wird das Material in Schalen gegeben, sodass die Flüssigkeitshöhe 5 mm beträgt. Das Gemisch aus H2O, Gelatine und den Mikroteilchen wird gefroren und gefriergetrocknet. Es entsteht ein Gelatineschwamm mit eingebundenen Mikropartikeln, wie es in der rasterelektronenmikroskopischen und B zu erkennen ist.
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Kurze Beschreibung der Abbildungen:
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: Fotografische Abbildung des Vlies aus Silicagelfäden
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: rasterelektronenmikroskopische Abbildung eines Gelfadens
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: X-ray diffraktion der Silicagelfäden nach unterschiedlichen Temperaturbehandlungen
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: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der im Beispiel 2 hergestellten Mikropartikel
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: X-ray diffraktion der in Beispiel 2 bis 5 hergestellten Mikropartikel
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: Rasterelektronenmikroskopische Abbildung eines Polyvinylpyrrolidonschwamms mit eingebundenen Mikropartikeln
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: Rasterelektronenmikroskopische Abbildung eines Gelantineschwamms mit eingebundenen Mikropartikeln
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- US 005741509 A [0002]
- US 2004/0235574 A1 [0003]
- US 7074981 B2 [0004]
- DE 19609551 C1 [0004, 0009, 0010]
- DE 3780954 T2 [0008]
- DE 102007061873 A1 [0009, 0009, 0010, 0010, 0010, 0010]
- EP 171722 [0017]
- DE 1811353 [0017]
- US 3672833 [0017]
- DE 3924244 A1 [0017]
- EP 94/02822 [0017]
- US 94/05105 [0019]
- DE 19538333 A1 [0021]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- M. Carlisle; Silicon: An Essential Element for the Chick; Science 10 November 1972: Vol. 178. no. 4061, pp. 619–621 [0001]
- IIer, The Chemistry of Silica, 1979 John Wiley &SWons [0001]
- S. Saaka, K.Kamiya; J.Non-Cryst.Solids 48, 1982 31 [0005]
- „Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung degradierbarer Kieselgelfasern für die Medizintechnik” (Monika Kursawe 1999) [0006]
- S. Saaka, K. Kamiya; J. Non-Cryst. Solids 48, 1982 31 [0010]
- B. Himmel, Th. Gerber and H. Bürger: WAXS- and SAXS-investigations of structure formation in alcoholic SiO2 solutions, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 119 (1990) 1–13 [0012]
- B. Himmel, Th. Gerber and H. Bürger: X-ray diffraction investigations of silica gel structures, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 91 (1987) 122–136 [0012]
- B. Himmel, Th. Gerber, W. Heyer and W. Blau: X-ray diffraction analysis of SiO2 structure, Journal of Material Science, Chapman and Hall Ltd., London, 22 (1987) 1374–1378 [0012]
- Th. Gerber and B. Himmel: The structure of silica glass in dependence an the fictive temperature, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 92 (1987) 407–417 [0012]
- Th. Gerber and B. Himmel: The structure of silica glass, Journal of Non-Crystalline Solids, Amsterdam, 83 (1986) 324–334 [0012]
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