Treibmittel für Geschosse Die vorliegende Erfindung betrifft ein Treibmittel für Geschosse, das dadurch ge kennzeichnet ist, dass es mindestens zum gröss ten Teil aus Treibmittelkörnern besteht, die eine Oberfläche von 75-84 em2/g und .eine kleinste Materialstäke von 0,381-0,635 mm aufweisen, wobei in der ganzen Zone, die sich von der Oberfläche der einzelnen Körner bis zu einer Tiefe von etwa 1 Sechstel der klein sten Materialstärke in das Innere der Körner erstreckt, ein Verzögerungsmittel mit einer Explosionswärme von höchstens -200 cal/g glechhmässig verteilt ist.
Die Erfindung betrifft ferner ein Ver fahren zur Herstellung des oben definierten Treibmittels. Dieses Verfahren kennzeichnet sielt dadurch, dass man eine Nitroeellulose enthaltende Hasse durch eine Düse presst, die ausgepresste Masse in Treibmittelkörner mit einer Oberfläehe von 75-84 cln2/g und einer kleinsten Materialstärke von 0,381-0,635 mm zerlegt und anschliessend die Körner mit einem Verzögerungsmittel, das eine Explo sionswärme von weniger als -200 cal/g auf weist, derart behandelt, dass sich das V erzö gerungsmittel nur in der Zone, die sieh von der Oberfläche der einzelnen Körner bis zu einer Tiefe von etwa 1 Sechstel der kleinsten Materialstärke in das Innere des Kornes er- streekt, verteilt.
Es sind bisher Treibmittelkörner versehie- dener Gestalt und chemischer Zusammon setzung für Patronen des Kalibers 7,62 mm und ähnlicher Kaliber vorgeschlagen worden, aber keines dieser Treibmittel hat sich in der Praxis als völlig geeignet erwiesen. Von die sen verschiedenen Treibmittelarten haben rohrförmige Treibmittelkörner mit .einem Di- nitrotoluolüberzug noch die wenigsten Nach teile aufgewiesen, so dass man Treibmittel dieser Art bisher fast ausschliesslich in sol- ehen Patronen benutzt hat.
Diese Körner eignen sich dazu ausgezeichnet, aber nach einer verhältnismässig geringen Zahl von Ab schüssen aus einem Maschinengewehr oder . sonstigen Schnellfeuerwaffen tritt eine zu nehmende Verminderung der Geschosswirkung und der Schiessgenauigkeit auf. Diese Er scheinung ist darauf zurückzuführen, da,ss die Innenwand dec Rohres in unmittelbarer Nähe des Verschlusses durch die bei der Explosion des Treibmittels entwickelten Gase erodiert oder in anderer Weise beschädigt. wird. Bisher hat man diesen Zustand nur durch Einstellen des Feuers und Auswechseln des Rohres oder Laufes beseitigen können.
Das erfindungsgemässe Treibmittel weist nun gegenüber den bekannten ähnlichen Treibmitteln verbesserte ballistische Eigen schaften auf und eignet sich als Ladung in Patronen für Maschinengewehre und andere Schnellfeuerwaffen des Kalibers 7,62 mm und ähnlicher Kaliber. Das neue Treibmittel übt ferner eine weniger starke Erosions wirkung aus als die bekannten Treibmittel.
Als Verzögerungsmittel für das erfin dungsgemässe Treibmittel werden vorzugs weise Stoffe verwendet, die bei allen Tempe raturen, denen Treibmittel normalerweise ausgesetzt werden, nicht wandern, sondern in der genannten Zone des Kornes verteilt blei ben, ohne in nennenswerter Menge in den Kern des Kornes einzudringen. Es kann jedes nichtwandernde Verzögerungsmittel mit einer Explosionswärme von weniger als -200 cal/g benützt werden. Bevorzugt wer den Verzögerungsmittel mit einer Explosions wärme von -1000 bis -2500. Man kann aber auch Abschreckmittel mit einer Explo sionswärme bis zu etwa -200 verwenden, nur sind diese letzteren nicht so wirksam. Bei spiele für derartige Mittel sind die Di- alkylphthalate, z.
B, Dibutyl- und Diamyl- phthalat, die Diarylphthalate, z. B. Diphenyl- phthalat, ferner Triphenylphosphat, Butyl- stearat, Diaryldialkylharnstoffe, z. B. Di- äthyldiphenylharnstoff, Methyläthyldiphenyl- harnstoff, Dimethylharnstoff, schliesslich Gly- cerinsebacat, Trikresylphosphat und derglei chen. Die verwendete Menge des Verzöge rungsmittels beträgt zweckmässigerweise nicht weniger als 3% und nicht mehr als 12% des Gewichtes der Körner.
Das in der USA-Pa tentschrift Nr. 1955927 beschriebene Ver fahren ist besonders geeignet, um das Verzö gerungsmittel in die oben genannte Zone der Körner einzuführen und dort zu fixieren.
Die Explosionswärme -Konstante der Bestandteile der Pulverkörner ist eine Grösse, die aus der Verbrennungswärme der betref fenden Stoffe bestimmt wird, indem man die von de Pauw in der Zeitschrift für das ge samte Schiess- und Sprengstoffwesen , Band 32, Seiten 11, 36 und 60 (1937) publizierten Formeln für die Berechnung benützt. Der als Explosionswärme von Verzögerungsmitteln bezeichnete Wert ist eine Konstante, die den Einfluss des Stoffes auf die beim Zünden der explosiven Bestandteile des Pulverkorns ent wickelte Wärmemenge wiedergibt.
Diese Konstante kann auch experimentell bestimmt werden, indem man eine trockene Probe eines Treibpulvers ohne Verzögerungs mittel in einer adiabatischen Calorimeter- bombe mit Stickstoffatmosphäre verbrennt und die Verbrennungswärme nach einer be kannten Methode misst Dann wird eine trockene Probe des gleichen Treibpulvers, das jedoch eine bestimmte Menge Verzöge rungsmittel enthält, in der Bombe verbrannt und wiederum die Verbrennungswärme ge messen. Wenn man die Differenz zwischen den Verbrennungswärmen der beiden Proben durch das Gewicht des Verzögerungsmittels dividiert, erhält man die Explosionswärme des betreffenden Verzögerungsmittels.
Die Explosionswä,rmekonstante eines Verzöge rungsmittels ist somit ein Mass für dessen Wirkung auf die Explosionstemperatur eines Treibmittels. Um z. B. die Explosionswärme von Dibutylphthalat zu bestimmen, wurde eine trockene Probe eines aus etwa 90% Nitrocellulose und etwa 101,
10 Nitroglycerin bestehenden Treibmittels in einer Calori- meterbombe unter Stickstoff verbrannt. Dar auf wurde eine andere trockene Probe des gleichen Treibmittels, das gemäss dieser Er- findung etwa 7% Dibutylphthala.t enthielt, unter gleichen Bedingungen verbrannt. Dabei ergab sich die Explosionswärme des Treib mittels ohne Abschreekmittel zu etwa 1070 cal pro g des verbrannten Treibmittels, während die Explosionswärme des Treibmittels, das das Verzögerungsmittel enthielt, zu etwa 840 cal/g gefunden wurde.
Da. 931/o des Kornes aus Nitrocellulose und Nitroglycerin bestanden, musste die durch Verbrennung dieser beiden Komponenten des ein Ver zögerungsmittel aufweisenden Treibmittel 93 X 1070 oder 995 cal betragen. Wenn man die in dem Versuch tatsächlich erhaltenen 840 ea.l von den berechneten 995 cal abzielet, bleiben 155 cal Differenz je Gramm zwischen den Explosionswärmen beider Proben. Diese Verringerung ist der Wirkung des Verzöge rungsmittels zuzuschreiben.
Da nur 0,07 g Dibutylphthalat auf je g Treibmittel kom men, muss 155 durch 0,07 dividiert werden, um die Wirkung des Verzögerungsmittels auf die Treibmittel je g des Verzögerungsmittels auszudrücken, d. h., dass jedes Gramm Dibu- tylpluthalat die Explosionswärme eine, Treib mittels uni etwa 2200 cal verringert. Unt an zuzeigen, dass das Verzögerungsmittel die Explosionswärme des Treibmittels verringert, wird der errechnete Wert mit dem negativen Vorzeiehen versehen. Die Explosionswärme von Dibutylphthalat beträgt also -2200 ca.l/g.
Die Treibmittelkörner können durch Aus pressen einer teilweise oder vollständig gela tinierten Nitrocellulose durch eine Düse die Form von Röhren oder Stäben und Zer schneiden der Formlinge zu Körnern ge wünschter Länge erhalten werden. Die er haltenen Körner können gegebenenfalls eine oder mehrere Bohrungen aufweisen; Voraus setzung ist aber, dass die Oberfläche der Treibmittelkörner 75-84 cm2/g beträgt. Wenn das Korn Bohrungen aufweist, müssen die Wände dieser Bohrungen zusammen mit den andern Flächen des Kornes mit dem Ver zögerungsmittel behandelt werden. Aus die sem Grunde werden kompakte oder perfo rierte Körner, bei denen die Abmessungen der Bohrungen so bemessen sind, dass das Über ziehen der Wände erleichtert wird, bevorzugt.
plan erhält die besten Ergebnisse, wenn die Länge des Kornes praktisch gleich seiner Dicke ist. Zur Erziehung des gewünschten Wertes der kleinsten Abmessung der Körner kann man zum Auspressen der Nitrocellulose eine Düse verwenden, die derart profiliert. ist, dass die durch Zerlegen des ausgepressten Stranges erhaltenen Körner bereits die ge- wünsehte kleinste Abmessung aufweisen, oder aber man kann das Auspressen der Nitro- cellulose zunächst ohne Berücksichtigung der gewünschten kleinsten Dicke durch führen, den Strang in Stücke zerlegen und die letzteren walzen, um ihnen die gewünschte kleinste Abmessung zu verleihen.
Gemäss den bekannten Verfahren, bei wel- ehen zur Erzielung der gewünschten ballisti schen Wirkungen bei Nitrocellulose enthalten- den Treibmitteln Verzögerungsmittel und Aktivierungsmittel ( energizers , energizing modifiers ) verwendet werden, kann man im Fall des vorliegenden Treibmittels das Ver zögerungsmittel in einer Menge von 3-12% verwenden, um die für das Kaliber 7,62 mm wesentlichen ballistischen Eigenschaften zu erzielen, wobei man zur Erzeugung beson derer ballistischer Wirkungen ein Aktivie rungsmittel ( energizing modifier ), z. B. einem mehrwertigen Alkohol, wie Nitro- glycerin, den Treibmittelkörnern einverleiben kann.
Zweckmässigerweise besitzen die Pul verkörner ein spezifisches Gewicht von etwa 1,5. Aber auch jene erfindungsgemässen Pul verkörner, die ein niedrigeres spezifisches Ge wicht aufveisen, wirken weniger erodierend auf den Lauf oder das Rohr einer Waffe als die bekannten Treibmittel. Die für ein Treibmittel mit zwei Explosivstoffen benö tigte Menge an Aktivierungsmittel liegt im allgemeinen bei 10-20% des Gewichtes des Treibmittelkornes. Beispielsweise ist unter der kleinsten Abmessung einer Kugel deren Durchmesser zu verstehen.
Die kleinste Ab messung .eines rohrförmigen Kornes kann die minimale Entfernung zwischen der die Bohrung begrenzenden Wand und der Aussen fläche des Kornes oder aber die Entfernung zwischen zwei Aussenflächen des Kornes (par allel zur Rohrachse) sein, je nachdem welche Entfernung die kleinere ist.
Bisher konnte noch nicht abgeklärt wer den, warum das erfindungsgemässe Treibmit tel auf den Lauf oder das Rohr am @ Ver- sehlussende .einer Waffe weniger erodierend wirkt als die bisher üblichen Treibmittel mit einer Explosionswärme über -200 cal/g und einer Oberfläche, die nur die Hälfte der jenigen des erfindungsgemässen. Treibmittels oder noch weniger beträgt. Es ist jedoch fest gestellt worden, ,dass mit dem erfindungs gemässen Treibmittel gefüllte Patronen :
>,ine aussergewöhnliche Verbesserung gegenüber Patronen zeigen, die mit einer aus perfo rierten Körnern bestehenden Treibladung ge füllt sind, die nach dem in den Technical Manual Nr. 9-2900 Military Explosives vom 29. August 1940 des War Department of United States Government beschriebenen Ver fahren hergestellt worden sind. In diesem Versuch wird das Rohr als nicht länger brauchbar erachtet, wenn die Geschossbahn eine Abweichung von wenigstens 10 aufweist und wenn die Mündungsgeschwindigkeit des Geschosses um mehr als 60 m pro Sekunde abgenommen hat.
Im folgenden wird die Herstellung einer beispielsweisen Ausführungsform des erfin dungsgemässen Treibmittels beschrieben.
Man erhält eine Pulvergrundlage mit einem mittleren Stickstoffgehalt von etwa 13,2 /o, indem man etwa 3 Gewichtsteile wasserhaltiger Nitrocellulose mit einem Stick stoffgehalt von etwa 13,4 /o mit etwa 1 Teil wasserhaltiger Nitrocellulose mit. einem Stick stoffgehalt von etwa 12,6% mischt. Etwa 100 Gewichtsteile der so entstandenen wasser haltigen Nitrocellulose werden mit etwa. 125 Teilen Äthylalkohol in einer der üblichen Entwässerungspressen entwässert. Der da durch entstehende Block aus etwa 100 Teilen Nitrocellulose und etwa 33 Teilen Alkohol wird zerkleinert und mit etwa 66 Teilen Di- äthyläther versetzt, um die Masse teilweise in den kolloiden Zustand überzuführen.
Während des Umrührens, das erfolgt, um das Lösungsmittel vollständig mit der Nitro- cellulose zu vermischen, wird etwa. 1 Teil Di- phenylamin zugegeben. Die kolloide Masse wird dann zu einem Block verpresst, durch eine Düse gepresst, wiederum in einer ge eigneten Vorrichtung zu einem Block ver- presst und schliesslich durch eine Düse ge presst, durch die ein fester Stab erzeugt wird, wobei die Düse einen Innendurchmesser von etwa 1 mm hat. Dieser feste Stab wird mög lichst gleichmässig zu Treibmittelkörnchen zerschnitten.
Der Ätheralkohol und die an dern flüchtigen Stoffe werden dann durch Trocknen an der Luft entfernt, indem man die Körnchen in einem Raum lagert, dessen Durchschnittstemperatur in den ersten 24 Stunden etwa 30 C, in den nächsten 24 Stun den etwa. 40 C und in der folgenden Woche etwa 45 C beträgt. Dann werden etwa 100 Teile der erhalte nen Treibmittelkörnchen in etwa 330 Teilen Wasser suspendiert. Zu dieser Suspension werden etwa 22 Teile einer Emulsion gege ben, die aus etwa 11 Teilen Nitroglycerin, etwa 4 Teilen Ä thy lacetat, etwa 7 Teilen To luol und etwa 0,1 Teil Gummiarabieum in etwa 75 Teilen Wasser besteht, wobei die Temperatur der Aufschlämmung auf etwa. 65 C gesteigert, und dann in einem Zeitraum von etwa 4 Stunden auf etwa 70 C weiter erhöht wird.
Man leitet dann unter bestän digem Rühren Luft durch die Aufschläm- mung, um das Äthylacetat und das Toluol ab zutreiben. Es sind etwa 13 Stunden erfor derlich, um das Lösungsmittel völlig zu ent fernen. Danach wird die Temperatur auf etwa 72 C erhöht, worauf 1· Teile Gummi- arabicum zugesetzt werden.
Es wird dann eine Emulsion aus etwa 72 Teilen Dibutylphthalat und etwa 0,05 Teilen eines Emulgiermittels, z. B. gummiarabicum, in etwa 20 Teilen Wasser, zugesetzt und die erhaltene Aufschlämmung etwa 5 Stunden gerührt, wobei die Treibmittelkörnehen aus der Lösung abgetrennt werden. Etwa 1000 Teile der erhaltenen Kölnehen werden mit etwa 5,0 Teilen Kaliumnitrat, etwa 2,5 Teilen Diphenvlplithalat und etwa 1/2 Teil Dinitro- toluol überzogen, indem man die Körnchen mit.
der beschriebenen Masse in einem Rohr etwa 30 Minuten bei 55 C umwälzt und da nach etwa- 0,4 Teile Graphit zusetzt- und an schliessend weitere 30 Minuten umsetzt. Die entstehenden Körnchen haben .eine Ober- fläelie von etwa. 77 cm= je g Treibmittel, eine kleinste Abmessung von .etwa 0,38 mm und enthalten etwa 6,5 Gew. /o Dibutylphtlialat, das in jener Region des Körnchens gleich mässig verteilt ist, die von jedem Punkt der Oberfläche aus etwa 0,075 mm weit in das Korn hineinreicht.
Diese Ausführungsform der Erfindun- bezieht sich auf Treibmittel für das Kaliber 7,62 mm. Es können aber nach der vorliegen den Erfindung auch Treibladungen für an dere Maschinengewehre in andern Kaliber- bereichen, z. B. Kaliber 7,69 mm, 7,92 mm, 7 mmn und dergleichen hergestellt werden.
Die beschriebene Ausführungsform der Erfindung kann vom Fachmann in vieler Beziehung abgeändert werden. So kann man z. B. andere geeignete Verfahren anwenden, um die Treibmittelkörnehen mit dem Verzö gerungsmittel zu behandeln. Ebenso können zwei verschiedene Grundstoffe für das Treib mittel verwendet werden, oder aber es kann ein anderes geeignetes Verfahren zur Ein bringung des Aktivierungsmittels in das Korn angewandt werden. Aus Nitrocellulose be stehende Massen für Treibmittel eignen sich für den vorliegenden Zweck aber besonders gut. Schliesslich können gegebenenfalls auch noch ballistische Modifizierungsmittel, z. B. Russ oder dergleichen, zugegeben werden.