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Verfahren zur Überführung von Zellulose in inversionsfähige, wasserlösliche Abbauprodukte.
Die in erheblichen Mengen (sechs-bis zehnfache Menge) starker Schwefelsäure gelöste Zellulose geht bekanntlich nach kurzer Einwirkung der Schwefelsäure in das wasserunlösliche Amyloid über, welches nach längerer Einwirkung der starken Schwefelsäure sich in das wasserlösliche Dextrin bzw. Zellobiose verwandelt. Diese wasserlöslichen, hydrolytischen Spaltungsprodukte der Zellulose lassen sich, wie Flechsig ("Zeitschrift für physiologische Chemie"Band 7, 1882/1883, Seite 523 ff) gezeigt hat, durch Erhitzen mit verdünnter Mineralsäure in vergärbaren Zucker überführen.
Kommt die Schwefelsäure in mässigen Mengen zur Verwendung, z, B. 3 bis 3'5 Gewichtsteile starker Schwefelsäure auf 1 Gewichtsteil Zellulose, dann entstehen auch
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Acidzellulose oder die kolloidale Zellulose nach Guignet (siehe z. B. Schwalbe,"Zeitschrift für angewandte Chemie"1913, Seite 499 ff und Walter Schulz :"Zur Kenntnis der Zellulosearten, Dissertation", Darmstadt i : gio).
Wohl lässt sich die Ekström'sche Acidzellulose durch Erhitzen mit verdünnter Mineralsäure gleichfalls verzuckern. Sie bedarf aber hierzu höherer Temperaturen und eines Erhitzens unter Druck und gibt überdies kleinere Ausbeuten an Zucker als ihr weiteres Abbauprodukt, das Dextrin bzw. die Zellobiose. Erst wenn man die abgeschiedene Acidzellulose nach dem Verfahren der deutschen Patentschrift Nr. 207354 mit 70 bis piger Schwefelsäure erhitzt, geht sie in das wasserlösliche Dextrin bzw. die wasserlösliche Zellobiose über.
Es wurde die Beobachtung gemacht, dass sich der stufenweise hydrolytische Abbau der Zellulose bis zum Dextrin bzw. zur Zellobiose mit mässigen Mengen starker Schwefelsäure, z. B. zwei-bis vierfachen Menge 70 bis 780/figer Schwefelsäure auf Zellulose gerechnet, ohne intermediäre Abscheidung der Acidzellulose bzw. des Amyloids bewerkstelligen lässt, wenn man das aus starker Schwefelsäure und Zellulose bzw. zellulosehaltigen Stoffen, wie Holz, Sägemehl, Stroh, Torf, Moos, Reisschalen u. dgl. bestehende Reaktionsgemisch erwärmt bzw. erhitzt.
Das intermediär gebildete wasserunlösliche Abbauprodukt geht hierbei in das wasserlösliche Dextrin bzw. die Zellobiose über und man erzielt bei Wasserzusatz mehr oder weniger gefärbte Lösungen des Dextrins bzw. der Zellobiose, welche gar keine oder nicht beachtenswerte Mengen der wasserunlöslichen hydrolytischen Spaltungsprodukte der Zellulose enthalten. Erhitzt man diese wässerigen Lösungen unter gewöhnlichem Druck oder erhöhtem Druck auf Temperaturen von 100 bie : r700 C, dann geht das Dextrin bzw. die Zellobiose in vergärbaren Zucker über, welcher in bekannter Weise auf Äthylalkohol verarbeitet werden kann.
Der technische Fortschritt des Verfahrens gegenüber demjenigen von Flechsig besteht in dem geringeren Verbrauch an Schwefelsäure. Gegenüber dem Verfahren der deutschen Patentschrift Nr. 207354 aber besteht der technische Fortschritt des vorliegenden Verfahrens darin, dass der stufenweise hydrolytische Abbau der Zellulose in einer Operation vor sich geht, dass also die weitläufige, zeitraubende und verlustbringende Zwischenoperation der Abscheidung der Acidzellulose und Erwärmung derselben mit starker Schwefelsäure vermieden wird.
Zur Ausführung des Verfahrens wird die Zellulose oder der zellulosehaltige Stoff in solchen Mengen starker Schwefelsäure, z. B. einer solchen von 60 Bé (78%) unter Kühlung oder bei Zimmertemperatur eingetragen, welche nicht genügen, um die Zellulose oder das zellulosehaltige Material bei unter 300 C liegenden Temperaturen in die wasserlöslichen Abbau-
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produkte (Dextrin, Zellobiose) überzuführen. Man wird in den meisten Fällen mit Schwefelsäuremengen, welche das zwei-bis dreieinhalbfache Gewicht der Zellulose bzw. des zellulosehaltigen Stoffes betragen, sein Auslangen finden. Die Zellulose kann in einer oder mehreren Portionen der Schwefelsäure einverleibt werden. Während der Operation empfiehlt es sich, das Gemisch zu rühren bzw. zu kneten.
Nachdem sich das Reaktionsgemisch (je nach der Menge und Konzentration der Schwefelsäure und je nach der Einwirkungsdauer) in einen homogenen Teig oder eine salbenartige Masse oder. eine syrupöse Lösung verwandelt hat, wird das Reaktionsgemisch vorteilhaft unter Rühren oder Schütteln auf Temperaturen erwärmt, welche zwischen 30 und 1000 C liegen. Der Endpunkt der Reaktion kann z. B. in der Weise festgestellt werden, dass man von Zeit zu Zeit Proben entnimmt und zusieht, ob die Reaktionsmasse sich schon in Wasser ohne erheblichen Rückstand löst. Die Dauer der Erwärmung hängt einerseits von der Reaktionstemperatur, andrerseits von der Menge und Konzentration der Schwefelsäure ab.
Als Regel kann gelten, dass bei Anwendung von zwei-bis dreifacher Menge starker Schwefelsäure die Erwärmung bei niederen Temperaturen von etwa 30 bis 400 C mehrere Stunden erfordert und dass sich die Erwärmungsdauer mit steigenden Temperaturen und steigender Schwefelsäuremenge bis auf minutenlanges Erwärmen verkürzt. Wählt man z. B. 700 C als Reaktionstemperatur, dann reichen schon einige Minuten zur Bildung von Dextrin bzw. Zellobiose aus.
Man kann auch in der Weise zum Ziel gelangen, dass man die Reaktion einphasig gestaltet, indem man das Reaktionsgemisch schon während des Zusammenbringens der Zellulose bzw. des zellulosehaltigen Stoffes mit der starken Schwefelsäure erwärmt oder durch rasches Laufen des Rührwerkes o. dgl. warm werden lässt.
Man kann die Reaktion aueh so leiten, dass man den Reaktionsgemischen vor oder während der Erwärmung Wasser zusetzt, wobei zu beachten ist, dass die Konzentration der Schwefelsäure nicht unter 10% sinke.
Man kann feststellen, dass'der Reduktionswert der Reaktionsgemische durch das Erwärmen je nach der angewandten Temperatur und Wassermenge in erheblichem Masse steigt. Er kann unter Umständen 20 bis 85% der Zellulose auf Dextrose gerechnet erreichen.
Die Verzuckerung der erwärmten Reaktionsgemische kann geschehen, indem man die Reaktionsgemische mit Wasser versetzt und erhitzt. Die Erhitzung kann entweder durch mehrstündiges Kochen beim Druck der Atmosphäre oder durch einhalb-bis dreistündiges Erhitzen unter Druck z. B. bei 1200 C erfolgen. Höhere Inversionstemperaturen sind beim vorliegenden Verfahren nicht nötig. Wählt man sie, dann muss man die Erhitzungsdauer recht kurz nehmen. Die Erhitzungsdauer und Erhitzungstemperaturen hängen auch von der Menge des zugesetzten Wassers ab. Sind die Mengen des zugesetzten Wassers gering, dann findet man mit einer etwa einstündigen Erhitzung bei zoo0 C beim Druck der Atmosphäre sein Auslangen.
Steigt man mit dem Wassergehalt der Reaktionsgemische, dann muss man entweder länger bei gewöhnlichem Druck kochen oder zu kürzerem Erhitzen bei erhöhtem Druck Zuflucht nehmen.