B e s c h r e i b u n g
Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken aus Stahl
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken aus Stahl.
Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken aus Stahl sind in vielfältigen Ausführungen bekannt. Die Wärmebehandlung dient insbesondere der Erhöhung der Härte der Werkstücke. Dabei hat die Art der Wärmebehandlung großen Einfluss auf die Eigenschaften der Werkstücke, so dass die Wahl eines geeigneten Wärmebehandlungsverfahrens, neben der Wahl einer geeigneten Zusammensetzung des Stahls, von wesentlicher Bedeutung für die Gebrauchsdauer der Werkstücke ist. Dies gilt im besonderen Maße für Werkstücke, die hohe Qualitätsanforderungen erfüllen müssen und über eine lange Einsatzzeit hohen Beanspruchungen ausgesetzt sind. Bei derartigen Werkstücken kann die Qualität sehr empfindlich von den Details der Wärmebehandlung abhängen.
Sehr hohe Qualitätsanforderungen werden beispielsweise an Wälzlagerteile geknüpft. Diese Qualitätsanforderungen beziehen sich insbesondere auf die Festigkeit, die Gebrauchsdauer und die Gefügestabilität gegen Alterung. Um die Qualitätsanforderungen erfüllen zu können, wird durch die Wärmebehandlung eine möglichst feine und gleichmäßige Verteilung von Carbiden, Carbonitriden oder Nitriden in der Randschicht angestrebt.
Eine derartige Carbid- Verteilung lässt sich mit einem in der EP O 999 287 Al offenbarten Verfahren bereits in guter Näherung erreichen. Dort wird eine Wärmebehandlung von Werkstücken aus Stahl durch Härten vorgeschlagen, bei der die Werkstücke vor dem Härten während einer Glühdauer von bis zu 120 Sekunden geglüht und anschließend abgekühlt werden. Das Glühen erfolgt bei einer Glühtemperatur von 1000 0C bis maximal dicht unter dem Schmelzpunkt des Stahls. Zum Härten können die Werkstücke austenitisiert und anschließend beispielsweise in einem Salzbad abgeschreckt werden, d. h. es kann eine Martensit- Härtung durchgeführt werden.
Der Erfindung liegt die A u f g a b e zugrunde, eine Wärmebehandlung von Werkstücken aus Stahl so zu gestalten, dass bei den behandelten Werkstücken ein thermodynamisch stabiles Gefüge ausgebildet wird und die Werkstücke über einen langen Zeitraum hohen mechanischen Belastungen Stand halten.
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit der Merkmalskombination des Anspruchs 1 gelöst.
Beim erfmdungsgemäßen Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken aus Stahl werden die Werkstücke einem thermochemischen Diffusionsverfahren unterzogen. Weiterhin werden die Werkstücke wenigstens einer Glühbehandlung ausgesetzt, die sich über einen Zeitraum von bis zu 120 Sekunden erstreckt und bei einer Glühtemperatur durchgeführt wird, die wenigstens 1000 0C beträgt und bis maximal dicht unter den Schmelzpunkt der Werkstücke reicht. Außerdem werden die Werkstücke gehärtet oder bainitisiert.
Die Erfindung hat den Vorteil, dass die demgemäss behandelten Werkstücke eine sehr'hohe Lebensdauer haben. Insbesondere weisen sie ein homogenes Gefüge auf, das thermodynamisch stabiler ist, als ohne diese Behandlung. Die Randschicht der Werkstücke enthält sehr feine Carbide in gleichmäßiger Verteilung, so dass
Spannungsspitzen reduziert werden, die an groben, größeren Carbiden auftreten können. Durch die kurze Glühdauer ist die erfindungsgemäße Wärmebehandlung sehr wirtschaftlich.
In einem bevorzugten Ausführungsbeispiel werden das thermochemische Diffusionsverfahren und die Glühbehandlung vor dem eigentlichen Härten und das thermochemische Diffusionsverfahren vorzugsweise vor dem Glühen durchgeführt. Dies hat den Vorteil, dass das Gefüge der Werkstücke vor dem Härten homogenisiert wird. Bei einem Glühen nach dem thermochemischen Diffusionsverfahren werden nicht nur die im Ausgangsmaterial vorhandenen Carbide, sondern auch die bei dem thermochemischen Diffusionsverfahren entstehenden Carbide, Carbonitride oder Nitride gleichmäßig in der Randschicht der Werkstücke verteilt und ihre Anzahl deutlich erhöht. Dies führt wiederum zu einem Abbau von lokalen Spannungsspitzen und zu einer homogeneren Verteilung dieser Gefügebestandteile. Welche der genannten Stoffe jeweils vorhanden sind, hängt von der Art des thermochemischen Diffusionsverfahrens ab. Bei dem thermochemischen Diffusionsverfahren handelt es sich beispielsweise um ein Aufkohlen, Carbonitrieren, Nitrocarburieren, Nitrieren oder eine Kombination dieser Verfahren. Andere Diffusionsverfahren bzw. eindiffundierende Elemente sind ebenfalls möglich.
Die Glühbehandlung kann sich aus einer Anwärmphase und einer Haltephase zusammensetzen, wobei die Werkstücke in der Anwärmphase erwärmt werden, so dass sie wenigstens bereichsweise die Glühtemperatur erreichen und in der Haltephase zwischen 0,5 Sekunden und 100 Sekunden bei der Glühtemperatur geglüht werden. Dieser Vorgang kann mehrfach wiederholt werden. Die Werkstücke werden vorzugsweise mittels elektromagnetischer Induktion oder mit Hilfe eines Lasers erwärmt. Dadurch lässt sich jeweils sehr viel Wärmeenergie pro Zeiteinheit auf die Werkstücke übertragen, so dass sehr kurze Anwärmphasen realisierbar sind. Insbesondere werden die Werkstücke jeweils lediglich in ihren
Randzonen geglüht. Dies hat den Vorteil, dass ein Erwärmen der Randzonen sehr schnell und wirtschaftlich durchführbar ist und es bei vielen Anwendungsgebieten der Werkstücke ausreichend ist, diese mit einer widerstandfähigen Oberfläche auszustatten. Nach dem Glühen können die Werkstücke in Luft abgekühlt werden. Zur Vermeidung von Oxidation bzw. Entkohlung ist es auch möglich, die Werkstücke in einer Schutzgasatmosphäre, insbesondere in Stickstoff, zu glühen und/oder wenigstens partiell abzukühlen.
Im Rahmen der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung kann wahlweise eine Härten der thermochemisch behandelten Teile oder eine Bainitisierung durchgeführt werden. Das Härten ermöglicht relativ kurze Prozesszeiten und einen niedrigen Energieeinsatz. Durch das Bainitisieren kann den Werkstücken eine besonders hohe Zähigkeit verliehen werden, so dass diese über einen langen Zeitraum großen Wälzbelastungen Stand halten.
Die Werkstücke sind vorzugsweise aus Wälzlagerstahl, insbesondere nach DIN EN ISO 683-17, gefertigt. Die erfindungsgemäße Wärmebehandlung kann beispielsweise bei Werkstücken eingesetzt werden, die als Wälzlagerbauteile, insbesondere als Wälzlagerringe, ausgeführt sind. Wälzkörper, die z. B. als Rollen oder Kugeln ausgebildet sind, können aber ebenso behandelt werden.
Die Erfindung wird nachstehend anhand des in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels erläutert.
Die Figur zeigt ein schematisiertes Temperatur-Zeit-Diagramm zur Veranschaulichung eines ersten Ausführungsbeispiels der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung. Auf der Abszisse ist die Zeit, auf der Ordinate die Werkstücktemperatur aufgetragen. Aus Gründen der Anschaulichkeit ist der Kurvenverlauf in einer abstrahierten Form wiedergegeben und bereichsweise zeitlich gestreckt bzw. komprimiert dargestellt. Die Werkstücke, bei denen die Wärmebehandlung durchgeführt wird, bestehen aus einem Wälzlagerstahl gemäß der Norm DIN EN ISO 683-17, insbesondere aus einem durchhärtenden, niedrig legierten Wälzlagerstahl. Der in der Figur beispielhaft dargestellte Temperaturverlauf bezieht sich auf die Wärmebehandlung von Werkstücken aus einem Stahl mit der Bezeichnung lOOCrό. Dieser Stahl enthält, bezogen auf seine Masse, 0,93 bis 1,05 % Kohlenstoff, 1,35 bis 1,60 % Chrom, 0,25 bis 0,45 % Mangan, 0,15 bis 0,35 % Silizium und bis zu 0,1 % Molybdän. Der Phosphorgehalt beträgt maximal 0,025 %, der Schwefelgehalt maximal 0,015 %. Außerdem können herstellungsbedingt noch kleine Mengen an weiteren Elementen enthalten sein. Vor der Wärmebehandlung werden die Werkstücke einer mechanischen Weichbearbeitung unterzogen, durch welche die Werkstücke in eine gewünschte Form gebracht werden. Diese Form kann noch um Zugaben für eine weitere mechanische Bearbeitung nach der Wärmebehandlung von der endgültigen Form der Werkstücke abweichen.
Beim ersten Ausführungsbeispiel beginnt die Wärmebehandlung damit, dass die Werkstücke für die Durchführung eines thermochemischen Diffusionsverfahrens auf eine dafür vorgesehene Temperatur angewärmt werden. Die Höhe der Temperatur ist abhängig von der Art des thermochemischen Diffusionsverfahrens. So erfolgt beispielsweise ein Aufkohlen oder ein Carbonitrieren, das in der Figur mit
C/CN bezeichnet ist, bei deutlich höheren Temperaturen als ein Nitrocarburieren oder ein Nitrieren, das in der Figur als NC/N bezeichnet ist. Im Rahmen der Erfindung ist es auch möglich, beim thermochemischen Diffüsionsverfahren mehrere dieser einzelnen Verfahren miteinander zu kombinieren. Beim thermochemischen Diffusionsverfahren werden die Werkstücke üblicherweise für eine jeweils vorgegebene Zeit konstant bei der jeweils vorgesehenen Temperatur gehalten. Während dieser Zeit werden in der Randschicht der Werkstücke beispielsweise Carbide, Carbonitride oder Nitride gebildet. Nach Ablauf der vorgegebenen Zeit werden die Werkstücke auf Raumtemperatur abgekühlt.
Als nächstes folgt ein Glühen der Werkstücke, das sich aus einer Anwärmphase und einer Haltephase zusammensetzt. Während der Anwärmphase werden die Werkstücke sehr schnell von Raumtemperatur hochgeheizt, so dass die Werkstücktemperatur eine vorgegebene Glühtemperatur erreicht. Die Glühtemperatur beträgt wenigstens 1000 0C. Bevorzugt kommen Glühtemperaturen zwischen 1000 und 1200 0C zur Anwendung. Im dargestellten Diagramm beträgt die Glühtemperatur 1100 0C. Die Anwäraiphase dauert maximal 20 Sekunden. Die Glühtemperatur wird dabei in der Regel lediglich in den Randzonen der Werkstücke erreicht. Das Anwärmen kann insbesondere durch elektromagnetische Induktion, beispielsweise bei einer Frequenz von ca. 0,1 bis 0,3 MHz oder mittels eines Lasers erfolgen. Während der auf die Anwärmphase folgenden Haltephase werden die Werkstücke bei der Glühtemperatur gehalten. Die Haltephase dauert ca. 0,5 bis 100 Sekunden. Um unerwünschte Effekte wie Kornwachstum, Verzunderung und Entkohlung in einem vertretbaren Rahmen zu halten, sollte die Haltephase möglichst kurz sein. Es ist ebenso möglich, diese Glühbehandlung unter einer Schutzgasatmosphäre, z. B. unter Stickstoff, durchzuführen.
Durch das Glühen wird in den Werkstücken ein sehr feines Randgefüge erzeugt.
Insbesondere kommt es zu einer relativ homogenen und feinen Verteilung der Carbide, Carbonitride oder Nitride, die sich zuvor während des thermochemischen
Diffüsionsverfahrens gebildet haben bzw. zum Teil auch bereits vor dem thermochemischen Diffusionsverfahren im Ausgangsmaterial vorhanden waren. Dadurch werden etwaige lokale Spannungsspitzen an groben, eckigen Carbiden, Carbonitriden oder Nitriden reduziert. Außerdem kann die Korrosionsbeständigkeit der Werkstücke durch das Glühen verbessert werden, da sich z. B. gelöste Elemente wie Stickstoff gleichmäßiger in der Gefügematrix verteilen.
Sobald die für die Haltephase vorgesehene Zeit verstrichen ist, werden die Werkstücke in Luft bzw. zumindest bis T < 550 0C unter Stickstoff abgekühlt, beispielsweise bis auf Raumtemperatur. Danach werden die Werkstücke auf Austenitisierungstemperatur gebracht, die typischerweise ca. 820 bis 900 0C beträgt und während einer Austenitisierungsdauer auf dieser Temperatur gehalten. Durch das vorausgegangene Glühen ist eine relativ kurze Austenitisierungsdauer möglich, da die teilweise Auflösung der vorhandenen Carbide aufgrund ihrer Feinheit schneller erfolgt. Im dargestellten Ausführungsbeispiel beträgt die Austenitisierungsdauer ca. 20 Minuten. Dann werden die Werkstücke zum Beispiel im Salzbad abgeschreckt, so dass ein Härten erfolgt. Anschließend werden die Werkstücke angelassen, wobei die Werkstücke auf eine Anlasstemperatur erwärmt werden und für eine vorgegebene Zeit gehalten werden. Schließlich werden die Werkstücke wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Das Anlassen kann auch auf die in der DE 407 487 C2 beschriebene Weise erfolgen.
Wie durch einen gestrichelten Kurvenverlauf dargestellt, kann anstelle des Härtens eine Bainitisierung durchgeführt werden. Hierzu werden die Werkstücke nach dem Austenitisieren auf eine Temperatur knapp oberhalb des Martensit-Startpunktes abgeschreckt und eine Zeit lang, typischerweise einige Stunden, auf dieser Temperatur gehalten, bis eine ausreichende Umwandlung des Austenits in Bainit erfolgt ist. Bei dem in der Figur beispielhaft dargestellten Verlauf wird die Bainitisierung bei einer Temperatur von ca. 220 bis 250 0C durchgeführt. Bei der Bainitisierung werden in den Werkstücken Druckeigenspannungen erzeugt und
dadurch die Haltbarkeit der Werkstücke auch unter hohen Belastungen verbessert. Weiterhin wird die Zähigkeit der Werkstücke im Vergleich zum Härten verbessert. Anschließend an die Bainitisierung erfolgt eine Abkühlung auf Raumtemperatur. Eine teilweise Bainitumwandlung, wie sie in der DE 198 49 681 C 1 beschrieben ist, ist ebenfalls vorteilhaft möglich.
Alternativ zu dem in der Figur dargestellten Ablauf ist es auch möglich, das Glühen vor dem thermochemischen Diffusionsverfahren durchzuführen. Dies ist ein zweites Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung. Die behandelten Werkstücke stimmen hinsichtlich des Materials und der vorausgegangenen Bearbeitung mit dem ersten Ausführungsbeispiel überein und auch die einzelnen Behandlungsschritte, aus denen sich die Wärmebehandlung zusammensetzt, werden jeweils in analoger Weise durchgeführt. Allerdings werden diese Behandlungsschritte in einer geänderten Reihenfolge durchgeführt. Dies äußert sich bereits beim ersten Behandlungsschritt, der beim zweiten Ausführungsbeispiel darin besteht, dass die Werkstücke geglüht werden.
Nach dem Glühen und einem sich daran anschließenden Abkühlen der Werkstücke wird das thermochemische Diffusionsverfahren durchgeführt. Da das thermochemische Diffusionsverfahren erst nach dem Glühen durchgeführt wird, werden beim Glühen lediglich die bereits im Ausgangsmaterial vorhandenen Carbide teilweise aufgelöst und fein verteilt. Die beim thermochemischen Diffusionsverfahren beispielsweise entstehenden Carbide, Carbonitride oder Nitride werden nicht so fein verteilt, wie dies beim ersten Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung der Fall ist. Nach dem thermochemischen Diffusionsverfahren werden die Werkstücke wiederum abgekühlt und es folgt dann
das Austenitisieren mit einem anschließenden Härten, Bainitisieren oder teilweiser Bainit-ZMartensithärtung. Nach dem Härten werden die Werkstücke angelassen. Auch im Anschluss an das teilweise Bainitisieren kann ein Anlassen durchgeführt werden.
Die so behandelten Werkstücke unterscheiden sich von Werkstücken, die gemäß dem ersten Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens behandelt wurden insbesondere hinsichtlich der Größe und der Verteilung der Carbonitride bzw. Nitride und auch der Carbide, soweit diese durch das thermochemische Diffusionsverfahren entstanden sind. Beim ersten Ausführungsbeispiel liegt jeweils eine feinere und homogenere Verteilung als beim zweiten Ausführungsbeispiel vor.
Bei den Werkstücken, die der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung unterzogen werden, handelt es sich beispielsweise um Wälzlagerbauteile, insbesondere um Wälzlagerringe. Die erfindungsgemäße Wärmebehandlung kann aber auch bei anderen Werkstücken eingesetzt werden. Außerdem können anstelle von 100Cr6 auch andere Stähle verwendet werden. Dabei eignen sich sowohl höher legierte durchhärtende Stähle als auch Einsatzstähle. Es können auch Vergütungsstähle verwendet werden.