Beschreibung
DÜSE, INSBESONDERE ZUR DOSIERUNG VON HARNSTOFF
Die Erfindung betrifft eine Einspritzdüse, insbesondere für ein Dosiersystem zur Dosierung von Harnstoff oder dergleichen. Darüber hinaus betrifft die Erfindung ein Dosiersystem, insbesondere für die Nachbehandlung von Abgasen eines Ver- brennungsmotors sowie ein Verfahren zur Erzeugung eines Harnstoff-Luft-Gemisches oder dergleichen in einer Mischkammer eines Dosiersystems.
Zur Reinigung von Abgasen von Verbrennungsmotoren sind Ver- fahren bekannt, bei denen spezielle Reduktionskatalysatoren zur Verringerung von Stickoxid-emissionen angewendet werden. Die entsprechende katalytische Reduktion im Katalysator wird dabei durch Harnstoff in Gang gesetzt. Der im Harnstoff enthaltene Ammoniak dient der Umwandlung der Stickoxide zu Stickstoff und Wasser.
Eine Harnstoff-Wasser-Lösung (HWL) wird dabei mit Druckluft in eine Mischkammer eines Dosiersystems eingebracht. Das sich bildende Aerosol wird dann dem Katalysator zugeführt. Zur Zu- führung von Druckluft in die Mischkammer dient eine Einspritzdüse. Von Nachteil bei bekannten luftbetriebenen Einspritzdüsen zur Zuführung von Luft ist es, dass es zu Ablagerungen von kristallinem Harnstoff kommt. Mit anderen Worten kommt es durch Auskristallisation zu Verunreinigungen in der Einspritzdüse, die zu einer Verminderung der
Durchflussrate und schließlich zu einer Verstopfung des Systems führen. Ein ordnungsgemäßes Betreiben über einen längeren Zeitraum ist somit nicht möglich.
In der Vergangenheit wurden derartige Verstopfungen durch Spülung, beispielsweise mit Wasser, beseitigt. Derartige Spülungen sind jedoch sehr aufwendig und im Serieneinsatz nur schwer durchführbar.
Aufgabe der Erfindung ist es, die Betriebssicherheit eines solchen Dosiersystems zu erhöhen, insbesondere die Verstopfung durch Harnstoffkristalle zu verhindern. Diese Aufgabe wird durch eine luftbetriebene Einspritzdüse nach Anspruch 1 sowie durch ein Dosiersystem nach Anspruch 7 bzw. durch ein Verfahren nach Anspruch 9 gelöst.
Unter luftbetriebene Einspritzdüse wird hierbei eine Düse zur Zuführung von Gas, insbesondere Luft, verstanden. Diese Düse wird insbesondere zur Zuführung von Luft in eine Mischkammer eingesetzt, der über eine weitere Einspritzdüse ein Reduktionsmittel, insbesondere eine wässrige Harnstofflösung, zugeführt wird.
Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, dass zwischen der Kristallisation von Harnstoff an Oberflächen des Dosiersystems und dem Kriechverhalten der Harnstoff-Wasser-Lösung ein direkter Zusammenhang besteht.
Ein Grundgedanke der Erfindung ist es daher, eine luftbetriebene Einspritzdüse vorzusehen, die zumindest teilweise aus einem Werkstoff mit geringer Oberflächenrauheit besteht. Dabei sollte vorzugsweise zumindest die Oberfläche der Engstelle der Einspritzdüse aus einem solchen Werkstoff gefertigt sein. Besonders gute Ergebnisse lassen sich erzielen, wenn die gesamte Einspritzdüsenoberfläche aus einem solchen Werkstoff besteht.
Diesem Grundgedanke liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das Kriechverhalten der Harnstoff-Wasser-Lösung von der Oberflächengüte der für das Dosiersystem verwendeten Werkstoffe ab- hängt. Insbesondere besteht ein Zusammenhang zwischen der Oberflächenrauigkeit und den HWL-Kriecheffekten, der sich durch Kapillarwirkungen in Mikrospalten an der Materialoberfläche erklärt.
Da HWL die Fähigkeit besitzt, auch kleinste Oberflächentiefen zu benetzen, und die dadurch auftretenden Kapillarkräfte die Kriecheigenschaft von HWL an rauen Oberflächen erhöhen, führt die Verwendung eines Werkstoffes mit geringer Oberflächenrauheit zu einer Verschlechterung der Kriecheigenschaften und somit zu einer Vermeidung von Auskristallisationen. Dies ist insbesondere in den hier relevanten Dosiersystemen von Vorteil, da die langsamen Kriechgeschwindigkeiten von HWL in den Wandungstiefen der Dosiersystemoberflächen einen HWL-Fluss nicht nur in Hauptströmungsrichtung, sondern auch entgegen der an der Oberfläche vorbeiziehenden Hauptströmung ermöglichen.
Besonders vorteilhaft ist es, wenn nicht nur die Einspritzdüse, sondern vorzugsweise sämtliche mit Harnstoff oder der- gleichen, bspw. einer Harnstoff-Wasser-Lösung, in Berührung kommenden Oberflächen des Dosiersystems zumindest teilweise aus einen Werkstoff mit geringer Oberflächenrauheit bestehen. Damit kann ein Kriechen von HWL an der Misehkämmerwandung sowie weiteren Oberflächen des Dosiersystems mit anschließender Verstopfung des Systems verhindert werden.
Bei der Verwendung von Werkstoffen mit geringer Oberflächenrauheit wurden besonders gute Ergebnisse mit Werkstoffen er-
zielt, die Oberflächenrautiefen von 0,7 x 10 bis 5,3 x 10 m aufweisen. Als besonders vorteilhaft hat sich eine Oberflä- chenrautiefe von 1,5 x 10-5 bis 3,0 x 10-6 m ergeben. Eine solche Rauheit kann zum einen durch geeignete Herstellungsverfahren oder aber durch nachfolgenden Bearbeitungsschritte erzielt werden. Unter der Oberflächenrautiefe wird dabei der Abstand zwischen der höchsten Spitze (Bezugsprofil) und dem tiefsten Tal (Grundprofil) der Oberfläche verstanden.
Mit anderen Worten kann durch einen geeigneten Werkstoffeinsatz nicht nur die besonders zu Verstopfung neigende Einspritzdüse, die vorzugsweise als Überschalldüse ausgebildet ist, sondern die Verstopfung des gesamten Dosiersystems, ins- besondere der Mischkammer, verhindert werden. Dies führt zu einer wesentlichen Erhöhung der Betriebssicherheit des Gesamtsystems .
Die entsprechenden Werkstoffe können zum einen zur Beschich- tung herkömmlicher Basiswerkstoffe verwendet werden. Zum anderen können aber auch Teile des Dosiersystems, beispielsweise die Einspritzdüse, vollständig aus einem solchen Werkstoff gefertigt sein.
Die hierzu verwendeten Werkstoffe sind insbesondere POM (Po- lyoxymethylen) , Nylon, Acryl (PMMA), Acetal, P.P 6.6, Acetal Homopolymer, polierter Edelstahl oder poliertes Aluminium. Besonders gute Ergebnisse wurden mit Acetal Homopolymer als Werkstoff für die Einspritzdüse bzw. das Dosiersystem er- zielt.
Eine Fertigung der Überschalldüse aus einem Kunststoffmaterial führt zudem zu einer Reduzierung der Gesamtkosten des
Dosiersystems. Gleichzeitig bewirkt der Einsatz von Kunst- stoffmaterialien eine Verbesserung der Dosiergenauigkeit durch eine Verringerung der Fertigungstoleranzen.
Die Betriebssicherheit des Dosiersystems kann erfindungsgemäß weiter erhöht werden, indem der in die Mischkammer eingebrachten Druckluft geringste Mengen Öl oder geringste Mengen einer vergleichbaren Flüssigkeit beigemengt sind, welche in der Einspritzdüse auskondensieren. Durch das Mitführen dieser Beimengungen mit der Druckluft lagert sich das Kondensat in den Rautiefen der Oberflächen ab und führt dort zu einer Verdrängung der Harnstoff-Wasser-Lösung. Mit anderen Worten wird damit das HWL-Kriechverhalten durch eine geeignete Oberflächenbehandlung beeinflusst.
Mit der vorliegenden Erfindung kann somit eine Verunreinigung des Dosiersystems durch HWL mit anschließender Auskristallisation wirksam vermieden werden. Dies trifft insbesondere für die Einspritzdüse zu, deren Engstellenbohrung besonders an- fällig für Ablagerungen von kristallinem Harnstoff ist. Im
Ergebnis werden somit Verstopfungen des Dosiersystems und Systemausfälle wirksam verhindert. Ein regelmäßiges Spülen ist nicht mehr erforderlich. Die Betriebszuverlässigkeit des Dosiersystems wird erhöht.
Die vorliegende Erfindung wird anhand eines Ausführungsbeispieles beschrieben, das anhand der Zeichnungen näher erläutert wird. Dabei zeigt:
FIG 1 eine Einspritzdüse in Schittdarstellung,
FIG 2 eine schematische Darstellung einer Versuchsprobe, FIG 3 eine Tabelle mit Versuchsergebnissen,
FIG 4 ein Diagramm mit Versuchsergebnissen
FIG 5 eine schematische Darstellung eines
Dosiersystems .
FIG 1 zeigt als erfindungsgemäße luftbetriebene Einspritzdüse eine Überschalldüse 1 in Schnittansicht. Bei Düsen nach dem Stand der Technik waren HWL-Verunreinigungen mit anschließender Auskristallisation insbesondere in der Engstellenbohrung 2, dort besonders oberhalb der HWL- Einspritzstelle 3, also entgegen der aufgebrachten Luftströmung 4, vorhanden.
Als Engstellenmaterial der erfindungsgemäßen Überschalldüse, die nach Art einer Venturi-Düse ausgestaltet ist, wird im ge- zeigten Ausführungsbeispiel der Werkstoff Acetal Homopolymer verwendet. Besonders vorteilhaft ist es, wenn die gesamte mit HWL in Berührung kommende Oberfläche 5 der Überschalldüse 1 aus diesem Werkstoff gefertigt ist.
Dieser Werkstoff wurde in Versuchen als besonders geeignet gefunden. In diesen Versuchen wurde das Kriechverhalten von HWL an verschiedenen Werkstoffen in unterschiedlichen Umgebungstemperaturen untersucht. Von jedem Material wurde jeweils eine zylinderförmige Probe 6 mit einem Probendurchm.es- ser 7 von 13 mm und einer Höhe 8 von 29 mm angefertigt, wie sie in FIG 2 dargestellt ist. Um eine Kapillarwirkung zu simulieren, wie sie auch in einer Überschalldüse eines Dosiersystems vorhanden ist, wurde die Probe mit einer Bohrung 9 in Zylinderlängsrichtung und einem Einschnitt 10 entlang des Zy- lindermantels versehen. Dabei weist die Bohrung 9 einen
Durchmesser 11 von 3 mm und der Einschnitt 10 eine Breite 12 von 0,7 mm auf.
Für die experimentelle Bestimmung der Kriechfähigkeit wurden die Materialproben vor jedem Versuch mit Ethanol gereinigt und anschließend in eine mit 5 mm HWL gefüllte Petrischale gestellt. Um exakte, vordefinierte Umgebungstemperaturen zu gewährleisten, befand sich die Petrischale mit den Materialproben in einer Klimakammer. Nach dem Abdampfen des Wassers und der vollständigen Auskristallisation des Harnstoffes wurden die Materialproben aus der Schale genommen. Im Anschluss daran erfolgte die Ermittlung der verschiedenen Kriechhöhen der HWL sowie eine visuelle Auswertung der Kristallablagerungen.
Zur Klassifizierung der einzelnen Materialien wurden die die Einzelmessungen bei gleicher Versuchstemperatur verglichen. Je nach Kriechhöhe des Harnstoffes wurde eine Wertigkeit von „1" bis „8" vergeben. Dabei beschreibt die Wertigkeit „1" die niedrigste Kriechhöhe, während der Wertigkeit „8 die höchste Kriechhöhe zugeordnet ist. Die Summe der einzelnen Wertigkeiten beschreibt somit die Kriecheigenschaft der HWL-Lösung an jeder Probe. FIG 3 zeigt die Versuchsergebnisse in tabellarischer Form. Dabei wurden die Werkstoffe POM, Nylon, Acryl, Acetal, P.P.6.6, Acetal Homopolymer, Stahl und Aluminium bei Temperaturen von 20°C bis 60 °C untersucht. Die verwendeten Metalle Edelstahl und Aluminium zeigen dabei ein besonders hohes Kriechverhalten bezüglich HWL. Die mit Abstand geringsten Kriecheigenschaften der HWL wurden bei dem Material Acetal Homopolymer gefunden.
Zur Bestimmung der Oberflächenrauigkeiten wurden die ver- schiedenen Materialproben mittels eines Perthometers S6P gemessen. Bei jeder Materialprobe wurden dabei fünf Oberflächenprofile in 72°-Abständen über den Umfang bestimmt. Diese Messungen wurden jeweils drei mal durchgeführt und der Mit-
telwert der Messungen als Ergebnis verwendet. Die so ermittelten Oberflächenrautiefen sind in FIG 4 in Diagrammform abgebildet.
Im Diagramm sind sowohl die mittleren Oberflächenrautiefen 13 als auch die gemessenen maximalen Rautiefen 14 angegeben. Gleichzeitig ist die zuvor bestimmte HWL-Kriechhöhe 15 für jedes Material angegeben. Die höchsten Rauheiten weisen dabei Aluminium mit 3,47 x 10~6m und Edelstahl mit 3.06 x 10-6m auf. Die verwendeten Kunststoffe zeigen geringere. Oberflächenrau- igkeiten und bewegen sich im Bereich zwischen 1,56 x 10~6m und 2,69 x 10~6m. Die mit Abstand geringsten Rautiefen wurden an der Probe Homopolymer gemessen. Vergleicht man zusätzlich die gemessenen maximalen Rautiefen, so ergibt sich auch hier für die Probe Homopolymer die geringste Rautiefe. Im Ergebnis kann von einem direkten Zusammenhang zwischen HWL-Kriechver- halten und Oberflächengüte ausgegangen werden.
Gemäß FIG 5 umfasst ein nur schematisch und ausschnittsweise dargestelltes Dosiersystem 20 die Überschalldüse 1, ein
Einspritzventil 22 für ein Reduktionsmittel, insbesondere eine wäßrige Harnstofflösung. Die Überschalldüse 1 und das Einspritzventil 22 münden in eine Mischkammer 24 und führen dieser Luft bzw. die Harnstofflösung zu. Diese vermischen sich in der Mischkammer 24 zu einem Aerosol, welches über eine Aerosoldüse 26 des Dosiersystems 20 in den Abgasstrom in einem Abgaskanal 28 einer Verbrennungsmaschine, insbesondere eines dieselbetriebenen KfZ-Motors, eingebracht wird. Stromabwärts der Stelle, an der das Aerosol eingedüst wird, ist ein (nicht darbestellter) Katalysator zur Reduktion von im Abgasstrom enthaltenen Stickoxiden vorgesehen. In diesem werden mit Hilfe des Reduktionsmittels die Stickoxide nach
dem Verfahren der selektiven katalytischen Reduktion umgesetzt.
Bezugszeichenliste
I Überschalldüse 2 Engstellenbohrung
3 HWL-Einspritzstelle
4 Luftströmungsrichtung
5 Oberfläche
6 Probe 7 Probendurchmesser
8 Probenhöhe
9 Bohrung
10 Einschnitt
II Bohrungsdurchmesser 12 Einschnittsbreite
13 Mittlere Rautiefe
14 Maximale Rautiefe
15 HWL-Kriechhöhe 20 Dosiersystem 22 Einspritzventil
24 Mischkammer
26 Aerosoldüse
28 Abgaskanal