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Verfahren zur Gewinnung von Vitamin B12
Die Schwierigkeit der Isolierung
von Vitamin Bt2, insbesondere aus Fermentationsmedien, besteht im wesentlichen darin,
daß Vitamin B12 in diesen Fermentationsmedien gewöhnlich in außerordentlich geringer
Menge - die den zehnmillionsten Teil nicht überschreitet - vorliegt und außerdem
von Substanzen begleitet ist, die ihm in chemischer wie auch physiologischer Hinsicht
außerordentlich ähnlich sind.
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Bei den Vitamin-B12-ähnlichen Substanzen handelt es sich um prächtig
rot gefärbte Verbindungen, die in verschieden starkem Maße LLD-, Küken-und Antiperniciosa-Aktivität
ausüben, jedoch wesentlich weniger wirksam als das reine Vitamin B:2 sind. Wenn
es sich auch bei diesen Verbindungen um Substanzen handelt, die dem Vitamin B1,
in chemischer und biologischer Hinsicht außerordentlich ähnlich sind, so ist doch
notwendig, um ein Präparat von mindestens 950/obiger Reinheit zu erhalten, diese
Substanzen von dem Vitamin B12 abzutrennen.
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Es wurde gefunden, daß man diese Schwierigkeiten in einfacher Weise
umgehen kann, indem man das Vitamin B12 mittels eines Gegenstromverteilungsverfahrens
zwischen den beiden Lösungsmitteln eines zweiphasigen Lösungsmittelsystems, dessen
eine Phase aus Wasser und dessen andere Phase aus einer Mischung von Kresol-Toluol
oder Kresol-Tetrachlorkohlenstoff besteht, isoliert. Dieses Verfahren kann mit den
bis dahin benutzten
Methoden zur Isolierung von VitaminBt2, die
eine Reihe von Reinigungsstufen umfassen, wie Adsorption, Chromatographie, fraktionierte
Fällung usw., kombiniert werden.
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Mit dem Verfahren der Erfindung gelingt es, Vitamin B12 sowohl von
Verunreinigungen abzutrennen, die in Wasser leichter löslich als Vitamin B12 sind,
als auch von solchen zu trennen, die sich in der erfindungsgemäßen Lösungsmittelmischung
leichter als Vitamin B12 lösen. Es gelingt weiterhin, das Vitamin B12 in kristalliner
Form in einem 95 °/e übersteigenden Reinheitsgrad mit nahezu quäntitativer Ausbeute
zu isolieren. Ein weiterer Vorteil des Isolierungsverfahrens der Erfindung besteht
darin, daß es auch in großtechnischem Maßstab durchgeführt werden kann.
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Das Trennverfahren beruht auf den verschieden großen Löslichkeiten,
die Vitamin B12 und dessen unerwünschte Begleitstoffe iln den beiden Flüssigkeitsphasen
des Gegenstromverteilungssystems, der wäßrigen und der au:s einer Kresol-Toluol-
oder Kresol-Tetrachlorkolhlenstoff-Mischung - fortan kurz mit Lösungsmittelmischung
bezeichnet bestehenden Phase, aufweisen.
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Wenn auch die Gegenstromverteilung schon früher bei bestimmten Gelegenheiten
mit anderen Lösungsmitteln angewandt wurde, so ist es jedoch überraschend, daß man
mit diesem einfachen Verfahren unter der erfindungsgemäßen Verwendung dieser Lösungsmittelmischungen
einerseits und Wasser andererseits das Vitamin B12 in sehr reiner Form von den natürlich
vorkommenden Vitamin-Bl2-ähnlichlen Begleitsubstanzen abtrennen kann.
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Dies ist besonders überraschend im Hinblick auf die extreme Verdünnung,
in der Vitamin B1.2 gewöhnlich in den Ausgangsmaterialien vorliegt.
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Das Verfahren soll an Hand der Zeichnung, die das Schema einer Gegenstromverteilung
mit acht Stufen darstellt, näher erläutert werden.
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Das Gegenstromverteilungsverfahren wird in folgender Weise durchgeführt:
Das Gefäß Nr. I wird mit einer bestimmten Menge Wasser WI und einer bestimmten Menge
Lösungsmittelmischung L r beschickt. Wie der Figur zu entnehmen ist, wird in dem
Wasser WI das Vitamin-B12-Konzentrat gelöst, bevor die Lösungsmittelmischung zugegeben
wird. Man kann aber auch umgekehrt verfahren und das Vitamin-Bl2-Konzentrat in derLösungsmittelmischung
lösen.
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Dann schüttelt man die Mischung in Gefäß Nr. I, das beim Arbeiten
im Laboratoriumsmaßstab ein Scheidetrichter sein kann, kräftig durch und läßt zur
Entmischung stehen. Währenddessen verteilen sich Vitamin B12 und die Verunreinigungen
zwischen der wäßrigen und der Lösungsmittelmischungsphase.
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Nach der Entmischung wird die Lösungsmittelmischungsschicht / I abgetrennt
und zu einer bestimmten Menge frischen Wassers W2 in Gefäß Nr. 2 gegeben. In das
Gefäß Nr. I, das noch die wäßrige Schicht W1 enthält, wird eine frische Menge Lösungsmittelmisc'hungL2
gegeben. Beide Gefäße werden dann kräftig geschüttelt, wobei sich wiederum das Vitamin
B12 und die Begleitstoffe auf die beiden Flüssigkeitsphasen verteilen.
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Anschließend wird die Lösungsmittelmischungsschicht L I aus Gefäß
Nr. 2 abgezogen und in Gefäß Nr. 3 eingefüllt, das eine frische Wassermenge W3 enthält.
Die Lösungsmittelmischungsschicht L2 in Gefäß Nr. I wird abgezogen und in Gefäß
Nr. 2 mit der Wasserschicht W2 übergeführt. Zu Gefäß Nr. I mit der Wasserschicht
WI wird eine frische Menge Lösungsmittelmischung L 3 zugegeben. Die drei Gefäße,
die sich nunmehr im System befinden und die die Wasser- und Lösungsmittelmischungsschichten
W31LI; W2/L2 und W1/L3 enthalten, werden erneut geschüttelt und dann zur Entmischung
stehengelassen.
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Dann wird die Lösungsmittelmischungsschicht LI aus Gefäß Nr. 3 in
Gefäß Nr. A mit einer frischen Wassermenge W4 übergeführt, die Lösungsmittelmischungsschicht
L2 aus Gefäß Nr. 2 in Gefäß Nr. 3, das die Wasserfraktion W3 enthält, die Lösungsmittelmischungsschicht
L 3 aus Gefäß Nr I in Gefäß Nr. 2 mit der Wasserfraktion W2 übergeführt und in Gefäß
Nr. I milt der Wasserfraktion WI eine frische Menge Lösungsmittelmischung L 4 gegeben.
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Wenn auf diese Weise acht Portionen frisches Wasser und frische Lösungsmittelmischung
in das System eingeführt sind, enthalten die acht Gefäße folgende Wasser- und Lösungsmittelmischungsschichten:
W8/L1; W7/L2; W6/L3; W5/L4 usw.
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(vgl. die Gefäße, die in der Zeichnung an der diagonalen Linie liegen).
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Das modifizierte Verfahren, auf das sich die punktierte Linie in
der Zeichnung bezieht, wird in gleicher Weise durchgeführt, nur mit dem Unterschied,
daß nur in zwei Gefäßen gearbeitet wird und nur zwei Portionen frischen Wassers
in das System eingeführt werden.
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Die Lösungsmittelmischung L I wffd demgemäß in Gefäß Nr. I mit der
Portion frischen Wassers WI geschüttelt und nach der Entmischung der bei den Schichten
abgezogen und in Gefäß Nr. 2 mit einer frischen Wassermenge W2 übergeführt, während
die Wasserfraktion WI in Gefäß Nr. I mit einer frischen Menge Lösungsmittelmischung
L 2 durchgeschüttelt wird. Nach dem Entmischen wird die Lösungsmittelmischungsschicht
LI aus Gefäß Nr. 2 abgezogen und zwecks Vereinigung mit später anfallenden Lösungsmittelmischungsfraktionen
gesammelt. Die zweite Lösungsmittelmischungsfraktion L 2 wird dagegen aus Gefäß
Nr. I in Gefäß Nr. 2 mit der Wasserfraktion W2 übergeführt, während Gefäß Nr. I
mit der Wasserfraktion W1 eine frische Lösungsmittelmi.schungsmenge L3 zugeführt
wird.
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Dieser Vorgang wird wiederholt, bis sieben Portionen Lösungsmittelmischung
L1 bis L7 mit den beiden Wasserfraktionen WI und W2 durchgeschüttelt sind. Die Lösungsmittelmischungsfraktionen
L 1 bis L7, die die Hauptmenge an Vitamin B12 enthalten, werden vereinigt und auf
kristallines Vitamin Bl2 weiter aufgearbeitet.
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Auch die Wasserfraktionen WI und W2, die
noch etwas
Vitamin B1.2 enthalten, werden vereinigt und können erneut in das Verfahren gegeben
werden.
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Wenn mehrfache Extraktionen, wie in der Zeichnung dargestellt ist,
durchgeführt werden, ist dieses Gegenstromverteilungsverfahren in bezug auf die
Vitamin-B12-Gewinnung so wirksam, daß es in einem Analysenverfahren zur Bestimmung
der Vitamin-BI2-Men,ge in den Fermentationsflüssigkeiten sowie verschiedenen festen
Zwischen produkten und sonstigen vitamfnhaltigen Lösungen benutzt werden kann.
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Es wurde gefunden, daß bei Verwendung dieser Lösungsmittelmischung
als partielles Lösungsinfttel die Vitamin-B12-ähnlichen Substanzen, die den größten
Prozentsatz der Verunreinigungen ausmachen, in einem Verhältnis von etwa 8.: I zwischen
\Vasser und der Lösungsmittelmischungsphase verteilt werden. während andererseits
das Vitamin B12 in einem Verhältnis von etwa 1,2:1 zwischen Wasser und der Lösungsmittelmischungsphase
verteilt wird. Die Lösungsmittelmischungsendphase eines solchen zweiphasigen Flüssigkeitssystems
enthält somit den größten Teil des Vitamins B12, das im wesentlichen frei von Begleitstoffen
ist, da lediglich etwa ein Neuntel der unerwünschten Vitamin-B12-ähnlichen Begleitstoffe
in die Lösungsmittelmischungsphase geht, während die restlichen acht Neuntel in
der wäßrigen Phase bleiben.
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In einigen Fällen ist noch eine weitere Klasse von Verunreinigungen
beobachtet worden, die allerdings weniger häufig vorkommen. Sie scheinen ein Verteilungsverhältnis
von etwa o,4: I zwischen Wasser und der Lösungsmittelmischung zu haben und damit
in der Lösungsmittelmischungsphase stärker als Vitamin B12 löslich zu sein.
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Bei Anwendung des modifizierten oder verkürzten Gegenstromvertei
lungsverfahrens sind in der Lösungsmittelmischungsphase nach Beendigung des Verfahrens
etwa 9+ °/o des in dem Ausgangsmaterial enthaltenen Vitamins B12 und nur etwa 20%
der Vitamin-B12-ähnlichen Substanzen bei einem Verteilungsverhältnis der letzteren
(Cw: CL) von etwa 8 : 1 enthalten. Die Verunreinigungen mit einem Verteilungsverhältnis
(Cw : CL) von etwa o,4: I gehen, wenn sie überhaupt vorhanden sind, in die Lösungsmittelschicht.
Aus dieser Lösungsmittellösung, in der das Vitamin B12 in wesentlich reinerer Form
vorlegt, kann das Vitamin Bl*, in verschiedener Weise ausgefällt werden. Es wird
hierbei ein oftmals 95-bis Ioo°/oiges Vitamin B12 in kristalliner Form erhalten.
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Bei dem Gegenstroinverteilungsverfahren mit der gegenüber dem modifizierten
Verfahren erhöhten Anzahl an Extraktionsgefäßen mit Lösungsmittelmischungen wird
eine vollständigere Abtrennung der Verunreinigungen von dem Vitamin P) erhalten.
Mit dieser Methode werden insbesondere bei selhr unreiner Vitamin-B12-haltigem Ausgangsmaterial
sehr gute Ergebnisse erzielt.
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Wenn die Verunreinigungen, die durch ein Verteilungsverhältnis (Cw:
CL) von o,4: I gekennzeichnet sind, in unerwünscht hohem Prozentsatz vorliegen,
geht man so vor, daß man zunächst eine vollständige Gegenstromverteilung, wie sie
in der Zeichnung dargestellt ist, durchführt. Dann läßt man das Vitamin B12 aus
der Lösungsmittelmischung der Extraktionsgefäße einzeln auskristallisieren und isoliert
die Kristalle, die einen bestimmten Reinheitsgrad haben. Das reinste Vitamin B12.
wird aus den mittleren Gefäßen gewonnen, während die Verunreinigungen, die durch
ein Verteilungsverhältnis K = (Cw: CL) = 8,0 und .0,4 charakterisiert sind, sich
hauptsächlich in den ersten bzw. letzten Gefäßen ansammeln. Auf diese Weise wird
im wesentlichen reines Viltamin B,2, das einen Reinheitsgrad von nahezu 100% aufweist,
von den beiden Hauptarten von Verunreinigungen abgetrennt.
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Die vorstehenden Ausführungen gelten unter der Voraussetzung, daß
gleiche Mengen Lösungsmittelmischung und Wasser verwendet werden. Man kann aber
auch das Mengenverhältnis von Wasser zu Lösungsmittelmischung in dem Gegenstromverteilungsverfahren
innerhalb weiter Grenzen variieren, ohne dadurch die erzielbaren guten Ergebnisse
zu beeinträchtigen.
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Da dadurch jedoch das Verteilungsverhältnis von Vitamin B12 und den
begleitenden Verunreinigungen in den einzelnen Extraktionsgefäßen variiert werden
kann, kann das eine Änderung in der Anzahl der Extraktionsgefäße und infolgedessen
eine veränderte Anzahl von Wasser- und Lösungsmittelmischungsportionen in dem Gegenstromverteilungsverfahren
erfordern.
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Dieses Verfahren ist zur Behandlung von Ausgangsmaterialien mit einem
verhältnismäßig hohen Vitamin-B1.2-Gehalt von beispielsweise 10 bis go °/o besonders
geeignet, ohne jedoch auf die Vitamin-B12-reichen Ausgangsmaterialien beschränkt
zu sein. Im Gegenteil, es kann zur Behandlung von Ausgangsmaterial mit .sehr verschiedenem
Vitamin-Bz2-Gehalt verwendet werden. Es kann außerdem dazu benutzt werden, um in
Zwischenstufen bei Vitamin-B12- Konzentrationen, die auf im wesentlichen reines
Vitamin B12 in kristalliner Form aufgearbeitet werden sollen, andere Verunreinigungen
zu entfernen. So können z. B. nach diesem verbesserten Verfahren Fermentierungsflüssigkeiten,
die bei der Fermentierung von verschiedenen Mikroorganismen. insbesondere Streptomyces
griseus, erhalten werden, direkt und ohne vorhergehende Reinigung behandelt werden.
In den meisten Fällen unterwirft man jedoch die Fermentierungsflüssigkeit zunächst
einer Reihe von anderen Reinigungsverfahren, um die Hauptmenge an Verunreinigungen
zu entfernen und dabei ein verhältnismäßig Vitamin-B12-reiches Material zu erhalten,
aus dem anschließend mit Hilfe des Gegenstromverteilungsverfahrens das Vitamin B12
in im wesentlichen reiner und kristalliner Form erhalten werden kann.