-
Handwirktechnik und Arbeitsgerät dazu Die allgemeine praktische Aufgabe
nach der Erfindung ist folgende: Bei geringem Zeit- und Materialverbrauch ist eine
handgewirkte Fläche zu arbeiten, die zur Herstellung von Kleidungsstücken geeignet
ist.
-
Der Begriff Wirken bezeichnet alle Arbeitsverfahren, die einen fortlaufenden
Faden unter Schlingenbildung zu einer Fläche verbinden. Das Stricken und das Häkeln
sind die gebräuchlichen Handwirktechniken.
-
Durch beide Techniken sind die Bezeichnungen Masche und Fadenumschlag
bekannt. Die Strickmasche besteht aus einer Schlinge, in der Häkelmasche sind mehrere
Schlingen zusammengefaßt. Der Fadenumschlag wird in der Stricktechnik zur Bildung
von Lochmusterungen, in der Häkeltechnik zur Vergrößerung der Masche verwendet.
Eine Schlinge ist ein kurzer, doppelt gelegter Abschnitt des fortlaufenden Arbeitsfadens,
dessen Anfangs-und Endpunkt gemeinsam abgebunden sind; beide Hälften (Anfangspunkt
bis glitte und Mitte bis Endpunkt) liegen paarig nebeneinander. Ein Fadenumschlag
ist ein kurzer Abschnitt des fortlaufenden Arbeitsfadens, der zwischen zwei Schlingen
liegt, so daß Anfangs- und Endpunkt an zwei verschiedenen Stellen abgebunden sind
und die beiden Hälften (Anfangspunkt bis Mitte und Mitte bis Endpunkt) diagonal
gegeneinanderstehen.
-
In der Grundbindung der Strick- und der Häkeltechnik (feste Masche)
setzt sich das Gewirke ausschließlich aus Schlingen zusammen. Beide Techniken unterscheiden
sich durch die Verwendung verschiedener Arbeitsgeräte und durch verschiedene Arbeitsweisen
wie folgt In der Stricktechnik werden als Arbeitsgeräte zwei gerade Rundstäbe verwendet,
mit deren Hilfe in der Grundtechnik die Schlingen, bei den Musterungen auch die
Fadenumschläge geformt und miteinander
verbunden werden. Jede einzelne
Schlinge wird als Masche bezeichnet, so daß die Strickmasche die einfachste Form
der Masche ist. Im Strickgewirke stehen alle Maschen senkrecht und sind in waagerechten
Reihen neben- und senkrecht übereinander geordnet, so daß die Struktur des Gewirkes
durch Senkrechte und Waagerechte bestimmt wird. Die senkrecht übereinanderstehenden
Maschen greifen ineinander (s. Laufmasche).
-
In der Häkeltechnik «erden die Schlingen und Fadenumschläge mit Hilfe
eines Rundstabes, der an der Spitze einen Haken hat, geformt und miteinander verbunden.
Die Masche der Grundtechnik besteht aus mehreren Schlingen und wird als feste Masche
bezeichnet. Die einzelnen Schlingen der Masche liegen verschieden und überschneiden
sich, die ganze Masche steht senkrecht.. Die Maschen sind, ebenso wie im Strickgewirke,
waagerecht neben- und senkrecht übereinandergeordnet, so daß die Struktur des Häkelgewirkes
durch Senkrechte und Waagerechte bestimmt wird. Aus der festen Häkelmasche entsteht
durch Einschalten eines Fadenumschlages die Stäbchenmasche.
-
Die Anführung der verschiedenen Maschenformen zeigt, daß der Begriff
Masche nicht eine bestimmte Schlinge oder eine bestimmte Verbindung von Schlingen
bezeichnet, sondern die kleinste flächenbildende Einheit eines Gewirkes umgrenzt.
-
In beiden Techniken können aus der Grundbindung Musterungen abgeleitet
werden. Aus allen Musterungen ist klar zu erkennen, ob sie aus der Grundbindung
der Strick- oder der Häkeltechnik entstanden sind, selbst dann, wenn zur Auflockerung
des Gewirkes zwischen den Strick- oder Häkelreihen einige über dem geraden Flachstab
gearbeitete Reihen eingeschaltet wurden.
-
In der Stricktechnik ist zu erkennen, daß ein Fadenumschlag einen
größeren Raum umschließt als eine aus einer gleich langen Fadenstrecke gebildete
Schlinge. Daraus folgt, daß die technische Aufgabe in der Entwicklung einer Handwirktechnik
besteht, die an die Stelle der aus Schlingen gebildeten Strick-und Häkelmasche eine
aus einem Fadenumschlag gebildete Masche setzt.
-
Die praktische Ausführung der technischen Aufgabe ermöglicht ein gerader,
etwa 2o cm langer und i bis 1,2 cm breiter Flach- oder ein Rundstab mit einem um
etwa 3o° abgebogenen Ende. Durch die Verwendung des Stabes als Arbeitsgerät ist
die Bezeichnung stäbeln entstanden.
-
Wie die Zeichnungen erkennen lassen, ist es der Grundgedanke des Stäbelns
in jeder Arbeitsreihe, einschließlich der Anschlagreihe, über dem Stab aus dem Arbeitsfaden
flächenbildende Maschen zu formen und jede Masche durch eine nachfolgende Schlinge
abzubinden und mit der entsprechenden Masche der vorhergehenden Reihe mit Hilfe
der Häkelnadel, wie gebräuchlich, entweder gleichzeitig oder durch abwechselndes
und gegenseitiges Hindurchziehen zu verbinden, so daß in jeder Arbeitsreihe über
dem Stab eine Maschenreihe und an einer Seite des Stabes eine waagerecht fortlaufend
ineinandergreifende Schlingenfolge entstehen. Infolge dieser Arbeitsweise besteht
die flächenbildende Masche der Stäbeltechnik nicht aus einer Schlinge (vgl. Strickmasche)
oder aus einer Verbindung von mehreren Schlingen (vgl. Häkeltechnik), sondern die
Stäbelmasche besteht aus einem Fadenumschlag; beide Hälften der Masche (Anfangspunkt
bis Mitte und Mitte bis Endpunkt) stehen diagonal gegeneinander. Die Maschen sind
in waagerechten Reihen nebeneinandergeordnet, so daß die Struktur des Stäbelgewirkes
durch die Diagonalen und die Waagerechte bestimmt wird. Neben den flächenbildenden
Maschen stehen die verbindenden Schlingen.
-
Die fertige Stäbelfläche kann, bedingt durch die diagonale Stellung
der Maschenhälften, in einer Richtung ausgespannt und gedämpft werden, bis das Gewirke
in dieser Richtung nicht mehr dehnbar ist.
-
Die Maschen von zwei aufeinanderfolgenden Reihen können auf verschiedene
Weise verbunden werden, so daß zwei Bindungen, nämlich Kreuz- und Diagonalbindung,
zu unterscheiden sind. In der Kreuzbindung stehen die Maschen von zwei aufeinanderfolgenden
Reihen versetzt übereinander, wie in Abb. z dargestellt ist.
-
Bei der Ausführung der Kreuzbindung werden die Hälften jeder aufgenommenen
Masche gekreuzt, es wiederholen sich fortlaufend drei Bewegungen i. Die Masche der
vorhergehenden Reihe wird mit der Nadel aufgenommen. 2. Der Arbeitsfaden wird um
den Stab gelegt, so daß eine neue Masche entsteht. 3. Der Faden wird durch die aufgenommene
Masche und die vorhergehende Fadenschlinge gezogen, es entsteht eine neue Fadenschlinge.
-
Bei der Ausführung der Diagonalbindung nach der Abb.2 behalten die
Maschenhälften die diagonale Stellung,, es wiederholen sich fortlaufend vier Bewegungen:
i. Über dem Stab wird aus dem Faden eine Masche gebildet. 2. Der Faden wird durch
die vorhergehende Schlinge gezogen, es entsteht eine Fadenschlinge. 3. Die nächstfolgende
Masche der vorhergehendenReihe wird mit derNadel aufgenommen und ¢. durch die Fadenschlinge
gezogen, so daß eine Maschenschlinge entsteht.
-
Weil der Stab nach Abb.3 ein gerades und ein gebogenes Ende hat, können
in beiden Bindungen die Maschen ebenso wie die Strickmaschen durch zwei entgegengesetzte,
einander entsprechende Bewegungen geformt werden, so daß auch in der Stäbeltechnik
Rechts- und Linksmaschen zu unterscheiden sind.
-
Die Rechtsmaschen entstehen über dem geraden Ende des Stabes. Die
Maschen der vorhergehenden Reihe werden vor dem Stab aufgenommen, der Faden wird
hinter dem Stab aufwärts und vor dem " Stab abwärts geführt, die Schlingenfolgen
entstehen am unteren Rand des Stabes.
-
Die Linksmaschen entstehen durch die entsprechende Gegenbewegung über
dem gebogenen Ende des Stabes. Die Maschen der vorhergehenden Reihe werden hinter
dem Stab aufgenommen, der Faden wird hinter dem Stab abwärts und vor dem Stab aufwärts
geführt, die Schlingenfolgen entstehen am oberen Rand des Stabes. Die Biegung des
Stabes ermöglicht es, die
Bewegungen der Linksreihe, besonders das
ständige Übergreifen der Nadelspitze von vorn nach rückwärts und zurück, auszuführen.
-
Auch für Musterungen läßt sich die Technik verwenden. Ebenso wie sich
beispielsweise das Prinzip des Webens durch verschiedenartige Einzüge und das Prinzip
des Strickens durch den Wechsel von Rechts-b und Linksmaschen zu vielfältigen Musterungen
abwandeln lassen, sind auch aus der oben beschriebenen Grundtechnik Musterungen
zu entwickeln, deren Zahl bei intensiver praktischer Anwendung der Technik sich
ständig vergrößern wird; z. B. sind bei der Verwendung von hellfarbigem Arbeitsmaterial
klare plastische Streifenwirkungen zu erzielen durch den Wechsel von Rechts- und
Linksreihen oder durch Zusammenfassen von zwei Arbeitsreihen; hinzu kommen Musterungen,
welche durch die Verwendung von mehreren verschiedenfarbigen Arbeitsfäden entstehen.
Eine genaue Beschreibung der Musterungen erübrigt sich, da alle von der erläuterten
Grundtechnik abgeleitet sind und somit keine «eitere Neuheit darstellen. Die Anführung
dieser Musterungsmöglichkeiten stellt klar, daß die Stäbeltechnik eine entwicklungsfähige
Grundtechnik ist.
-
Die Stäbeltechnik ist bei der Herstellung verschiedener Kleidungsstücke
anzuwenden, z. B. lassen sich Röcke, Kleider, Pullover, leichte Jacken und Mäntel
arbeiten. Die leichte Gewirkeart, der geringe Materialverbrauch und die Dehnbarkeit
des Gewirkes in nur einer Richtung ermöglichen die Herstellung von weiten Blusen
und Mänteln und sehr weiten, langen Röcken, auch zum Abendkleid, in modischer Form,
ohne daß letztere sich längen, weil die Spannrichtung als Längsrichtung des Kleidungsstückes
verwendet wird.
-
Gewichtsangaben: Ein in Diagonalbindung gestäbeltes Kleid mit angekräuseltem
Oberteil und Kräuselrock (Rockweite 2,5o m) wiegt .450 g, ein in Kreuzbindung gestäbelter
weiter Mantel (Saumweite 3,50 m) wiegt iooo g.
-
Die Vorteile der Handwirktechnik nach der Erfindung lassen sich wie
folgt zusammenfassen: Die Stäbeltechnik ermöglicht es, an die Stelle der senkrecht
stehenden Schlingenmasche der Strick- und der Häkeltechnik eine Masche zu setzen,
die aus einem diagonal gelagerten Fadenumschlag besteht und zwei aufeinanderfolgende
Maschenreihen durch waagerecht ineinandergreifende Schlingenfolgen zu verbinden,
so daß die Gewirkestruktur durch die beidenDiagonalen und die Waagerechte bestimmt
wird. Hieraus ergibt sich i. in der Kreuzbindung im Vergleich zur Häkeltechnik eine
Materialersparnis, im Vergleich zur Stricktechnik eine Zeitersparnis; in der Diagonalbindung
im Vergleich zu beiden Techniken eine Materialersparnis von 3o bis 50 °/o; 2. eine
Verlagerung der Senkrechten auf die beiden Diagonalen des Gewirkes und somit die
Möglichkeit, die fertige Stäbelfläche in einer Richtung auszuspannen und zu dämpfen,
bis dieselbe in dieser Richtung nicht mehr dehnbar ist; 3. eine neuartige Wirkung
der Gewirkestruktur und neue Musterungsmöglichkeiten.